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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_800/2022  
 
 
Urteil vom 7. Dezember 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Selig, 
 
gegen  
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, 
Migrationsamt, 
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn, 
vertreten durch das Migrationsamt des Kantons Solothurn, 
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Familiennachzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Solothurn vom 4. Oktober 2022 (VWBES.2022.30). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1985), afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 12. Oktober 2015 in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Mit Entscheid vom 12. Juli 2018 wurde sein Asylgesuch abgelehnt, da er die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllte. Weil der Vollzug der Wegweisung nicht zumutbar war, wurde er ab Datum des Entscheids vorläufig aufgenommen. Seit dem 28. Januar 2021 ist er im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung (Härtefall). A.________ ist mit B.________ verheiratet und hat mit ihr sieben Kinder (geb. 2004, 2004, 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015).  
Am 11. Mai 2021 stellte A.________ beim Migrationsamt des Kantons Solothurn ein Familiennachzugsgesuch zugunsten seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder. Das Gesuch wurde mit Verfügung vom 17. Dezember 2021 abgewiesen, mit der Begründung, es bestehe die Gefahr, dass die Familie bei Gutheissung sozialhilferechtlich unterstützt werden müsste. 
 
1.2. Mit Urteil vom 4. Oktober 2022 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ ab.  
 
1.3. A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. November 2022 an das Bundesgericht und beantragt, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und der Familiennachzug zugunsten seiner Ehefrau und Kinder zu bewilligen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
2.  
 
2.1. Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob der vorläufig aufgenommene Beschwerdeführer, der im Besitz einer Härtefallbewilligung nach Art. 84 Abs. 5 AIG ist, Anspruch auf Nachzug seiner Ehefrau und Kinder hat.  
 
2.2. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Folglich ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen wegen eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalls unzulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 5 AIG; vgl. Urteile 2D_32/2022 vom 25. November 2022 E. 2.1 mit Hinweisen; 2C_580/2021 vom 4. Oktober 2021 E. 1.1). Ausgenommen sind Fälle, in welchen die beschwerdeführende Partei sich auf eine Rechtsnorm berufen kann, die ihr einen Anspruch auf Familiennachzug einräumt (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG).  
Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartun kann, dass ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1). 
 
2.3. Der Familiennachzug zum Beschwerdeführer, welcher lediglich über eine Härtefallbewilligung verfügt, beruht auf Art. 44 AIG (SR 412.20), der im Unterschied zu den Nachzugstatbeständen von Art. 42 und 43 AuG keinen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung verschafft (vgl. BGE 137 I 284 E. 1.2; Urteil 2C_624/2020 vom 1. Februar 2021 E. 1.2).  
Er beruft sich indessen auf Art. 8 EMRK. Dies setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass der sich hier aufhaltende Familienangehörige über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügt, was praxisgemäss der Fall ist, wenn er das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung besitzt oder über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem Rechtsanspruch beruht (BGE 144 I 266 E. 3.3; 139 I 330 E. 4.2; 135 I 143 E. 1.3.1; 130 II 281 E. 3.1). 
Eine rechtmässige Anwesenheit infolge einer vorläufigen Aufnahme oder aufgrund eines persönlichen Härtefalls kann unter bestimmten Umständen ein gefestigtes Anwesenheitsrecht auf der Grundlage von Art. 8 EMRK begründen (vgl. BGE 146 I 185 E. 5.2 mit Hinweis). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn von vornherein feststeht, dass die Härtefallbewilligung für einen längeren Zeitraum verlängert wird, oder wenn die Situation des vorläufig aufgenommenen Ausländers angesichts der Anzahl der in der Schweiz verbrachten Jahre als hinreichend stabil bzw. gefestigt erscheint (vgl. Urteil 2D_19/2022 vom 16. November 2022 E. 1.2.2 mit Hinweisen). 
 
2.4. Vorliegend hält sich der Beschwerdeführer seit sieben Jahren in der Schweiz auf, wovon drei auf Asylverfahren, welches zur Abweisung seines Asylgesuchs führte, und vier auf eine vorläufige Aufnahme entfallen. Erst seit dem 28. Januar 2021 ist er im Besitz einer Härtefallbewilligung, die ihm gestützt auf Art. 84 Abs. 5 AIG erteilt wurde. Angesichts der konkreten Verhältnisse, namentlich des Umstandes, dass er seit weniger als zwei Jahren über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, erscheint seine Situation im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als genügend stabil, um von einem gefestigten Anwesenheitsrecht in der Schweiz ausgehen zu können.  
Besondere Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, legt der Beschwerdeführer nicht substanziiert dar (vgl. E. 2.2 hiervor). Nichts zu seinen Gunsten kann er insbesondere aus der von ihm zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ableiten, da die genannten Entscheide nicht mit seiner Situation vergleichbar sind: So ging es in den Urteilen Mengesha Kimfe gegen die Schweiz und Agraw gegen die Schweiz vom 29. Juli 2010 [Nr. 24404/05] bzw. [Nr. 3295/06] um die Verweigerung der Zusammenführung von Ehepaaren, die unterschiedlichen Kantonen zugeteilt worden waren. Das Urteil M.P.E.V. gegen die Schweiz vom 8. Juli 2014 [Nr. 3910/13] handelte seinerseits von der Wegweisung eines an einer psychischen Krankheit leidenden Ausländers, dessen Ehefrau und gemeinsame Tochter in der Schweiz aufenthaltsberechtigt waren.  
 
2.5. Mangels gefestigten Anwesenheitsrechts kann sich der Beschwerdeführer derzeit nicht auf Art. 8 EMRK berufen, um seine Ehefrau und Kinder nachziehen zu können. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig.  
 
2.6. Auf die Eingabe kann auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) eingetreten werden, da der Beschwerdeführer keine Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte erhebt, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2).  
 
2.7. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unzulässig. Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a nicht einzutreten.  
 
3.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Dezember 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov