Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_656/2023
Urteil vom 6. Februar 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Jancar.
Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Biedermann,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7. September 2023 (200 23 360 UV).
Sachverhalt:
A.
Der 1983 geborene A.________ war bei der B.________ GmbH als Zimmermann angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend Suva) obligatorisch unfallversichert. Am 8. März 2020 erlitt er bei einer missglückten Gleitschirmlandung diverse Verletzungen. Im März 2020 wurde er im Spital C.________ mehrmals am linken Fuss operiert. Die Suva kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Mit Schreiben vom 3. August 2021 verneinte sie eine Leistungspflicht für die vom Versicherten seit Mai 2021 geklagten Rückenbeschwerden, da sie nicht unfallkausal seien. Mit gleicher Begründung verneinte sie ihre Leistungspflicht für die am 12. Dezember 2022 geltend gemachten Rückenbeschwerden (Verfügung vom 13. Februar 2023, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 28. März 2023).
B.
Die hiergegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 7. September 2023 ab, soweit es darauf eintrat.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Urteils seien die im Rückenbereich zunehmend auftretenden Beschwerden als unfallkausal anzuerkennen. Eventuell sei die Sache an die Suva zur Neubeurteilung zurückzuweisen und diese anzuweisen, bezüglich der Unfallkausalität der Rückenprobleme eine medizinische Begutachtung anzuordnen.
Das Bundesgericht verzichtet auf den Schriftenwechsel.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2, Art. 105 Abs. 3 BGG ).
2.
Streitig ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung des Leistungsanspruchs betreffend das Rückenleiden des Beschwerdeführers vor Bundesrecht standhält.
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 147 V 161, 134 V 109 E. 2.1 und E. 9.5) sowie den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2, 142 V 58 E. 5.1, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, in den Berichten der Klinik D.________ vom 10. und 25. Juni 2020 sei nebst den Frakturen an den unteren Extremitäten auch eine Fraktur des Processus transversus am 5. Lendenwirbelkörper (LWK5) links unter den unfallbezogenen Diagnosen aufgeführt worden. Aus den Akten ergäben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Befund bei der Heilbehandlung (und in der Folge bei der Leistungsanerkennung) eine Rolle gespielt hätte. Entsprechendes folge auch nicht aus den Berichten der Klinik D.________. Vielmehr gehe daraus einzig hervor, dass betreffend die Wirbelsäule bzw. den Rücken das Integument intakt und die gesamte Wirbelsäule klopfindolent gewesen sei. Was die ab Mai 2021 geklagten Rückenbeschwerden anbelange, seien diese von Dr. med. E.________, Allgemeine Innere Medizin FMH, im Bericht vom 17. Juni 2021 und Dr. med. F.________, Neurochirurgie FMH, im Bericht vom 25. Juni 2021 übereinstimmend im Rahmen eines L4-Syndroms beurteilt worden. Dies sei insofern schlüssig, als die LWK5-Fraktur damals laut der auf der MRI-Bildgebung vom 25. Mai 2021 basierenden Beurteilung des Kreisarztes Dr. med. G.________, Facharzt für Chirurgie FMH, vom 9. Mai 2022 bereits ausgeheilt gewesen sei. Die Suva habe (auch) hinsichtlich der seit Mai 2021 geklagten Rückenbeschwerden eine Leistungspflicht nicht anerkannt bzw. eine solche mit Schreiben vom 3. August 2021 (formlos) verneint. Der Beschwerdeführer sei für die geltend gemachte Kausalität der hier streitigen, seit Oktober bzw. Dezember 2022 erneut geklagten Rückenbeschwerden im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes beweisbelastet. Die Suva habe auf die Aktenbeurteilung des Dr. med. G.________ vom 9. Januar 2023 abgestellt, der die natürliche Kausalität zwischen dem Unfall vom 8. März 2020 und den (seit Oktober bzw. Dezember 2022 geklagten) Rückenbeschwerden unter Hinweis auf den diesbezüglich seit Jahren bestehenden pathologischen Vorzustand verneint habe; diese seien mit den fortschreitenden degenerativen Bandscheibenveränderungen zu erklären. Diese Beurteilung des Dr. med. G.________ sei voll beweiswertig. Weiter begründete die Vorinstanz eingehend, weshalb die Vorbringen des Beschwerdeführers an diesem Ergebnis nichts zu ändern vermöchten.
4.
Der Beschwerdeführer wendet ein, entgegen der Vorinstanz habe die Diagnose der Fraktur des Processus transversus LWK5 bei der Leistungsbeurteilung eine Rolle gespielt. Sie sei bei der Analyse vom 22. Dezember 2020 und bei der medizinischen Beurteilung des Integritätsschadens durch Dr. med. G.________ vom 9. Mai 2022 berücksichtigt worden. Dieser habe festgestellt, dass die Fraktur unter konservativer Therapie verheilt sei und gemäss MRI vom 25. Mai 2021 keine unfallbedingten strukturellen Veränderungen mehr nachweisbar seien. Seine Diskushernie sei - so der Beschwerdeführer weiter - nicht als unmittelbare, sondern als mittelbare Unfallfolge anzuerkennen. Die von der Vorinstanz zitierte Rechtsprechung betreffend Diskushernien sei somit nicht einschlägig. Seine Rückenbeschwerden seien an "der (durch den Unfall und vorbestehend) vorgeschädigten Wirbelsäule" im Mai 2021 aufgrund der Fehlbelastung nach der unfallbedingten Operation vom 7. Mai 2021 zumindest als Teilursache des Unfalls vom 8. März 2020 entstanden. Die Latenzzeit der Rückenbeschwerden im November 2022 habe rund eineinhalb Jahre betragen, was bei Fehlbelastungen praxisgemäss nicht ungewöhnlich sei. Seine vorbestehenden Rückenbeschwerden seien insbesondere in den Jahren 2013 bis 2017 behandelt worden. Seither sei keine Diskushernie mehr diagnostiziert worden. Dr. med. G.________ habe sich nicht mit der Frage befasst, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der fortdauernden Fehlhaltung/-belastung aufgrund der Fussverletzung und den neu aufgetretenen Rückenbeschwerden bestehe. Er habe bloss geäussert, sie seien allein schon aufgrund der Latenz von mehr als einem Jahr nicht mehr unfallkausal. Er habe somit ausschliesslich beurteilt, ob die Rückenbeschwerden eine unmittelbare Unfallfolge seien. Weiter habe er sich nicht mit den diesbezüglichen Arztberichten des Dr. med. E.________ auseinandergesetzt. Indem die Vorinstanz einzig auf den Arztbericht des Dr. med. G.________ abgestellt und die Prüfung der mittelbaren Unfallfolgen unterlassen habe, habe sie Bundesrecht verletzt.
5.
5.1. Dem Beschwerdeführer ist als Erstes entgegenzuhalten, dass die Vorinstanz ebenfalls davon ausging, er habe sich beim Unfall vom 8. März 2020 eine Fraktur des Processus transversus LWK5 links zugezogen. Der Beschwerdeführer räumt selber ein, dass die hierauf zurückzuführende Rückenproblematik im Mai 2021 verheilt gewesen sei.
5.2. Die Vorinstanz stellte richtig fest, dass die Suva mit Schreiben vom 3. August 2021 ihre Leistungspflicht betreffend die vom Beschwerdeführer im Mai 2021 geklagten Rückenbeschwerden mangels Unfallkausalität formlos verneinte. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend und es ist auch nicht erstellt, dass er dagegen innert eines Jahres opponiert hätte. Somit erlangte das Schreiben vom 3. August 2021 rechtliche Wirksamkeit (BGE 134 V 145 E. 5; Urteil 8C_414/2021 vom 12. Oktober 2021 E. 4.2 mit Hinweisen).
6.
6.1. Zu prüfen ist somit - der Suva und der Vorinstanz folgend - einzig, ob die vom Beschwerdeführer bei der Suva am 12. Dezember 2022 gemeldeten, seit Oktober bzw. Dezember 2022 geklagten Rückenbeschwerden natürlich kausal auf den Unfall vom 8. März 2020 zurückzuführen sind.
6.2. Die Vorinstanz zeigte zutreffend auf, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Bildgebungen in den Jahren 2013, 2014 und 2016 an degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule leide, namentlich auch im Bereich L4/5. 2014 habe er wegen eines grossen Diskusprolaps L5/S1 operiert werden müssen. Aufgrund der Rückenbeschwerden seien vor dem Unfall diverse Infiltrationen erfolgt, zuletzt am 24. November 2017. Dies wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Im Weiteren erwog die Vorinstanz, im Hinblick auf diesen Vorzustand sei es nachvollziehbar und schlüssig, dass Dr. med. G.________ die im MRI vom 22. November 2022 neu zur Darstellung gebrachte Diskushernie L5/S1 im Rahmen der fortschreitenden degenerativen Veränderungen beurteilt habe. Auch hiergegen bringt der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Einwände vor. Unbehelflich ist insbesondere seine Berufung auf die Einschätzung des Dr. med. E.________, die posttraumatische Fehlhaltung und -belastung habe erst zu einem L4-Syndrom links (2021) und dann zu einem L5-Syndrom links (2022) geführt. Denn abgesehen davon, dass die Unfallkausalität der im Mai 2021 geklagten Rückenbeschwerden bereits rechtskräftig verneint wurde (vgl. E. 6.2 hiervor), lieferte Dr. med. E.________ weder im Bericht vom 17. Juni 2021 noch in demjenigen vom 20. Dezember 2022 eine Begründung für seine Auffassung, weshalb darauf nicht abgestellt werden kann (vgl. auch SVR 2022 UV Nr. 47 S. 188, 8C_156/2022 E. 5.2.2; Urteil 8C_363/2023 vom 12. Januar 2024 E. 6.3.3).
7.
7.1. Insgesamt vermögen die Einwände des Beschwerdeführers keine auch nur geringen Zweifel an der Stellungnahme des Dr. med. G.________ vom 9. Januar 2023 zu wecken, wonach die Rückenbeschwerden nicht unfallkausal seien (vgl. BGE 145 V 97 E. 8.5). Vielmehr gibt er im Wesentlichen die eigene Sichtweise wieder, wie die medizinischen Akten zu würdigen und welche Schlüsse daraus zu ziehen seien. Dies genügt nicht, um die vorinstanzliche Beurteilung, die sich auf die Einschätzung des Dr. med. G.________ stützt, als unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen (Art. 97 Abs. 2 BGG; SVR 2020 UV Nr. 27 S. 110, 8C_518/2019 E. 5.1; Urteil 8C_52/2023 vom 6. Juli 2023 E. 4.2.1 mit Hinweisen).
7.2. Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte die Vorinstanz davon absehen. Dies verstösst weder gegen den Untersuchungsgrundsatz noch gegen die Ansprüche auf freie Beweiswürdigung sowie Beweisabnahme (Art. 61 lit. c ATSG) und rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5; Urteil 8C_52/2023 vom 6. Juli 2023 E. 4.2.1).
8.
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 6. Februar 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Der Gerichtsschreiber: Jancar