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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_769/2020  
 
 
Urteil vom 8. Februar 2021  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Ueli Kieser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Valideneinkommen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Oktober 2020 (IV.2019.00811). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1985 geborene A.________ meldete sich im August 2018 unter Hinweis auf eine Schizophrenie bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich nahm in der Folge Abklärungen medizinischer und beruflich-erwerblicher Art vor; sie holte u.a. einen Bericht des behandelnden Arztes Dr. med. B.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18. September 2018 ein, veranlasste ein Gutachten durch Prof. Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, sowie Dr. phil. D.________, Neuropsychologin, welches am 25. Januar 2019 verfasst wurde, ersuchte ihren Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) um Stellungnahmen (vom 5. Oktober 2018 und 6. Februar 2019) und zog einen Auszug aus dem Individuellen Konto (IK) vom 3. September 2018 bei. Gestützt darauf stellte sie im Rahmen des Vorbescheidverfahrens die Ablehnung des Rentenbegehrens mangels anspruchsbegründender Invalidität in Aussicht. Am 29. Oktober 2019 verfügte sie, nachdem A.________ sich unter Auflegung eines weiteren Berichts des Dr. med. B.________ vom 11. Juni 2019 zur Sache geäussert hatte, in angekündigtem Sinne. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. Oktober 2020 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihm ab 1. Februar 2019 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz respektive die IV-Stelle zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236).  
 
2.   
 
2.1. Streitgegenstand bildet die Frage, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie dem Beschwerdeführer eine rentenbegründende Invalidität abgesprochen und damit die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 29. Oktober 2019 bestätigt hat.  
Einigkeit besteht unter den Verfahrensbeteiligten dahingehend, dass der Versicherte auch in einer leidensadaptierten Tätigkeit nurmehr im Umfang von 30 % arbeitsfähig ist. Ebenfalls zu keinen Beanstandungen Anlass gibt ferner die Feststellung im angefochtenen Entscheid, wonach das dem Einkommensvergleich zugrunde zu legende Einkommen, das der Beschwerdeführer trotz gesundheitlicher Einschränkungen zumutbarerweise noch erzielen könnte (Invalideneinkommen), auf Fr. 16'888.80 festzusetzen sei. Da keine Hinweise für eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit ersichtlich sind, kann darauf abgestellt werden. 
 
2.2. Im Folgenden zu prüfen ist die Rechtmässigkeit des vorinstanzlich ermittelten Einkommens, das der Versicherte im Gesundheitsfall zu erwirtschaften in der Lage gewesen wäre (Valideneinkommen). Die diesbezüglich massgeblichen Rechtsgrundlagen (insbesondere zur Invaliditätsbemessung nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs, namentlich bei Selbstständigerwerbenden [Art. 16 ATSG; BGE 135 V 58 E. 3.4.6 f. S. 64 f.; 130 V 343 E. 3.4.2 S. 349; 128 V 29 E. 1 S. 30 f.; Urteil 8C_626/2011 vom 29. März 2012 E. 4 mit Hinweisen]), wurden vom kantonalen Gericht zutreffend dargelegt. Auf die betreffenden Ausführungen wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdeführer sei ab 2010 als Selbstständigerwerbender erfasst gewesen, habe daneben aber jeweils noch ein niedriges Pensum bei wechselnden Arbeitgebern verrichtet. In den Jahren 2010 bis 2017 habe er so gemäss IK-Auszug vom 3. September 2018 Einkommen zwischen Fr. 16'095.- (2011) und Fr. 4469.- (2017) generiert. Trotz dieses konstant tiefen Verdienstes sei nicht ersichtlich, dass der Versicherte, nachdem er vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2009 erfolgreich ein Musikstudium absolviert und abgeschlossen habe, seine selbstständige Tätigkeit als Posaunist/Musiker ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zugunsten einer besser entlöhnten Tätigkeit aufgegeben oder zusätzlich in höherem Umfang eine Nebenbeschäftigung aufgenommen hätte. Zwar habe er anlässlich der Abklärung für Selbstständigerwerbende angegeben, er hätte bei guter Gesundheit eventuell vermehrt unterrichtet. Bemühungen, sein Pensum als Musiklehrer auszudehnen, seien jedoch während der jahrelangen Selbstständigkeitsphase nicht erkennbar; es erscheine daher nicht nahe liegend, dass er im Gesundheitsfall einen deutlich höheren Verdienst erzielt hätte. Ebenso wenig ergäben sich auf Grund der Einkommensentwicklung während der Jahre der Selbstständigkeit Hinweise darauf, dass er sein Einkommen aus der Tätigkeit als Musiker bei intakten gesundheitlichen Verhältnissen erheblich gesteigert hätte. Da der Versicherte sich erstmals im November 2014 in psychiatrische Behandlung begeben habe, existierten keine echtzeitlichen Atteste hinsichtlich früherer Arbeitsunfähigkeiten. Soweit der behandelnde Psychiater in seinem Bericht vom 18. September 2018 eine durchgehende 70 %ige Arbeitsunfähigkeit seit 2010 bescheinige, basiere diese Einschätzung nicht auf damaligen Beobachtungen, sondern lediglich auf Schilderungen des Patienten selber. Dies genüge nicht, um bereits von einer ab 2010 bestehenden gesundheitlich bedingten relevanten Einschränkung des Leistungsvermögens auszugehen, zumal es dem Beschwerdeführer möglich gewesen sei, 2009 sein Musikstudium mit Erfolg abzuschliessen, sich hernach als frei schaffender Posaunist zu betätigen und in mehreren eigenen sowie anderen Grossbands zu spielen. Es sei somit - jedenfalls für die Jahre 2010 bis 2014 - nicht rechtsgenüglich ausgewiesen, dass der Versicherte nur aus gesundheitlichen Gründen ein unterdurchschnittliches Einkommen habe erzielen können. Es spreche demnach - so das kantonale Gericht abschliessend - nichts dagegen, für die Bestimmung des Valideneinkommens auf den durch den Beschwerdeführer in den betreffenden Jahren durchschnittlich erwirtschafteten Verdienst abzustellen. Namentlich bestehe kein Anlass, das Valideneinkommen auf der Basis von Tabellenlöhnen zu ermitteln. Im Vergleich zum Invalideneinkommen im Betrag von Fr. 16'888.80 ergebe sich mithin keine rentenbegründende Invalidität.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, es sei ihm auf Grund seiner psychischen Verfassung zu keiner Zeit möglich gewesen, seine Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt besser einzusetzen, als er dies in der Vergangenheit getan habe. Insbesondere habe er sich, wie von Dr. med. B.________ ausdrücklich bescheinigt, wegen seiner Gesundheitsprobleme schon vor 2014 trotz vielfältiger Bemühungen seinerseits und seiner Eltern ausserstande gesehen, sich in einem strukturierten Betrieb zu integrieren. Die Annahme der Vorinstanz, er habe sich aus freien Stücken mit einem sehr tiefen Einkommen begnügt, verletze daher Bundesrecht. Vielmehr sei auf lohnstatistische Erhebungen im Rahmen des Mittelwerts einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit oder aber auf Erfahrungswerte bezüglich eines Verdienstes abzustellen, welchen ausgebildete Berufsmusiker in den ersten Jahren nach ihrem Studium üblicherweise erzielten.  
 
3.3. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zur mutmasslichen Berufskarriere handelt es sich um eine Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe. Dabei geht es um eine für das Bundesgericht grundsätzlich verbindliche Tatfrage (E. 1 hiervor), soweit sie - wie hier - auf Beweiswürdigung beruht, selbst wenn darin auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt werden (BGE 115 II 440 E. 5b S. 448 f.; Urteil 8C_838/2017 vom 18. Mai 2018 E. 3). Zu beachten ist, dass bei der Bestimmung des Valideneinkommens grundsätzlich darauf abzustellen ist, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt als Gesunde tatsächlich verdienen würde und nicht, was sie als voll Erwerbstätige bestenfalls verdienen könnte (BGE 135 V 58 E. 3.1 S. 59; Urteil 8C_139/2020 vom 30. Juli 2020 E. 5.3.2 mit Hinweisen).  
 
3.3.1. Es ist nicht ersichtlich, dass die kantonalgerichtliche Festlegung des Valideneinkommens auf einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung oder willkürlichen Beweiswürdigung beruht. So gab der Beschwerdeführer gemäss IV-Abklärungsbericht vom 20. März 2019 an, dass er auch im Gesundheitsfall weitergemacht hätte wie bisher. Er hätte seine musikalische Tätigkeit fortgeführt und eventuell zusätzlich unterrichtet. Es kann daher mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich der Versicherte ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ebenfalls auf die Musik konzentriert und sich sein Einkommen aus einer Kombination von Auftritten und Unterricht an einer Musikschule zusammengesetzt hätte. Da das Einkommen in der Musikbranche weitverbreitet und im Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers im Speziellen (Jazz-Posaunist) vergleichsweise niedrig ist, kann zudem davon ausgegangen werden, dass er sich - wie 2018/19 in einer Imbissbude - einen Nebenjob gesucht hätte, um seinen Verdienst aufzubessern.  
Ferner ergeben sich auf Grund der vorhandenen medizinischen Akten, wie im angefochtenen Entscheid einlässlich aufgezeigt, keine Anhaltspunkte, dass der Versicherte bereits unmittelbar nach Abschluss seines, soweit erkennbar ohne grössere Probleme gemeisterten Musikstudiums ab 2010 in einem Mass gesundheitlich beeinträchtigt gewesen wäre, das es ihm nicht erlaubt hätte, dem beschriebenen beruflichen Profil zumindest bis 2014 (Beginn der Therapie bei Dr. med. B.________) nachzuleben. Allein die - retrospektiv und einzig basierend auf der Darstellung des Patienten erfolgte - Einschätzung des behandelnden Psychiaters, wonach bereits seit 2010 eine Verminderung der Leistungsfähigkeit von 70 % bestanden (Bericht vom 18. September 2018) respektive der Versicherte infolge seiner Erkrankung nie eine höhere Arbeitsleistung habe erbringen können (Bericht vom 11. Juni 2019), lässt jedenfalls keine anderweitige Schlussfolgerung zu. Vielmehr vermerkten Prof. Dr. med. C.________ und Dr. phil. D.________ in ihrem - vom RAD bestätigten und vorinstanzlich zu Recht als beweiskräftig eingestuften - Gutachten vom 25. Januar 2019, dass die Ersterkrankung in Form eines schizophrenen Residuums 2017 begonnen habe mit entsprechenden Vorläufern seit etwa 2014. An diesem Ergebnis vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers zum mehrjährigen Frühverlauf der Schizophrenie zwischen erstmaligen Positivsymptomen und akuter psychotischer Episode infolge ihres allgemeinen Charakters nichts zu ändern, zumal diese Aspekte, wie in der Beschwerde selber eingeräumt wird, nicht auf sämtliche Fälle zutreffen. Ebenso wenig sind gesicherte Anhaltspunkte zu Beginn und Höhe einer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit für die Zeit vor Therapiebeginn im Jahr 2014 aus den in den Erläuterungen des Dr. med. B.________ vom 18. September 2018 wiedergegebenen Beobachtungen der Eltern auszumachen, gemäss welchen der Versicherte "immer eigenartiger wurde und depressiv wirkte, sich immer schwerer tat, seine Band zu führen, und er sich auch vermehrt von sozialen Kontakten zurückzog". Da überdies auch von weiteren medizinischen Abklärungen keine besseren Erkenntnisse zu erwarten sind, erübrigt sich die in dieser Hinsicht eventualiter beantragte Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz bzw. die Beschwerdegegnerin (antizipierte Beweiswürdigung: BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; Urteil 8C_590/2015 vom 24. November 2015 E. 6, nicht publ. in: BGE 141 V 585, aber in: SVR 2016 IV Nr. 33 S. 102). Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nicht vor. 
 
3.3.2. Es kann daher zusammengefasst mit dem kantonalen Gericht als erwiesen angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 2010 bis jedenfalls 2013 in der Lage war, sein Einkommen noch weitgehend unversehrt zu erwirtschaften. Wird dem massgeblichen Validenverdienst das höchste in dieser Periode erzielte Einkommen von Fr. 16'095.- (2011) zugrunde gelegt und dieses noch um einen wahrscheinlichen Nebenerwerb in der Grössenordnung von Fr. 7000.- - entsprechend den ungefähren Einnahmen des 2018/19 getätigten Nebenjobs in einer Imbissbude - erhöht, resultiert daraus ein Valideneinkommen von Fr. 23'095.-. Dies ergibt im Vergleich zum Invalidenverdienst im Betrag von Fr. 16'888.80 einen Invaliditätsgrad von 27 %.  
Ein Rentenanspruch ist folglich nicht ausgewiesen und der vorinstanzliche Entscheid im Ergebnis zu bestätigen. 
 
4.   
Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, I. Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 8. Februar 2021 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl