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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
9C_652/2012 {T 0/2} 
 
Urteil vom 7. April 2013 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, 
Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
W.________, vertreten durch 
Rechtsanwältin Dr. Cristina Schiavi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 24. Juli 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1966 geborene W.________ ist gelernter Maurer. Im Jahr 1990 übernahm er als selbständigerwerbender Landwirt einen Bauernhof mit Pensionsstall und Pferdezucht aus Familienbesitz. Nachdem sich W.________ am 22. April 2010 wegen - seit etwa dem Jahr 2006 bestehender - Rückenbeschwerden zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung angemeldet hatte, zog die IV-Stelle des Kantons Zürich medizinische Berichte bei; zur Abklärung der erwerblichen Verhältnisse holte sie beim Bauernverband einen landwirtschaftlichen Abklärungsbericht vom 23. September 2010 ein. In ihrer Verfügung vom 1. Dezember 2010 ging die IV-Stelle von einem Invaliditätsgrad von null Prozent aus und verneinte den Anspruch auf eine Invalidenrente. 
 
B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 24. Juli 2012). 
 
C. 
W.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ihm eine Invalidenrente nach Massgabe eines Invaliditätsgrades von 54, eventuell 72 Prozent zuzusprechen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
2.1 Das kantonale Gericht erwog, der Beschwerdeführer sei wegen eines Rückenleidens in der bisherigen Tätigkeit eines selbständigen Landwirtes seit Juli 2008 unbestrittenermassen nur noch zu 50 Prozent arbeitsfähig. Jedoch sei er in leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Arbeiten ohne Zwangshaltungen für die Wirbelsäule vollständig arbeitsfähig. Es sei daher angezeigt, dass er die selbständige Tätigkeit zugunsten einer leidensangepassten unselbständigen Arbeit aufgebe. Dadurch werde der Beschwerdeführer, der noch eine lange Aktivitätsdauer vor sich habe, in die Lage versetzt, ein rentenausschliessendes Einkommen zu erzielen. Bei dieser Ausgangslage sei die Invalidität nicht nach der - vorab auf Selbständigerwerbende anwendbaren - ausserordentlichen Methode zu bemessen (zu deren Anwendungsbereich und Bedeutung: BGE 128 V 29), sondern mittels Einkommensvergleichs (Art. 28a Abs. 1 IVG und Art. 16 ATSG) zu ermitteln. Dem Valideneinkommen (hypothetisches Einkommen ohne Gesundheitsschaden) von Fr. 60'000.- (allenfalls Fr. 81'440.-) sei ein (anhand der Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik [LSE] festzusetzendes) Invalideneinkommen über Fr. 55'477.60.- gegenüberzustellen (LSE 2008 S. 26, Tabelle A1, Anforderungsniveau 4, umgerechnet auf die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit von 41,6 Stunden, unter Berücksichtigung eines behinderungsbedingten Abzugs [vgl. BGE 126 V 75] von 10 Prozent sowie der Nominallohnentwicklung bis 2010). Aus diesem Einkommensvergleich folge ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von acht, allenfalls 32 Prozent. 
 
2.2 Der vorinstanzliche Einkommensvergleich ist als solcher nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer rügt, die Korrektur des aufgrund statistischer Angaben bestimmten Invalideneinkommens sei mit 10 Prozent zu tief ausgefallen, da er auch für leichtere Arbeiten nur noch beschränkt einsatzfähig sei. Das Bundesgericht ist indes an die nicht offensichtlich unrichtige Feststellung des kantonalen Gerichts gebunden (vgl. oben E. 1), wonach der Beschwerdeführer in wechselbelastenden leichten bis mittelschweren Tätigkeiten vollständig arbeitsfähig ist (E. 3.2 des angefochtenen Entscheids). Daraus hat das kantonale Gericht zu Recht abgeleitet, dass das auf statistischer Grundlage bestimmte Invalideneinkommen mit Blick auf die verbliebenen eingeschränkten Möglichkeiten für (unselbständige) berufliche Betätigungen grundsätzlich zu kürzen ist. Die Bestimmung des Ausmasses einer Kürzung ist derweil Ermessenssache. Da das medizinische Anforderungsprofil leidensangepasster Tätigkeiten keine weiteren Einschränkungen (wie beispielsweise eine verlangsamte Arbeitsweise) nennt, ist nicht ersichtlich, inwiefern der vorinstanzliche Leidensabzug von 10 Prozent auf einer rechtsfehlerhaften Betätigung des Ermessens beruhen sollte (zur diesbezüglichen Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts vgl. BGE 137 V 71; SVR 2009 IV Nr. 43 S. 127, 9C_235/2008 E. 3.1). 
 
3. 
3.1 Der Einkommensvergleich nach Art. 28a Abs. 1 IVG ist jedoch nur dann zutreffende Methode der Invaliditätsbemessung, wenn dem Beschwerdeführer unter dem Titel der Schadenminderung ein Berufswechsel zugemutet werden darf (vgl. BGE 130 V 97 E. 3.2 S. 99; Urteile I 38/06 vom 7. Juni 2006 E. 3.2; I 224/01 vom 22. Oktober 2001 E. 3b/bb; ferner SVR 2002 IV Nr. 8 S. 19, I 11/00 E. 5). Die Rügen des Beschwerdeführers beziehen sich denn auch in erster Linie auf diesen Punkt. Zu berücksichtigen ist, dass individuelle Entscheidungen zur Lebensgestaltung in den Schutzbereich von Grundrechten fallen können (BGE 113 V 22 E. 4d S. 32). Je nach Ergebnis der Interessenabwägung werden Dispositionen, die zur Schadenminderung beitragen, Grenzen gesetzt. Unter diesem Aspekt trägt die vorinstanzliche Entscheidbegründung der Biographie des Beschwerdeführers tatsächlich wenig Rechnung. Letztlich kann aber offen bleiben, ob ihm zugemutet werden könnte, die angestammte Tätigkeit eines selbständigen Landwirts im traditionellen Familienbetrieb zugunsten einer dem Gesundheitsschaden besser angepassten (Hilfs-)Arbeit im Angestelltenverhältnis aufzugeben. Aus den nachfolgend darzulegenden Gründen fehlt ein Rentenanspruch des Beschwerdeführers nämlich selbst dann, wenn ein Berufswechsel nicht zumutbar ist. 
 
3.2 Schwerere Arbeiten kann der Beschwerdeführer wie erwähnt nicht mehr ausführen; nach Feststellung der Vorinstanz sind nur leichte und mittelschwere wechselbelastende Verrichtungen mit dem Rückenleiden vereinbar. Die funktionellen Beeinträchtigungen führen somit dazu, dass der Beschwerdeführer gewisse Arbeiten auf seinem Hof nicht mehr selber erledigen kann. Es stellt sich die Frage, inwiefern die dadurch entstehende Einkommenseinbusse mit geeigneten Massnahmen aufgefangen werden kann. So hat der Beschwerdeführer die Bewirtschaftung eines Waldgrundstücks seinem Bruder überlassen (zuhanden der IV-Stelle erstatteter Abklärungsbericht Landwirtschaft des Bauernverbandes vom 23. September 2010). Bei zweckmässiger Organisation der zu rund 80 Prozent auf die Pferdehaltung (Pensionsstall, Zucht etc.) entfallenden Arbeiten kann der Beschwerdeführer immerhin noch viele - bis hin zu mittelschweren - Tätigkeiten nach wie vor selber versehen. Für die übrigen, schwereren, Arbeiten hat er nach dem Eintritt des Gesundheitsschadens eine Arbeitskraft angestellt. Soweit diese betriebsnotwendige Arbeiten verrichtet, die dem Beschwerdeführer gesundheitsbedingt verwehrt sind, vermindert ihre Entlöhnung das Invalideneinkommen. 
 
Laut dem Abklärungsbericht Landwirtschaft sind die Angestelltenkosten bloss zu 65 Prozent auf die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers zurückzuführen. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der versicherte Gesundheitsschaden keine weiterreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen zeitigt. Insgesamt betrug der Personalaufwand für fremde Arbeitskraft im Durchschnitt der Jahre 2008 und 2009 (mithin nach Eintritt des Gesundheitsschadens) Fr. 28'383.- (vgl. die Buchhaltungsauswertung 2006-2009, Beilage zum Abklärungsbericht Landwirtschaft). Wird der invaliditätsbedingte Anteil von 65 Prozent des Personalaufwandes (Fr. 18'450.-) aus dem per saldo aller Erträge und Aufwände resultierenden landwirtschaftlichen Einkommen von Fr. 41'830.- (Durchschnitt der Jahre 2008 und 2009) herausgerechnet, so erhöht sich dieses auf Fr. 60'280.-. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer ohne Gesundheitsschaden ein Einkommen in dieser Höhe erzielen könnte, deckt sich der betreffende Betrag doch ziemlich genau mit dem vorinstanzlich angenommenen Valideneinkommen über rund Fr. 60'000.-. Gemessen daran beläuft sich der invaliditätsbedingte Mehraufwand (von Fr. 18'450.-) auf etwa 30 Prozent. Diese Einbusse entspricht der erwerblich gewichteten invaliditätsbedingten Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und damit dem nach der ausserordentlichen Bemessungsmethode massgeblichen Invaliditätsgrad (vgl. BGE 128 V 29). Ein rentenbegründender Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent (vgl. Art. 28 Abs. 2 IVG) ist auch dann nicht erreicht, wenn zusätzlich berücksichtigt wird, dass der Beschwerdeführer für Bau- und schwere Unterhaltsarbeiten, die er als gesunder Landwirt (und gelernter Maurer) allenfalls selber erledigen würde, situativ zusätzliche externe Hilfe kostenpflichtig in Anspruch nehmen muss: Es ist auszuschliessen, dass gelegentlich anfallende derartige Auslagen den Invaliditätsgrad um rund zehn Prozentpunkte erhöhen, zumal sie sich gegebenenfalls bereits in den Jahren 2008 und 2009 auf das oben zur Invaliditätsbemessung herangezogene landwirtschaftliche Einkommen ausgewirkt haben. 
 
3.3 Der vorinstanzliche Entscheid, wonach kein rentenbegründender Invaliditätsgrad erreicht wird, ist jedenfalls im Ergebnis bundesrechtskonform. 
 
4. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 7. April 2013 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub