Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4A_610/2009
Urteil vom 8. März 2010
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.
Verfahrensbeteiligte
A.________
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Bertschinger,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Forderung aus Arbeitsvertrag,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus vom 23. Oktober 2009.
Sachverhalt:
A.
B.________ (Beschwerdegegner) war seit dem 1. Januar 2004 in der Versicherungsagentur von A.________ (Beschwerdeführer) als Verkaufsleiter und EDV-Verantwortlicher tätig. Anfangs Februar 2005 erkrankte er und war bis Ende Dezember 2005 arbeitsunfähig. Mit Schreiben vom 30. Juni 2005 kündigte der Beschwerdeführer das Arbeitsverhältnis auf den nächstmöglichen Zeitpunkt, nämlich auf Ende Dezember 2005. Er stellte dem Beschwerdegegner aber in Aussicht, ihn ab Januar 2006 zu geänderten Bedingungen weiter zu beschäftigen und legte ihm am 16. Oktober 2005 den Entwurf eines neuen Anstellungsvertrages vor. Da der Beschwerdegegner diesen ablehnte, endete das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 2005.
B.
Der Beschwerdegegner verlangte vom Beschwerdeführer vor dem Kantonsgericht Glarus Fr. 30'000.-- Lohnnachzahlung nebst Zins und die Ausstellung eines modifizierten Lohnausweises. Das Kantonsgericht sprach ihm Fr. 4'583.10 netto nebst Zins zu und verpflichtete den Beschwerdeführer, einen entsprechend modifizierten Lohnausweis auszustellen. Mit kantonaler Berufung verlangte der Beschwerdegegner vor dem Obergericht des Kantons Glarus zusätzlich Fr. 16'000.-- netto nebst Zins, während der Beschwerdeführer mit Anschlussberufung die Abweisung der Klage beantragte. Das Obergericht hiess die Berufung gut und wies die Anschlussberufung ab. Es verpflichtete den Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner Fr. 20'583.10 netto nebst Zins zu bezahlen und einen entsprechenden Lohnausweis auszustellen.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht im Wesentlichen, die Klage abzuweisen. Der Beschwerdegegner schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, während das Obergericht auf Vernehmlassung verzichtet hat.
Erwägungen:
1.
Das Obergericht erkannte, gemäss Arbeitsvertrag sei ein Mindestlohn von Fr. 8'000.-- monatlich geschuldet gewesen. Diesen Betrag beansprucht der Beschwerdegegner auch für die Zeit seiner Krankheit für die Monate Februar - Dezember 2005. Vor der Vorinstanz stellte sich der Beschwerdeführer demgegenüber auf den Standpunkt, ab Mai 2005 bestehe einzig Anspruch auf ein Entgelt in der Höhe der Krankentaggelder (80 % des AHV-pflichtigen Lohnes) zuzüglich Kinderzulagen. Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer habe ab Februar 2005 bis September 2005 vorbehaltslos den garantierten Nettolohn von Fr. 8'000.-- überwiesen. Er sei demnach selbst davon ausgegangen, sein erkrankter Angestellter habe nicht nur für eine beschränkte Zeit von drei Monaten den versprochenen Minimallohn von Fr. 8'000.-- zu Gute. Ansonsten hätte er ab Mai 2005 eine entsprechende Reduktion vorgenommen oder darauf hingewiesen, die Zahlung erfolge auf freiwilliger Basis. Die Vorinstanz schliesst aus dem Verhalten des Beschwerdeführers, beide Parteien hätten die Lohnvereinbarung übereinstimmend dahingehend verstanden, dass der garantierte Mindestlohn von netto Fr. 8'000.-- so lange Gültigkeit haben sollte, wie das Arbeitsverhältnis bestand, auch wenn der Arbeitnehmer länger als drei Monate unverschuldet an der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit verhindert sei. Der Grund für die Einstellung der Lohnzahlung liege darin, dass der Beschwerdegegner nicht auf den ihm vorgelegten neuen Arbeitsvertrag eingegangen sei. Auch abgesehen vom wirklichen Parteiwillen erachtete die Vorinstanz den Anspruch des Beschwerdegegners als ausgewiesen. Sie hielt fest, der Vertragstext weise Unklarheiten auf. Einerseits werde im Arbeitsvertrag in Ziff. 6 und 8 generell und unbefristet ein Mindestlohn von Fr. 8'000.-- garantiert, andererseits sei gemäss Art. 12 des Anstellungsreglements und Ziff. 1 des Merkblatts Versicherungen im Krankheitsfall bei mehr als dreimonatiger Arbeitsverhinderung die Reduktion des Lohnes auf noch 80 % vorgesehen. Da der Vertrag nicht vom Beschwerdegegner aufgesetzt worden sei, wirke sich diese Unklarheit nach der Regel in dubio contra stipulatorem zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Überdies gehe die im Vertrag enthaltene Vereinbarung dem Reglement vor.
1.1 Ziel der Vertragsauslegung ist es, in erster Linie den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festzustellen (vgl. Art. 18 Abs. 1 OR). Diese subjektive Vertragsauslegung beruht auf Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 97 und 105 BGG der bundesgerichtlichen Überprüfung entzogen ist. Steht eine tatsächliche Willensübereinstimmung fest, bleibt für eine Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz kein Raum (BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632; 128 III 70 E. 1a S. 73). Erst wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Massgebend ist dabei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Nachträgliches Parteiverhalten ist bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht von Bedeutung; es kann höchstens - im Rahmen der Beweiswürdigung - auf einen tatsächlichen Willen der Parteien schliessen lassen (BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67).
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung aber nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Eine Aufhebung rechtfertigt sich nur dann, wenn der Entscheid auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen).
1.3 Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, kann sich nicht damit begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und substantiiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die Begründung der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen sind nach Massgabe von Art. 106 Abs. 2 BGG zu begründen. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 462 E. 2.4 S. 466 f.). Wer sich auf eine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz beruft und den Sachverhalt gestützt darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass er entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen genannt hat (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4339 Ziff. 4.1.4.3; vgl. auch BGE 115 II 484 E. 2a S. 485 f.). Neue Vorbringen sind nur zulässig, soweit erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was wiederum näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395).
1.4 Der Beschwerdeführer rügt sowohl eine Verletzung von Art. 18 OR als auch eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Er beanstandet sowohl den von der Vorinstanz festgestellten übereinstimmenden Parteiwillen als auch die Auslegung der Vereinbarung nach dem Vertrauensprinzip. Er wendet sich formell gegen sämtliche selbständigen Begründungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, womit diese Eintretensvoraussetzung (BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f.) erfüllt ist. Bezüglich des tatsächlich übereinstimmenden Willens beschränkt er sich aber im Wesentlichen darauf anzuführen, er habe den vollen Lohn in der Überzeugung weiter bezahlt, der Beschwerdegegner werde "dies bis Ende Jahr wieder aufholen". Diese Erklärung genügt aber in keiner Weise, um den Schluss der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe den Lohn gezahlt, weil dieser nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien geschuldet sei, als offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich auszuweisen. Der Beschwerdeführer trägt dem Bundesgericht sein behauptetes eigenes Verständnis des Vertrages vor. Dabei reichert er seine Ausführungen mit Umständen an (namentlich bezüglich der Zahlung von Spesen), die im angefochtenen Urteil nicht festgestellt sind, ohne darzutun, dass er entsprechende Behauptungen bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellt hätte, oder inwiefern erst der angefochtene Entscheid zu deren Vorbringen Anlass gab. Diese gelten daher als neu und unzulässig (Art. 99 BGG).
1.5 Der Beschwerdeführer weist darauf hin, er prozessiere ohne Anwalt, und bittet das Bundesgericht, ihm allfällige Formfehler und Unzulänglichkeiten nachzusehen. Unabhängig von den Ausführungen des Beschwerdeführers und den formellen Mängeln seiner Beschwerdeschrift bleibt indessen die Tatsache bestehen, dass der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner vorbehaltslos den vollen Lohn gezahlt hat, in einem Zeitpunkt, in dem er gemäss Reglement nicht mehr dazu verpflichtet gewesen wäre. Wenn die Vorinstanz aus diesem Verhalten schliesst, der Beschwerdeführer selbst sei davon ausgegangen, dem Beschwerdegegner stehe auch bei Krankheit der volle Lohn zu, ist dies jedenfalls nicht willkürlich (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). Damit erweist sich die Beschwerde ungeachtet allfälliger Formfehler und Unzulänglichkeiten als unbegründet.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig, wobei für die Kosten bei Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu Fr. 30'000.-- ein reduzierter Ansatz zur Anwendung gelangt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. März 2010
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Klett Luczak