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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_156/2012 
 
Urteil vom 7. Juni 2012 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Raselli, Merkli, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Katja Ammann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. A.________, Beschwerdegegner 1, 
2. B.________ AG, Beschwerdegegnerin 2, 
3. C.________ GmbH, Beschwerdegegnerin 3. 
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, 
Postfach, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Nichtanhandnahmeverfügung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 6. Februar 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________ spielte am Nachmittag des 8. Juli 2010 auf dem Golfplatz D.________ in der Gemeinde E.________ Golf. Am Abschlag Nr. 9 missglückte ihm der Abschlag; der Ball traf den am rund 60 m entfernten Abschlag Nr. 7 stehenden X.________ ins Gesicht. Er erlitt eine Rissquetschwunde an der Unterlippe und Verletzungen an mehreren Zähnen (Zahnschmelzabsprengungen, Zahnwurzelfraktur). 
 
Am 25. August 2010 erstattete X.________ bei der Zürcher Kantonspolizei Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. 
 
Am 25. Februar 2011 nahm die Staatsanwaltschaft See/Oberland das Strafverfahren gegen A.________, die B.________ AG als Betreiberin der Anlage und die C.________ GmbH als deren Erbauerin nicht an die Hand. 
 
Am 6. Februar 2012 wies das Obergericht des Kantons Zürich die Beschwerde von X.________ gegen diese Nichtanhandnahmeverfügung ab. 
 
B. 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft und den Beschwerdeentscheid des Obergerichts aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, das Strafverfahren an die Hand zu nehmen. 
 
C. 
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft verzichten auf Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der angefochtene Entscheid bestätigt, dass das vom Beschwerdeführer angestrebte Strafverfahren nicht an die Hand genommen wird. Er schliesst damit das Verfahren ab. Es handelt sich um den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Strafsache, gegen den die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer war als Privatkläger am kantonalen Verfahren beteiligt, und der angefochtene Entscheid kann sich offensichtlich auf die Beurteilung allfälliger Zivilansprüche auswirken. Der Beschwerdeführer ist daher zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 5 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2. 
2.1 Die Staatsanwaltschaft nimmt nach Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO eine Untersuchung u. a. dann nicht an die Hand, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind. Eine Untersuchung darf danach nur dann nicht an die Hand genommen werden, wenn sicher feststeht, dass der Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt. Im Zweifelsfall - wenn die Sach- und/oder die Rechtslage nicht von vornherein klar sind - ist eine Untersuchung zu eröffnen (BGE 137 IV 285 E. 2.3 mit Hinweisen auf die Lehre). 
 
2.2 Die Staatsanwaltschaft hat die Nichtanhandnahme der Untersuchung im Wesentlichen damit begründet, dass sich im Unfall lediglich das sportspezifische Risiko, dem sich jeder Golfspieler beim Betreten des Platzes einvernehmlich aussetze, verwirklicht habe. Dem Beschwerdegegner 1 könne keine Sorgfaltspflichtverletzung nachgewiesen werden. Er habe von einem regulären Loch abgeschlagen und sofort, nachdem er bemerkt habe, dass sein Ball fehl ging, den Golfwarnruf "Fore" ausgestossen. Er habe auch die in den Golfregeln - der "Etikette" - vorgesehene Pflicht nicht verletzt, auf andere Spieler Rücksicht zu nehmen. Den Spielern am Loch Nr. 7 und den Spielern am Loch Nr. 9 sei die Anwesenheit der jeweils anderen Gruppe bewusst gewesen. Beide Seiten hätten gleichzeitig Bälle abgeschlagen: Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beschwerdegegner 1 seien demnach davon ausgegangen, dass das gleichzeitige Abschlagen an den Löchern Nrn. 7 und 9 innerhalb des erlaubten Risikos möglich gewesen sei. Da es bezüglich Planung, Bau und Betrieb von Golfplätzen keine gesetzlichen Sicherheitsvorschriften gebe und die Kommission des Schweizerischen Golfverbandes den Platz abgenommen bzw. homologiert habe, könnten auch der Beschwerdegegnerin 2 als Platzbetreiberin und der Beschwerdegegnerin 3 als Platzbauerin kein sorgfaltswidriges Verhalten nachgewiesen werden. 
 
2.3 Das Obergericht teilt diese Auffassung. In Bezug auf den Beschwerdegegner 1 hält es fest, dessen Verhalten sei mangels einer gesetzlichen Regelung für das Verhalten auf Golfplätzen an den international bekannten und beachteten "Rules of Golf" zu messen. Ein Golfplatz sei dafür vorgesehen, dass er gleichzeitig von mehreren Spielergruppen, die den Parcours vor- oder nacheinander absolvierten, benützt werde. Es entspreche daher einer üblichen Situation, dass der Beschwerdegegner 1 einen Ball vom Loch Nr. 9 abgeschlagen habe, obwohl sich Spieler am Loch Nr. 7 aufgehalten hätten. Dies müsse seit der Inbetriebnahme des Platzes 2003 schon viele Male vorgekommen sein. Die Golfregel, wonach nur gespielt werden dürfe, wenn sich kein anderer Spieler in Reichweite befinde, könne folglich nicht so interpretiert werden, dass sich keine Spieler auf den benachbarten Abschlagplätzen befinden dürften. Die Regel wolle vor allem besagen, dass auf vorangehende Spieler Rücksicht zu nehmen sei. Beim Golfspiel müsse mit Fehlschlägen gerechnet werden; vor diesen müsse mit dem Ruf "Fore" gewarnt werden. Weitere Sorgfaltspflichten träfen den Spieler nicht. Die Strafuntersuchung gegen den Beschwerdegegner 1 sei daher zu Recht nicht an die Hand genommen worden. 
 
Die Beschwerdegegnerin 3 beschäftige sich seit 1979 mit dem Bau von Golfplätzen. Sie verfüge über ein grosses Wissen und viel Erfahrung im Bau von Golfplätzen. Es könne ihr daher zugestanden werden zu wissen, in welcher Entfernung voneinander die einzelnen Abschlagsplätze anzulegen seien. Der Schweizerische Golfverband habe bei der Abnahme des Platzes keine Sicherheitsmängel festgestellt, und der Platz werde seit 2003 unfallfrei bespielt, was klar darauf hinweise, dass die Abschlagplätze genügend weit voneinander entfernt seien. Es sei daher nicht ersichtlich, welche Sorgfaltspflichten die Beschwerdegegnerin 3 beim Bau des Platzes verletzt haben könnte. 
 
Stehe aber fest, dass die Golfanlage keine sicherheitsrelevanten Mängel aufweise, könne der Beschwerdegegnerin 2 auch nicht vorgeworfen werden, keine Warntafeln oder Sicherheitszäune aufgestellt zu haben. Überdies habe sie durch die Zürich Versicherungen allfällige Risiken abklären lassen; diese habe keine Sicherheitsmängel auf dem Golfplatz festgestellt. Es sei damit nicht ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin 2 beim Betrieb der Anlage Sorgfaltspflichten verletzt haben könnte. 
 
3. 
Eine fahrlässige Körperverletzung im Sinn von Art. 125 StGB begeht, wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt. Erfolgt die Schädigung bei einem Spiel als Verwirklichung des spieltypischen Grundrisikos, entfällt eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des unfallverursachenden Spielers (BGE 134 IV 26 E. 3.2.5 S. 30 f.). 
 
3.1 Blendet man zunächst die sich aus den Golfregeln ergebenden Gesichtspunkte für die Beurteilung des Unfalls aus, so ergibt sich folgendes Bild: Der Beschwerdegegner 1 versuchte mit einem Golfschläger einen aus hartem Plastik bestehenden Golfball mehrere Dutzend Meter weit abzuschlagen. Es war ihm bewusst, dass sich rechts vor ihm in rund 60 m Entfernung weitere Spieler aufhielten, die er bei einer geringfügigen Abweichung seines Balles von der vorgesehenen Flugbahn um rund 15-25 Grad gefährden würde. Zwischen den beiden Spielergruppen an den Löchern 7 und 9 befindet sich zudem eine Baum- und Gebüschgruppe, die zwar die Sicht zwischen den beiden Löchern einschränkt, Golfbälle aber nicht zuverlässig aufhält. Wer in dieser Situation einen Abschlag tätigt im Bewusstsein, dass der Ball bei einem geringfügigen, häufig vorkommenden Abschlagfehler gegen eine Menschengruppe fliegen und einen Menschen ernsthaft verletzen könnte, muss nach den allgemeinen Regeln des Strafrechts klarerweise mit der Durchführung eines Strafverfahrens wegen fahrlässiger Körperverletzung rechnen, wenn sich das von ihm durch diesen Abschlag geschaffene Risiko in einer Körperverletzung verwirklicht. 
 
3.2 Für die Staatsanwaltschaft und das Obergericht steht sicher fest, dass aufgrund der vom Unfallverursacher und dem Opfer freiwillig akzeptierten Golfregeln ein strafrechtlich relevanter Vorwurf ausser Betracht falle. Dieser Einschätzung kann beim aktuellen Erkenntnisstand nicht gefolgt werden. 
3.2.1 In Bezug auf den Beschwerdegegner 1 geht das Obergericht davon aus, die Regel, auf andere Spieler Rücksicht zu nehmen, beziehe sich in erster Linie auf die vorangehende Gruppe, indem der Spieler mit dem Abschlag solange warten müsse, bis sich diese aus der Gefahrenzone entfernt hätten. Im Übrigen dürfe ein Spieler davon ausgehen, dass der Platz so angelegt sei, dass andere Spieler an anderen Löchern nicht gefährdet würden. Diese Auslegung ist keineswegs zwingend. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob sich ein Spieler, der abschlägt, obwohl ihm bewusst ist, dass sich Menschen im gefährdeten Bereich aufhalten, unter Berufung auf die Golfregeln von vornherein jeglicher strafrechtlicher Verantwortung für sein Tun entziehen kann. Dem Obergericht ist zwar insoweit zuzustimmen, als auf einem regelmässig von mehreren Spielergruppen gleichzeitig benutzten Golfplatz eine gewisse gegenseitige Gefährdung immer besteht und dementsprechend vom erlaubten Risiko abgedeckt wird. Die Frage ist allerdings, wie hoch dieses Risiko, in welches jeder Spieler mit der Teilnahme am Spiel einwilligt, ist bzw. sein darf. Auch für das Obergericht steht fest, dass die Golfregeln ein Abschlagen untersagen, wenn sich Leute im eigentlichen Zielbereich aufhalten. Das führt zwangsläufig zur hier relevanten Frage, wie nahe am Ziel sich Menschen beim Abschlag aufhalten dürfen. Es steht jedenfalls keineswegs von vornherein fest, dass ein Abschlag, der bei einer geringfügigen Abweichung vom Ziel, womit jedenfalls bei einem Hobbygolfer stets zu rechnen ist, Menschen direkt gefährdet, vom erlaubten, golfimmanenten Risiko abgedeckt wird und damit strafrechtlich irrelevant ist. Diese Fragen sind in einer Strafuntersuchung zu klären, die Voraussetzungen für eine Nichtanhandnahme des Verfahrens sind nicht erfüllt. 
3.2.2 In Bezug auf die Beschwerdegegnerin 3 als Erbauerin der Anlage führt das Obergericht aus, es bestünden keine Sicherheitsvorschriften für die Anlage von Golfplätzen, die angeschuldigte Firma sei indessen im Golfplatzbau sehr erfahren, weshalb davon auszugehen sei, dass sie auch in E.________ eine sichere Anlage erstellt habe. 
 
Selbst wenn effektiv keine allgemein anerkannten verbindlichen Regeln darüber bestehen sollten, wie Golfplätze zu gestalten sind, um das Betriebsrisiko auf ein unvermeidbares Minimum zu senken, so muss es jedenfalls - gerade auch bei der Beschwerdegegnerin 3, die seit Jahren Golfplätze baut - ein Erfahrungswissen darüber geben, wie nahe beieinander z. B. Abschlagslöcher auf gegenläufigen Bahnen gebaut werden dürfen, damit diese gleichzeitig sicher - d. h. mit einem vertretbaren, "erlaubten" Restrisiko - benützt werden können. Sollte sich die Beschwerdegegnerin 3 bei der Anlage der Löcher Nrn. 7 und 9 über unter Golfplatzbauern (auch nur stillschweigend) anerkannte Regeln zur Gewährleistung der Sicherheit hinweggesetzt haben, könnte eine mögliche Verletzung der Regeln der Baukunde im Sinn von Art. 229 StGB nicht von vornherein ausgeschlossen werden (vgl. BGE 106 IV 264 E. 3). Auch in dieser Beziehung ist somit die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung nicht zu rechtfertigen. 
3.2.3 In Bezug auf die Beschwerdegegnerin 2 als Betreiberin der Anlage geht das Obergericht davon aus, aufgrund des jahrelangen unfallfreien Betriebs einer von einer renommierten Golfplatzbauerin erstellten, vom Verband homologierten Anlage habe sie keinen Anlass gehabt, das gleichzeitige Bespielen der Löcher Nrn. 7 und 9 einzuschränken, durch bauliche Massnahmen wie das Aufstellen von Abfangnetzen zu sichern oder die Spieler wenigstens durch Schilder auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Eine strafrechtliche Mitverantwortung am Unfall sei auszuschliessen. 
 
Auch dem kann ohne weitere Abklärungen nicht gefolgt werden. Dass bisher kein Unfall eintrat, beweist keineswegs, dass nicht bereits in der Vergangenheit vereinzelt oder regelmässig von Loch Nr. 9 aus fehlgeschlagene Bälle in Richtung Loch Nr. 7 flogen, welche die sich dort aufhaltenden Spieler indessen (zufällig) verfehlten. Je nachdem hätte die Anlagenbetreiberin wohl geeignete Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit ergreifen müssen. Ohne nähere Abklärungen darüber, ob und wie häufig solche kritischen Situationen auftraten und ob die Golfplatzbetreiberin davon Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, lässt sich ihre strafrechtliche Mitverantwortung am Unfall jedenfalls nicht von vornherein ausschliessen. Die Nichtanhandnahme ist auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu rechtfertigen. 
 
4. 
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache ans Obergericht zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen und an die Staatsanwaltschaft zur Eröffnung einer Untersuchung zurückzuweisen. Die weiteren Rügen brauchen bei diesem Ausgang des Verfahrens nicht geprüft zu werden. 
 
Da sich die Beschwerdegegner 1-3 am bundesgerichtlichen Verfahren nicht beteiligten und keine Anträge stellten, tragen sei keine Kosten. Somit sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG), und dem Beschwerdeführer ist eine angemessene Parteienschädigung zu Lasten des Kantons Zürich zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Beschluss des Zürcher Obergerichts vom 6. Februar 2012 aufgehoben und die Sache ans Obergericht zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie an die Staatsanwaltschaft See/Oberland zur Eröffnung einer Untersuchung zurückgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft See/Oberland und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 7. Juni 2012 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi