Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
2C_1127/2013
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Urteil vom 7. April 2014
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Donzallaz, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Mayhall.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Meyer Müller Eckert Partners, RA Dr. Luka Müller-Studer und/oder RAin Nora Guntli,
gegen
1. B.________,
2.
Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Offenbarung des Berufsgeheimnisses,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, vom 25. Oktober 2013.
Sachverhalt:
A.
Am 14. Juli 2011 gelangte Rechtsanwalt B.________ an die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich. Er ersuchte um Entbindung vom Anwaltsgeheimnis gegenüber C.A.________, A.A.________ und B.A.________, weil er sich in einem Mandatsverhältnis mit diesen wähnte und seine darauf basierenden Honoraransprüche durchsetzen wollte. Diesem Gesuch gab die Aufsichtskommission am 2. Februar 2012 mit Bezug auf A.A.________ und B.A.________ statt. Da C.A.________ in der Zwischenzeit eine Entbindungserklärung unterzeichnet hatte, schrieb sie das ihn betreffende Verfahren ab.
Diesen Entscheid bestätigte der Einzelrichter des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich mit Urteil vom 25. Oktober 2013.
B.
A.A.________ und B.A.________ (Beschwerdeführende) erheben gegen diesen Entscheid mit Eingabe vom 2. Dezember 2013 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen, das verwaltungsgerichtliche Urteil sei aufzuheben und das Gesuch um Entbindung vom Berufsgeheimnis abzuweisen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zugleich beantragten sie die Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Diesem Gesuch entsprach der Abteilungspräsident mit Verfügung vom 23. Januar 2014.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Vorinstanz) beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Aufsichtskommission hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Rechtsanwalt B.________ (Beschwerdegegner) stellt seinerseits den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts, der nicht unter den Ausnahmekatalog von Art. 83 BGG fällt, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen steht (Art. 82 lit. a BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ist zudem eine letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, deren Urteil nicht beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann. Die Beschwerdeführenden sind durch die Entscheidung ausserdem besonders berührt und verfügen über ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.
2. Die Beschwerdeführenden werfen der Vorinstanz in erster Linie eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts vor.
2.1. Nach der Bestimmung von Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Deren Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig bedeutet in diesem Zusammenhang willkürlich. Das Bundesgericht stellt diesbezüglich strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde. Namentlich genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.; 137 V 57 E. 1.3 S. 60 f.; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62).
2.2. Nach Auffassung der Beschwerdeführenden hat die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich festgestellt, indem sie Briefe des Beschwerdegegners oder eigene Schreiben (bzw. solche ihres Beraters) offensichtlich falsch gewürdigt habe. Aus diesen Dokumenten ergebe sich klar, dass zwischen ihnen und Rechtsanwalt B.________ nie ein Mandatsverhältnis bestanden habe. Dieser Einwand ist in doppelter Hinsicht unbehelflich: Zum einen handelt es sich bei der Frage, ob sich aus schriftlichen Äusserungen der Betroffenen auf ein Mandatsverhältnis schliessen lässt, nicht um Feststellungen tatsächlicher Art, sondern um die rechtliche Würdigung von an sich unbestrittenen Sachverhaltselementen. Zum andern geht es im Entbindungsverfahren nicht darum, zu entscheiden, ob zwischen den Beschwerdeführenden und dem Beschwerdegegner tatsächlich ein Mandatsverhältnis bestanden hat bzw. besteht. Eine Entbindung rechtfertigt sich bereits dann, wenn der Anwalt ernsthafte Hinweise namhaft machen kann, die auf ein Mandat hinweisen könnten. Ob ein solches Vertragsverhältnis tatsächlich vorliegt, ist in einem allfälligen nachfolgenden Zivilprozess zu klären. Die Sachverhaltsrüge der Beschwerdeführenden ist unbegründet.
3.
3.1. Die Rechtsanwälte unterstehen zeitlich unbegrenzt und gegenüber jedermann dem Berufsgeheimnis über alles, was ihnen infolge ihres Berufs von ihrer Klientschaft anvertraut worden ist (Art. 13 Abs. 1 BGFA; vgl. auch Art. 321 StGB). Zu den Tatsachen, welche unter den Schutz des Anwaltsgeheimnisses fallen, gehört schon der Umstand des Bestehens eines Mandats zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Klienten. Deshalb setzt die klageweise Einforderung einer Honorarforderung praxisgemäss eine vorgängige Befreiung des Anwalts von seiner Schweigepflicht voraus (vgl. Urteile 2C_661/2011 vom 17. März 2012 E. 3.1; 2C_508/2007 vom 27. Mai 2008 E. 2.1; 1S.5/2006 vom 5. Mai 2006, in: SJ 2006 I S. 489, E. 5.3.1; 2P.313/1999 vom 8. März 2000, E. 2; Näheres bei NATER/ZINDEL, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 151 ff. zu Art. 13 BGFA; MAURER/GROSS, in: Loi sur les avocats, Commentaire romand, 2010, N. 406 zu Art. 13 BGFA). Verweigert der Mandant die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis, so kann sich der Rechtsanwalt, der sein Honorar auf dem Rechtsweg einzutreiben sucht, mit einem Gesuch an die Aufsichtsbehörde wenden (für den Kanton Zürich § 33 AnwG/ZH; 215.1).Die Aufsichtskommission entbindet die Anwältin oder den Anwalt vom Berufsgeheimnis, wenn das Interesse an der Offenbarung deutlich höher ist als das Interesse der Klientschaft an der Geheimhaltung (§ 34 Abs. 3 AnwG/ZH). Diese Regelung entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil 2C_661/2011 vom 17. März 2012 E. 3.1).
3.2. Vorliegend ist der Beschwerdegegner unbestrittenermassen erfolglos an die Beschwerdeführenden gelangt, bevor er der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis beantragt hat. Weil er seinen Geschäftssitz in Zürich hat, war die dortige Aufsichtsbehörde ohne weiteres zuständig (Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 und Art. 14 BGFA ; vgl. auch § 33 ff. AnwG/ZH). Mit Blick auf die Tatsache, dass ein solcher behördlicher Entbindungsentscheid ein Rechtsschutzinteresse voraussetzt, hat die Aufsichtskommission alsdann geprüft, ob Hinweise für das Bestehen einer Honorarforderung bzw. eines Mandatsverhältnisses vorliegen würden. Diese Frage hat sie aufgrund der vom Beschwerdeführer eingereichten Dokumente bejaht und mit Beschluss vom 2. Februar 2012 die verlangte Entbindung gewährt.
3.3.
3.3.1. Die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis hat keinerlei materielle Rechtswirkungen, sondern ermöglicht es dem gesuchstellenden Anwalt bloss, ohne Verletzung des disziplinar- und strafrechtlich geschützten Berufsgeheimnisses die behauptete Honorarforderung auf dem Klageweg geltend zu machen. Sie präjudiziert einen späteren Zivilprozess über die Honorarforderung in keiner Weise. Die einzige unmittelbare Rechtswirkung, welche der Entbindungsentscheid für den betroffenen (möglichen) Mandanten hat, liegt darin, dass dieser im Umfang, in dem es für die Geltendmachung der Honorarforderung notwendig ist, des ihm ansonsten zustehenden Schutzes durch das Anwaltsgeheimnis verlustig geht (vgl. Urteil 2C_42/2010 vom 28. April 2010 E. 3.3).
3.3.2. Nachdem die Beschwerdeführenden das Bestehen eines Mandatsverhältnisses überhaupt bestreiten (vgl. oben E. 2.2), ist nicht einzusehen, wieso sie sich der Entbindung des Beschwerdegegners vom Anwaltsgeheimnis widersetzt und den dahingehenden Beschluss der Aufsichtskommission angefochten haben. Es hätte ihren Interessen wohl besser entsprochen, den Beschwerdegegner - selbstverständlich ohne Anerkennung irgendeiner Rechtspflicht - selber vom (ihres Erachtens nicht bestehenden und darum auch keines Schutzes bedürfenden) Anwaltsgeheimnis zu entbinden und ihre Gegenargumente alsdann im materiellrechtlichen Zivilprozess einzubringen. Dies umso mehr, als der Einwand, es bestehe entgegen den Behauptungen des Rechtsanwalts gar kein Mandatsverhältnis, im Verfahren auf Entbindung vom Anwaltsgeheimnis regelmässig untauglich ist.
Sobald schon nur ernsthafte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die gegenteilige Behauptung des Anwalts zutreffend sein könnte, hat die Aufsichtsbehörde die Entbindung vom Berufsgeheimnis zur Durchsetzung einer Honorarforderung zu gewähren. Diesen Grundsatz hat die Vorinstanz richtig angewandt. Die verschiedenen Einwände der Beschwerdeführenden dagegen sind unbehelflich, zumal alle ihre Einwände letztlich bloss auf dem Bestreiten eines Mandatsverhältnisses beruhen, was nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens sein kann. Zu verweigern ist eine verlangte Entbindung nur dann, wenn die Klientschaft ihrerseits ein höherrangiges Interesse an der Geheimhaltung des Mandatsverhältnisses hat (Urteile 2C_661/2011 vom 17. März 2012 E. 3.1; 2C_508/2007 vom 27. Mai 2008 E. 2.3). Solche Umstände sind nicht ersichtlich und werden von den Beschwerdeführenden auch nicht geltend gemacht. Damit ist die Entbindung des Beschwerdegegners vom Anwaltsgeheimnis nicht zu beanstanden, weshalb der angefochtene vorinstanzliche Entscheid weder Art. 13 BGFA noch Art. 321 StGB verletzt.DieBeschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
4.
Bei diesem Prozessausgang tragen die Beschwerdeführenden die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Dem Beschwerdegegner, der in eigener Sache prozediert hat, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten, bestimmt auf Fr. 2'000.--, werden den Beschwerdeführendenauferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. April 2014
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Seiler
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall