Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess {T 7} 
C 199/06 
 
Urteil vom 7. Dezember 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiberin Heine 
 
Parteien 
A.________, 1968, Beschwerdeführerin, vertreten durch das rüT Rechtsberatung- und Übersetzungsbüro Tekol Fatma, Rossmarktplatz 1, 4500 Solothurn 
 
gegen 
 
Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn, Untere Sternengasse 2, 4500 Solothurn, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn 
 
(Entscheid vom 21. Juli 2006) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 18. November 2005 und Einspracheentscheid vom 13. Januar 2006 verneinte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn einen Anspruch der 1968 geborenen A.________ auf Arbeitslosenentschädigung ab 11. August 2005, weil die Gesuchstellerin in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden habe. 
B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 21. Juli 2006 ab. 
C. 
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es seien ihr ab 11. August 2005 Taggelder der Arbeitslosenversicherung zuzusprechen. 
Die Arbeitslosenkasse und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid dargelegt, dass sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der vom 11. August 2003 bis 10. August 2005 dauernden Rahmenfrist für die Beitragszeit nicht über eine beitragspflichtige Beschäftigung von mindestens zwölf Monaten (Art. 13 Abs. 1 AVIG) für die gewünschte Ausdehnung der Beschäftigung (100%) ausweisen kann (SVR 1994 ALV Nr. 11 S. 28 Erw. 3, BGE 112 V 240 Erw. 2c). Des Weiteren hat das kantonale Gericht erwogen, die Scheidung (16. Januar 2001) und der Wegfall der IV-Zusatzrente (21. April 2004) lägen über ein Jahr zurück und die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe seien nicht belegt, weshalb auch ein Befreiungsgrund ausser Betracht falle (BGE 130 V 231 f. Erw. 1.2.2 und 1.2.3, 126 V 386 Erw. 2b, 121 V 342 Erw. 5b mit verschiedenen Hinweisen). 
2. 
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird demgegenüber geltend gemacht, die Versicherte habe bis 21. April 2004 eine Zusatzrente und Ergänzungsleistungen bezogen. Erst mit Entscheid vom 17. Januar 2005 sei der Wegfall der Invalidenzusatzrente bestätigt worden, weshalb das betreffende Ereignis nicht mehr als ein Jahr zurück liege und somit ein Befreiungsgrund nach Art. 14 Abs. 2 AVIG gegeben sei. 
3. 
3.1 Von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind gemäss Art. 14 Abs. 2 AVIG Personen, die wegen Trennung oder Scheidung ihrer Ehe, wegen Invalidität oder Todes des Ehegatten oder aus ähnlichen Gründen oder wegen Wegfalls einer Invalidenrente gezwungen sind, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu erweitern. Diese Regel gilt nicht, wenn das betreffende Ereignis mehr als ein Jahr zurück liegt. 
Die Anwendung dieser Norm setzt voraus, dass der unmittelbar Betroffene oder dessen Ehepartner durch ein bestimmtes Ereignis in eine wirtschaftliche Zwangslage gerät und zwischen dem geltend gemachten Befreiungsgrund und der Notwendigkeit einer Aufnahme oder Erweiterung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ein Kausalzusammenhang gegeben ist (BGE 119 V 54 f. Erw. 3a, b). 
3.2 Laut dem Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 17. Januar 2005 erfüllte die Beschwerdeführerin nach ihrer Scheidung (16. Januar 2001) nicht mehr die Voraussetzungen für eine IV-Zusatzrente (monatlich Fr. 633.-), weshalb ihr diese rückwirkend bis Mai 2003 (Verjährung) abgesprochen wurde. 
3.2.1 Auf den Befreiungsgrund des Wegfalls einer Invalidenrente können sich jene Personen berufen, "die bisher als Invalide nicht arbeitsfähig waren, deren Zustand sich aber derart gebessert hat, dass ihre Rente gestrichen oder wesentlich reduziert werden muss (...), wodurch der Betroffene zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gezwungen ist" (Botschaft des Bundesrates zum AVIG vom 2. Juli 1980, BBl 1920 III S. 565, Art. 13 Gesetzesentwurf). Auch wenn der Anwendungsbereich auf Invalidenrenten der Invaliden-, Unfall- oder Militärversicherung ausgedehnt wird, setzt das Kausalitätserfordernis voraus, dass eine Arbeitsunfähigkeit besteht und deshalb die nötige Beitragszeit nach Art. 13 AVIG nicht erworben werden kann (ARV 1995 Nr. 29 S. 170 Erw. 4c; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Stand Frühjahr 1998, S. 79 Rz. 199 zu Art. 14). Im vorliegenden Fall war die Beschwerdeführerin lediglich durch ihren Ehepartner Begünstigte der Zusatzrente, weshalb sie zu keinem Zeitpunkt an der Ausübung einer beitragspflichtigen Erwerbstätigkeit verhindert gewesen ist und die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 13 AVIG hätte erfüllen können. Der Befreiungsgrund wegen Wegfalls einer Invalidenrente gemäss Art. 14 Abs. 2 AVIG ist nicht erfüllt. 
3.2.2 Entscheidend dafür, dass die Scheidung oder der Wegfall einer IV-Zusatzrente (ähnliche Gründe) einen Befreiungstatbestand darstellt, ist die dadurch entstandene wirtschaftliche Zwangslage, welche die Notwendigkeit der Aufnahme oder Erweiterung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit innert einem Jahr nach dem Ereignis begründet (Thomas Nussbaumer, a.a.O., S. 80 Rz. 201 zu Art. 14). Weder die Scheidung (2001) noch der Verlust der Zusatzrente (2004) veranlassten die Versicherte zum jeweiligen Zeitpunkt eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder sich zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung anzumelden. Dennoch kann offen gelassen werden, ob die Scheidung oder der nachträgliche Verlust der Zusatzleistungen, die Versicherte in eine wirtschaftliche Zwangslage brachten. Denn Art. 14 Abs. 2 Satz 2 AVIG lässt einen Befreiungsgrund nur zu, wenn das betreffende Ereignis nicht mehr als ein Jahr zurückliegt. Die Scheidung erfolgte am 16. Januar 2001 und selbst wenn erst mit gerichtlichem Entscheid vom 17. Januar 2005 der Leistungsanspruch auf die Zusatzrente definitiv verneint wurde, fand das Ereignis - Wegfall der Leistungen - bereits zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses (21. April 2004) statt. Weder die Scheidung noch der Verlust der Zusatzrente sind somit kausal für die über ein Jahr später versuchte Arbeitsaufnahme (BGE 121 V 344 Erw. 5c/bb). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 7. Dezember 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
i.V.