Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_126/2025
Urteil vom 7. März 2025
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Haag, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Merz,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mark Livschitz,
gegen
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.
Gegenstand
Auslieferung nach Frankreich,
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer,
vom 11. Februar 2025 (RR.2024.121).
Sachverhalt:
A.
Mit Schreiben vom 5. Juli 2024 ersuchte das französische Justizministerium die Schweiz gestützt auf den Haftbefehl des Tribunal Judiciaire de Lille vom 7. Juli 2021 um Verhaftung und Auslieferung des kanadischen Staatsangehörigen A.________. Die französischen Behörden werfen ihm im Wesentlichen vor, seit spätestens 2014 bis zum 14. Juni 2020 zusammen mit weiteren Personen das Kommunikationssystem EncroChat für Mobiltelefone betrieben zu haben, welches eine verschlüsselte Kommunikation ermöglicht habe. Die Server der EncroChat-Netzwerkinfrastruktur hätten sich in Roubaix (Frankreich) befunden. Die Betreiber von EncroChat hätten gewusst, dass die Smartphones der Nutzer hauptsächlich für illegale Zwecke verwendet worden seien. Ab April 2020 sei es den französischen Ermittlungsbehörden gelungen, die Kommunikationen zwischen den Nutzern von EncroChat abzufangen. Dadurch seien hauptsächlich Kommunikationen über Drogenhandel sowie über gewalttätige Angriffe mit Schusswaffen aufgedeckt worden. Aufgrund der erhobenen Daten hätten insgesamt über 170 Tonnen Betäubungsmittel (davon 100 Tonnen Kokain), 900 Waffen, Bargeld, Vermögenswerte und Güter sichergestellt werden können.
A.________ wurde am 9. Juli 2024 im Kanton Zug festgenommen und in der Folge in Auslieferungshaft versetzt. Eine gegen den Auslieferungshaftbefehl des Bundesamts für Justiz (BJ) erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht mit Entscheid vom 14. August 2024 ab.
Am 25. September 2024 verfügte das BJ die Auslieferung an Frankreich für die dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Straftaten. Eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht mit Entscheid vom 11. Februar 2025 ab, soweit es darauf eintrat. Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wies es wegen Aussichtslosigkeit ebenfalls ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 3. März 2025 beantragt A.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 11. Februar 2025 sei aufzuheben, es sei eine formelle Rechtsverweigerung durch das Bundesstrafgericht festzustellen und das Auslieferungsgesuch Frankreichs vollumfänglich abzuweisen. Eventualiter sei die stellvertretende Strafverfolgung in der Schweiz anzuordnen, subeventualiter die Auslieferung zumindest für den Verdacht der Beihilfe zu Betäubungsmittel- bzw. Diebstahldelikten und der Unterstützung einer kriminellen Organisation abzulehnen, sub-subeventualiter sei die Sache an das Bundesstrafgericht zur Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen. Zudem sei der Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 14. August 2024 aufzuheben und Haftentlassung anzuordnen.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4).
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist auch auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen).
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).
1.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers rechtfertigt das grosse mediale Echo, das der Fall hervorgerufen hat, nicht, auf die Beschwerde einzutreten. Auch ist nicht anzunehmen, dass sich das Rechtshilfeverfahren erheblich auf die internationalen Beziehungen der Schweiz auswirkt (vgl. Urteil 1C_286/2017 vom 28. Juni 2017 E. 1.2 und BGE 142 IV 250 E. 1.3; je mit Hinweisen).
Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die französischen Behörden hätten mit einer Cyber-Waffe auf sein in der Schweiz befindliches EncroChat-Gerät zugegriffen, was möglicherweise die Tatbestände von Art. 271 und 273 StGB erfülle, er bringt dafür jedoch keine konkreten Anhaltspunkte vor (vgl. Urteil 1C_184/2024 vom 5. April 2024 E. 5.2 f. mit Hinweisen). Es bleibt damit beim Grundsatz, dass es Aufgabe des Sachgerichts ist, die Verwertbarkeit von Beweisen zu beurteilen (a.a.O., E. 5.1 mit Hinweisen). Dasselbe gilt für das Vorbringen, die "Unmöglichkeit des Nachvollzugs der Beweiskette" stehe fest. Ebenfalls vor dem Sachgericht wird der Beschwerdeführer die Rüge vortragen können, der französische Haftbefehl sei in Verletzung des französischen Rechts erlassen worden (vgl. dazu E. 4 des mitangefochtenen vorinstanzlichen Haftentscheids).
Ein besonders bedeutender Fall liegt nach Auffassung des Beschwerdeführers zudem deshalb vor, weil durch eine Auslieferung sein Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK und Art. 17 UNO-Pakt II [SR 0.103.2]) verletzt würde. Das Bundesstrafgericht wies diesbezüglich zu Recht auf die Praxis des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hin, wonach Eingriffe in das Familienleben, die auf rechtmässige Strafverfolgungsmassnahmen zurückzuführen sind, grundsätzlich zulässig sind. Der blosse Umstand, dass Gefangene weit von ihren nächsten Angehörigen entfernt in Haft gehalten werden, sodass Besuche erschwert werden, bedeutet noch keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben. Nur ganz ausnahmsweise kommt in Frage, zum Schutz des Familienlebens ein Auslieferungsersuchen abzulehnen (s. im Einzelnen Urteil 1C_398/2024 vom 15. August 2024 E. 5.1 f.). Derartige aussergewöhnliche Verhältnisse liegen hier klar nicht vor. Auf die vorinstanzlichen Erwägungen kann verwiesen werden. Dies gilt auch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau in Aussicht genommenen reproduktionsmedizinischen Massnahmen, die gemäss den Ausführungen des Bundesstrafgerichts in französischen Haftanstalten zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen sind (E. 10 des vorinstanzlichen Auslieferungsentscheids).
Der Beschwerdeführer kritisiert die Zustände im französischen Haftvollzug. Frankreich ist ein EMRK-Vertragsstaat und gehört zu den Ländern, an welche die Schweiz Personen praxisgemäss ohne diplomatische Zusicherungen ausliefert (vgl. BGE 149 IV 376 E. 3.4 und die Hinweise in E. 9.3.1 des angefochtenen Auslieferungsentscheids). Das Bundesstrafgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass kein Anlass besteht, von dieser Praxis abzuweichen. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen (a.a.O., E. 9.3.2 ff.) sind die französischen Untersuchungsgefängnisse zwar überbelegt, doch hat Frankreich zum einen konkrete Massnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern, zum andern hat die Überbelegung nicht ein Ausmass angenommen, das im Fall einer Auslieferung eine schwere Verletzung der Menschenrechte befürchten liesse (vgl. BGE 149 IV 376 E. 3.4; Urteil 1C_176/2014 vom 12. Mai 2014 E. 3.1.3 und 4.3 ff., in: SJ 2014 I S. 341; je mit Hinweisen).
Hinsichtlich der Behauptung, die Strafverfolgung sei politisch motiviert, kann ebenfalls auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Auslieferungsentscheid verwiesen werden (a.a.O., E. 8.3.2). Dasselbe gilt für die angebliche Vereitelung des Alibibeweises (a.a.O., E. 11) und die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit (a.a.O., E. 7). Dass bei Ersuchen gestützt auf das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) lediglich eine Prima-facie-Prüfung der Strafbarkeit nach schweizerischem Recht vorzunehmen ist, entspricht der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 146 IV 338 E. 4.3 mit Hinweis).
Für das Bundesgericht besteht damit kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen.
2.
Somit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung ( Art. 66 und 68 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. März 2025
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Haag
Der Gerichtsschreiber: Dold