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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_413/2018  
 
 
Urteil vom 7. Juni 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Postfach, 8401 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einsprache gegen Strafbefehl, Rückzug der Einsprache, Rückzugsfiktion wegen Nichterscheinen, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. Februar 2018 (UH180019-O/U/BEE). 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.   
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland büsste den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 18. September 2017 wegen Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz mit Fr. 400.--. Der Beschwerdeführer erhob dagegen am 22. September 2017 Einsprache. Die Staatsanwaltschaft hielt am Strafbefehl fest und überwies die Akten zur Durchführung des Hauptverfahrens an das Bezirksgericht Winterthur. Nachdem der Beschwerdeführer nicht zur Verhandlung erschienen war, schrieb dieses das Verfahren am 3. Januar 2018 als durch Rückzug der Einsprache erledigt ab und hielt fest, dass der Strafbefehl damit rechtskräftig sei. Dagegen reichte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Er machte geltend, es sei ihm keine Vorladung zur Hauptverhandlung zugestellt worden. 
Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Verfügung vom 28. Februar 2018 ab. 
Der Beschwerdeführer wendet sich am 18. April 2018 (Poststempel) mit Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, das Verfahren vor Bezirksgericht sei neu und korrekt durchzuführen. Die Gerichtskosten sämtlicher Instanzen seien ihm zu erlassen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
2.   
Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde in Strafsachen beträgt 30 Tage (Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Verfügung des Obergerichts ging dem Beschwerdeführer am 5. März 2018 zu. Die 30-tägige Frist zur Einreichung der Beschwerde endete am 19. April 2018 (Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG). Die ergänzende Eingabe vom 9. Mai 2018 (Poststempel) ist verspätet, soweit sie sich nicht auf die Frage der unentgeltlichen Rechtspflege im vorliegenden Verfahren bezieht. 
 
3.   
Gemäss Art. 85 Abs. 1 StPO bedienen sich die Strafbehörden für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei (Art. 85 Abs. 2 StPO). Die Zustellung einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, gilt am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO). 
Nach Art. 356 Abs. 4 StPO gilt die Einsprache als zurückgezogen und wird der Strafbefehl zum rechtskräftigen Urteil, wenn die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fernbleibt und sie sich auch nicht vertreten lässt. 
Ein konkludenter Rückzug der Einsprache gegen den Strafbefehl darf nur angenommen werden, wenn sich aus dem gesamten Verhalten des Betroffenen der Schluss aufdrängt, er verzichte mit seinem Desinteresse am weiteren Gang des Verfahrens bewusst auf den ihm zustehenden Rechtsschutz. Der vom Gesetz an das unentschuldigte Fernbleiben geknüpfte (fingierte) Rückzug der Einsprache setzt deshalb voraus, dass sich der Beschuldigte der Konsequenzen seiner Unterlassung bewusst ist und er in Kenntnis der massgebenden Rechtslage auf die ihm zustehenden Rechte verzichtet (BGE 142 IV 158 E. 3.1; 140 IV 82 E. 2.3). 
 
4.   
Das Obergericht erwägt in der angefochtenen Verfügung, das Bezirksgericht habe den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 6. November 2017 zur Hauptverhandlung auf den 3. Januar 2018 vorgeladen. Dieser habe die mittels Gerichtsurkunde (GU) versandte Verfügung innerhalb der siebentägigen Abholfrist nicht abgeholt. Das Bezirksgericht habe deshalb einen zweiten Zustellversuch unternommen. Auch diese mittels GU versandte Sendung habe der Beschwerdeführer innert der bis 30. November 2017 laufenden Abholfrist nicht abgeholt. Aufgrund der im Strafbefehl enthaltenen Rechtsbelehrung und seiner Einsprache gegen den Strafbefehl habe er mit der Zustellung einer Vorladungsverfügung jederzeit rechnen müssen. Trotz zwei Zustellversuchen habe der Beschwerdeführer diese bei der Post jedoch nicht abgeholt. Entsprechend gelte die Vorladungsverfügung spätestens am 30. November 2017 als dem Beschwerdeführer zugestellt. Zur Hauptverhandlung sei er nicht erschienen. Dabei sei er nicht nur in der Vorladung, sondern auch im Strafbefehl darauf hingewiesen worden, dass die Einsprache als zurückgezogen gelte, wenn er einem Verhandlungstermin unentschuldigt fernbleibe. Das Bezirksgericht sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Einsprache gemäss Art. 356 Abs. 4 StPO als zurückgezogen gelte. 
 
5.   
Die Beschwerde genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen über weite Strecken nicht. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den Erwägungen des Obergerichts nicht auseinander (Art. 42 Abs. 2 BGG, Art. 106 Abs. 2 BGG). Inwiefern die angefochtene Verfügung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht fehlerhaft sein soll, ergibt sich aus der Beschwerde nicht. 
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Erwägungen des Obergerichts in der angefochtenen Verfügung gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnten. Der Beschwerdeführer anerkennt selber, es sei zweimal versucht worden, ihm die Vorladung mittels Einschreiben (recte: GU) zuzustellen. Er räumt überdies auch ein, es versäumt zu haben, die Postsendungen innert der Abholfrist abzuholen. Dass die Zustellversuche der Vorladungsverfügung nicht ordnungsgemäss erfolgten, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Er bringt zu Recht auch nicht vor, er habe mit der Zustellung nicht rechnen müssen. Den Akten und dem angefochtenen Entscheid lässt sich zudem entnehmen, dass der Beschwerdeführer nicht nur in der Vorladung, sondern bereits im ihm zugestellten Strafbefehl ausdrücklich über die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens belehrt worden war. Dass er die Belehrung nicht verstanden hat, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Dass das Obergericht dessen Verhalten unter diesen Umständen als Desinteresse am ordentlichen Gang des Verfahrens, jedenfalls aber als Inkaufnahme der Säumnisfolge von Art. 356 Abs. 4 StPO auslegt, verletzt kein Bundesrecht und ist entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht weder treuwidrig noch diskriminierend. Der Beschwerdeführer verkennt, dass (weitere) Mitteilungen an ihn mittels A-Post nicht notwendig waren. Sie sind im Gesetz auch nicht vorgesehen. Weshalb es ihm als Sozialhilfeempfänger im Übrigen nicht möglich gewesen sein soll, die mittels GU versandten Sendungen innert der siebentägigen Abholfrist bei der Post abzuholen, ist gestützt auf die Vorbringen in der Beschwerde nicht ersichtlich. 
 
6.   
Dem Beschwerdeführer wurden die Gerichtskosten der kantonalen Verfahren in Anwendung von Art. 428 Abs. 1 StPO auferlegt. Inwiefern dies zu Unrecht geschehen sein soll, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Soweit der Beschwerdeführer um deren Erlass ersucht, weil er von der Sozialhilfe lebe, mangelt es an einem anfechtbaren Entscheid. Es liegt nicht in der Zuständigkeit des Bundesgerichts, erstinstanzlich über Gesuche um Kostenerlass im Sinne von Art. 425 StPO zu befinden. 
 
7.   
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Das Gesuch um Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts ist schon deshalb abzuweisen, weil der Beschwerdeführer erst unmittelbar vor Ablauf der Beschwerdefrist ans Bundesgericht gelangt ist und eine Beschwerdeergänzung nicht fristgerecht hätte nachgereicht werden können. Die Beschwerde erscheint überdies als aussichtslos (Art. 64 Abs. 1 BGG). Entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Angesichts seiner angespannten Finanzlage scheint eine reduzierte Entscheidgebühr angemessen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Juni 2018 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill