Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_849/2024
Urteil vom 7. Januar 2025
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Statthalteramt Bezirk Zürich, Löwenstrasse 17, 8001 Zürich,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Verspätete Einsprache gegen Strafbefehl; Nichteintreten,
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 21. August 2024 (UH240216-O/U).
Erwägungen:
1.
Das Statthalteramt Bezirk Zürich büsste den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 12. April 2023 wegen Tätlichkeiten und mehrfachen Benutzens eines Fahrzeugs des öffentlichen Verkehrs ohne gültigen Fahrausweis unter Kostenauflage mit Fr. 800.--. Auf Einsprache hin wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Dezember 2023 auf den 12. März 2024 zur Einvernahme vorgeladen. Die Vorladung wurde ihm am 27. Dezember 2023 zugestellt. Zur Einvernahme erschien der Beschwerdeführer nicht, weshalb das Statthalteramt mit Verfügung vom 12. März 2024 auf die Einsprache nicht eintrat und die Rechtskraft des Strafbefehls vom 12. April 2023 feststellte. Die an das Statthalteramt Bezirk Zürich gerichteten und am 2. Juli 2024 zuständigkeitshalber weitergeleiteten Eingaben des Beschwerdeführers vom 12. und 27. Juni 2024 nahm das Obergericht des Kantons Zürich sinngemäss als Beschwerde entgegen und trat darauf mit Verfügung vom 21. August 2024 wegen Verspätung nicht ein. Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht mit dem Antrag, die obergerichtliche Verfügung sei aufzuheben und die Angelegenheit zur Beurteilung an die Zürcher Behörden zurückzuweisen.
2.
Anfechtungs- und Verfahrensgegenstand ist einzig die Nichteintretensverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich (Art. 80 Abs. 1 BGG). Da sich diese ausschliesslich mit der Zustellung der Verfügung des Statthalteramts Bezirk Zürich vom 12. März 2024 (Zustellfiktion; Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO) und der Wahrung der Beschwerdefrist befasst, können auch vor Bundesgericht nur diese Fragen Gegenstand des Verfahrens sein. Von vornherein nicht eingetreten kann daher auf die Beschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer mit der materiellen Seite der Angelegenheit befasst, die vor Bundesgericht nicht Verfahrensgegenstand bildet.
3.
3.1. Nach Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO gilt eine eingeschriebene Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste. Die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akten zugestellt werden können, welche das Verfahren betreffen (BGE 146 IV 30 E. 1.1.2; 141 II 429 E. 3.1; 138 III 225 E. 3.1; 6B_110/2016 vom 27. Juli 2016 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 142 IV 286; je mit Hinweisen). Von einer verfahrensbeteiligten Person wird namentlich verlangt, dass sie für die Nachsendung ihrer an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz besorgt ist und der Behörde gegebenenfalls längere Ortsabwesenheiten mitteilt oder eine Stellvertretung ernennt (vgl. BGE 146 IV 30 E. 1.1.2; 141 II 429 E. 3.1; 139 IV 228 E. 1.1; 6B_1083/2021, 6B_1084/2021 vom 16. Dezember 2022 E. 5.2, nicht publ. in: BGE 149 IV 105).
3.2. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in gedrängter Form unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt. Um diesem Erfordernis zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2; 140 III 86 E. 2). Für die Rüge der Verletzung von Grundrechten, einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG), gelten qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2).
4.
Das Obergericht erwägt, das Statthalteramt habe den Beschwerdeführer nach dessen Einspracheerhebung mit Schreiben vom 18. Dezember 2023 auf den 12. März 2024 zur Einvernahme vorgeladen. Diese Vorladung sei dem Beschwerdeführer zugestellt worden, und er hätte mit weiteren Zustellungen des Statthalteramts Bezirk Zürich rechnen müssen. Der Beschwerdeführer führe aus, er sei (zum fraglichen Zeitpunkt) im Gefängnis gewesen. Indessen wäre es an ihm gewesen, sich bezüglich des ihm angekündigten Einvernahmetermins (zur von ihm selbst erhobenen Einsprache) beim Statthalteramt zu melden, diesem seine neue Zustelladresse mitzuteilen oder einen Stellvertreter zu bezeichnen. Dies habe er unterlassen, obwohl er dazu nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre. Die angefochtene Verfügung des Statthalteramts Bezirk Zürich vom 12. März 2024 gelte daher am 21. März 2024 als zugestellt. Diese Zustellung habe die 10-tägige Frist gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO zur Erhebung und Begründung der Beschwerde ausgelöst. Um rechtzeitig zu sein, hätte der Beschwerdeführer seine Beschwerde spätestens am 2. April 2024 bei der Strafbehörde abgeben oder zu deren Handen der schweizerischen Post übergeben müssen. Die Eingabe des Beschwerdeführers datiere vom 12. Juni 2024 und sei erst am 14. Juni 2024 beim Statthalteramt eingegangen. Sie sei somit nicht rechtzeitig erfolgt.
5.
Was der Beschwerdeführer gegen den obergerichtlichen Nichteintretensentscheid vorbringt, ist nicht geeignet, Willkür oder eine anderweitige Bundesrechtsverletzung zu belegen. Dass gegen ihn ein Strafbefehl wegen Tätlichkeiten und mehrfachen Benutzens eines Fahrzeugs des öffentlichen Verkehrs ohne gültigen Fahrausweis erlassen wurde, ihm der Strafbefehl zugestellt werden konnte, er zur Einvernahme vorgeladen und ihm die Vorladung zur Einvernahme zugestellt werden konnte, steht fest. Daraus folgt ohne weiteres, dass der Beschwerdeführer Kenntnis vom gegen ihn geführten Verfahren und vom Vorladungstermin hatte, was er vor Bundesgericht denn auch selbst einräumt. Entsprechend hätte er - wie das Obergericht ohne Rechtsverletzung erwägt - mit weiteren verfahrensbezogenen Zustellungen rechnen und das Statthalteramt über seine neue Zustelladresse informieren müssen bzw. einen Stellvertreter beauftragen können. Dass und weshalb er dies nicht getan hat bzw. ihm solches nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sein soll, zeigt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht auf. Ohne sich mit den Ausführungen des Obergerichts zu befassen bestreitet er lapidar, eine Verantwortung für die Nachsendung seiner Post zu tragen; stattdessen verortet er eine Verletzung von Treu und Glauben auf Seiten der Behörden. Seine Einwände, soweit novenrechtlich überhaupt zulässig (Art. 99 BGG), erschöpfen sich in blossen pauschalen Behauptungen, aus denen sich nicht ergibt, inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Nichteintretensentscheid in Willkür verfallen sein oder damit anderweitig Bundesrecht verletzen haben könnte. Der Begründungsmangel ist offensichtlich (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf die Beschwerde kann mangels tauglicher Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht eingetreten werden.
6.
Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Januar 2025
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Muschietti
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill