Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.427/2006 /bnm 
 
Urteil vom 6. Dezember 2006 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Escher, Hohl, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Kissling, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Fürsprech Dieter Trümpy, 
Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, Amthaus I, Amthausplatz, 4500 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Art. 5, 9 und 29 Abs. 1 und 2 BV 
(Klage nach Art. 265a Abs. 4 SchKG), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Zivilkammer, vom 29. September 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.a Im Verfahren nach Art. 265a Abs. 4 SchKG setzte der Amtsgerichtsstatthalter A.________ X.________ (Kläger) mit Verfügung vom 17. Mai 2006 Nachfrist zur Bezahlung der Parteikostensicherheit bis zum 12. Juni 2006, wobei die angesetzte Nachfrist ausdrücklich als unerstreckbar bezeichnet wurde. Der Kläger wurde überdies darauf hingewiesen, dass auf ein Fristerstreckungsgesuch nicht eingetreten werde, die Einräumung einer Notfrist gemäss § 81 Abs. 3 ZPO/SO ausgeschlossen sei und die Klage abgeschrieben werde, wenn die Leistung der Parteikostensicherheit nicht innert der Frist erfolge. 
A.b Am 12. Juni 2006 teilte die Kanzleimitarbeiterin des Richteramtes dem Kläger auf dessen telefonische Anfrage mit, eine Fristerstreckung sei nicht möglich; das Gericht müsse spätestens am 13. Juni 2006 im Besitze des Gerichtes sein. An diesem Tag lieferte der Kläger den verlangten Betrag bei Gericht ab. 
B. 
B.a Y.________ (Beklagter) ersuchte in der Folge den Amtsgerichtsstatthalter, die Klage androhungsgemäss wegen nicht fristgerechten Bezahlens der richterlich verfügten Parteikostensicherheit abzuschreiben. Diesem Antrag gab der Amtsgerichtsstatthalter mit Verfügung vom 9. August 2006 nicht statt. 
B.b Den vom Beklagten dagegen eingereichten Rekurs hiess das Obergericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 29. September 2006 gut; es hob die angefochtene Verfügung im strittigen Punkt auf und schrieb die Klage ab. Zur Begründung hielt es dafür, die Sicherheit sei einen Tag zu spät und damit nicht rechtzeitig geleistet worden. Der Kläger könne sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen, zumal er durch einen Anwalt vertreten sei und somit habe wissen können, dass eine Kanzleimitarbeiterin nicht befugt sei, am Telefon prozessleitende Verfügungen zu erlassen und eine Fristerstreckung zu gewähren bzw. die angedrohten Folgen einer Fristversäumnis aufzuheben. 
C. 
Der Kläger führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben. In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
D. 
Mit Verfügung vom 13. November 2006 entsprach der Präsident der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts dem Gesuch des Beschwerdeführers und erteilte der Beschwerde entgegen dem Antrag des Beschwerdegegners aufschiebende Wirkung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Mit dem angefochtenen Urteil ist das vom Kläger angestrengte Verfahren betreffend Feststellung neuen Vermögens abgeschrieben worden. Es liegt demnach ein Endentscheid im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OG vor. Der Beschwerdeführer kann die Klage nach Art. 265a Abs. 4 SchKG infolge Fristablaufs nicht mehr anheben und ist damit in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen (Art. 88 OG). Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich damit als grundsätzlich zulässig. 
2. 
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darstellung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Rügeprinzip; vgl. BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Allgemeine Vorwürfe ohne eingehende Begründung dafür, inwiefern welches verfassungsmässige Recht verletzt sein soll, genügen den gesetzlichen Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht (BGE 117 Ia 10 E. 4b). Ebenso wenig tritt es auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ein (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). 
2.1 Der Beschwerdeführer bezeichnet das angefochtene Urteil als gegen Art. 5 sowie 29 BV verstossend. Er zeigt in der Begründung der staatsrechtlichen Beschwerde indes nicht auf, inwiefern diese Bestimmungen durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sein sollen. Darauf ist nicht einzutreten. 
2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, um den Termin zur Leistung der Parteikostensicherheit gewusst zu haben, trägt aber vor, der am 13. Juni 2006 bei Gericht hinterlegte Geldbetrag habe sogar schneller verbucht werden können, als wenn es am letzten Tag der Frist, am 12. Juni 2006, bei der Post einbezahlt worden wäre. Seiner Ansicht nach soll im Lichte des Vertrauensschutzes (Art. 9 BV) der Auffassung des Erstrichters ohne Not gefolgt und die Frist als eingehalten betrachtet werden können. Das Obergericht hat indes dafür gehalten, der Vertrauensschutz komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen; der durch einen Anwalt vertretene Beschwerdeführer habe gewusst, dass die Kanzleimitarbeiterin nicht befugt gewesen sei, am Telefon prozessleitende Verfügungen zu erlassen und eine Fristerstreckung zu gewähren bzw. die angedrohten Folgen einer Fristversäumnis aufzuheben. Mit dieser Begründung setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Insoweit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. 
3. 
Der Beschwerdeführer bezeichnet das Vorgehen des Obergerichts als überspitzten Formalismus. Jedem normalen Rechtsempfinden widerspreche, den Prozess wegen der streng genommen einen Tag verspäteten Einzahlung abzuschreiben und ihm (dem Beschwerdeführer) dadurch die existenziell wichtige Beweisführung zu verwehren. 
 
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedeutet die Abschreibung des Verfahrens wegen verspäteter Leistung des Kostenvorschusses keinen überspitzten Formalismus, wenn auf die Folgen nicht rechtzeitiger Leistung aufmerksam gemacht wurde (BGE 104 Ia 105 E. 5 S. 112; 118 Ia 8 E. 2c S. 13). Unbehelflich ist der Verweis des Beschwerdeführers auf Jörg Paul Müller (Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl. 1999, S. 501), wonach es überspitzt formalistisch ist, "bei Nichtleistung des Kostenvorschusses ohne weiteres auf das Rechtsmittel nicht einzutreten". Das Obergericht hat die Klage nicht ohne Weiteres abgeschrieben. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich, dass die dem Beschwerdeführer durch Verfügung des Amtsgerichtsstatthalters vom 17. Mai 2006 gesetzte Nachfrist zur Bezahlung der Parteikostensicherheit ausdrücklich als unerstreckbar bezeichnet wurde. Überdies enthielt die Verfügung den Hinweis, dass auf ein Fristerstreckungsgesuch nicht eingetreten werde, die Einräumung einer Notfrist gemäss § 81 Abs. 3 ZPO/SO ausgeschlossen sei und die Klage abgeschrieben werde, wenn die Leistung der Parteikostensicherheit nicht innert der Frist erfolge. Wird unter solchen Umständen eine Frist verpasst und tritt das Gericht deswegen auf die Klage nicht ein, erweist sich dies nicht als überspitzt formalistisch. 
4. 
Damit ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). In der Sache ist keine Vernehmlassung eingeholt worden und somit auch keine Entschädigung an den Beschwerdegegner zu leisten. Dieser hat sich zwar mit Bezug auf das Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen lassen, ist aber mit seinem Abweisungsantrag unterlegen, so dass ihm auch für die Vernehmlassung zum Gesuch keine Entschädigung geschuldet ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. Dezember 2006 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: