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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_620/2024  
 
 
Urteil vom 7. November 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ SA  
(anciennement B.________ Ltd.), 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Bonnant, 
 
gegen  
 
Bundesanwaltschaft, 
Guisanplatz 1, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Niederlande - Herausgabe von Beweismitteln, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 15. Oktober 2024 (RR.2024.92). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Bundesanwaltschaft führt eine Untersuchung wegen Bestechung fremder Amtsträger gemäss Art. 322septies StGB gegen eine unbekannte Täterschaft im Umfeld von C.________ und/oder noch nicht abschliessend ermittelten Verantwortlichen bei der D.________ AG. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Rotterdam führt eine Untersuchung gegen die B.________ Ltd. und die D.________ AG wegen Bestechung von Beamten sowie Beteiligung an einer kriminellen Organisation. Zwecks Koordination der in den beiden Ländern geführten Strafuntersuchungen wurde eine gemeinsame Ermittlungsgruppe gebildet. 
 
B.  
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Rotterdam ersuchte die Schweiz am 3. November 2023 unter anderem um Übermittlung von Unterlagen zu zwei auf die B.________ Ltd. lautenden Konten bei der E.________ SA betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2021. Das Bundesamt für Justiz übergab dieses Rechtshilfeersuchen der Bundesanwaltschaft zum Vollzug. Diese trat auf das Ersuchen mit Verfügung vom 15. Januar 2024 ein und zog gleichentags Bankunterlagen von der auf die B.________ Ltd. lautenden Kundenbeziehung bei der E.________ SA aus dem von ihr geführten Strafverfahren bei. Die nunmehr unter A.________ SA firmierte B.________ Ltd. verweigerte die Zustimmung zur vereinfachten Ausführung im Sinne von Art. 80c des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1). Die Bundesanwaltschaft ordnete daraufhin mit Schlussverfügung vom 8. Juli 2024 die rechtshilfeweise Herausgabe der Bankunterlagen an die niederländischen Behörden an. 
 
C.  
Die dagegen erhobene Beschwerde der A.________ SA wies die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Entscheid vom 15. Oktober 2024 ab. 
 
D.  
Gegen diesen Entscheid gelangt die A.________ SA mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. Oktober 2024 an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Entscheids des Bundesstrafgerichts sowie der Schlussverfügung der Bundesanwaltschaft. Eventualiter sei die Sache an die Bundesanwaltschaft zurückzuweisen zur Einholung einer offiziellen Bestätigung hinsichtlich der die A.________ SA betreffenden Entscheidung der Regierung der Demokratischen Republik Kongo vom 24. Februar 2022. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerde in französischer Sprache verfasst, was zulässig ist (Art. 42 Abs. 1 BGG). Das bundesgerichtliche Verfahren wird gemäss Art. 54 Abs. 1 BGG indes in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids geführt, das heisst im vorliegenden Fall auf Deutsch. Davon abzuweichen besteht kein Anlass, da die Beschwerdeführerin nicht behauptet, die deutsche Sprache nicht zu beherrschen. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht nur zulässig, wenn er namentlich eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).  
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (zum Ganzen: BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 BGG vorliegt, ist auch auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen). 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
2.2. Im vorliegenden Fall geht es um die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist.  
 
2.3. Jedoch handelt es sich um keinen besonders bedeutenden Fall.  
 
2.3.1. Die Beschwerdeführerin bringt in diesem Zusammenhang einerseits vor, entgegen den Ausführungen im Rechtshilfeersuchen habe sich ihr Sitz nie in Amsterdam befunden, womit die Niederlande für die Strafverfolgung nicht zuständig seien. Das Verfahren im ersuchenden Staat weise damit einen schweren Mangel im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG auf.  
Nach der Rechtsprechung ist die Auslegung des Rechts des ersuchenden Staates in erster Linie Sache seiner Behörden. Die Rechtshilfe darf nur verweigert werden, wenn der ersuchende Staat offensichtlich unzuständig ist, d.h. dessen Justizbehörden ihre Zuständigkeit in willkürlicher Weise bejaht haben (BGE 142 IV 250 E. 6.2 mit Hinweisen; 126 II 212 E. 6c/bb; 116 Ib 89 E. 2c/aa; 113 Ib 157 E. 4; Urteil 1C_108/2022 vom 3. März 2022 E. 2.2; 1C_486/2018 vom 28. September 2018 E. 2.2). 
Selbst wenn die Beschwerdeführerin ihren Sitz zu keinem Zeitpunkt im ersuchenden Staat gehabt hätte, führte dies allein noch nicht zu dessen Unzuständigkeit. Wie die Beschwerdeführerin unter Verweisung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung selber festhält, gibt es mehrere Anknüpfungspunkte, die international üblich und völkerrechtlich in der Regel unbedenklich sind (so unter anderem das Territorialitätsprinzip, Flaggenprinzip, aktive und passive Persönlichkeitsprinzip, Domizilprinzip, Schutzprinzip, Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege, Weltrechtsprinzip; vgl. dazu BGE 126 II 212 E. 6b mit Hinweisen; Urteil 1C_205/2007 vom 18. Dezember 2007 E. 5.2, nicht publ. in: BGE 134 IV 156). Gemäss angefochtenem Entscheid geht die ersuchende Behörde im Weiteren davon aus, dass die Bestechungshandlungen in der Demokratischen Republik Kongo, in der Schweiz, im Vereinigten Königreich, in den Vereinigten Staaten und/oder in den Niederlanden, mithin an mehreren Tatorten stattgefunden hätten. Somit bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Justizbehörden des ersuchenden Staates ihre Zuständigkeit in willkürlicher Weise bejaht haben. Abgesehen davon erwog die Vorinstanz zu Recht, dass ein Staat einen anderen gerade deswegen um Mithilfe ersucht, damit er die bisher im Dunkeln gebliebenen Punkte klären kann. 
 
2.3.2. Andererseits macht die Beschwerdeführerin geltend, das vorliegende Verfahren sei in politischer Hinsicht sehr sensibel. Die Demokratische Republik Kongo habe am 24. Februar 2022 in Ausübung ihrer Souveränität entschieden, ihr gegenüber gegen die Rückgabe sämtlicher Rechte und Lizenzen im Wert von zwei Milliarden Dollar auf jegliche Rechtsverfolgung zu verzichten. Der Grundsatz "ne bis in idem" stehe der Rechtshilfe entgegen.  
Für die Rechtshilfe zwischen der Schweiz und den Niederlanden kommt das Europäische Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1) zur Anwendung. Dieses sieht keine Verweigerung der Rechtshilfe wegen des Grundsatzes "ne bis in idem" vor. Die Schweiz hat jedoch zu Art. 2 EUeR einen Vorbehalt erklärt. Danach behält sie sich das Recht vor, die Rechtshilfe auch dann abzulehnen, wenn wegen der dem Ersuchen zu Grunde liegenden Handlung gegen dieselbe beschuldigte Person in der Schweiz ebenfalls ein Strafverfahren durchgeführt wird oder eine strafrechtliche Entscheidung ergangen ist, mit der diese Tat und ihre Schuld materiell beurteilt worden sind (lit. a). Dass der Vorbehalt zu Art. 2 EUeR der Rechtshilfe entgegenstehe, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend und ist nicht ersichtlich. Da es sich bei diesem Vorbehalt um eine "Kann-Bestimmung" handelt, wäre nach der Rechtsprechung die Leistung von Rechtshilfe im Übrigen selbst dann möglich, wenn die darin umschriebenen Voraussetzungen erfüllt wären (zum Ganzen: Urteil 1C_605/2015 vom 24. November 2015 E. 1.2 mit Hinweisen). 
Im Übrigen beruft sich die Beschwerdeführerin auch im vorliegenden Verfahren auf eine zwischen C.________ und der kongolesischen Regierung getroffene Vereinbarung und diesbezügliche Presseartikel, ohne einen formellen Entscheid ins Recht zu legen. Aus ihren Vorbringen wird zudem nicht klar, wen und was diese Vereinbarung betraf bzw. beinhaltete. Vor diesem Hintergrund ist die Anwendung des Grundsatzes "ne bis in idem" dem ersuchenden Staat zu überlassen (vgl. Urteil 1C_347/2020 vom 24. Juni 2020 E. 1.2) und auf die beantragte Rückweisung der Sache zur Einholung einer Bestätigung zu verzichten. 
 
2.4. Die in der Beschwerde angeführten Gründe für das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falls überzeugen demnach nicht. Für das Bundesgericht besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen.  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Bundesanwaltschaft, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. November 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck