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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_58/2022  
 
 
Urteil vom 7. Juni 2022  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
nebenamtliche Bundesrichterin Truttmann, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Katja Ammann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 8. Dezember 2021 (VV.2021.33/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1963 geborene A.________ bezog vom 1. September bis 31. Dezember 2006 eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Als sie sich im August 2011 erneut zum Leistungsbezug anmeldete, trat die IV-Stelle des Kantons Thurgau auf ihr Begehren nicht ein (Verfügung vom 28. November 2011). Auf ein weiteres Leistungsgesuch vom Februar 2016 hin verneinte die Verwaltung den Anspruch auf eine Invalidenrente (Verfügung vom 22. Mai 2017).  
 
A.b. Im Juni 2019 wandte sich A.________ mit einem neuen Leistungsbegehren an die IV-Stelle. Die Verwaltung klärte die medizinischen und die erwerblichen Verhältnisse ab und stellte die Ablehnung des Anspruchs auf eine Invalidenrente sowie auf berufliche Massnahmen in Aussicht (Vorbescheide vom 12. Juni 2020). Nach Einwand der A.________ verfügte sie am 22. Dezember 2020 wie vorbeschieden.  
 
B.  
Die von A.________ gegen die Rentenverfügung erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 8. Dezember 2021 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das Rechtsbegehren stellen, infolge Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie des Untersuchungsgrundsatzes sei das Dossier an die Vorinstanz, eventualiter an die IV-Stelle zurückzuweisen mit der Auflage, es sei der Sachverhalt ausreichend festzustellen und dazu gemäss Art. 118a BV ein komplementär-medizinisches Gutachten einzuholen; anschliessend sei der Anspruch auf eine Invalidenrente neu zu beurteilen. 
Am 4. und 19. April 2022 erfolgten weitere Eingaben der A.________. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über Tatfragen, welche das Bundesgericht nur mit eingeschränkter Kognition prüft (BGE 132 V 393 E. 3.2). Gleiches gilt für die konkrete und die antizipierte Beweiswürdigung (BGE 146 V 139 E. 2.2; 144 V 111 E. 3). Demgegenüber stellen die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln frei überprüfbare Rechtsfragen dar (BGE 146 V 240 E. 8.2 mit Hinweisen).  
 
1.3. Die Vorbringen in den nachträglichen Eingaben vom 4. und 19. April 2022 sind verspätet (vgl. Art. 100 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 44 ff. BGG) und daher von vornherein unzulässig.  
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung verneinte. 
 
3.  
 
3.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.  
 
3.2. Im vorinstanzlichen Entscheid werden die hier massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) zutreffend dargelegt. Ebenso richtig sind die Ausführungen, wonach die bei einer Rentenrevision relevanten Grundsätze im Rahmen einer Neuanmeldung analog zur Anwendung gelangen (Art. 17 Abs. 1 ATSG; vgl. auch Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV; BGE 144 I 103 E. 2.1; 141 V 9 E. 2.3). Darauf wird verwiesen.  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 61 lit. c ATSG stellt das Versicherungsgericht unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.  
 
4.1.1. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das kantonale Gericht - unter Vorbehalt der Mitwirkungspflichten der Parteien -, von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Massnahmen zur Klärung des rechtserheblichen Sachverhalts müssen vorgenommen oder veranlasst werden, wenn dazu aufgrund der Parteivorbringen oder anderer sich aus den Akten ergebender Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht. Rechtserheblich sind dabei alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist. In Nachachtung des Untersuchungsgrundsatzes sind etwa weitere Abklärungen vorzunehmen, wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder eine entscheidwesentliche Tatfrage bislang auf einer unvollständigen Beweisgrundlage beantwortet wurde (BGE 146 V 240 E. 8.1 mit Hinweisen).  
 
4.1.2. Die Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht (Urteil 8C_641/2019 vom 8. April 2020 E. 3.3.1 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 146 V 121, aber in: SVR 2020 MV Nr. 3 S. 7). Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das Gericht dürfen eine Tatsache als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Das Gericht hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE 144 V 427 E. 3.2; 138 V 218 E. 6; je mit Hinweisen).  
 
4.2. Der durch Art. 29 Abs. 2 BV garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst sodann insbesondere das Recht der betroffenen Person, erhebliche Beweise beizubringen und mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden, wenn dies geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 138 I 232 E. 5.1; 133 I 270 E. 3.1). Ein Verzicht auf die Abnahme von weiteren Beweisen ist zulässig, wenn sich das Gericht aufgrund der bereits erhobenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass die abgelehnten Beweisanträge nichts an seiner Überzeugung zu ändern vermögen (nicht. publ. E. 3.3.2 des Urteils BGE 144 II 345; BGE 136 I 229 E. 5.3; 134 I 140 E. 5.3).  
 
5.  
 
5.1. Das kantonale Gericht erwog, für ihre rentenablehnende Verfügung vom 22. Mai 2017 habe sich die IV-Stelle auf das Gutachten des ABI (Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH) vom 17. Oktober 2016 gestützt. Die ABI-Gutachter hätten der Versicherten aufgrund der damals gestellten Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10 F 33.0), eines chronischen thorako- und lumbovertebralen Schmerzsyndroms (ICD-10 M54.6/M54.5) sowie wegen der Folgen der Therapien eines (nicht mehr nachweisbaren) Mammakarzinoms (ICD-10 C50.9) für körperlich regelmässig mittelschwer und schwer belastende Tätigkeiten eine volle Arbeitsunfähigkeit attestiert und in körperlich leichten bis intermittierend mittelschweren, adaptierten Tätigkeiten (ohne wiederholtes Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, ohne repetitiven Einsatz der oberen Extremitäten oberhalb des Schulterniveaus) eine solche von 20 %.  
 
Im Rahmen des 2019 eingeleiteten Neuanmeldeverfahrens habe die IV-Stelle die im Auftrag des Krankentaggeldversicherers eingeholten Beurteilungen des Begutachtungsinstituts B.________ vom 27. Januar 2020 und des Abklärungsinstituts C.________ vom 10. März 2020 beigezogen, welche den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin detailliert darstellten. Die Ärzte des Begutachtungsinstituts B.________ diagnostizierten ein lumbovertebrales, intermittierend lumboypondylogenes Syndrom links, aktenanamnestisch eine Hüftgelenksarthropathie (wobei die aktuelle klinische Untersuchung keinen Hinweis für eine radikuläre Reiz- oder Ausfallsymptomatik gebe und weder die Gehfähigkeit noch die Hüftbeweglichkeit eingeschränkt sei) sowie klinisch aktuell Weichteilbeschwerden (schmerzhaftes Lipödem und pannösadipöses Gewebe). Trotz dieser Beschwerden sei die Versicherte in einer leidensangepassten, d.h. einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit 100 % arbeitsfähig. Nach der Beurteilung des Abklärungsinstituts C.________ existiere klinisch deskriptiv eine subaffektive, höchstens leichtgradig affektbetonte Phänomenologie dysthymer Prägung im Sinne einer schmerzreaktiven Anpassungsstörung. Es gebe objektiv keine Hinweise für Antriebsstörungen bzw. Störungen der Handlungsenergie (bei unauffälligen objektiven AMDP-Modalitäten) und bei guter Mitarbeit und Anstrengungsbereitschaft leistungspsychologisch auch keine Hinweise für handlungsbezogene kognitive (depressogene) Funktionsdefizite. Neuropsychologisch-leistungspsychologisch (testdiagnostisch-psychometrisch) seien keine neuro-kognitiven depressogenen Funktionsdefizite mit Berufsrelevanz feststellbar. Die Versicherte sei durchgehend psychisch-emotional und mental-intellektuell kompensiert und gefestigt. Die klinisch-objektive Schweregradbeurteilung und ressourcenorientierte Schätzung des objektiven psychosozialen Funktionspotenzials und der berufsrelevanten Fähigkeiten und Fertigkeiten impliziere aus psychiatrisch-psychopathologischer und neuropsychologisch-leistungspsychologischer Sicht für die angestammte Tätigkeit als Reinigungsmitarbeiterin sowie für jede bildungsadäquate Tätigkeit objektiv keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. 
Aufgrund eines Vergleichs der beiden Sachverhalte gelangte die Vorinstanz zum Ergebnis, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten seit der letztmaligen Beurteilung ihres Rentenanspruches (Verfügung vom 22. Mai 2017) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich verändert habe (angesichts der nun höher eingeschätzten Arbeitsfähigkeit insbesondere nicht im Sinne einer Verschlechterung), womit die rentenablehnende Verfügung vom 22. Dezember 2020 zu Recht ergangen sei. 
 
5.2. Wenn die Vorinstanz den medizinischen Sachverhalt anhand der dargelegten medizinischen Unterlagen für genügend erstellt hielt und keinen Anlass für die Anordnung weiterer Abklärungen sah, verletzte sie weder den Untersuchungsgrundsatz noch das rechtliche Gehör:  
Soweit die Versicherte die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung insofern für unvollständig hält, als die Ursachen ihrer Beschwerden nach wie vor unklar seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass für die Belange der Invalidenversicherung nicht die exakte Ursache für die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Rahmen eines Krankheitsbildes massgebend ist. Vielmehr bestimmen die Auswirkungen des Gesundheitsschadens an sich die Festlegung des Arbeitsunfähigkeitsgrades (Urteil 9C_186/2017 vom 15. Mai 2017 E. 3.2.3 in fine). Diese liessen sich insbesondere im Rahmen der am Begutachtungsinstitut B.________ durchgeführten Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) so genau bestimmen, dass kein weiterer Abklärungsbedarf mehr besteht. Bei dieser Sachlage erweist sich die zur Klärung der Beschwerdeursachen beantragte Einholung eines komplementär-medizinischen Gutachtens als entbehrlich. 
Entgegen der Beschwerdeführerin weist der im angefochtenen Urteil festgestellte Sachverhalt sodann auch keine Widersprüche auf. Es trifft zwar zu, dass das Zumutbarkeitsprofil im ABI-Gutachten vom 17. Oktober 2016 mit leichten bis intermittierend mittelschweren Tätigkeiten umschrieben wurde und gemäss der Einschätzung des Begutachtungsinstituts B.________ vom 27. Januar 2020 leichte bis mittelschwere Tätigkeiten umfasst. Allerdings ist im Wegfall des einschränkenden Zusatzes "intermittierend" bei den mittelschweren Arbeiten kein zu weiteren Abklärungen Anlass gebender Widerspruch zwischen den beiden Zumutbarkeitsprofilen zu erblicken. Viel naheliegender ist der Schluss, dass die Ärzte des Begutachtungsinstituts B.________ in der jüngeren Beurteilung, für welche sie sich im Übrigen auf die von der Versicherten im Rahmen der EFL gezeigte Belastbarkeit stützten, von einem in diesem Sinne verbesserten Gesundheitszustand ausgingen, indem sie mittelschwere Tätigkeiten fortan nicht nur für intermittierend, sondern für regelmässig zumutbar erachteten. Damit stimmt auch überein, dass sie an der ursprünglich von den ABI-Gutachtern festgesetzten Gewichtslimite nicht festhielten (vgl. dazu auch nachfolgende E. 5.3). Auf eine Verbesserung weist auch hin, dass die Arbeitsfähigkeitsschätzung vom 27. Januar 2020 mit 100 statt bisher 80 % (ABI-Gutachten vom 17. Oktober 2016) in leidensangepassten Tätigkeiten höher ausfiel (wobei die IV-Stelle ihrer Verfügung vom 22. Dezember 2020 zu Gunsten der Versicherten dennoch weiterhin eine Arbeitsfähigkeit von 80 % zugrunde legte). 
 
5.3. Soweit die Beschwerdeführerin sodann vorbringt, bei der als zumutbar beurteilten Arbeit als Reinigungskraft müsse sie mehr als 5 kg heben und tragen, übersieht sie, dass sich im Rahmen der EFL keine Notwendigkeit mehr ergab für diese dem ABI-Gutachten vom 17. Oktober 2016 entnommene Gewichtslimite. Die Ärzte des Begutachtungsinstituts B.________ hielten lediglich fest, dass die Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit in der Reinigung in einem Laborinstitut wegen des unergonomischen Hebens von grossen Laborabfallcontainern erst nach einer Aufarbeitung der körperlichen Defizite bzw. einem Training wieder möglich sei. Da indessen in der Einschätzung des Begutachtungsinstituts B.________ vom 27. Januar 2020 keine Gewichtsbeschränkung festgelegt wurde, vermag die Beschwerdeführerin sich nicht mehr auf die frühere 5 kg-Grenze zu berufen. Nichts abzuleiten vermag die Versicherte sodann auch aus ihrer Behauptung, nach der allgemeinen Lebenserfahrung verrichte eine Reinigungskraft nicht nur leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, denn dies trifft für die grosse Mehrheit der Stellen in diesem Bereich nicht zu (als schwer wurde beispielsweise im Urteil 9C_68/2019 vom 21. August 2019 E. 4.3.3 die Reinigungsarbeit auf unebenem Gelände betrachtet, dies im Unterschied zur als leicht geltenden Büroreinigung). Gewöhnliche Reinigungsarbeiten werden in der Praxis regelmässig den leichten bis mittelschweren Tätigkeiten zugerechnet (Urteile 8C_354/2016 vom 25. Oktober 2016 E. 4, in: SVR 2017 IV Nr. 14 S. 33; 8C_28/2015 vom 17. März 2015 E. 6; 8C_334/2014 vom 21. Juli 2014 E. 3.1; 8C_221/2014 vom 30. Mai 2014 E. 4.2). Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass der Versicherten nicht nur Reinigungsarbeiten, sondern auch beliebige andere leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zumutbar sind.  
 
5.4. Die Beschwerdeführerin wirft dem kantonalen Gericht vor, es habe willkürlich verlangt, dass eine gesundheitliche Verschlechterung nicht nur glaubhaft gemacht, sondern überwiegend wahrscheinlich sei. Sie übersieht dabei, dass das Beweismass der Glaubhaftmachung lediglich für die vorgelagerte, hier unstreitige, von der IV-Stelle ohne weiteres bejahte Frage gilt, ob auf die Neuanmeldung einzutreten ist (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV; BGE 130 V 71 E. 2.2), während für die sich daran anschliessende, vorliegend allein zur Diskussion stehende materielle Prüfung, ob eine anspruchserhebliche Veränderung eingetreten ist, der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit Anwendung findet (Urteil 9C_478/2012 vom 14. Dezember 2012 E. 2; vgl. dazu auch E. 4.1.2 hiervor). Ihr Einwand, das kantonale Gericht habe zu hohe Beweisanforderungen gestellt, trifft damit nicht zu.  
 
5.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass das kantonale Gericht weder den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt noch sonstwie Bundesrecht verletzt hat. Die Beschwerde ist abzuweisen.  
 
 
6.  
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. Juni 2022 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann