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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_897/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. März 2016  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiber M. Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Hellstern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen, 
2. A.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Diebstahl), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 7. Juli 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
X.________ liess am 25. Februar 2015 durch ihren Rechtsvertreter Strafanzeige wegen Diebstahls einreichen. Darin verdächtigt sie primär A.________, ihr Fr. 40'000.-- gestohlen zu haben. Sie habe das Geld im Dezember 2007 abgehoben und in einem Couvert im Küchenschrank aufbewahrt. Am 7. Februar 2008 habe sie festgestellt, dass ihr das Geld abhanden gekommen sei. 
 
B.  
Das Untersuchungsamt Uznach nahm das Verfahren am 21. Mai 2015 nicht an die Hand. Die dagegen gerichtete Beschwerde von X.________ wies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen am 7. Juli 2015 ab. 
 
C.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Untersuchung an die Hand zu nehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). In erster Linie geht es um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. Richtet sich die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung erhoben. In jedem Fall muss die Privatklägerschaft im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung des Beschwerderechts strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen; Urteil 6B_828/2014 vom 21. April 2015 E. 1). 
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Strafanzeige erklärt, sich als Privatklägerin im Straf- und Zivilpunkt am Strafverfahren zu beteiligen. Aus ihren Vorbringen und dem angezeigten Delikt ergibt sich, dass sich der angefochtene Entscheid auf ihre Zivilforderungen auswirken kann. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Staatsanwaltschaft verfügt nach Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind. Eine Nichtanhandnahme darf nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Es muss sicher feststehen, dass der Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt. Im Zweifelsfall ist eine Untersuchung zu eröffnen (BGE 137 IV 285 E. 2.3 mit Hinweisen).  
Eine Nichtanhandnahmeverfügung kann auch bei Fehlen eines zureichenden Verdachts erlassen werden. Die fraglichen Tatbestände können als eindeutig nicht erfüllt erachtet werden, wenn gar nie ein Verdacht hätte geschöpft werden dürfen oder der zu Beginn der Strafverfolgung vorhandene Anfangsverdacht sich vollständig entkräftet hat. Dies ist beispielsweise der Fall bei einer unglaubhaften Strafanzeige, wenn sich keine deliktsrelevanten Anhaltspunkte feststellen liessen oder wenn das Opfer seine belastende Aussage im Laufe des Ermittlungsverfahrens glaubhaft widerrief. Die Staatsanwaltschaft eröffnet hingegen eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein. Blosse Gerüchte oder Vermutungen genügen nicht. Der Anfangsverdacht soll eine plausible Tatsachengrundlage haben, aus der sich die konkrete Möglichkeit der Begehung einer Straftat ergibt (Urteil 6B_830/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 1.4 mit Hinweisen). 
 
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO und bringt vor, der Diebstahl lasse sich auch jetzt noch klären. Im Rahmen einer Strafuntersuchung könnten insbesondere die Kontostände des Beschwerdegegners ab Dezember 2007, die finanziellen Umstände bei der Geschäftsaufgabe Ende Dezember 2007 sowie die Finanzierung des Autokaufs im Januar 2008 im Hinblick auf unerklärliche Mittelzuflüsse überprüft werden. Die Vorinstanz habe sodann verschiedene Hinweise nicht oder nur teilweise berücksichtigt, die für eine Strafuntersuchung sprächen. Dass der Beschwerdegegner auf die Bezahlung von sieben Monatsmieten in der Höhe von total Fr. 6'300.-- durch die Beschwerdeführerin freiwillig verzichte, erscheine für einen Vermieter sehr aussergewöhnlich. Nicht gewürdigt habe die Vorinstanz die Gründe für die Aufgabe der Selbstständigkeit des Beschwerdegegners. So habe dieser bei der Polizei ausgesagt, sein Kleinbetrieb sei nicht mehr leistungsfähig gewesen und er habe mit den Marktpreisen nicht mehr mithalten können. Die berufliche Kehrtwende des Beschwerdegegners sei demnach aus finanziellen Gründen erfolgt. In der polizeilichen Einvernahme habe er behauptet, in der fraglichen Zeitspanne keine finanziellen Probleme gehabt zu haben und sich sogar den Kauf eines Occasionsautos leisten können. Von wo der Beschwerdegegner dieses Geld genommen habe, könne nur in einer Strafuntersuchung geklärt werden. Schliesslich sei erwiesen, dass die Beschwerdeführerin in der fraglichen Zeit Fr. 40'000.-- abgehoben und der Beschwerdegegner sich mit seinem Passepartout jederzeit Zugang zu ihrer Wohnung habe verschaffen können. Gesamthaft betrachtet liege eine Indizienkette vor, die einen hinreichenden Tatverdacht begründe.  
 
2.3. Die Vorinstanz erwägt, die Beschwerdeführerin könne zur angeblichen Entwendung des Bargelds weder eigene Wahrnehmungen schildern, noch gebe es Zeugen. Es sei einzig erwiesen, dass sie im Dezember 2007 erhebliche Bargeldbezüge ab ihrem Konto getätigt habe. Dies stelle aber bei Weitem noch keine plausible Tatsachengrundlage dar, aus welcher sich die konkrete Möglichkeit der Begehung eines Diebstahls durch den Beschwerdegegner ergäbe. Zur Begründung eines entsprechenden Anfangsverdachts genüge nicht, dass die Bargeldbezüge während der Zeit erfolgten, als die Beschwerdeführerin im selben Haus wie der Beschwerdegegner wohnte und dieser über einen Schlüssel zu ihrer Wohnung verfügte. Daran vermöchten auch die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten, angeblichen Indizien nichts zu ändern. Aus der beruflichen Neuorientierung des Beschwerdegegners (Wechsel von der selbstständigen in eine unselbstständige Erwerbstätigkeit) und dem Kauf eines Occasionsautos für Fr. 7'900.-- liessen sich keine konkreten Anhaltspunkte für seine vermutete Täterschaft ableiten. Insgesamt fehle es an einem hinreichenden Tatverdacht, der die Eröffnung einer Strafuntersuchung rechtfertigte; vage Hinweise oder blosse Vermutungen ohne konkrete Verdachtsmomente reichten dafür nicht aus.  
 
2.4. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet, die vorinstanzliche Bestätigung der Nichtanhandnahmeverfügung als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Der Staatsanwaltschaft steht ein gewisser Spielraum zu bei der Frage, ob ein sachverhaltsmässig und rechtlich klarer Fall vorliegt, der nicht an die Hand zu nehmen ist (Urteil 6B_312/2015 vom 2. September 2015 E. 2.2; vgl. mit Blick auf die Verfahrenseinstellung auch BGE 138 IV 86 E. 4.1.1 f./4.2 und 186 E. 4.1; je mit Hinweisen). Der Verdacht der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegner habe sich mit seinem Passepartout Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft und ihr das Couvert mit den Fr. 40'000.-- entwendet, lässt sich nicht auf eine plausible Grundlage stützen und stellt - wie die Vorinstanz zutreffend festhält - eine blosse Vermutung dar. Die Beschwerdeführerin erklärt, das Bargeld im Küchenschrank versteckt gehabt zu haben. Es erscheint wenig glaubhaft, dass dieser vom Beschwerdegegner durchsucht worden sein und er dabei das Bargeld gefunden und an sich genommen haben soll. Daran vermögen auch die von der Beschwerdeführerin angeführten Umstände nichts zu ändern. So hat der Beschwerdegegner anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme ausgesagt, freiwillig auf die ausstehenden sieben Monatsmieten in der Höhe von Fr. 6'300.-- zu verzichten. Er ergänzte jedoch, von der Gemeinde sei ihm mitgeteilt worden, dass eine Betreibung der damals offenbar unter Vormundschaft stehenden Beschwerdeführerin aussichtslos wäre (act. 5/7, Antwort auf Frage 5). Sodann bestehen keine Hinweise auf finanzielle Probleme des Beschwerdegegners in der fraglichen Zeitspanne. Die blosse Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit lässt diesen Schluss nicht zu, zumal er die berufliche Neuorientierung gegenüber der Polizei plausibel begründete und angab, bereits per Januar 2008 eine neue Stelle angetreten zu haben. Er muss diese Veränderung also schon länger und jedenfalls deutlich vor dem angeblichen Diebstahl geplant haben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin drängt sie sich deshalb nicht als Motiv für die Entwendung des Bargelds auf. Schliesslich erscheint auch der Autokauf für Fr. 7'900.-- im Januar 2008 nicht derart aussergewöhnlich, als dass gestützt darauf zwingend weitere Untersuchungshandlungen angezeigt gewesen wären.  
Zusammengefasst durfte die Staatsanwaltschaft ohne Bundesrecht zu verletzen davon absehen, eine Untersuchung zu eröffnen. 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. März 2016 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Widmer