Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_254/2022
Urteil vom 6. Mai 2022
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Zingg.
Verfahrensbeteiligte
A.________ Ltd,
Beschwerdeführerin,
gegen
Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon, Wilhofstrasse 1, Postfach, 8125 Zollikerberg,
Schweizerische Eidgenossenschaft,
handelnd durch die Eidgenössische Finanzverwaltung, Zentrale Inkassostelle, Monbijoustrasse 118, 3003 Bern.
Gegenstand
Prozessleitende Verfügung (aufschiebende Wirkung etc.),
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 1. April 2022 (PS220059-O/U).
Erwägungen:
1.
1.1. In den durch die Schweizerische Eidgenossenschaft angehobenen Betreibungen Nrn. xxx ff., Pfändung Nr. yyy, gegen B.________ (Schuldner) erliess das Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon am 27. Januar 2022 eine Anzeige der Pfändung einer Forderung gemäss Art. 99 SchKG an die C.________ AG betreffend das Konto Nr. zzz. Vertragspartnerin sei die A.________ Ltd. (fortan: Beschwerdeführerin), der Schuldner bezeichne sich als wirtschaftlich Berechtigter des Kontos.
1.2. Gegen die Anzeige der Forderungspfändung reichte die Beschwerdeführerin am 10. Februar 2022 (Poststempel) Beschwerde beim Bezirksgericht Zürich ein. Das Bezirksgericht Zürich leitete die Beschwerde zuständigkeitshalber an das Bezirksgericht Meilen weiter. Mit Verfügung vom 18. Februar 2022 setzte das Bezirksgericht der Beschwerdeführerin Frist an, um den Nachweis der Zeichnungsberechtigung von B.________ als Direktor der Beschwerdeführerin zu erbringen bzw. eine Vollmacht einzureichen, unter Androhung, dass im Säumnisfall die Beschwerde als nicht erfolgt gelte. Den Antrag um aufschiebende Wirkung wies das Bezirksgericht einstweilen ab. Am 2. März 2022 reichte die Beschwerdeführerin als Beleg der Einzelunterschriftsberechtigung von B.________ ein Certificate of Incumbency ein. Mit Verfügung vom 11. März 2022 setzte das Bezirksgericht Frist an zur Vernehmlassung bzw. Beschwerdeantwort und zur Akteneinsendung. Am 16. März 2022 ging beim Bezirksgericht ein Schreiben der Beschwerdeführerin ein, mit dem sie verlangte, der Beschwerde unmittelbar aufschiebende Wirkung zu gewähren. Zudem sei ihr zulasten der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Betreibungsamtes Schadenersatz in der Höhe von mindestens Fr. 100'000.-- zuzusprechen. Das Betreibungsamt verlangte mit Schreiben vom 18. März 2022, das Certificate of Incumbency sei auf Deutsch zu übersetzen und die Vernehmlassungsfrist sei zu erstrecken.
Mit Verfügung vom 22. März 2022 wies das Bezirksgericht den Antrag um aufschiebende Wirkung ab (Dispositiv-Ziff. 1). Auf das Schadenersatzbegehren trat es nicht ein (Dispositiv-Ziff. 2). Der Beschwerdeführerin setzte es eine Nachfrist an, um ihre in englischer Sprache eingereichte Urkunde über die Zeichnungsberechtigung in einer Übersetzung auf Deutsch durch einen Dolmetscher einzureichen, unter Androhung, dass bei Säumnis die fremdsprachige Urkunde als nicht erfolgt gelte (Dispositiv-Ziff. 3). Die dem Betreibungsamt angesetzte Frist zur Vernehmlassung und Akteneinsendung nahm das Bezirksgericht ab (Dispositiv-Ziff. 4).
1.3. Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 24. März 2022 (Poststempel) Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich. Mit Beschluss vom 1. April 2022 trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein. Den Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung schrieb es ab.
1.4. Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 5. April 2022 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt die Aufhebung des Beschlusses vom 1. April 2022. Der Beschwerde an das Bezirksgericht sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und die Nachfrist zur Einreichung einer Übersetzung des Certificate of Incumbency sei abzunehmen. Dem Betreibungsamt und der Schweizerischen Eidgenossenschaft sei eine kurze Frist zur Vernehmlassung und Einsendung der Akten zu setzen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
Mit Verfügung vom 6. April 2022 hat das Bundesgericht die Beschwerdeführerin zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'000.-- aufgefordert. Am 7. April 2022 hat die Beschwerdeführerin um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ersucht. Mit Verfügung vom 20. April 2022 hat das Bundesgericht dieses Gesuch abgewiesen. Mit Eingabe vom 22. April 2022 (Poststempel) hat die Beschwerdeführerin an ihrem Gesuch festgehalten und eventualiter um Fristverlängerung ersucht. Mit Verfügung vom 25. April 2022 hat das Bundesgericht das erneute Gesuch abgewiesen, hingegen die Zahlungsfrist bis zum 2. Juni 2022 verlängert, unter Hinweis auf die Möglichkeit zur Stellung eines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege und die entsprechenden Voraussetzungen (BGE 143 I 328 E. 1). Mit Eingabe vom 1. Mai 2022 (Poststempel) hat die Beschwerdeführerin an ihrem Antrag festgehalten und ausserdem um unentgeltliche Rechtspflege für sich und den wirtschaftlich Berechtigten, "Hr. XY" (angeblich ein britischer Staatsangehöriger, der sich derzeit in der Ostukraine aufhalten und nicht erreichbar sein soll), ersucht. Eventualiter hat sie um eine Fristerstreckung für die Leistung des Kostenvorschusses bis 30. September 2022 ersucht.
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
2.
Gemäss den obergerichtlichen Erwägungen richtete sich die Beschwerde an das Obergericht gegen die Dispositiv-Ziffern 1, 3 und 4 der bezirksgerichtlichen Verfügung vom 22. März 2022. Das Obergericht hat erwogen, in Bezug auf die Nachfristansetzung zur Einreichung einer Übersetzung und die Fristabnahme sei ein Nachteil im Sinne von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO weder dargetan noch ersichtlich. Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde im bezirksgerichtlichen Verfahren sei kein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil erkennbar. Die Beschwerdeführerin verweise darauf, dass die Pfändung Nr. yyy aufgehoben worden sei, was sich auch aus einem Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 21. März 2022 (CB220001) ergebe. Damit sei der Anzeige der Forderungspfändung die Grundlage entzogen. Allfällige bereits eingetretene finanzielle Einbussen stellten für sich gesehen keinen Nachteil im vollstreckungsrechtlichen bzw. im Sinne von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO dar.
3.
Es ist unbestritten, dass vor Obergericht einzig die Dispositiv-Ziffern 1, 3 und 4 der bezirksgerichtlichen Verfügung vom 22. März 2022 angefochten waren und Dispositiv-Ziff. 2 der bezirksgerichtlichen Verfügung nicht Gegenstand des obergerichtlichen Verfahrens war. Entgegen der obergerichtlichen Rechtsmittelbelehrung handelt es sich folglich beim angefochtenen Beschluss nicht - und zwar auch nicht teilweise - um einen Endentscheid (Art. 90 BGG), sondern um einen Zwischenentscheid nach Art. 93 Abs. 1 BGG. Demnach ist die Beschwerde nur unter den Voraussetzungen von lit. a oder b dieser Norm zulässig. Vorliegend kommt einzig die Variante von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG in Betracht, d.h. wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann. Rein tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens reichen nicht aus (BGE 144 III 475 E. 1.2 mit Hinweisen).
Soweit der obergerichtliche Beschluss die aufschiebende Wirkung betrifft, geht es überdies um eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 137 III 475 E. 2; 134 II 192 E. 1.5). Diesbezüglich kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden (BGE 134 II 244 E. 2.2; 142 III 364 E. 2.4).
4.
In Bezug auf die Einreichung einer Übersetzung des Certificate of Incumbency bzw. die Abnahme der Vernehmlassungsfrist fehlt jegliche Darlegung, weshalb ein Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vorliegen soll. Ein solcher Nachteil ist denn auch nicht ersichtlich, droht durch die fraglichen Anordnungen doch einzig eine Verfahrensverzögerung und allenfalls -verteuerung durch die Übersetzungskosten.
In Bezug auf die aufschiebende Wirkung macht die Beschwerdeführerin geltend, das die Pfändung aufhebende Urteil sei nicht rechtskräftig geworden; die Schweizerische Eidgenossenschaft habe anscheinend dagegen Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführerin belegt diese Behauptung jedoch nicht. Es gelingt ihr damit nicht, das Vorliegen eines Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darzutun. Der rein finanzielle Nachteil durch die zeitweilige Blockierung eines Kontos genügt dazu nicht.
Im Übrigen ist die an das Bundesgericht gerichtete Beschwerde zu grossen Teilen eine - teilweise neu zusammengesetzte - Wiederholung der an das Obergericht gerichteten Beschwerde, in der selber wiederum die an das Bezirksgericht gerichteten Eingaben wiederholt worden waren. Auf diese Weise setzt sich die Beschwerdeführerin gerade nicht mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses auseinander. Eine solche Beschwerdebegründung genügt weder Art. 42 Abs. 2 BGG noch den strengeren Rügevoraussetzungen von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 134 II 244 E. 2.3). Darüber hilft auch nicht hinweg, wenn die Beschwerdeführerin behauptet, den Nachweis des nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteils mehrfach erbracht zu haben, und dem Obergericht pauschal Willkür und unverhältnismässigen Formalismus vorwirft.
Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten.
5.
Die Beschwerdeführerin hat am 1. Mai 2022 zum wiederholten Male um Verzicht auf Erhebung eines Kostenvorschusses ersucht. Im vorliegenden Verfahrensstadium ist das Gesuch gegenstandslos. Soweit es in ein Gesuch um Verzicht auf die Erhebung von Gerichtskosten umzudeuten sein sollte, müsste es abgewiesen werden. Verfahren vor Bundesgericht sind grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Es liegen keine Gründe vor, um ausnahmsweise darauf zu verzichten, der unterliegenden Partei die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von vornherein aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt.
Lausanne, 6. Mai 2022
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Zingg