Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_633/2021
Urteil vom 7. Februar 2022
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
nebenamtlicher Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiber Nabold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. September 2021 (IV.2020.00721).
Sachverhalt:
A.
Die 1970 geborene A.________ meldete sich im Oktober 2018 unter Hinweis auf starke Fussschmerzen bei längerem Stehen und Gehen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich lehnte dieses Leistungsbegehren zunächst mit der im Nachgang zum Vorbescheid vom 26. März 2019 erlassenen Verfügung vom 1. Juli 2019 ab. Als Begründung führte die IV-Stelle an, die Versicherte könne ihre bisherige Tätigkeit als Pflegehelferin mit geringfügigen Anpassungen weiter ausführen, somit bestehe keine anspruchsbegründende Invalidität. Auf Beschwerde der A.________ hin stellte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 20. März 2020 fest, dass die Versicherte von Invalidität bedroht ist und damit Anspruch auf berufliche Massnahmen hat, sofern die jeweiligen übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Mit Verfügung vom 18. September 2020 erteilte die IV-Stelle Kostengutsprache für eine Potenzialabklärung in der Zeit vom 19. Oktober bis 18. November 2020, wobei sie die Höhe des während dieser Abklärung geschuldeten Taggeldes mit Verfügung vom 30. September 2020 bei einem massgebenden Jahreseinkommen von Fr. 75'288.- auf Fr. 165.60 festlegte. Demgegenüber hatte die IV-Stelle bereits mit Verfügung vom 17. September 2020 eine rückwirkende Nachzahlung von Taggeldern und Wartetaggeldern abgelehnt.
B.
Mit Urteil vom 27. September 2021 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die von A.________ gegen diese beiden Verfügungen erhobene Beschwerde teilweise gut und sprach der Versicherten für die Zeit ab 19. Oktober 2020 ein Taggeld in der Höhe von Fr. 178.- zu. Mit gleichem Urteil wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab, soweit sie die Ablehnung eines Anspruchs auf Wartetaggelder gemäss Verfügung vom 17. September 2020 betraf.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, das kantonale Urteil sei insoweit aufzuheben, als es einen Anspruch auf Wartetaggelder verneine und die Sache sei zu neuem Entscheid an das kantonale Gericht zurückzuweisen, eventuell sei ihr ab dem 26. März 2019 (subeventuell ab dem 29. Juli 2020) ein Wartetaggeld in der Höhe von Fr. 178.- zuzusprechen.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ).
2.
Letztinstanzlich unbestritten geblieben ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf ein Taggeld in der Höhe von Fr. 178.- pro Tag für die Zeit vom 19. Oktober bis 18. November 2020. Streitig und zu prüfen ist demgegenüber, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es einen Anspruch auf ein Wartetaggeld in der Zeit vom 26. März 2019 bis zum 18. Oktober 2020 verneinte.
3.
Die versicherte Person, die zu mindestens 50 Prozent arbeitsunfähig ist und auf den Beginn einer erstmaligen beruflichen Ausbildung oder einer Umschulung warten muss, hat gemäss Art. 18 Abs. 1 aIVV (in der vorliegend massgebenden, vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2021 in Kraft gestandenen Fassung) während der Wartezeit Anspruch auf ein Taggeld. Der Anspruch entsteht nach Art. 18 Abs. 2 aIVV im Zeitpunkt, in welchem die IV-Stelle feststellt, dass eine erstmalige berufliche Ausbildung oder eine Umschulung angezeigt ist.
4.
4.1. Das kantonale Gericht erwog, die Beschwerdeführerin beantrage spätestens ab dem 29. Juli 2020 ein Wartetaggeld. Ein solcher Anspruch sei jedoch zu verneinen, da der Anspruch auf eine Umschulung weder mit Urteil vom 20. März 2020 noch im Anschluss an die Besprechung zwischen der Beschwerdeführerin und einer Vertreterin der Beschwerdegegnerin vom 29. Juli 2020 bereits festgestanden habe. Zudem sei auch die Eingliederungsbereitschaft der Versicherten in diesem Zeitraum zweifelhaft.
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe gegen die Vorschriften über die Eröffnung der vor Bundesgericht anfechtbaren Entscheide (Art. 112 BGG) verstossen und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 1 BV) verletzt, indem es im angefochtenen Urteil ihren Antrag auf die Zusprache von Wartetaggeldern ab dem 26. März 2019 nicht ausdrücklich erwähnt hat. Soweit sie sich auf Art. 112 BGG bezieht, übersieht sie jedoch in ihrer Argumentation, dass es gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. a BGG genügt, wenn sich die von den Parteien im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Begehren - wie vorliegend - aus den Akten entnehmen lassen (vgl. auch BERNHARD EHRENZELLER, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 6 zu Art. 112 BGG). Ebenfalls zu verneinen ist eine Verletzung des Anspruchs der Versicherten auf rechtliches Gehör: Die Versicherte leitet ihren Anspruch auf Wartetaggelder ab dem 26. März 2019 aus dem kantonalen Urteil vom 20. März 2020 ab; das kantonale Gericht verneinte demgegenüber, dass sich aus diesem Urteil ein solcher Anspruch ergibt. Damit konnte es auf eine Auseinandersetzung mit der Frage verzichten, ob ein allfälliger Anspruch erst im Zeitpunkt des kantonalen Urteils (hier also dem 20. März 2020), oder bereits im Zeitpunkt des Vorbescheids (hier dem 26. März 2019) entstehen würde.
4.3. Gemäss Art. 18 Abs. 2 aIVV fällt der Anspruchsbeginn für die Wartetaggelder nicht mit dem Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf eine Umschulung (oder auf eine erstmalige berufliche Ausbildung) zusammen. Vielmehr entsteht der Anspruch auf Wartetaggelder erst in jenem Zeitpunkt, in dem die IV-Stelle einen Anspruch auf eine Umschulung feststellt. Ob vor diesem Hintergrund in jenen Fällen, in denen die IV-Stelle einen solchen Umschulungsanspruch zunächst verneint, auf Beschwerde der versicherten Person hin aber ein Gericht den entsprechenden Anspruch feststellt, der Anspruch auf Wartetaggelder tatsächlich rückwirkend im Zeitpunkt der vom kantonalen Gericht aufgehobenen umschulungsablehnenden Verfügung entsteht (oder gar, wie von der Beschwerdeführerin implizit geltend gemacht, im Zeitpunkt des Vorbescheids, in dessen Folge die umschulungsablehnende Verfügung erging), braucht vorliegend nicht näher geprüft zu werden. Wie das kantonale Gericht überzeugend erwogen hat, sprach es ihr im Urteil vom 20. März 2020 nicht eine Umschulung zu, sondern bejahte lediglich eine von verschiedenen Anspruchsvoraussetzungen für eine Umschulung - jene der leistungsbegründenden Invalidität - und wies die Sache zur Prüfung der übrigen Voraussetzungen an die IV-Stelle zurück. Demzufolge stand auch mit dem Urteil vom 20. März 2020 noch nicht fest, ob die Versicherte tatsächlich Anspruch auf eine Umschulung hatte. Damit begründete dieses Urteil entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin weder ab dem Urteilszeitpunkt noch ab einem früheren Zeitpunkt einen Anspruch auf Wartetaggelder. Ein solcher ist vorliegend bereits aus diesem Grund zu verneinen, womit die vom kantonalen Gericht aufgeworfene Frage der Eingliederungsbereitschaft nicht näher geprüft zu werden braucht.
4.4. Soweit die Versicherte in ihrem Eventualantrag die Zusprache eines Wartetaggeldes ab dem 29. Juli 2020 beantragt, begründet sie ihren Antrag nicht näher. Ihre Beschwerde ist demnach ohne Weiterungen abzuweisen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass gemäss den Feststellungen des kantonalen Gerichts auch in der Besprechung vom 29. Juli 2020 seitens der Beschwerdegegnerin kein Anspruch auf Umschulung anerkannt wurde, sondern lediglich eine Prüfung der Umschulungsfähigkeit der Versicherten in die Wege geleitet wurde.
5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, III. Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 7. Februar 2022
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Der Gerichtsschreiber: Nabold