Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_312/2023
Urteil vom 7. August 2023
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin van de Graaf,
Gerichtsschreiber Brugger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Henzen,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Zentrales Amt,
Postfach, 1950 Sitten 2,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Strafzumessung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, vom 1. Februar 2023 (P1 22 51).
Sachverhalt:
A.
Das Kreisgericht Oberwallis für den Bezirk Brig verurteilte A.________ am 15. November 2021 wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen vollendeten sowie versuchten Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von 50 Monaten und verwies ihn für 10 Jahre des Landes.
Seine dagegen gerichtete Berufung wies das Kantonsgericht Wallis am 1. Februar 2023 ab.
B.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, er sei zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten zu verurteilen, wovon 10 Monate zu vollziehen seien. Eventualiter sei die Sache zur neuen Strafzumessung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung.
1.1. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens richtet sich gemäss Art. 47 Abs. 2 StGB nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und der Gesamtstrafenbildung nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips wiederholt dargelegt (BGE 144 IV 313 E. 1.1; 144 IV 217 E. 3; 141 IV 61 E. 6.1.2; je mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. Das Sachgericht verfügt bei der Strafzumessung über einen Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 144 IV 313 E. 1.2; 136 IV 55 E. 5.6; je mit Hinweisen).
1.2.
1.2.1. Der Strafrahmen für den bandenmässigen Diebstahl beträgt Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (Art. 139 Ziff. 3 Abs. 2 StGB), derjenige für gewerbsmässigen Diebstahl Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen (Art. 139 Ziff. 2 aStGB). Die Vorinstanz setzt die Einsatzstrafe für die banden- und gewerbsmässigen Einbruchdiebstähle auf 48 Monate fest. Diese Vorgehensweise erweist sich als zweckmässig und führt im Ergebnis nicht zu einer unangemessen hohen Strafe. Es handelt sich um 13 Taten in der gesamten Schweiz, die während ungefähr 3 Monaten begangen wurden und die banden- und gewerbsmässige Qualifikation erfüllen. Deshalb ist es gerechtfertigt, eine einheitliche Einsatzstrafe für diese Delikte festzusetzen (Urteile 6B_36/2019 vom 2. Juli 2019 E. 3.6.3; 6B_797/2011 vom 13. April 2012 E. 3.1.2). Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, geht der Versuch diesfalls im vollendeten gewerbsmässigen Delikt auf (BGE 123 IV 113 E. 2c und d). Sie hält fest, dass mehrere mittäterschaftlich begangene vollendete Diebstähle vorliegen, welche Bestandteil der gewerbs- und bandenmässigen Straftat bilden. Daraus zieht sie den zutreffenden Schluss, dass die Einsatzstrafe nicht zwingend zu mildern ist, weil die Diebstähle teilweise nur versucht wurden.
1.2.2. Dem Deliktsbetrag kommt bei der Strafzumessung keine vorrangige Bedeutung zu, auch wenn es sich dabei um einen wichtigen Gesichtspunkt handelt. Gemäss ständiger Rechtsprechung muss der Deliktsbetrag bei der Strafzumessung nicht exakt beziffert werden. Zur Gewichtung des Verschuldens genügt es vielmehr, wenn das Gericht in Bezug auf den Deliktsbetrag von einer Grössenordnung ausgeht (Urteile 6B_571/2020 vom 30. Juni 2021 E. 2.4.4; 6B_140/2020 vom 3. Juni 2021 E. 4.4.1; je mit Hinweisen). Nicht zu beanstanden ist nach der Rechtsprechung, wenn es das Gericht für die Strafzumessung bei einer groben Schätzung der Deliktssumme belässt (Urteile 6B_571/2020 vom 30. Juni 2021 E. 2.4.4; 6B_853/2013 vom 20. November 2014 E. 2.4.2 mit Hinweisen; vgl. etwa Urteil 6B_460/2020 vom 10. März 2021 E. 6.1.4, wo "unrechtmässige Zahlungen in Millionenhöhe" als Deliktsbetrag genügten).
