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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_967/2022  
 
 
Urteil vom 7. Februar 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Stockwerkeigentümergemeinschaft A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Robert Hadorn, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. D.C.________ und E.C________, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Markus 
Holenstein, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Anfechtung von Stockwerkeigentümerbeschlüssen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 4. November 2022 (LB220021-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
An der F.________strasse uu-zz in U.________ steht eine in 18 Stockwerkeinheiten aufgeteilte Überbauung mit dem Namen "A.________", deren modulare Struktur eine individuelle Gestaltung der Wohnungen erlaubt, so dass für das Gebäude als solches wie auch für die einzelnen Wohn- bzw. Stockwerkeinheiten von "Wohnbaukasten" (WBK) gesprochen wird. Die einzelnen Module werden dabei durch sog. "Links" verbunden, welche den Eingangsbereich der angrenzenden Wohnungen bilden. 
Die Beschwerdeführerin ist die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer, die Beschwerdegegner sind Stockwerkeigentümer. Sie standen und stehen sich als Parteien seit zehn Jahren in zahlreichen Verfahren gegenüber, die immer wieder bis vor Bundesgericht führten und führen. 
 
B.  
Vorliegend geht es um den Vollzug eines gerichtlich genehmigten Vergleiches vom 24. April 2014, welchen die Parteien im Rahmen einer Anfechtung früherer Beschlüsse vom 11. November 2011 und 30. März 2012 geschlossen hatten. Darin hatten sie zusammengefasst vereinbart, dass die Eigentümer B.________ (Beschwerdegegner 1) und die Eigentümer C.________ (Beschwerdegegner 2) für die Fertigstellung ihrer Wohnbaukästen pauschal Fr. 76'000.-- bzw. 95'000.-- bezahlen würden (Ziff. 1), was diese in der Folge auch taten, dass die Eigentümer der Einheiten 3.3, 4.3 und 5 als Gegenleistung für die am 11. November 2011 beschlossene Einräumung von Sondernutzungsrechten an den Dachterrassen auf dem Dach des Wohnbaukastens sämtliche Dach- und Fluchtwege sowie die Bodengestaltung samt der zusätzlichen Begrünung auf eigene Rechnung erstellen und zwecks Sichtschutzes (in Absprache mit dem Eigentümer B.________) auch einen Zaun errichten würden, dass die Gemeinschaft sämtlichen Eigentümern ein Benutzungsrecht am "Link" des Hauses Nr. ww einräume und jeder Eigentümer einen Schlüssel erhalte, dass diese Verpflichtungen an der nächsten Stockwerkeigentümerversammlung zur Aufnahme ins Reglement traktandiert und die Eigentümer G.________, H.________, I.________, C.________ sowie B.________ sich verpflichten würden, der Reglementsänderung zuzustimmen (alles Ziff. 2), dass der Eigentümer B.________ sich verpflichte, auf eigene Kosten den ursprünglichen Zustand der Hecke wiederherzustellen (Ziff. 3), dass die Parteien eine Neuberechnung der Wohnflächen vornehmen würden (Ziff. 4) und Weiteres mehr. 
Anlässlich der ausserordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung vom 8. September 2014 verlangten die Beschwerdegegner, die im Vergleich geregelten Punkte wie vereinbart ins Reglement zu übernehmen. Was die Punkte zu ihren Gunsten anbelangte, stellte der Eigentümer H.________ den Antrag, dass Präzisierungen vorzunehmen seien. Mit je 7 zu 2 Stimmen (d.h. gegen die zwei Stimmen der Beschwerdegegner) wurde die unveränderte Übernahme der Verpflichtungen ins Reglement abgelehnt und stattdessen "Präzisierungen" beschlossen bzw. festgestellt, dass der aktuelle Zustand alle Bedingungen des Vergleiches erfülle. 
In der Folge fochten die Beschwerdegegner die Beschlüsse Nrn. 3, 3.1, 3.2, 3.3, 4 und 5 an, die in ihren Augen nicht vergleichskonform umgesetzt bzw. ins Reglement überführt worden waren (Ziff. 3.1: Erstellung von Dach- und Fluchtwegen auf dem Dach des Wohnbaukastens und Dachgestaltung auf der Westseite samt zusätzlicher Begrünung; Ziff. 3.2: Errichtung eines Zaunes zwischen dem Liftanbau Nord und dem Zylinder 3.2 sowie zwischen den Zylindern 2.3 und 3.2; Ziff. 3.3: Nutzungsrecht aller Eigentümer am Treppenhaus Nr. ww und Herausgabe eines Schlüssels an alle Eigentümer; Ziff. 4: Wiederherstellung der Sitzplatzgestaltung, insb. Hecken Nord und Ost; Ziff. 5: Wiederherstellung der Blumenkiste Balkon West mit baurechtskonformer Absturzsicherung). 
Mit Urteil vom 22. März 2022 hob das Bezirksgericht Horgen die angefochtenen Beschlüsse 3, 3.1, 3.3 und 4 auf; im Übrigen wies es die Klage ab. Die hiergegen von der Stockwerkeigentümergemeinschaft erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 4. November 2022 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 12. Dezember 2022 verlangt die Stockwerkeigentümergemeinschaft die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Abweisung der Anfechtungsklage. Es wurden keine Vernehmlassungen, aber die kantonalen Akten eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Anfechtung von Stockwerkeigentümerbeschlüssen und damit eine vermögensrechtliche Zivilsache (BGE 140 III 571 E. 1.1), wobei der Streitwert gemäss den unbeanstandeten Feststellungen des Obergerichtes Fr. 30'000.-- beträgt; die Beschwerde in Zivilsachen steht somit offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
2.  
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 149 III 81 E. 1.3). 
In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass das Obergericht auf das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin nicht eingetreten ist, auch wenn es im Dispositiv formal auf "Abweisen soweit Eintreten" statt bloss auf "Nichteintreten" geschlossen hat. Indes bringt das Obergericht in den Erwägungen klar zum Ausdruck, dass sich die Beschwerdeführerin mit der erstinstanzlichen Kernerwägung zum Gleichbehandlungsgrundsatz nicht auseinandergesetzt habe und deshalb die Berufung unbegründet geblieben sei (vgl. angefochtener Entscheid S. 15 oben). Entsprechend hat sich das Obergericht zu den Vorbringen der Beschwerdeführerin nirgends materiell geäussert. Als Folge kann Anfechtungsgegenstand grundsätzlich nur die Frage bilden, ob das Obergericht sich zu Recht nicht materiell mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt hat (BGE 135 II 38 E. 1.2; 139 II 233 E. 3.2). Diesbezüglich hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Erwägungen erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4). 
 
3.  
Das Bezirksgericht hatte seinen Entscheid im Wesentlichen damit begründet, dass das Rechtsmissbrauchsverbot bzw. das Gebot der schonenden Rechtsausübung gebiete, dass die Mehrheit die ihr eingeräumte Macht im Hinblick auf entgegengesetzte Ineressen der Minderheit nicht missbrauchen dürfe, indem sie diese ohne sachlichen Grund verletzte (BGE 131 III 459 E. 5.3). Die Stockwerkeigentümerversammlung habe bei ihren Beschlüssen zudem das Gebot der Gleichbehandlung zu beachten, welches verletzt sei, wenn die Ungleichbehandlung ein erhebliches Mindestmass erreiche und es für sie keinen sachlichen Grund gebe (BGE 131 III 459 E. 5.4.3). Vorliegend seien die Beschlüsse nicht allein schon dadurch ungültig, dass sich die Eigentümer G.________, H.________, I.________ nicht an die Vereinbarung gehalten und entgegen den dortigen Abmachungen gestimmt hätten, denn Stimmrechtsvereinbarungen würden nur inter partes wirken. Indes liege eine eklatante Ungleichbehandlung vor. Die Beschwerdeführerin habe die Einräumung der Sondernutzungsrechte an diese drei Eigentümer sofort in das Reglement aufgenommen, nicht aber die Vorteile, welche sich die Beschwerdegegner im Vergleich vom 24. April 2013 im Gegenzug hätten einräumen lassen. Für diese Ungleichbehandlung würden keine sachlichen Gründe vorgebracht, nicht einmal in Bezug auf das Benutzungsrecht am Link und die verweigerte Schlüsselherausgabe. Insbesondere sei auch nicht ersichtlich, weshalb einerseits die Verpflichtung zur Wiederherstellung der Hecke durch den Beschwerdegegner 1 sofort beschlossen bzw. vollzogen worden sei, während die in dessen Interesse liegende und zu Lasten der drei anderen Eigentümer vereinbarte Dachgestaltung bzw. Dachbegrünung nicht ins Reglement aufgenommen worden sei. Damit seien ohne sachliche Gründe für die einen Eigentümer vollständig andere Grundsätze zur Anwendung gebracht worden. 
Das Obergericht hat erwogen, dass sich die Beschwerdeführerin mit diesen Erwägungen berufungsweise nicht auseinandersetzte. Sie behaupte in der Berufungsschrift zwar einleitend eine unrichtige Feststellung des Sachverhaltes und eine falsche Rechtsanwendung, zeige aber in der Folge nicht konkret auf, inwiefern dies der Fall sein solle. Sie belasse es bei den Aussagen, dass sie als Gemeinschaft an den von Stockwerkeigentümern eingegangenen Verpflichtungen nichts ändern könne und diese auch nicht Inhalt eines Stockwerkeigentümerreglementes bilden könnten, dass anlässlich der Vergleichsverhandlungen vor dem Bezirksgericht keine Stockwerkeigentümerversammlung stattgefunden habe, dass die Beschwerdegegner entgegen den bezirksgerichtlichen Ausführungen gegen die drei anderen Eigentümer auf Zustimmung zur Reglementsänderung klagen müssen und dass die gefassten Beschlüsse folglich nicht aufzuheben seien. Damit nehme die Beschwerdeführerin keinen konkreten Bezug auf die bezirksgerichtlichen Erwägungen, namentlich zum Gleichbehandlungsgrundsatz. 
 
4.  
Wie gesagt hat das Obergericht seinen Entscheid nicht materiell begründet, sondern hat es der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sich nicht (oder jedenfalls nicht in der für eine Berufungsbegründung erforderlichen Weise) mit den erstinstanzlichen Erwägungen insbesondere zum Gleichbehandlungsgebot auseinandergesetzt zu haben. Diesbezüglich müsste die Beschwerdeführerin im bundesgerichtlichen Verfahren eine Rechtsverletzung darlegen (vgl. E. 2). 
Dies tut sie nicht. Sie wiederholt weitschweifig ihre Ausführungen in der Berufungsschrift, wonach die Beschwerdegegner richtigerweise gegen die drei anderen am Vergleich beteiligten Eigentümer hätten klagen müssen, und wirft dem Obergericht im Übrigen eine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs vor. Eine solche würde vorliegen, wenn nicht im Sinn der entscheidwesentlichen Gesichtspunkte wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich das Obergericht hat leiten lassen und auf welche sich sein Entscheid stützt (BGE 141 III 28 E. 3.2.4; 142 III 433 E. 4.3.2; 143 III 65 E. 5.2). Diesen Anforderungen ist das Obergericht jedoch in Bezug auf sein Nichteintreten nachgekommen; es hat in der gebotenen Kürze auf nachvollziehbare Weise dargelegt, inwiefern die Berufungsbegründung keinen Bezug auf die erstinstanzliche Kernerwägung genommen hat. So hat die Beschwerdeführerin mit keiner Silbe einen Bezug auf die erstinstanzlich zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung hergestellt und beispielsweise dargelegt, inwiefern die vorliegende Konstellation vor derjenigen, wie sie in BGE 131 III 459 zu beurteilen war, abweichen würde und deshalb die betreffende Rechtsprechung nicht einschlägig wäre. Vor diesem Hintergrund hat das Obergericht die Anforderung an die Begründungspflicht bei einer Berufungsschrift keineswegs überspannt - was die Beschwerdeführerin denn auch nirgends behauptet - und als zwangsläufige Folge seines Nichteintretens auf die Berufung hat es sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht inhaltlich befasst. Mithin geht die Rüge, das Obergericht habe die Begründungspflicht verletzt, indem es sich nicht zu ihren materiellen Ausführungen geäussert habe, an der Sache vorbei. 
Im Übrigen sind die materiellen Vorbringen, welche in der Beschwerde wie gesagt wiederholt werden, auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zu prüfen, weil sie ausserhalb des zulässigen Anfechtungsgegenstandes stehen (dazu E. 2). 
 
 
5.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da keine Vernehmlassungen eingeholt worden sind, ist der Gegenpartei kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Februar 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli