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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_548/2022  
 
 
Urteil vom 6. Januar 2023  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Buff, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Joachim Breining, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mietvertrag; sachliche Zuständigkeit; missbräuchliche Beschwerdeführung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Schaffhausen vom 25. Oktober 2022 (10/2021/18). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit amtlichem Formular vom 8. August 2017 sprach die B.________ AG (Vermieterin) gegenüber A.A.________ und B.A.________ (Mieter) die ausserordentliche Kündigung des Mietverhältnisses betreffend die Liegenschaft GB Nr. xxx (Rebberg) und Nr. yyy (Trotte) auf den 30. September 2017 wegen Zahlungsverzugs aus. 
Die Mieter beantragten mit Klage vom 26. Januar 2018 beim Kantonsgericht Schaffhausen, diese Kündigung für ungültig zu erklären, eventuell das Mietverhältnis für drei Jahre zu erstrecken. B.A.________ verstarb am 27. Januar 2019. Mit Verfügung vom 29. September 2021 trat die Einzelrichterin des Kantonsgerichts auf die Klage mangels sachlicher Zuständigkeit nicht ein. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies eine von der Mieterin dagegen erhobene Berufung mit Entscheid vom 25. Oktober 2022 ab. 
Die Mieterin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) erhob dagegen mit Eingabe vom 5. Dezember 2022 Beschwerde in Zivilsachen. Gleichzeitig stellte sie die Gesuche, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei ihr für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, unter Beistellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters. 
Mit Verfügung vom 6. Dezember 2022 wurde der Beschwerde "zur Wahrung der Frist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO" superprovisorisch die aufschiebende Wirkung erteilt und wurden die Vermieterin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) und das Obergericht eingeladen, bis zum 12. Januar 2023 zum Gesuch um aufschiebende Wirkung Stellung zu nehmen. Die Beschwerdegegnerin schloss mit Eingabe vom 13. Dezember 2022 auf Abweisung dieses Gesuchs. Das Obergericht verzichtete mit Schreiben vom gleichen Tag auf eine Stellungnahme zum Gesuch. 
Mit Mitteilung vom 20. Dezember 2022 wurden die Eingabe und das Schreiben vom 13. Dezember 2022 der Beschwerdeführerin - aus einem Kanzleiversehen mit folgendem Text - zur Kenntnisnahme zugestellt: "Anzeige der Vernehmlassungsantworten. Die Beteiligten sind eingeladen worden, sich zur Beschwerde vernehmen zu lassen. Anbei erhalten Sie in Kopie zur Kenntnisnahme: (...) ". Eine Kopie dieser Mitteilung mit einem Doppel des Schreibens des Obergerichts wurde auch dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin zugestellt. 
Mit Eingabe vom 23. Dezember 2022 reichte der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin eine Vernehmlassung zur Beschwerde ein, wobei er sich auf die vorgenannte Mitteilung vom 20. Dezember 2022 bezog, mit welcher die Beteiligten ohne Fristansetzung eingeladen worden seien, sich zur Beschwerde vom 5. Dezember 2022 vernehmen zu lassen. 
Am 27. Dezember 2022 wurde das vorstehend erwähnte Kanzleiversehen entdeckt und der Beschwerdeführerin eine korrigierte Mitteilung mit folgendem Text zugestellt: "Anzeige der Stellungnahmen zum Gesuch um aufschiebende Wirkung. Die Beteiligten sind eingeladen worden, sich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen zu lassen. Anbei erhalten Sie in Kopie zur Kenntnisnahme: (... [bereits zugestellt]) ". Eine Kopie dieser Mitteilung wurde auch dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin zugesandt, wobei betreffend des Doppels des Schreibens des Obergerichts ebenfalls der Vermerk "bereits zugestellt" angebracht wurde. 
Mit weiterer Mitteilung vom 28. Dezember 2022 wurde der Beschwerdeführerin die Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 23. Dezember 2023 mit folgendem Text zur Kenntnis zugestellt: "In der Beilage erhalten Sie in Kopie die unaufgefordert eingereichte Eingabe von (...) vom 23. Dezember 2022 zur Kenntnis." Eine Kopie der Mitteilung ging an den Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin. 
 
2.  
Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können. Die Wahrnehmung des Rechts auf Replik setzt voraus, dass die von den übrigen Verfahrensbeteiligten eingereichten Eingaben der Partei zugestellt werden, damit sie entscheiden kann, ob sie sich dazu äussern will oder nicht (BGE 146 III 97 E. 3.4.1; 139 I 189 E. 3.2). Dabei wird erwartet, dass eine Partei, die eine Eingabe ohne Fristansetzung erhält und dazu Stellung nehmen will, dies umgehend tut oder zumindest beantragt; ansonsten wird angenommen, sie habe auf eine weitere Eingabe verzichtet (BGE 138 I 484 E. 2.2; 133 I 100 E. 4.8 S. 105 mit Hinweisen). Es obliegt dem Gericht, in jedem Einzelfall ein effektives Replikrecht zu gewähren. Hierfür kann es den Parteien eine Frist setzen. Es kann die Eingabe aber auch lediglich zur Kenntnisnahme zustellen, wenn von den Parteien, namentlich von anwaltlich Vertretenen oder Rechtskundigen, erwartet werden kann, dass sie umgehend unaufgefordert Stellung nehmen oder eine Stellungnahme beantragen (BGE 142 III 48 E. 4.1.1; 138 I 484 E. 2.4). 
Die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 13. Dezember 2022 zum Gesuch um aufschiebende Wirkung und der Verzicht der Vorinstanz auf eine Stellungnahme wurden der Beschwerdeführerin mit Mitteilung vom 20. Dezember 2022, wenn auch irrtümlich unter der Bezeichnung als "Vernehmlassungsantworten", zur Kenntnisnahme zugestellt und von deren Rechtsvertreter am 21. Dezember 2022 in Empfang genommen. Die Beschwerdeführerin replizierte zur Stellungnahme vom 13. Dezember 2022 bis zum heutigen Tag nicht. Mangels umgehender Reaktion im Sinn der zitierten Rechtsprechung ist daher Verzicht auf Stellungnahme anzunehmen, woran die irrtümliche Bezeichnung der zugestellten Stellungnahme als "Vernehmlassungsantwort" nichts ändert. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin machte in ihrer Stellungnahme vom 13. Dezember 2022 u.a. geltend, die Beschwerdeführerin habe seit Oktober 2015 keinen einzigen Franken Miete bezahlt und der Mietzinsausstand betrage heute bei Fr. 500.-- pro Monat Fr. 43'500.--. Das Kantonsgericht Schaffhausen habe denn auch mit Verfügung vom 29. Juli 2022 ein Ausweisungsbegehren der Beschwerdegegnerin gutgeheissen, wogegen die Beschwerdeführerin Berufung erhoben habe. Der betreffende Entscheid stehe noch aus. Es gehe der Beschwerdeführerin mit der vorliegenden Beschwerde nur darum, das Verfahren zu verzögern und weiterhin ohne Zahlung zum Schaden der Beschwerdegegnerin in der sogenannten "Trotte" verbleiben zu können. 
Mangels Bestreitung dieser Vorbringen ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ohne Grundangabe seit dem Jahr 2015 keine Mietzinse für das Mietobjekt entrichtet. Sie hat damit seit rund sieben Jahren aufgehört, ihre grundlegende Pflicht zur Bezahlung des Mietzinses aus dem Mietvertrag zu erfüllen, der jedoch nach ihrem Standpunkt in ihrer Klage vor dem Kantonsgericht, gegen deren Nichtanhandnahme sie sich mit der vorliegenden Beschwerde wehrt, die Parteien nach wie vor binden soll. Unter diesen Umständen springt ins Auge, dass die von der Beschwerdeführerin betriebene Prozessführung rein trölerisch und missbräuchlich erfolgt und einzig zum Ziel hat, ihre Ausweisung aus dem Mietobjekt so lange wie möglich hinauszuzögern. Die vorliegende Beschwerde ist damit unzulässig (Art. 42 Abs. 7 BGG) und es ist darauf im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. c BGG nicht einzutreten (s. dazu die Urteile 4A_322/2022 vom 16. August 2022, 4A_343/2021 vom 27. Juli 2021 E. 4 und 4A_60/2019 vom 6. März 2019 E. 4, in denen ähnlich gelagerte Fälle zu beurteilen waren). 
Mit diesem Entscheid in der Sache selbst, wird das von der Beschwerdeführerin gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
4.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist bereits wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin wird dem Verfahrensausgang entsprechend kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Die Beschwerdegegnerin wurde mit der vorgenannten Mitteilung vom 20. Dezember 2022 offensichtlich nicht dazu eingeladen, eine Vernehmlassung zur Beschwerde einzureichen, zumal ihr die Mitteilung bloss in Kopie zugestellt wurde. Ihre Eingabe vom 23. Dezember 2022 erfolgte somit unaufgefordert und es steht ihr dafür keine Parteientschädigung zu. Dagegen wurde sie mit Verfügung vom 6. Dezember 2022 eingeladen, zum Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung Stellung zu nehmen, worauf sie sich innerhalb der angesetzten Frist zu diesem Gesuch äusserte. Die Beschwerdeführerin hat ihr dafür eine reduzierte Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 400.-- zu entschädigen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Januar 2023 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer