Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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5A_916/2016
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Urteil vom 7. Juli 2017
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Traub.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Wasem,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Julius Effenberger,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege (Erbschaft),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, vom 25. Oktober 2016.
Sachverhalt:
A.
A.________ und seine Schwester B.________ führen einen erbrechtlichen Prozess vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland. Als Beklagter in diesem Verfahren stellte A.________ am 19. Januar 2015 das Gesuch, die Klägerin habe seine Parteikosten sicherzustellen. Die abweisende Verfügung vom 23. April 2015 focht er nicht an. Am 28. September 2015 reichte er ein neues Gesuch um Sicherstellung der Parteikosten ein. B.________ beantragte am 13. November 2015 die unentgeltliche Rechtspflege. Das Regionalgericht bewilligte diese und schrieb den Antrag von A.________ auf Leistung einer Parteikostensicherheit als gegenstandslos ab (Entscheid vom 1. Juni 2016).
B.
Das Obergericht des Kantons Bern wies die Beschwerde von A.________ gegen den Entscheid vom 1. Juni 2016 ab (Entscheid vom 25. Oktober 2016).
C.
A.________ führt Beschwerde in Zivilsachen. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Gesuch von B.________ um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Eventuell sei die Sache an die erste Instanz - subeventuell an die Vorinstanz - zur neuen Beurteilung zurückzuweisen.
Das Bundesgericht zog die kantonalen Akten bei, holte aber keine Vernehmlassungen ein.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft die Sachurteilsvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44; 138 I 367 E. 1 S. 369; 138 III 471 E. 1 S. 475; 138 IV 258 E. 1.4 S. 262). Die (bundesrechtlichen) Gültigkeitserfordernisse im vorinstanzlichen Verfahren prüft das Bundesgericht ebenfalls von Amtes wegen.
2.
2.1. Der Beschwerdeführer ist Beklagter in einem Erbschaftsprozess. In diesem Rahmen focht er vor Obergericht einen Zwischenentscheid des Regionalgerichts an, mit welchem der Klägerin die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde. Bleibt es dabei, so ist sein Gesuch um Sicherheitsleistung für die Parteientschädigung (Art. 99 Abs. 1 ZPO) hinfällig: Wird der klagenden Partei die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt, so ist sie von Sicherheitsleistungen befreit (Art. 118 Abs. 1 lit. a ZPO). Derweil führt die unentgeltliche Rechtspflege nicht dazu, dass der Staat auch eine allfällige Parteientschädigung an die Gegenpartei übernimmt (Art. 118 Abs. 3 und Art. 122 Abs. 1 lit. d ZPO ). Insoweit drohte dem Beschwerdeführer ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil (vgl. Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO). Grundsätzlich hat er auch ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung der zugunsten der Gegenpartei gewährten unentgeltlichen Rechtspflege; es greift eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach keine Prozesspartei legitimiert ist, eine den Prozessgegner betreffende Verfügung über die unentgeltliche Rechtspflege anzufechten (Art. 119 Abs. 3 und Art. 121 ZPO ; vgl. Urteile 5A_126/2014 vom 10. Juli 2014 E. 1 und 4A_585/2013 vom 13. März 2014 E. 1.2; Viktor Rüegg, in: Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 121 ZPO).
2.2. Das Obergericht bejahte den nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil resp. ein schutzwürdiges Interesse des Beschwerdeführers an einer Anfechtung der Unentgeltlichkeit, wie sie das Regionalgericht der Beschwerdegegnerin im Hauptverfahren zugestanden hat. Das vor erster Instanz hängige Gesuch des Beschwerdeführers um Sicherstellung der Parteikosten mache das Verfahren um die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege zum Zweiparteienverfahren (vgl. Urteile 4A_614/2015 vom 25. April 2016 E. 2.1 und 4A_366/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 3; Alfred Bühler, in: Berner Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Band I, 2012, N. 5 zu Art. 121 ZPO mit weiteren Hinweisen). Der Beschwerdeführer sei daher legitimiert, die zu Gunsten der Beschwerdegegnerin erfolgte Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege anzufechten.
2.3. Selbst wenn die ZPO keine ausdrückliche Regelung kennt, setzt diese für die Berechtigung zum Ergreifen eines Rechtsmittels eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus. Wer am vorinstanzlichen Verfahren als Partei teilgenommen und Anträge gestellt hat und damit ganz oder teilweise unterlegen ist, ist zunächst formell beschwert. Um zum Ergreifen eines Rechtsmittels legitimiert zu sein, bedarf es indes auch einer materiellen Beschwer, d.h. eines aktuellen und praktischen Interesses am Rechtsmittel (vgl. Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 26 Rz. 30, § 25 Rz. 28). Praktisch ist das Interesse nur, wenn der Rechtsmittelentscheid die tatsächliche oder rechtliche Situation des Rechtsmittelklägers durch den Ausgang zu beeinflussen vermag. Im vorliegenden Sachzusammenhang folgt daraus, dass der Beschwerdeführer nur dann zur Beschwerde gegen den dem Prozessgegner die unentgeltliche Rechtspflege gewährenden Entscheid legitimiert ist, sofern er die beantragte Sicherheitsleistung voraussichtlich auch wirklich beanspruchen kann. Ist hingegen offenkundig, dass die Voraussetzungen einer Sicherheitsleistung nach Art. 99 ZPO nicht erfüllt sind, mangelt es ihm am praktischen Interesse und folglich an der Beschwerdelegitimation.
2.4.
2.4.1. Die klagende Partei hat auf Antrag der beklagten Partei für deren Parteientschädigung unter anderem dann Sicherheit zu leisten, wenn sie Prozesskosten aus früheren Verfahren schuldet (Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO), oder wenn andere Gründe für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung bestehen (lit. d).
2.4.2. Der Beschwerdeführer hatte seinen ersten Antrag um Sicherheitsleistung "von vorerst mindestens CHF 25'000.00" unter anderem damit begründet, die Gesuchsgegnerin habe eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- nicht beglichen, die ihm das Regierungsstatthalteramt Biel mit Entscheid vom 20. März 2014 rechtskräftig zugesprochen habe. Offene Prozesskosten belegten den fehlenden Leistungswillen der Schuldnerin. Das Regionalgericht wies das Gesuch ab mit der Begründung, die Gesuchsgegnerin habe die geschuldete Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- unbestrittenermassen am 27. Januar 2015 bezahlt. Der Kautionsgrund von Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO sei daher im Zeitpunkt des Entscheids nicht (mehr) erfüllt gewesen (Verfügung vom 23. April 2015). Dieser Entscheid wurde rechtskräftig (vgl. Verfügung des Regionalgerichts vom 19. Mai 2015).
Am 28. September 2015 stellte der Beschwerdeführer ein weiteres Gesuch um Leistung einer Kaution "von vorerst mindestens CHF 37'500.--" für die Parteientschädigung. Erneut seien Prozesskosten aus einem anderen Verfahren unbezahlt: Das Regionalgericht habe die Klägerin am 31. August/3. September 2015 in einem Zwischenentscheid betreffend vorsorgliche Massnahmen / Parteikosten zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 4'505.-- an ihn verpflichtet. Eine allfällige Beschwerde hemme die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit dieses Entscheids nicht (Art. 325 Abs. 1 ZPO). Trotz Zahlungsaufforderung sei der Betrag bisher nicht bezahlt worden. Grund zur Sicherstellung bestehe auch dann, wenn die Klägerin die ausstehende Forderung noch begleichen sollte. Die Klägerin hielt mit Eingabe vom 23. Oktober 2015 dagegen, sie habe die betreffende Parteientschädigung inzwischen bezahlt, und reichte einen entsprechenden Beleg ein, gemäss welchem die Überweisung am 16. Oktober 2015 erfolgt ist. Da keine Prozessschulden mehr offen seien, fehle es an einer Rechtsgrundlage, um ihr eine Prozesskaution aufzuerlegen. Der Beklagte entgegnete, aus den Umständen ergebe sich, dass die Klägerin die fällige Parteientschädigung wiederum erst unter dem Druck des Kautionsgesuchs bezahlt habe. Das Regionalgericht hat über das Gesuch des Beklagten noch nicht entschieden.
2.4.3. Die Frage, ob ein Kautionsgrund vorliegt, ist nach den (voraussichtlichen) Verhältnissen im Zeitpunkt des (hier noch ausstehenden) Entscheids über die Sicherheitsleistung zu beurteilen (Martin H. Sterchi, in: Berner Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, N. 12 zu Art. 99 ZPO). Bereits zum zweiten Mal hat die Beschwerdegegnerin eine fällige Parteientschädigung an den Beschwerdeführer aus einem früheren, rechtskräftig abgeschlossenen (Zwischen-) Verfahren verspätet und erst nach Eingang eines Kautionsgesuchs im Hauptverfahren beglichen. Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, ob trotz der inzwischen erfolgten Bezahlung jener Prozesskosten weiterhin von einer erheblichen Gefährdung der Parteientschädigung im Sinne von Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO auszugehen ist. Die Antwort hängt davon ab, ob auch eine vor dem Entscheid über das Kautionsgesuch zahlungshalber weggefallene Schuld massgebend sein kann, wenn ihr ursprünglicher Bestand auf eine grundsätzliche Zahlungsunwilligkeit hindeutet.
2.4.4. In der Lehre wird die Auffassung vertreten, dass die Kautionsauflage nicht davon abhängig ist,
weshalbeine Prozesskostenschuld unbezahlt ist (Rüegg, a.a.O., N. 16 zu Art. 99 ZPO mit Hinweis auf R. Isler, Die Kautionspflicht im Schweizerischen Zivilprozessrecht, Zürich 1967, S. 51). Dem ist zuzustimmen: Die Beurteilung der Kautionsvoraussetzungen darf nicht mit schwierigen Abgrenzungsfragen belastet werden. Die subjektiven Motive müssten in einem verhältnismässig aufwendigen Beweisverfahren festgestellt werden. Dies widerspräche der Natur dieses Zwischenverfahrens. Die Voraussetzungen einer Sicherheitsleistung sind möglichst klar zu fassen, zumal sie den Zugang zum Rechtsschutz erschweren (vgl. Art. 59 Abs. 2 lit. f und Art. 101 Abs. 3 ZPO ; Sterchi, a.a.O., N. 27 zu Art. 99 ZPO [mit Bezug auf den unbestimmt formulierten Auffangtatbestand von Art. 99 Abs. 1 lit. d ZPO]).
Spielt der Grund für das Nichtbegleichen der Prozesskostenschuld keine Rolle, so kann im Einzelfall dahingestellt bleiben, ob diese Schuld auf Zahlungsunfähigkeit oder aber Zahlungsunwilligkeit zurückzuführen ist (vgl. dazu die unterschiedlichen Auffassungen von Rüegg, a.a.O., N. 16 zu Art. 99 ZPO einerseits und Suter/von Holzen, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 32 zu Art. 99 ZPO sowie Urwyler/Grütter, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Brunner/ Gasser/Schwander [Hrsg.], 3. Aufl. 2016, N. 11 zu Art. 99 ZPO anderseits). Folglich ist auch unerheblich, ob die Beschwerdegegnerin die Prozesskosten aus dem früheren Verfahren tatsächlich erst und nur unter dem Druck des Kautionsgesuchs bezahlt hat, um die im (Haupt-) Verfahren beantragte Sicherheitsleistung abzuwenden.
2.4.5. Mit einer allfälligen Zahlungsunwilligkeit liesse sich somit keine manifeste Gefährdung der Parteientschädigung im Sinne von Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO begründen. Die Prozesskostenschuld muss jedenfalls auch noch im Zeitpunkt des Entscheids über die Sicherheitsleistung unbezahlt sein.
2.5. Die Beschwerdegegnerin hat die bei Einreichung des Gesuchs des Beschwerdeführers vom 28. September 2015 offene Schuld aus dem früheren Verfahren am 16. Oktober 2015 beglichen. Daher sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Sicherheitsleistung nach Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO offenkundig nicht erfüllt (vgl. oben E. 2.3). Andere Gründe für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung (Art. 99 Abs. 1 lit. d ZPO) stehen nicht zur Diskussion. Der Beschwerdeführer war mangels eines praktischen Interesses somit nicht legitimiert, die der Beschwerdegegnerin bewilligte Unentgeltlichkeit vor Obergericht anzufechten. Aus diesem Grund wäre auf die vorinstanzliche Beschwerde nicht einzutreten gewesen. Die Beschwerde in Zivilsachen ist im Ergebnis unbegründet.
3.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin sind keine entschädigungspflichtigen Aufwendungen entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Juli 2017
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Traub