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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.324/2006 /len 
 
Urteil vom 8. März 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiberin Hürlimann. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Stefan Hofer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Ineichen, 
Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid 
des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz, vom 17. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ (Beschwerdeführer) ist seit der Kollision seines Personenwagens mit einem Lastwagen mit französischen Kennzeichen auf französischem Staatsgebiet am 14. April 1989 vollständig invalid. Neben der von der IV bezahlten Rente erhält er eine Komplementärrente der SUVA (Beschwerdegegnerin). 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 30. September 2004 wies das Tribunal de Grande Instance de Mulhouse die Schadenersatzklage des Beschwerdeführers gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers mit der Begründung ab, der gesamte Schaden sei durch die Leistungen der SUVA gedeckt worden ("dit que le recours de la SUVA a absorbé l'intégralité du préjudice subi par M. A.________; En conséquence déboute M. A.________ des fins de sa demande de dommages-intérêts"). 
B. 
Am 4. Juli 2005 reichte der Beschwerdeführer Teilklage beim Amtsgericht Luzern-Stadt ein und beantragte, die Beschwerdegegnerin habe ihm Fr. 20'000.-- zuzüglich 5 % Zins ab Klageeinreichung zu bezahlen. Mit Entscheid vom 12. Juni 2006 trat das Amtsgericht auf die Klage mit der Begründung nicht ein, die Streitsache sei bereits durch das Tribunal de Grande Instance de Mulhouse rechtskräftig entschieden worden. 
C. 
Der Beschwerdeführer focht den Entscheid des Amtsgerichts am 20. Juli 2006 mit Nichtigkeitsbeschwerde, eventuell Appellation an. Das Obergericht des Kantons Luzern nahm das Rechtsmittel als Nichtigkeitsbeschwerde entgegen und wies diese mit Entscheid vom 17. Oktober 2006 ab, soweit es darauf eintrat. Es sah keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung in der vorinstanzlichen Schilderung, es habe sich im Prozess vor dem Tribunal de Grande Instance de Mulhouse um ein "Verfahren des Klägers gegen die Beklagte et al." gehandelt. 
D. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 29. November 2006 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, die Urteile des Amtsgerichts Luzern-Stadt vom 12. Juni 2006 und des Obergerichts des Kantons Luzern vom 17. Oktober 2006 seien aufzuheben. Die Akten seien an das Obergericht zurückzuweisen zum Neuentscheid über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens und zur Rückweisung der Sache ans Amtsgericht mit der Weisung, auf die Klage einzutreten und ein Sachurteil zu sprechen. Gerügt wird eine Verletzung von Art. 9 BV
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei (Ziff. 1). Darüber hinaus sei der Entscheid des Obergerichts vom 17. Oktober 2006 sowie der Entscheid des Amtsgerichts Luzern-Stadt vom 12. Juni 2006 zu bestätigen (Ziff. 2). 
Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt, die staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen. 
E. 
Mit Urteil vom heutigen Tag ist das Bundesgericht auf eine gleichzeitig eingereichte Berufung nicht eingetreten. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006, 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen ist die staatsrechtliche Beschwerde rein kassatorischer Natur (BGE 132 III 291 E. 1.5 S. 294 mit Hinweisen). Auf die vorliegende Beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten, als der Beschwerdeführer mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Entsprechendes gilt für das Rechtsbegehren der Beschwerdegegnerin, der Entscheid des Obergerichts sowie der Entscheid des Amtsgerichts Luzern-Stadt seien zu bestätigen. 
3. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist in der Regel nur gegen letztinstanzliche Entscheide zulässig (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Entscheid einer unteren Instanz kann nur dann mitangefochten werden, wenn entweder der letzten kantonalen Instanz nicht sämtliche vor Bundesgericht erhobenen Rügen unterbreitet werden konnten oder solche Rügen zwar von der letzten kantonalen Instanz zu beurteilen waren, jedoch mit einer engeren Prüfungsbefugnis, als sie dem Bundesgericht zusteht (BGE 120 Ia 19 E. 2b S. 23; 118 Ia 165 E. 2b S. 169; 115 Ia 414 E. 1 S. 414 f., je mit Hinweisen). Beide Ausnahmen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Dem Obergericht konnte die mit der staatsrechtlichen Beschwerde erhobene Willkürrüge mit mindestens gleichem Kognitionsanspruch unterbreitet werden (vgl. § 266 ZPO LU). Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten, soweit sich die Vorbringen des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Amtsgerichts Luzern-Stadt richten. 
4. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe mit der Annahme, die Parteien und der Streitgegenstand des Prozesses vor dem Tribunal de Grande Instance de Mulhouse und des Prozesses des Beschwerdeführers gegen die Beschwerdegegnerin vor dem Amtsgericht Luzern-Stadt seien identisch, willkürlich das Vorliegen einer res iudicata bejaht. Diese Rüge kann im vorliegenden Fall in der staatsrechtlichen Beschwerde erhoben werden, weil die Berufung nicht offen steht (vgl. Verfahren 4C.428/2006). 
4.1 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; 131 I 57 E. 2 S. 61, 467 E. 3.1 S. 473 f.; 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 127 I 54 E. 2b S. 56; 126 III 438 E. 3 S. 440; 125 I 166 E. 2a, je mit Hinweisen). Dass offensichtliche Unhaltbarkeit in diesem Sinne gegeben ist, hat der Beschwerdeführer anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Einzelnen darzulegen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.; vgl. auch 122 I 70 E. 1c S. 73 mit Hinweisen). Es geht nicht an, in einer staatsrechtlichen Beschwerde bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid zu üben (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen). 
4.2 Soweit sich die Ausführungen des Beschwerdeführers überhaupt auf den Entscheid des Obergerichts beziehen, genügen sie den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht, da sie nicht darlegen, inwiefern der Entscheid willkürlich sein soll. Der Beschwerdeführer begnügt sich vielmehr damit, dem Bundesgericht die abweichende eigene Auffassung zu unterbreiten. Auf die Rüge kann nicht eingetreten werden. 
5. 
Aus den genannten Gründen ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 8. März 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: