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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_159/2023  
 
 
Urteil vom 6. Februar 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichterin Ryter, 
Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiberin Wortha. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess, 
 
gegen  
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, 
Fruttstrasse 15, 6002 Luzern, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement 
des Kantons Luzern, 
Bahnhofstrasse 15, 6003 Luzern. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 20. Januar 2023 
(7H 21 270/7U 21 29). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1981) ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er reiste 1990 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt eine Niederlassungsbewilligung. Aus erster Ehe ist er Vater der Kinder B.________ (geb. 2007) und C.________ (geb. 2011), die seit der Scheidung im März 2013 unter seiner alleinigen elterlichen Sorge und Obhut stehen. Im April 2013 heiratete er D.________ (geb. 1990), die aus dem Kosovo stammt und seither mit einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz lebt. Mit ihr hat er die drei gemeinsamen Kinder E.________ (geb. 2015), F.________ (geb. 2016) und G.________ (geb. 2019). Alle Kinder haben Niederlassungsbewilligungen für die Schweiz.  
 
A.b. Am 12. März 2006 wurde A.________ aufgrund seiner Straffälligkeit ausländerrechtlich verwarnt. In den vier vorangegangenen Jahren wurde er wegen Übertretungen im Bereich der Strassenverkehrsdelikte dreizehn Mal gebüsst, in zwei Fällen wurde er zusätzlich mit 7 bzw. 20 Tagen Freiheitsstrafe bestraft. In der Zeit wurde er zudem wegen Hausfriedensbruchs, einfacher Körperverletzung, Beschimpfung und einfacher Verletzung der Verkehrsregeln gebüsst und zu 7 Tagen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach der Verwarnung wurde er bis 2009 weitere sieben Mal gebüsst, davon wiederum sechs Mal wegen Strassenverkehrsdelikten und einmal wegen Ungehorsams im Betreibungsverfahren. Ausserdem wurde er wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gebüsst und mit 10 Tagen Geldstrafe bestraft. Am 9. August 2009 wurde er wegen Verkehrsregelverletzungen und Hinderung einer Amtshandlung und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen und einer Busse bestraft. Am 19. August 2019 wurde er für einen am 8. August 2009 begangenen Angriff und Betrug zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten und einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Nach der Tat im August 2009 wurde er im Jahr 2011 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und 2013 und 2014 wegen zwei Übertretungen im Strassenverkehr gebüsst.  
 
B.  
Aufgrund der Verurteilung im August 2019 widerrief das Migrationsamt des Kantons Luzern am 23. Februar 2021 die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Seine dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 27. Oktober 2021; Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 20. Januar 2023). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. März 2023 gelangt A.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und das Absehen vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung, eventualiter sei er unter Belassung der Niederlassungsbewilligung zu verwarnen, subeventualiter sei die Niederlassungsbewilligung in eine Aufenthaltsbewilligung zurückzustufen. In prozessualer Hinsicht beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege und -verbeiständung. 
Die Abteilungspräsidentin hat der Beschwerde mit Verfügung vom 13. März 2023 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung gewährt. 
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde und verzichtet im Übrigen auf die Vernehmlassung. Das Migrationsamt, das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern und das Staatssekretariat für Migration SEM haben sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3).  
 
1.2. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide betreffend ausländerrechtliche Bewilligungen nur zulässig, wenn das Bundesrecht oder das Völkerrecht einen Anspruch auf die Bewilligung einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Auf die Weitergeltung der Niederlassungsbewilligung besteht grundsätzlich ein Anspruch (BGE 141 II 169 E. 4.4.4; 135 II 1 E. 1.2.1; Urteil 2C_19/2023 vom 20. Juli 2023 E. 1). Ob tatsächlich ein Aufenthaltsrecht besteht, ist hingegen eine materielle Frage und keine Eintretensfrage (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1.1). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist damit zulässig.  
 
1.3. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 42, Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 149 I 105 E. 2.1; 147 II 44 E. 1.2; 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, sprich willkürlich, sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2).  
 
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; unechte Noven), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 344 E. 3). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen). Echte Noven sind dagegen in jedem Fall unzulässig. Folglich bleiben Tatsachen und Beweismittel unberücksichtigt, die erst nach dem angefochtenen Urteil entstanden sind und somit nicht durch dieses veranlasst worden sein können (vgl. BGE 148 V 174 E. 2.2).  
Der Beschwerdeführer reicht vor Bundesgericht diverse neue Beweismittel ein. Soweit diese erst nach dem 20. Januar 2023 und folglich nach dem angefochtenen Entscheid entstanden sind, sind sie als echte Noven von vornherein nicht zulässig. Bei der "Bestätigung Schwangerschaft" vom 5. Januar 2023 und der "Terminbestätigung Luzerner Psychiatrie" vom 11. Januar 2023 handelt es sich um unechte Noven. Der Beschwerdeführer begründet indes nicht, inwiefern erst der Entscheid der Vorinstanz Anlass dazu gegeben haben soll, diese einzureichen. Dies ist auch nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hätte diese bereits vor der Vorinstanz einreichen können. 
Im bundesgerichtlichen Verfahren bleiben die neuen Beweismittel in der Hauptsache daher unberücksichtigt. 
 
3.  
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers infolge seiner Straffälligkeit. 
 
4.  
 
4.1. Die Niederlassungsbewilligung kann gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die Strafe die Dauer von einem Jahr überschreitet (BGE 146 II 324 E. 3.1 mit Hinweisen). Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit dem Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 19. August 2019 zu einer überjährigen Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde. Es ist ebenso unbestritten, dass er damit den Widerrufsgrund von Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG gesetzt hat. Da die verfahrensauslösenden Delikte im Jahr 2009 und damit vor dem 1. Oktober 2016 begangen wurden, finden Art. 66a ff. StGB und Art. 63 Abs. 3 AIG keine Anwendung (BGE 146 II 1 E. 2.1.2; 146 II 333 E. 5.1).  
Der Beschwerdeführer rügt aber, dass der Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht verhältnismässig und nicht mit Art. 8 EMRK vereinbar sei. 
 
4.2. Liegt ein Widerrufsgrund vor, ist zu prüfen, ob die damit verbundene aufenthaltsbeendende Massnahme verhältnismässig ist (vgl. Art. 96 Abs. 1 AIG). Da sich der Beschwerdeführer seit über 30 Jahren in der Schweiz aufhält und seine Ehefrau und seine fünf minderjährigen Kinder hier leben, tangiert der Widerruf der Niederlassungsbewilligung vorliegend ausserdem seinen Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV; Art. 8 Ziff. 1 EMRK). Es muss somit auch eine Interessenabwägung gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK stattfinden, wobei sich diese mit der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 96 AIG deckt (BGE 144 I 266 E. 3.7; 139 I 31 E. 2.3.2; Urteil 2C_338/2023 vom 27. November 2023 E. 4).  
 
4.3. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit bzw. der Interessenabwägung sind die individuellen Interessen des Betroffenen und seiner Angehörigen, ihre Beziehung - trotz Straffälligkeit - weiter im Land leben zu können, und die öffentlichen Interessen daran, dass der straffällige Ausländer die Schweiz aus Sicherheitsgründen verlässt, sorgfältig gegeneinander abzuwägen (BGE 142 II 35 E. 6.1; Urteil 2C_348/2020 vom 10. Juli 2020 E. 5.1; Urteil des EGMR vom 4. Juli 2023 B.F. gegen Schweiz [Nr. 13258/18] § 88). Rechtsprechungsgemäss sind dabei namentlich zu berücksichtigen (1) die Art und Schwere der begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher oder Erwachsener verübt wurde; (2) die Aufenthaltsdauer des Betroffenen im Land; (3) der seit der Tat vergangene Zeitraum; (4) das Verhalten des Ausländers während diesem; (5) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland; (6) der Gesundheitszustand; (7) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung sowie (8) allgemein die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile bei einer Ausreise in den Heimat- oder in einen Drittstaat (BGE 139 I 145 E. 2.4; 139 I 31 E. 2.3.3; 139 I 16 E. 2.2.1; Urteile 2C_739/2022 vom 13. September 2023 E. 3.4; 2C_348/2020 vom 10. Juli 2020 E. 5.2.2; Urteil des EGMR M.M. gegen Schweiz vom 8. Dezember 2020 [Nr. 59006/18] § 49 ff. mit Hinweisen). Unter dieses letzte Kriterium fällt der besondere Schutz der Kindesinteressen, möglichst mit beiden Elternteilen gemeinsam aufwachsen zu können und nicht von ihnen getrennt zu werden (Art. 3 KRK; vgl. BGE 144 I 91 E. 5.2; 143 I 21 E. 5.5; Urteile des EGMR vom 4. Juli 2023 B.F. gegen Schweiz [Nr. 13258/18] § 119 f. und vom 23. November 2021 S.N. und M.B.N. gegen Schweiz [Nr. 12937/20] §§ 100, 103 f.). Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall (Urteile 2C_739/2022 vom 13. September 2023 E. 3.4; 2C_348/2020 vom 10. Juli 2020 E. 5.2.2; je mit Hinweisen).  
 
4.4. Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich - wie der Beschwerdeführer - schon seit langer Zeit im Land aufhält, soll nur mit Zurückhaltung widerrufen werden (BGE 139 I 16 E. 2.2; Urteil 2C_860/2022 vom 4. Mai 2023 E. 9.1). Bei gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter (unverbesserlicher) Delinquenz kann aber auch in diesen Fällen ein überwiegendes Interesse daran bestehen, die Anwesenheit des Ausländers zu beenden, da und soweit er (1) hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht hat oder (2) er sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und damit zeigt, dass er auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (BGE 139 I 16 E. 2.1; 137 II 297 E. 3.3; Urteil 2C_212/2023 vom 24. Juli 2023 E. 5.5).  
 
5.  
 
5.1. Ausgangspunkt und Massstab für die migrationsrechtliche Interessenabwägung ist die Schwere des Verschuldens, die sich in der Dauer der verfahrensauslösenden Freiheitsstrafe niederschlägt (BGE 134 II 10 E. 4.2; 129 II 215 E. 3.1; Urteil 2C_148/2022 vom 17. November 2022 E. 4.2.1). Für das migrationsrechtliche Verschulden ist allerdings nicht nur das für die Anlasstat verhängte Strafmass ausschlaggebend, sondern die Gesamtbetrachtung des deliktischen Verhaltens bis zum angefochtenen Urteil (Urteil 2C_30/2022 vom 29. November 2022 E. 4.3.1). Dabei dürfen auch länger zurückliegende Straftaten, die aus dem Strafregister gelöscht wurden, berücksichtigt werden (vgl. BGE 139 I 31 E. 2.3.2; Urteile 2C_860/2022 vom 4. Mai 2023 E. 9.2.1; 2C_85/2021 vom 7. Mai 2021 E. 5.2.1).  
 
5.2. Die Vorinstanz schliesst aufgrund der Verurteilungen des Beschwerdeführers auf ein erhebliches öffentliches Interesse an dessen Aufenthaltsbeendigung. Dies wird vom Beschwerdeführer zu Recht nicht grundsätzlich in Abrede gestellt: Der Beschwerdeführer wurde wegen Angriffs und Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Beim Angriff handelt es sich um eine schwere Straftat gegen die körperliche Integrität; das migrationsrechtliche Verschulden ist erheblich. Dazu kommen die zahlreichen zwischen 2002 und 2014 erwirkten Verurteilungen, welche zwar - wie die Vorinstanz zutreffend festhält - überwiegend Bagatelldelikte in Form von Übertretungen und Vergehen im Strassenverkehrsbereich darstellen, aber auch zwei Verurteilungen wegen einfacher Körperverletzung und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte umfassen. Angesichts des im Jahr 2009 begangenen Angriffs und Betrugs, der Vielzahl der bis dahin und der drei seit da begangenen Delikte durfte die Vorinstanz bundesrechtskonform auf ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers schliessen.  
 
5.3. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht keine positive Zukunftsprognose gestellt. Er macht geltend, es bestehe aktenkundig keine Rückfallgefahr, bei den drei nach der Tat im 2009 erwirkten Verurteilungen handle es sich um Bagatelldelikte und seit 2014 sei er straffrei. Dem kann nicht gefolgt werden. Einerseits kommt dem Wohlverhalten während des Strafvollzugs und der strafrechtlichen Probezeiten und unter dem Druck eines hängigen ausländerrechtlichen Verfahrens praxisgemäss ohnehin nur eine untergeordnete Bedeutung zu (Urteile 2C_568/2021 vom 17. August 2022 E. 5.2.5; 2C_609/2020 vom 1. Februar 2021 E. 5.6 f., je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer aber hat sich nicht einmal im Strafvollzug tadellos verhalten, sondern wurde wegen Tätlichkeit mit einem Mitinsassen und mehrfachen unerlaubten Besitzes eines Mobiltelefons diszipliniert. Auch seine bedingte Entlassung wurde zunächst wegen einer Auseinandersetzung im häuslichen Bereich, bei der die Polizei intervenieren musste, widerrufen und hernach nur unter Auflagen (andere Wohnung als die Familie, Besuch einer Therapie) bewilligt (angefochtener Entscheid E. 4.3.2). Andererseits hat sich der Beschwerdeführer von der ausländerrechtlichen Verwarnung im Jahr 2006 keineswegs beeindrucken lassen, sondern hernach sein schwerstes Verbrechen verübt. Selbst nach dieser Tat im Jahr 2009 hat er drei weitere Bussen gegen sich erwirkt. Wenn die Vorinstanz somit schliesst, der zur Verurteilung führende Vorfall vom 8. August 2009 und das nachfolgende Strafverfahren hätten keine Verhaltensänderung bewirkt und eine positive Zukunftsprognose verneint, ist das nicht zu beanstanden, da sie den Sachverhalt frei würdigen darf. Auch wenn die Risikoabklärung der Fachkommission des Strafvollzugskonkordats Nordwest- und Innerschweiz dem Beschwerdeführer im ausserhäuslichen Bereich eine geringe Rückfallgefahr attestieren mag, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieselbe Risikoabklärung ihm im häuslichen Bereich eine nicht auszuschliessende Rückfallgefahr prognostiziert (angefochtener Entscheid E. 4.3.2). Dass die Vorinstanz dies zum Anlass nimmt, um auf eine nicht zu vernachlässigende Gefahr erneuter Gewalttaten zum Nachteil von Dritten zu schliessen, ist nicht zu beanstanden, zumal sie nicht an die Risikoabklärung gebunden ist. Eine solche bedeutet nicht, dass im migrationsrechtlichen Sinne ebenfalls keine Gefahr mehr von ihm ausgeht (BGE 137 II 233 E. 5.2.2; Urteile 2C_123/2023 vom 4. Juli 2023 E. 5.3; 2C_378/2022 vom 2. Mai 2023 E. 4.4.1). Die Vorinstanz durfte somit bundesrechtskonform auf ein Rückfallrisiko schliessen bzw. die positive Zukunftsprognose verneinen.  
 
5.4. Im Ergebnis ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz gestützt auf das ausländerrechtliche Verschulden und die bestehende Rückfallgefahr von einem erheblichen öffentlichen Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung ausgeht. Bei einer Gefahr für hochwertige Rechtsgüter sowie wiederholter Delinquenz - wie sie hier vorliegen - besteht regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse an einer Entfernungsmassnahme (vgl. vorstehende E. 4.4). Dieses kann nur durch entsprechend gewichtige private Interessen aufgewogen werden. Das heisst, es müssen aussergewöhnlich schwerwiegende Umstände gegen eine Wegweisung sprechen (vgl. Urteile 2C_967/2021 vom 23. Januar 2023 E. 6.3; 2C_568/2021 vom 17. August 2022 E. 5.3, je mit Hinweisen).  
 
6.  
Zu prüfen ist folglich, ob die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz dazu ausreichen. 
 
6.1. Der im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils 42-jährige Beschwerdeführer kam mit 9 Jahren in die Schweiz und hat sein gesamtes Erwachsenenleben hier verbracht. Seine fünf minderjährigen Kinder und seine Ehefrau leben hier. In persönlicher Hinsicht träfen ihn die Konsequenzen einer Aufenthaltsbeendigung sicherlich hart. Dem Beschwerdeführer ist folglich darin beizupflichten, dass er ein gewichtiges Interesse am Verbleib in der Schweiz hat. Dies anerkennt auch die Vorinstanz (angefochtener Entscheid E. 4.5.1).  
 
6.2. Eine gelungene Integration, wie sie der Beschwerdeführer geltend macht, ist nicht ausgewiesen. Gemäss der mit BGE 144 I 266 begründeten Praxis, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, kann nach einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren zwar regelmässig davon ausgegangen werden, dass die sozialen Beziehungen in diesem Land so eng geworden sind, dass es für eine Aufenthaltsbeendigung besonderer Gründe bedarf; im Einzelfall kann es sich freilich anders verhalten und die Integration zu wünschen übrig lassen (BGE 149 I 72 E. 2.1.2; 144 I 266 E. 3.9). Letzteres ist beim Beschwerdeführer der Fall: Nicht nur hat er trotz seiner langen Aufenthaltsdauer keine ausserfamiliären Kontakte, die die Vorinstanz hätte feststellen können. Vielmehr hat er durch seine anhaltende, wiederholte und schliesslich in die Straftat des Angriffs gipfelnde Delinquenz unter Beweis gestellt, dass er nicht gewillt ist, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten und auch vor einer schweren Schädigung von Leib und Leben nicht zurückschreckt. Dass auch die Verurteilung und der Strafvollzug ihn nicht zu einem Umdenken bewegt haben, belegen die im Strafvollzug gegen ihn verhängten Massnahmen und die polizeiliche Intervention in der Familienwohnung mit anschliessenden Auflagen. Dass die Vorinstanz vor diesem Hintergrund die Integration als unterdurchschnittlich bezeichnet (angefochtener Entscheid E. 4.4), ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.  
 
6.3.  
 
6.3.1. Der Widerruf dürfte auch die Familie des Beschwerdeführers hart treffen, wie die Vorinstanz festhält. Die Kinder sind alle hier geboren und aufgewachsen, die Ehefrau geht mittlerweile einer Erwerbstätigkeit nach. Allerdings hält die Vorinstanz ebenso zutreffend fest, dass die Ehe erst nach dem Angriff im Jahr 2009 geschlossen wurde und sich die Eheleute daher nicht darauf verlassen durften, ihr Familienleben fortdauernd hier zu leben (Urteil EGMR Jeunesse gegen Niederlande Nr. 12738/10 vom 3. Oktober 2014 [GC] § 108). Die Ehefrau lebt seit 10 Jahren in der Schweiz und stammt aus dem Kosovo. Die Ausreise dürfte sie zwar hart treffen, dennoch ist ihr die Eingliederung in Nordmazedonien in Übereinstimmung mit der Vorinstanz nicht gänzlich unzumutbar. Die unter ihrer gemeinsamen Sorge und Obhut stehenden Kinder waren im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils 4, knapp 7 und 8 Jahre alt. Sie befinden sich damit noch in einem anpassungsfähigen Alter (BGE 143 I 21 E. 5.4 mit Hinweisen; 135 I 153 E. 2.1; Urteile 2C_536/2013 vom 30. Dezember 2013 E. 2.3 [nicht publiziert in BGE 140 II 129]; 2C_34/2023 vom 19. Oktober 2023 E. 5.7), sodass auch ihre Ausreise zusammen mit Vater und Mutter nicht unzumutbar ist. Ob die Ehefrau und die Kinder über ein originäres Aufenthaltsrecht verfügen und sie auch ohne den Beschwerdeführer in der Schweiz verbleiben könnten, ergibt sich aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht. Insofern braucht nicht überprüft zu werden, ob auch eine durch Art. 8 EMRK geschützte Trennung des Familienlebens gerechtfertigt wäre.  
 
6.3.2. Die beiden 12- und 15-jährigen Kinder aus erster Ehe müssen dem Beschwerdeführer in dessen Heimat folgen, da er der alleinige Inhaber der elterlichen Sorge und der Obhut ist (vgl. BGE 143 I 21 E. 5.4). Gemäss verbindlich festgestelltem Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG) beherrschen die Kinder die Sprache und hielten sich mehrfach für Verwandtenbesuche in Nordmazedonien auf (angefochtener Entscheid E. 4.5.2). Es ist daher in Übereinstimmung mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer ihnen in diesem Rahmen auch die Kultur vermittelt hat, sodass sie mit den örtlichen Gepflogenheiten vertraut sind und sich dort integrieren können. Bei dieser Ausgangslage ist auch Kindern im jugendlichen Alter - wie vorliegend - die Ausreise zumutbar (Urteil 2C_730/2018 vom 20. März 2018 E. 6.2.2). In Anbetracht der Umstände ist es daher mit Bundesrecht vereinbar, wenn die Vorinstanz ihre Ausreise als gerade noch zumutbar betrachtet. Ob den Kindern allenfalls ein eigenständiger Aufenthaltsanspruch zukommt - wie die Vorinstanz aufwirft -, was angesichts ihres länger als zehnjährigen Aufenthalts in der Schweiz und ihrer hier lebenden leiblichen Mutter gestützt auf Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens) nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, muss vorliegend nicht entschieden werden.  
 
6.4. Der Beschwerdeführer lebte neun Jahre in seinem Heimatland, bevor er in die Schweiz kam, und spricht Albanisch. Er hielt sich dort unbestrittenermassen auch öfter auf und hat dort Verwandte. Die dortigen Verhältnisse dürften ihm somit nach wie vor bekannt sein. Mit seinen 42 Jahren ist es ihm auch zumutbar, sich ein neues soziales Netz aufzubauen, falls er dieses - wie er geltend macht - nicht mehr in der Verwandtschaft finden sollte. Durch das Sozialversicherungsabkommen mit Nordmazedonien ist auch die Auszahlung der Invalidenrente ins Ausland und damit der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers in der Heimat gesichert. Der Einwand des Beschwerdeführers hinsichtlich der fehlenden gesundheitlichen Behandlungsmöglichkeiten in der Heimat verfängt angesichts der ausführlichen und zutreffenden Begründung der Vorinstanz nicht. Insgesamt dürfte die Wiedereingliederung im Heimatland für den Beschwerdeführer nach der langen Abwesenheit zwar herausfordernd sein, dennoch erweist sie sich als zumutbar.  
 
6.5. Im Ergebnis ist es bei dieser Ausgangslage bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz davon ausgeht, dass hinsichtlich der privaten Interessen keine aussergewöhnlich schwerwiegenden Umstände auszumachen sind (vgl. vorstehende E. 5.4; angefochtener Entscheid E. 4.6) : Der Beschwerdeführer hat zwar ein gewichtiges Interesse am Verbleib in der Schweiz, weil er hier einen Grossteil seines Lebens verbracht hat. Gleiches gilt für seine Familie. In der Gesamtschau wiegen seine privaten Interessen jedoch nicht so schwer, dass sie das gewichtige Interesse an einem Widerruf der Niederlassungsbewilligung aufwiegen könnten. Abgesehen von seiner schweren Delinquenz konnte sich der Beschwerdeführer in sozialer Hinsicht in der Schweiz nicht erfolgreich integrieren und in familiärer Hinsicht steht keine örtliche Trennung von Mitgliedern der Kernfamilie infrage, da der Ehefrau und den fünf minderjährigen Kindern die gemeinsame Ausreise zumutbar ist. Eine soziale Wiedereingliederung in Nordmazedonien erweist sich überdies als zumutbar.  
 
6.6. Im Lichte der obigen Erwägungen bleibt auch kein Raum für die Eventualbegehren. Eine Verwarnung gemäss Art. 96 Abs. 2 AIG kommt nur in Betracht, wenn sich der Widerruf als unverhältnismässig erweisen würde. Das ist vorliegend nicht der Fall. Eine Rückstufung kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht als "mildere" Massnahme angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit einer Wegweisung erfüllt sind. Der Widerruf mit Wegweisung geht in diesem Sinn der Rückstufung vor (BGE 148 II 1 E. 2.5; Urteil 2C_338/2023 vom 27. November 2023 E. 4.7.3). Eine Rückstufung kommt vorliegend somit ebenfalls nicht in Betracht.  
 
7.  
 
7.1. Beschwerde ist unbegründet und deshalb abzuweisen.  
 
7.2. Da der Beschwerdeführer mittellos ist und seine Eingabe nicht als offensichtlich aussichtslos zu gelten hatte, ist seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen (Art. 64 BGG). Seinem Rechtsvertreter ist eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- aus der Bundesgerichtskasse auszurichten. Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird gutgeheissen: 
 
2.1. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
2.2. Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwalt Beat Hess als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben und diesem aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Februar 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: A. Wortha