Die Vorinstanz verweist zutreffend auf die erwähnte Rechtsprechung. Sie berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer den Verkaufswert des Diebesguts mit Fr. 1'300'000.-- bezifferte und nimmt einen Deliktsbetrag von mindestens Fr. 700'000.-- an. Sie hält fest, dass der Beschwerdeführer auf ein möglichst wertvolles Diebesgut hingearbeitet und in ungefähr 3 Monaten banden- und gewerbsmässig Kleider mit einem hohen sechsstelligen Verkaufswert gestohlen habe.
1.2.3. Die Vorinstanz berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer vorbestraft ist. Sie hält fest, er und seine Komplizen hätten den Kontakt mit Dritten vermieden, weil ihnen bewusst gewesen sei, dass Raub eine höhere Strafe nach sich zieht. Daher hätten sie vereinbart, nötigenfalls zu fliehen. Daraus leitet die Vorinstanz ein berechnendes Verhalten ab. Sie betont, dass der Beschwerdeführer eine Konfrontation mit Dritten aus taktischem Kalkül gescheut habe und nicht aus Rücksicht. Folgerichtig verzichtet die Vorinstanz auf eine Strafminderung. Sie verneint zu Recht, dass allfällige Versicherungsleistungen an die Geschädigten zu einer Strafminderung führen. Schliesslich begründet sie unter Hinweis auf die schlüssigen erstinstanzlichen Erwägungen, weshalb für alle Straftaten eine Freiheitsstrafe auszusprechen ist. Dies focht der Beschwerdeführer nicht an.
1.2.4. Weiter erklärt die Vorinstanz mit Verweis auf die einschlägige bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. BGE 142 IV 329 E. 1.4.1; Urteil 6B_146/2021 vom 14. Februar 2022 E. 2.2), dass vorliegend keine Zusatzstrafe zu den im Ausland ergangenen Urteilen auszufällen ist und dass die im Ausland ausgesprochenen Strafen nicht angerechnet werden können.
1.2.5. Die Vorinstanz hält fest, der Beschwerdeführer habe während ungefähr 3 Monaten in der ganzen Schweiz banden- und gewerbsmässig delinquiert. Der Gewinn von rund Fr. 20'000.-- sei angesichts des angerichteten Schadens eher gering, auch wenn sich daraus pro Monat mehr als Fr. 6'000.-- ergeben. Die Vorinstanz berücksichtigt, dass drei Einbrüche abgebrochen wurden. Sie hält aber fest, dass dies nicht freiwillig geschah. Vielmehr seien die Versuche relativ weit fortgeschritten gewesen. Sie geht von einer "fast mittleren objektiven Tatschwere" für die bandenmässige Tatbegehung aus. Unter Berücksichtigung der Gewerbsmässigkeit fixiert sie die Einsatzstrafe bei 48 Monaten (vgl. E. 1.2.1 hiervor).
1.2.6. Gemäss Vorinstanz nahmen der Beschwerdeführer und seine Komplizen beachtliche Anfahrtswege in Kauf und suchten bewusst Geschäfte mit teurer Markenkleidung aus. Meistens mieteten sie im Ausland Fahrzeuge und transportierten das Deliktsgut zur Veräusserung über die Landesgrenze. Das Vorgehen qualifiziert die Vorinstanz als raffiniert und kaltblütig. Zum Motiv des Beschwerdeführers erwägt sie, er habe wegen der Aussicht auf leichtes Geld delinquiert. Deswegen habe er seine legale Arbeit aufgegeben. Das erbeutete Geld habe er unter anderem für Glücksspiele eingesetzt. Die Vorinstanz geht von einer "subjektiven, mittleren Tatschwere" aus und wertet dies als leicht straferhöhend. Die Vorinstanz übersieht nicht, dass der Beschwerdeführer die Taten im Verlauf der Befragungen gestand. Sie berücksichtigt auch, dass er nicht versuchte, die Schuld den anderen Beteiligten zuzuschieben. Vielmehr habe er Bedauern gezeigt. Allerdings falle auf, dass er bereits vorgängig in Spanien und Italien delinquiert habe. Ausserdem sei er nach seiner Haftentlassung mit Diebstählen in Österreich fortgefahren und dort zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ernsthafte Wiedergutmachungsversuche sind gemäss Vorinstanz nicht ersichtlich.
1.2.7. Die Vorinstanz hält fest, die Strafuntersuchung sei im Spätsommer 2017 eröffnet worden und umfasse 13 Tathandlungen mit einer Vielzahl von Beschuldigten, die in unterschiedlichem Ausmass Geständnisse abgelegt hätten. Es liege ein interkantonaler und internationaler Bezug vor, was zu Verzögerungen geführt habe. Nach den Einvernahmen der Beschuldigten habe das Verfahren insgesamt zu lange gedauert. Unter Beachtung aller Erhöhungs- und Minderungsgründe erachtet die Vorinstanz eine Herabsetzung der Sanktion um 15 % als angemessen. Entsprechend reduziert sie die Einsatzstrafe von 48 Monaten auf 40 Monate.
1.2.8. Schliesslich wendet sich die Vorinstanz den Sachbeschädigungen und Hausfriedensbrüchen zu. Sie hält fest, die Schadenssumme falle vergleichsweise gering aus. Das Ausmass des angerichteten Schadens habe den Beschwerdeführer nicht interessiert. Ziel sei gewesen, zum Diebesgut zu gelangen. Die Vorinstanz nimmt für die 13 Sachbeschädigungen eine Asperation von 6.5 Monaten vor. Dies entspricht pro Tathandlung einem halben Monat und liegt im untersten Bereich des Strafrahmens. Für die Hausfriedensbrüche von teils mehreren Stunden erhöht die Vorinstanz die Strafe um 3.5 Monate. So gelangt sie zur Gesamtstrafe von 50 Monaten.
1.3. Die Rügen des Beschwerdeführers sind unbegründet.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe seine Beteiligung im Gegensatz zu den Mitbeschuldigten nie kleingeredet. Dank seinen Angaben hätten die Deliktsbeträge und Wiederverkaufswerte eruiert werden können. Er habe "beispiellos klar und offen" dargelegt, wie die gestohlenen Kleider nach Rumänien geschafft worden seien und wie dort damit verfahren worden sei. Damit legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzen sollte. Auch seine Behauptung, die Einsatzstrafe erscheine vor allem im Vergleich zu einem Mitbeschuldigten zu hoch, genügt den allgemeinen Begründungsanforderungen nicht. Auf seine diesbezüglichen Berechnungen ist nicht näher einzugehen. Entgegen dem Beschwerdeführer durfte die Vorinstanz erwähnen, dass er nach seiner Entlassung in Österreich weiter delinquierte. Die Dauer des Verfahrens berücksichtigt die Vorinstanz angemessen. Von einer krassen Verletzung des Beschleunigungsgebots kann keine Rede sein. Auch erscheint die Asperation für die Sachbeschädigungen und die Hausfriedensbrüche entgegen dem Beschwerdeführer nicht als "massiv zu hoch". Der Beschwerdeführer trägt vor, "dieser Fall hätte anders gelöst werden können", indem ein abgekürztes Verfahren stattfindet. Ob der Beschwerdeführer dann "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem besseren Resultat davon gekommen" wäre, ist ohne Belang. Denn der Beschwerdeführer legt nicht im Ansatz dar, inwiefern die Vorinstanz in diesem Zusammenhang Bundesrecht verletzt haben sollte.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Er trägt vor, dass die Untersuchung "desolat" geführt worden sei, dass er ohne Wissen der Verteidigung ausgeliefert worden sei, dass das Verfahren "völlig nicht nachvollziehbar" verschleppt worden sei und dass er der Auslieferung nach Deutschland nur zugestimmt habe, weil ihm mitgeteilt worden sei, er müsse in der Schweiz keine Reststrafe mehr verbüssen, wobei er nicht mehr eruieren könne, ob ihm die "Staatsanwaltschaft oder sonst eine Behörde" dieses Versprechen gegeben habe. Diese Behauptungen stellt der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer ohne jede weitere Begründung in den Raum. Damit verfehlt er die Begründungsanforderungen deutlich.
1.4. Nach dem Gesagten ist die Freiheitsstrafe von 50 Monaten nicht zu beanstanden.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist durch reduzierte Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2, Art. 66 Abs. 1 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. August 2023
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Der Gerichtsschreiber: Brugger