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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_720/2023  
 
 
Urteil vom 8. Januar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jörg Roth, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Solothurn, 
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 9. Oktober 2023 (VSBES.2022.182). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1975, als Raumpflegerin beschäftigt, meldete sich im Januar 2019 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an unter Hinweis auf eine vollständige Arbeitsunfähigkeit seit einem Sturz in der Badewanne am 19. Mai 2018. Sie wurde nach diesem Ereignis bis zum 24. Mai sowie erneut vom 6. bis 31. August 2018 im Spital B.________ wegen Rücken- und psychischen Beschwerden betreut, wegen der letzteren hielt sie sich zudem vom 11. September bis 11. Oktober 2018 und vom 6. Januar bis 11. Februar 2020 in der Klinik C.________ auf. Am 29. Juli 2020 wurde zudem in der Klinik D.________ eine Hüfttotalprothese rechts eingesetzt. Die IV-Stelle Solothurn liess A.________ im Ärztlichen Begutachtungsinstitut ABI, Basel, polydisziplinär abklären (Gutachten vom 30. Juni 2021). Mit Verfügung vom 4. August 2022 lehnte sie einen Anspruch auf berufliche Massnahmen sowie auf eine Invalidenrente ab (Invaliditätsgrad: 25 %).  
 
B.  
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 9. Oktober 2023 ab.  
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei die Sache zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventualiter seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen.  
Nach Einholung der vorinstanzlichen Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die Verneinung eines Rentenanspruchs durch die Beschwerdegegnerin mit Verfügung vom 4. August 2022 bestätigte. Zur Frage steht die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht gestützt auf das ABI-Gutachten vom 30. Juni 2021. 
 
3.  
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) sowie die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt, wobei es für die Entstehung des Rentenanspruchs bis Ende 2021 zu Recht von den bis damals gültig gewesenen Bestimmungen ausging (Urteile 8C_385/2023 vom 30. November 2023 E. 2; 8C_592/2022 vom 11. April 2023 E. 2 mit Hinweis auf das Kreisschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] zu den Übergangsbestimmungen zur Einführung des linearen Rentensystems [KS ÜB WE IV] in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung Rz. 1007 f.; vgl. ferner KASPAR GERBER, in Thomas Gächter [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, IVG, Bern 2022, N. 102 zu Art. 28b IVG; Urteil 8C_290/2023 vom 6. Oktober 2023 E. 2.2 mit Hinweisen). Gleiches gilt hinsichtlich der zu beachtenden Regeln zum Beweiswert von ärztlichen Berichten und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a mit Hinweis), insbesondere von versicherungsexternen Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/bb) beziehungsweise der davon abweichenden Einschätzungen der behandelnden Arztpersonen oder Therapiekräfte (BGE 135 V 465 E. 4.5; 125 V 351 E. 3b/cc; SVR 2017 IV Nr. 7 S. 19, 9C_793/2015 E. 4.1; Urteile 8C_630/2020 vom 28. Januar 2021 E. 4.2.1; 8C_370/2020 vom 15. Oktober 2020 E. 7.2). Es wird darauf verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Gemäss Vorinstanz ist gestützt auf das voll beweiskräftige ABI-Gutachten von einer 90%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten (körperlich leichten wechselbelastenden) Verweistätigkeit auszugehen. Daran könnten die abweichenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte und insbesondere auch die Kritik des vormals behandelnden Psychiaters Dr. med. E.________ nichts ändern.  
Was die erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung betrifft, setzte das kantonale Gericht das zuvor erzielte (Validen-) Einkommen mit der Beschwerdegegnerin auf Fr. 66'270.- fest. Das nach Eintritt der Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch erzielbare (Invaliden-) Einkommen ermittelte die Vorinstanz auf statistischer Basis. Für das von den Gutachtern bescheinigte 90%-Pensum ergab sich ein Betrag von Fr. 49'274.-. Aus dem Einkommensvergleich resultierte ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 25 %. 
 
4.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz sei ihrer Abklärungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Das psychiatrische Teilgutachten stehe in diametralem Widerspruch zu den anderorts, durch Dr. med. F.________ und im Zentrum für Verhaltensneurologie/Neuropsychologie erfolgten Untersuchungen sowie zur Einschätzung des behandelnden Psychiaters Dr. med. E.________, wonach sie, die Beschwerdeführerin, zu 100 % arbeitsunfähig sei. Die detaillierte Kritik des Dr. med. E.________ am psychiatrischen Teilgutachten in dessen Bericht vom 8. September 2022 habe das kantonale Gericht nicht angemessen berücksichtigt. Eine zuverlässige Beurteilung sei damit nicht möglich gewesen und es hätte deshalb weitergehender Abklärungen bedurft.  
 
5.  
Das kantonale Gericht begründete einlässlich, dass sich aus der Stellungnahme des vormals behandelnden Psychiaters Dr. med. E.________ vom 8. September 2022 keine objektiven Aspekte ergäben, die von der psychiatrischen Gutachterin unberücksichtigt geblieben wären. Dies betrifft insbesondere die sexuelle Traumatisierung der Beschwerdeführerin in der Kindheit und Jugendzeit. Die psychiatrische Gutachterin habe, so die Vorinstanz, eine dadurch bedingte anhaltende Beeinträchtigung unter Prüfung der Schwere des psychischen Leidens nach den praxisgemäss massgeblichen Standardindikatoren (BGE 141 V 281) verworfen. Gemäss der Gutachterin sei im Verlauf der psychologisch-psychiatrischen Behandlung eine Stabilisierung bis hin zur Teilremission eingetreten. Es ist nicht erkennbar, inwiefern das kantonale Gericht offensichtlich unrichtige Feststellungen zum Sachverhalt getroffen oder die massgeblichen Beweiswürdigungsregeln verletzt haben sollte, indem es auf das psychiatrische Teilgutachten des ABI abstellte. 
Aus dem Schreiben des Dr. med. F.________, Facharzt FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 30. Mai 2019 lässt sich nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableiten. Er war damals mit einer Untersuchung zuhanden des Krankentaggeldversicherers betraut, die indessen wegen ausgeprägter Agitation und psychomotorischer Unruhe abgebrochen werden musste. Es liegen somit keine Abklärungsergebnisse vor, die konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit des psychiatrischen Teilgutachtens zu begründen vermöchten. Dass Dr. med. F.________ damals eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bescheinigte, kann daran nichts ändern, zumal die Gutachterin wie bereits erwähnt von einer deutlichen Verbesserung im Behandlungsverlauf ausging. Gleiches gilt für die verhaltensneurologisch-neuropsychologische Abklärung durch Dr. med. G.________, FMH Neurologie, Zentrum für Verhaltensneurologie/Neuropsychologie, zuhanden des Krankentaggeldversicherers im Oktober 2019 (Bericht vom 8. November 2019). Dass die Beschwerdeführerin damals in den Testungen Kognitionsdefizite zeigte, kann an der Beurteilung des psychischen Gesundheitszustandes durch die ABI-Gutachterin, die gemäss Vorinstanz unter Einhaltung der diesbezüglichen Vorgaben nach BGE 141 V 281 erfolgte, nichts ändern. Dies muss umso mehr gelten, als Dr. med. G.________ selber von einer Verbesserung im Rahmen der weiteren psychiatrischen Behandlung ausging.  
 
6.  
Zusammengefasst liegt keine Verletzung der zu beachtenden Beweiswürdigungsregeln vor und ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht auf beweismässige Weiterungen verzichtet hat. Die vorinstanzlichen Feststellungen zu den erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung werden nicht gerügt und geben keinen Anlass zu Weiterungen. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erledigt.  
 
7.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 8. Januar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo