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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_219/2024  
 
 
Urteil vom 8. Mai 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. René Matteotti, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, 
Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-AUS), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des 
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 
11. April 2024 (A-1319/2023). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die australische Steuerbehörde (Australian Taxation Office; nachfolgend: ersuchende Behörde) ersuchte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) mit Schreiben vom 24. März 2022 gestützt auf Art. 25 des Abkommens vom 30. Juli 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Australien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-AU; SR 0.672.915.81) um Informationen betreffend die B.________, die C._________ und die D.________. Als Informationsinhaberin wurde die A.________ AG mit Sitz in U._______ (Kanton Basel-Landschaft) genannt. 
Die ersuchende Behörde legte dar, sie führe zurzeit eine Untersuchung der Steuerjahre 2016/17 und 2017/18 betreffend die drei australischen Gesellschaften durch. Die B.________ sei die Hauptgesellschaft einer für einkommenssteuerrechtliche Zwecke zusammengefassten Gruppe ("income tax consolidated group"), zu welcher auch die C.________ und die D.________ gehörten. Die B.________, die einige B.________ Franchise-Filialen in Australien betreibe, habe in den Steuerjahren 2016/17 und 2017/18 einen bedeutenden Rückgang der Profitabilität ("profitability") verzeichnet. Die von der B.________ verkauften Waren würden hauptsächlich von der A.________ AG bezogen. Im Jahr 2016 habe eine Restrukturierung bei A.________ stattgefunden. Die kommerziellen und finanziellen Beziehungen zwischen der B.________ und der A.________ AG würden untersucht, um festzustellen, ob die B.________ in den Transaktionen mit der A.________ AG durch die nicht korrekte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes einen Verrechnungspreisvorteil erzielt habe. 
 
B.  
Mit Schlussverfügung vom 2. Februar 2023 erkannte die ESTV, dass der ersuchenden Behörde Amtshilfe betreffend die B.________, die C.________ und die D.________ zu leisten sei und die ersuchten Informationen zu übermitteln seien. 
Die von der A.________ AG gegen die Schlussverfügung vom 2. Februar 2023 erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. April 2024 ab (zugestellt am 18. April 2024). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. April 2024 gelangt die A.________ AG an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils vom 11. April 2024. Es sei die Amtshilfeleistung gegenüber der ersuchenden Behörde zu verweigern. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4).  
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_108/2024 vom 21. Februar 2024 E. 1.1). 
 
1.2. Die Beschwerdeführerin unterbreitet dem Bundesgericht die Frage, ob Amtshilfe zu gewähren sei, wenn ein Amtshilfegesuch die Überprüfung der Angemessenheit von Entschädigungen betreffe, obwohl erstellt sei, dass die betroffenen Gesellschaften nicht gemäss Art. 9 DBA CH-AU kapitalmässig verbunden seien und daher eine steuerliche Korrektur der Entschädigungshöhe abkommenswidrig wäre. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass das Staatsvertragsrecht die nationale steuerbegründenden Normen zurückdränge. Als Folge davon seien keine Informationen für eine dem nationalen Recht entsprechende Besteuerung auszutauschen, wenn dieses dem Doppelbesteuerungsabkommen widerspreche. Zu dieser Frage habe sich das Bundesgericht bisher nicht geäussert.  
 
1.3. Art. 9 DBA CH-AU lautet wie folgt:  
 
1. Wenn: 
 
a) ein Unternehmen eines Vertragsstaates unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder am Kapital eines Unternehmens des anderen Vertragsstaates beteiligt ist, oder 
 
b) dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt sind; 
 
und in diesen Fällen beide Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, dann können die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden. 
 
2. Werden in einem Vertragsstaat den Gewinnen eines Unternehmens dieses Staates Gewinne zugerechnet und entsprechend besteuert, mit denen ein Unternehmen des anderen Vertragsstaats in diesem Staat besteuert worden ist, und handelt es sich bei den zugerechneten Gewinnen um solche, die das Unternehmen des erstgenannten Staates erzielt hätte, wenn die zwischen den beiden Unternehmen vereinbarten Bedingungen die gleichen gewesen wären, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so nimmt der andere Staat eine entsprechende Änderung der dort von diesen Gewinnen erhobenen Steuer vor. Bei dieser Änderung sind die übrigen Bestimmungen dieses Abkommens zu berücksichtigen; soweit erforderlich, konsultieren sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten. 
 
 
1.4. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechtsfrage im Kontext der Überprüfung der Verrechnungspreise sowie zu Art. 9 DBA CH-AU betrifft im Wesentlichen das Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit sowie das völkerrechtliche Vertrauensprinzip.  
 
1.4.1. Das Bundesgericht hat sich schon verschiedentlich zur Überprüfung der Verrechnungspreise im Rahmen der internationalen Amtshilfe in Steuersachen geäussert (vgl. BGE 143 II 185 E. 2 ff.; Urteile 2C_282/2021 vom 15. Juni 2022 E. 1.2.2; 2C_455/2021 vom 31. Mai 2022 E. 1.2.2). Dabei hat das Bundesgericht festgehalten, dass die ersuchten Informationen das Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit erfüllen, wenn die ersuchende Behörde auf die Anwendung der internen Verrechnungspreisvorschriften des ersuchenden Staats abzielt (vgl. Urteile 2C_481/2021 vom 19. Mai 2022 E. 7.5 ["les prix de transfert pratiqués aux fins de l'application de sa législation fiscale interne"]; 2C_690/2015 vom 15. März 2016 E. 3.3 ["l'application des règles internes de l'Etat requérant en matière de prix de transfert"]). Diese Erwägung deckt sich mit der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach sich der ersuchte Staat im Rahmen des Amtshilfeverfahrens nicht zum innerstaatlichen Steuer- und Verfahrensrecht des ersuchenden Staats zu äussern hat. Für die voraussichtliche Erheblichkeit reicht vielmehr aus, dass die ersuchten Informationen für eine Verwendung im ausländischen Verfahren als potenziell geeignet erscheinen (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; Urteil 2C_109/2022 vom 30. Januar 2023 E. 4.2.1). Die Vorinstanz erwägt denn auch, die ersuchten Informationen würden der ersuchenden Behörde vorliegend bei der Anwendung der innerstaatlichen Verrechnungspreisvorschriften dienen (vgl. E. 4.2.2.3 f. des angefochtenen Urteils). Dass die ersuchten Informationen für diesen Besteuerungszweck nicht geeignet seien, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Folglich liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG vor. Soweit die Beschwerdeführerin darlegt, sie sei kapitalmässig nicht mit den von der Amtshilfe betroffenen Personen verbunden, ist dieser Umstand, wie das Bundesgericht in seiner ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, vor den Behörden des ersuchenden Staats vorzutragen (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.6; 142 II 161 E. 2.2; 142 II 218 E. 3.6 f.; Urteil 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4).  
 
1.4.2. Ausserdem ergibt sich aus dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip, dass sich der ersuchte Staat grundsätzlich auf die Angaben zu verlassen hat, die ihm der ersuchende Staat mitteilt (zum völkerrechtlichen Vertrauensprinzip siehe BGE 146 II 150 E. 7.1; 144 II 206 E. 4.4). In der vorliegenden Angelegenheit erwägt die Vorinstanz, aus dem Hinweis der ersuchenden Behörde im Amtshilfeersuchen vom 24. März 2022, wonach ihr innerstaatliches Recht die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Transaktionen zwischen verbundenen sowie zwischen nicht verbundenen Unternehmen ermögliche, lasse sich nicht ableiten, dass der ersuchende Staat auf eine abkommenswidrige Besteuerung abziele (vgl. E. 4.2.2.4 des angefochtenen Urteils). Soweit die Beschwerdeführerin diese Erwägung kritisiert und darauf hinweist, es mangle unbestrittenermassen an der kapitalmässigen Verbundenheit, richtet sie sich lediglich gegen die vorinstanzliche Anwendung des völkerrechtlichen Vertrauensprinzips im vorliegenden Einzellfall und wirft keine Grundsatzfrage im Sinne von Art. 84a BGG auf.  
 
1.5. Nach dem Dargelegten betrifft die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage die materielle Beurteilung der Angelegenheit im Rahmen des französischen Steuerverfahrens und richtete sich gegen die dortige Anwendung der internen Verrechnungspreisvorschriften. Darüber hinaus ist ein allfälliger Konflikt mit Art. 9 DBA CH-AU infolge einer potenziellen, künftigen Besteuerung durch den ersuchenden Staat nicht im Rahmen des Amtshilfeverfahrens, sondern direkt zwischen den beiden Vertragsstaaten zu klären (vgl. Art. 24 DBA CH-AU). Soweit die Beschwerdeführerin eine künftige abkommenswidrige Besteuerung ins Feld führt, liegt daher ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG vor. Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.  
 
2.  
Diesem Verfahrensausgang entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Mai 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger