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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_828/2023  
 
 
Urteil vom 6. Februar 2025  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Huber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Wiget, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang; Fallabschluss), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 27. September 2023 (UV 2023/6). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1964 geborene A.________ war als LKW-Chauffeur bei der B.________ AG angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. In der Schadenmeldung vom 19. Januar 2022 hielt die Arbeitgeberin fest, A.________ habe am Tag zuvor mit einem Trommelmischer Beton in einen Kübel abgeladen. Dieser sei jeweils mit dem Kran einer Baufirma in Position gebracht worden. Durch ein ungenaues Manöver sei ein Kübel an den Trommelmischer und an A.________ geraten. Dieser habe dabei eine Sehnenverletzung an der Schulter/am Oberarm links erlitten. Die am 19. Januar 2022 erstbehandelnde Ärztin Dr. med. C.________, Spital D.________, hielt als Befund unter anderem eine nur eingeschränkt mögliche Elevation sowie eine zwar mögliche, aber schmerzhafte Abduktion der Schulter links fest. Sie verordnete Kühlung, Schonung sowie Bedarfsanalgesie. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) vom 28. Februar 2022 ergab unter anderem einen subtotalen, durchgehenden Riss der Supraspinatusansatzsehne links. Die Suva erbrachte Versicherungsleistungen.  
 
A.b. Am 24. März 2022 versorgte Dr. med. E.________, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, Spital D.________, die linke Schulter von A.________ operativ. Die Suva holte in der Folge eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. med. F.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie (D), vom 24. Mai 2022 ein und teilte A.________ mit Schreiben vom 25. Mai 2022 mit, dass sie den Fall per 20. Februar 2022 abschliesse und den Anspruch auf weitere Versicherungsleistungen ablehne. Die Operation vom 24. März 2022 adressiere an einen krankheitsbedingten Vorzustand und könne daher nicht übernommen werden. Nachdem sich A.________ damit als nicht einverstanden erklärt hatte, holte die Suva bei Dr. med. F.________ erneut eine Stellungnahme vom 17. Juni 2022 ein.  
 
A.c. Am 20. Juni 2022 stellte die Suva die Versicherungsleistungen per 20. Februar 2022 ein und lehnte die Übernahme der Kosten für die Operation vom 24. März 2022 ab. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2022 hiess die Suva die Einsprache des A.________ gut und nahm ihre Verfügung vom 20. Juni 2022 zurück.  
Mit neuer Verfügung vom 17. Oktober 2022 schloss die Verwaltung den Fall per 25. Mai 2022 ab und verneinte erneut die Kostenübernahme der Operation vom 24. März 2022. Mit Entscheid vom 20. Dezember 2022 hiess die Suva die erhobene Einsprache teilweise gut und übernahm die Kosten der Operation vom 24. März 2022. Am Fallabschluss per 25. Mai 2022 hielt sie fest. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 27. September 2023 unter Aufhebung des Einspracheentscheids insofern gut, als es die Suva verpflichtete, über den 25. Mai 2022 hinaus für die Folgen des Unfalls vom 18. Januar 2022 aufzukommen. Es wies die Sache zur Prüfung und Ausrichtung der geschuldeten Leistungen an die Suva zurück (Dispositiv-Ziffer 1; Kosten- und Entschädigungsfolgen in Dispositiv-Ziffern 2 und 3). Zudem verpflichtete es die Suva zur Bezahlung der für die Stellungnahme des Dr. med. E.________ vom 10. März 2023 angefallenen Kosten von EUR 400.- (Dispositiv-Ziffer 4). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Suva die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Bestätigung des Einspracheentscheids. Eventualiter sei die Sache zu ergänzenden Abklärungen an sie zurückzuweisen. 
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Gesundheit lässt sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3 mit Hinweis). 
 
1.1. Die Vorinstanz hat den Einspracheentscheid der Suva aufgehoben und diese verpflichtet, über den 25. Mai 2022 hinaus für die Unfallfolgen aufzukommen. Zur Prüfung und Ausrichtung der geschuldeten Leistungen wies sie die Sache an die Suva zurück. Bei diesem Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Das kantonale Gericht hat vorerst lediglich festgelegt, dass die Leistungseinstellung verfrüht erfolgt sei. Durch die Rückweisung liegt das weitere Verfahren wieder bei der Suva.  
 
1.2. Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt alternativ voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Ein Rückweisungsentscheid kann für die Verwaltung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken, wenn er materiellrechtliche Anordnungen enthält, die ihren Beurteilungsspielraum wesentlich einschränken, ohne dass sie die von ihr zu erlassende, ihres Erachtens rechtswidrige neue Verfügung selber anfechten könnte (BGE 140 V 282 E. 4.2; 133 V 477 E. 5.2.4).  
 
1.3. Der angefochtene Entscheid enthält eine materiell verbindliche Vorgabe, die die Suva bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen verpflichtet, dem Beschwerdegegner (weiterhin) Leistungen zuzusprechen. Da der darauf beruhende Endentscheid praktisch nicht angefochten und das Ergebnis nicht mehr korrigiert werden könnte, liegt ein nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor (Urteile 8C_494/2013 vom 22. April 2014 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 140 V 220, aber in: SVR 2014 UV Nr. 23 S. 73; 8C_459/2023 vom 18. Juni 2024 E. 1.3 mit weiteren Hinweisen). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 304 E. 1.1).  
 
2.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den Einspracheentscheid der Suva zu Recht aufgehoben und diese bundesrechtskonform dazu verpflichtet hat, über den 25. Mai 2022 hinaus für die Folgen des Unfalls vom 18. Januar 2022 aufzukommen.  
 
3.2. Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 UVG) vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden (BGE 142 V 435 E. 1; 134 V 109 E. 2.1; 129 V 177 E. 3.1 f.) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Ausführungen zum Dahinfallen der Leistungspflicht bei Erreichen des Zustands, wie er sich auch ohne den Unfall ergeben hätte oder vor diesem bestand (Status quo sine vel ante; BGE 146 V 51 E. 5.1). Richtig sind sodann die Erwägungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung von Berichten versicherungsinterner Ärztinnen und Ärzte (BGE 145 V 97 E. 8.5; 142 V 58 E. 5.1; 139 V 225 E. 5.2). Darauf wird verwiesen.  
 
4.  
Zunächst steht die Frage des Unfallherganges im Zentrum. 
 
4.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, angesichts der nicht per se unglaubwürdigen Schilderungen des Beschwerdegegners könne nicht ohne Weiteres nur von einem direkten Aufprall des Betonkübels auf die Schulter ausgegangen werden. Soweit Dr. med. F.________ in seinen Beurteilungen davon ausgegangen sei, es habe lediglich eine Kontusion vorgelegen, die nicht geeignet sei, eine traumatische Supraspinatussehnenläsion hervorzurufen, könne darauf nicht abgestellt werden. Vielmehr seien unabhängig vom genauen Unfallhergang die Indizien für und gegen eine traumatische Verursachung der strukturellen Verletzung der linken Schulter zu prüfen.  
 
4.2. Die Suva macht demgegenüber geltend, die Ausführungen der Vorinstanz, wonach die Klärung des Sachverhalts offen bleiben könne, würden zu kurz greifen. Da Dr. med. F.________ von einem leichten Anpralltrauma ausgegangen sei und dieser Unfallmechanismus nach übereinstimmender Meinung aller Ärzte ungeeignet gewesen sei, einen Riss der Supraspinatussehne zu verursachen, könne dieser nicht auf das Ereignis vom 18. Januar 2022 zurückgeführt werden. Trotz der Anamnese der behandelnden Ärzte sei aufgrund der Beweisregel der "Aussage der ersten Stunde" ohne Weiteres nur von einem direkten Aufprall des Betonkübels auf die linke Schulter auszugehen. Mit der gegenteiligen Annahme habe das kantonale Gericht die bundesrechtlichen Regeln zur Beweiswürdigung verletzt.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Am 19. Januar 2022 meldete die Arbeitgeberin der Suva, dass am Tag zuvor "ein Kübel an den Trommelmischer und Herrn A.________" geraten sei. Im Rahmen der ärztlichen Erstbehandlung vom 19. Januar 2022 gab der Beschwerdegegner an, "einen Gegenstand gegen die linke Schulter geschlagen bekommen zu haben". Im Fragebogen vom 21. Februar 2022 (Eingangsdatum) schilderte er den Unfallhergang dahingehend, dass er beim Abladen des Betons von einem am Kran hängenden Betonkübel getroffen worden sei. Im Weiteren gab ein "Abduktionsdefizit nach Schlag gegen die Schulter" Anlass für die am 28. Februar 2022 durchgeführte MRT der linken Schulter. Laut Bericht des Dr. med. E.________ vom 17. März 2022 habe der Beschwerdegegner bei der Arbeit einen schweren Gegenstand aufgefangen und dabei einen heftigen Riss in der linken Schulter verspürt. Im Rahmen eines Telefonats mit der Suva vom 23. Mai 2022 gab der Beschwerdegegner an, ein am Kran hängender Kübel (mit Beton gefüllt) sei ein wenig ausser Kontrolle geraten. Dieser habe zuerst am Betonmischer angeschlagen, sei dann abgeprallt und in seine Richtung geschwenkt. Er habe dann mit gestreckten Armen den Kübel "abfedern" wollen, so der Beschwerdegegner weiter. Dies sei ihm nicht gelungen, weshalb es ihm diesen an die Schulter links geschlagen habe. Es seien sofort Schmerzen aufgetreten. Schliesslich führte Dr. med. G.________, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, am 13. Juli 2022 aus, der Beschwerdegegner habe den Betonkübel, der ausgeschwenkt habe, fangen wollen. Dabei habe es ihm die Schulter "nach aussen verrissen" und sofort einen stechenden Schmerz ausgelöst.  
 
4.3.2. Nach dem Gesagten unterliess es der Beschwerdegegner zwar, unmittelbar nach dem Ereignis vom 18. Januar 2022 gegenüber der erstbehandelnden Ärztin und der Suva zu erwähnen, dass er versucht habe, den Betonkübel aufzufangen. So gab er lediglich an, einen Schlag auf die Schulter erhalten zu haben. Erstmals teilte er jedoch bereits im Rahmen der Konsultation durch Dr. med. E.________ am 15. März 2022 mit, dass er einen schweren Gegenstand habe auffangen wollen und dabei einen heftigen Riss in der Schulter verspürt habe. Diese Äusserung, die er im Anschluss auch gegenüber der Suva und Dr. med. G.________ machte, tätigte er insbesondere nicht unter dem Eindruck einer Leistungsverweigerung der Unfallversicherung, konnte er doch im Zeitpunkt der Untersuchung vom 15. März 2022 wie auch während des Telefonats mit der Suva vor dem Hintergrund der bereits erbrachten Versicherungsleistungen von einer solchen noch nicht ausgehen. Kommt hinzu, dass es sich beim erwähnten Auffangversuch vor dem Schlag an die Schulter nicht um eine abweichende Darstellung des Unfallgeschehens, sondern um eine ausführlichere Beschreibung handelt, wie der Beschwerdegegner letztinstanzlich zutreffend geltend macht.  
 
4.3.3. Indem die Vorinstanz vor diesem Hintergrund zum Schluss gelangt ist, es könne nicht ohne Weiteres nur von einem direkten Aufprall des Betonkübels ausgegangen werden, hat sie entgegen der Auffassung der Suva kein Bundesrecht verletzt. Sie hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung zu Recht nicht allein auf die "Aussage der ersten Stunde" (vgl. BGE 143 V 168 E. 5.2.2 mit Hinweis; Urteil 8C_27/2019 vom 20. August 2019 E. 5.2) gestützt. Hingegen kann dem kantonalen Gericht darin nicht zugestimmt werden, dass der Unfallhergang im vorliegenden Fall offen bleiben könne, wie die Suva zutreffend rügt. Denn insbesondere die medizinischen Einschätzungen der Dres. med. F.________ und E.________ gehen von unterschiedlichen Unfallhergängen aus (vgl. nachfolgend E. 5.3). Es ist dem Beschwerdegegner folgend davon auszugehen, dass er vor dem Aufprall versuchte, die schwere Last aufzufangen (vgl. zum im Sozialversicherungsrecht allgemein geforderten Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit BGE 146 V 271 E. 4.4).  
 
5.  
 
5.1. Das kantonale Gericht hat erkannt, der Umstand, dass beim Beschwerdegegner gewisse degenerative Veränderungen an der linken Schulter festgestellt worden seien, weise entgegen der Auffassung des Dr. med. F.________ für sich allein die fehlende Unfallkausalität der Ruptur der Supraspinatussehne nicht nach. Dr. med. E.________ habe einleuchtende Gründe dafür genannt, dass trotz der degenerativen Veränderungen von einer unfallkausalen Supraspinatussehnenruptur ausgegangen werden könne. Die Vorinstanz hat in der Folge gestützt auf dessen Einschätzung erwogen, dass der subtotale, durchgehende Riss der Supraspinatussehne mindestens teilweise unfallkausal gewesen sei. Sie ist zum Schluss gelangt, dass die Suva bis zur Heilung der unmittelbaren Folgen der Operation vom 24. März 2022 leistungspflichtig sei. Aufgrund der medizinischen Aktenlage sei nicht nachgewiesen, dass per 25. Mai 2022 bereits keine solchen mehr vorgelegen hätten.  
 
5.2. Die Suva bringt vor, es sei davon auszugehen, dass der Unfall zu keiner zusätzlichen strukturellen Läsion im Bereich der linken Schulter geführt habe bzw. durch die zeitnah durchgeführte MRT habe ausgeschlossen werden können. Die Operation vom 24. März 2022 habe damit einen rein degenerativen Erkrankungsvorschaden adressiert. Die Beschwerdefreiheit werde einen Tag vor dem operativen Eingriff bestätigt, zumal bei der damaligen Untersuchung weder über Beschwerden noch Schmerzen geklagt worden sei. Somit könne an der Leistungseinstellung per 25. Mai 2022 festgehalten werden. Unter Berücksichtigung der schlüssigen Argumentationsweise des Dr. med. F.________ und der unvollständigen Stellungnahme des Dr. med. E.________ seien keine geringen Zweifel an der Kausalitätsbeurteilung des Dr. med. F.________ vom 17. Juni 2022 begründet.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Dr. med. F.________ berichtete am 17. Juni 2022, im Falle einer unfallkausalen frischen Ruptur der Supraspinatussehne wäre ein "Drop arm sign" zu erwarten gewesen. Das heisse, der Beschwerdegegner wäre nicht in der Lage gewesen, den Arm aktiv abzuspreizen. Dies sei ein deutlicher Hinweis für einen degenerativen Erkrankungsvorschaden der Supraspinatussehne, der bis anhin klinisch nicht evident gewesen sei. Die dokumentierte Untersuchung im Erst- und Echtzeitbefund ergebe keinen Rückschluss auf eine frische traumatische Läsion der Supraspinatussehne. Ferner sei eine Schulterkontusion aufgrund des Unfallherganges diagnostiziert, die nicht geeignet sei, eine traumatische Ruptur der Supraspinatussehne zu erzeugen. Es sei unklar, weshalb im Bericht des Dr. med. E.________ vom 15. März 2022 angegeben werde, dass der Beschwerdegegner einen schweren Gegenstand aufgefangen und dabei einen heftigen Riss in der linken Schulter verspürt habe. Dies sei diskrepant zur Unfallanamnese, wie sie am 19. Januar 2022 wiedergegeben worden sei. Im Weiteren seien bildgebend (MRT vom 28. Februar 2022) keinerlei Hinweise für eine schwere Gewalteinwirkung durch einen Schlag mit einem Betonkübel zu eruieren. Ferner sei der Musculus deltoideus als schützende und dicke Muskelkappe über dem Schultergelenk positioniert, weshalb eine Verletzung der darunterliegenden Supraspinatussehne durch das blosse Anschlagen mit einem ausschwenkenden Betonkübel auszuschliessen sei. Bei der in der MRT sichtbaren und radiologisch beschriebenen Läsion des Musculus supraspinatus handle es sich vielmehr um einen degenerativen Erkrankungsvorschaden, wie er sich auch in den ebenfalls zur Rotatorenmanschette zugehörigen Sehnen im Bereich des Musculus subscapularis und des Musculus infraspinatus zeige. Die radiologisch beschriebenen Restfasern im vorderen Abschnitt des Schultergelenkes seien ein weiterer Hinweis für den altersbedingten Degenerationsprozess der gesamten Rotatorenmanschette.  
 
5.3.2. In der Stellungnahme vom 10. März 2023 hielt Dr. med. E.________ unter anderem fest, dass ein "Drop arm sign" nicht zwingend sei für eine frische Rotatorenmanschettenruptur. Dies sei abhängig von der Grösse der Ruptur. Es mangle an einer Konkretisierung, weshalb Dr. med. F.________ in der Bildgebung (MRT) keine Gewalteinwirkung sehe. Immerhin sei eine deutlich vermehrte Flüssigkeitsansammlung beschrieben, was ein starker Hinweis für ein Trauma sei. Der Deltamuskel schütze die Rotatorenmanschette bei einem direkten Trauma (Anprall). Allerdings liege hier ein anderer Unfallmechanismus vor, nämlich das versuchte Auffangen einer schweren Last. Dadurch sei es zu einer reflektorischen starken Anspannung der Rotatorenmanschette und wegen des hohen Gewichtes zu einer Überlastung des Sehnengewebes gekommen. In solchen Fällen schütze der Deltamuskel die Rotatorenmanschette nicht. Eine Muskelatrophie und grössere Sehnenreaktionen seien nicht erkennbar. Dies habe sich intraoperativ bestätigt. Die Sehne sei problemlos zu refixieren gewesen. Dies alles spreche für eine Unfallkausalität. Für einen gewissen Vorzustand würden einzig die degenerierten Bizeps- und Infraspinatussehnen sowie die Geröllzysten am Oberarmkopf sprechen. Sie alleine hätten den Riss der Supraspinatussehne aber nicht bewirken können.  
 
5.4. Nach dem Gesagten sind sich die Dres. med. F.________ und E.________ zwar darin einig, dass ein Anpralltrauma nicht geeignet ist, einen Riss der Supraspinatussehne zu verursachen, wie die Suva zutreffend vorbringt. Daraus kann sie aber nichts zu ihren Gunsten ableiten. Denn Dr. med. F.________ äusserte sich nicht zum Unfallmechanismus eines versuchten Auffangens einer schweren Last (vgl. E. 4.3.3 hiervor). Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, bestehen bereits aus diesem Grund zumindest geringe Zweifel an seiner Beurteilung. Diese Zweifel werden zudem durch die Stellungnahme des Dr. med. E.________ begründet (E. 5.3.2 hiervor), indem dieser ausführte, dass er beim hier relevanten Unfallhergang (Auffangen einer schweren Last) von einer Unfallkausalität ausgehe und der degenerative Vorzustand den Riss der Supraspinatussehne nicht habe bewirken können. Es bleibt unklar, wie die Beurteilung des Dr. med. F.________ bei dem im bundesgerichtlichen Verfahren festgestellten Unfallhergang ausgefallen wäre.  
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann jedoch nicht ohne Weiteres auf die Einschätzung des behandelnden Arztes abgestellt werden, wie die Suva zu Recht konstatiert. Denn nicht nur in der Schilderung des Unfallherganges, sondern auch in der Interpretation der nach dem Ereignis durchgeführten Bildgebung (MRT) sowie in Bezug auf den degenerativen Vorzustand gehen die Meinungen zwischen dem Suva-Arzt und dem behandelnden Arzt auseinander. Indem das kantonale Gericht unbesehen dieser Unklarheiten auf den Bericht des Dr. med. E.________ abgestellt hat, hat es Bundesrecht verletzt. Vielmehr hätte es die aufgezeigten Unstimmigkeiten und Widersprüche näher abklären müssen. Indem es dies unterlassen hat, hat es den Sachverhalt in Verletzung der Beweiswürdigungsregeln und des Untersuchungsgrundsatzes unvollständig festgestellt. Die Sache ist im Sinne des Eventualantrages der Suva weiter abzuklären und zu diesem Zweck an diese zurückzuweisen. 
 
5.5. Die Vorinstanz hat die Suva verpflichtet, die für die Stellungnahme des Dr. med. E.________ vom 10. März 2023 angefallenen Kosten von EUR 400.- zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 4 des kantonalen Entscheids). Dagegen opponiert die Suva letztinstanzlich nicht. Da keine offensichtlichen Mängel erkennbar sind, sind Weiterungen dazu nicht erforderlich (vgl. E. 2.1 hiervor).  
 
6.  
Die Rückweisung der Sache zum erneuten Entscheid kommt praxisgemäss einem Obsiegen gleich (BGE 146 V 28 E. 7; 141 V 281 E. 11.1). Dementsprechend hat der unterliegende Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 27. September 2023 und der Einspracheentscheid der Suva vom 20. Dezember 2022 werden aufgehoben. Die Sache wird zu weiteren Abklärungen und neuen Verfügung an die Suva zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 6. Februar 2025 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Viscione 
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber