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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_6/2024  
 
 
Urteil vom 8. Mai 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Keiser, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, 
St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Arbeitsfähigkeit, berufliche Massnahmen, Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 4. Oktober 2023 (VV.2023.100/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1967 geborene A.________ meldete sich am 21. März 2013 bei der IV-Stelle des Kantons Thurgau zum Leistungsbezug an. Diese holte u.a. ein Gutachten der Psychiaterin Dr. med. B.________ vom 27. November 2014 ein. Mit Verfügungen vom 30. Januar 2015 verneinte die IV-Stelle die Ansprüche auf berufliche Massnahmen und Invalidenrente, da keine Arbeitsunfähigkeit bzw. keine Invalidität bestehe. Die hiergegen von der Versicherten erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 20. Mai 2015 ab.  
 
A.b. Auf ein weiteres Leistungsgesuch der Versicherten vom 14. Juli 2016 trat die IV-Stelle mit Verfügung vom 20. Dezember 2016 mangels Veränderung des Gesundheitszustands bzw. der Arbeitsfähigkeit nicht ein.  
 
A.c. Am 23. März 2020 meldete sich die Versicherte bei der IV-Stelle wiederum zum Leistungsbezug an. Diese holte u.a. ein Gutachten der Psychiaterin Dr. med. C.________ vom 17. Februar 2022 mit Ergänzung vom 9. August 2022 ein. Mit Verfügungen vom 4. Mai 2023 verneinte die IV-Stelle die Ansprüche auf berufliche Massnahmen und Invalidenrente erneut, da keine Invalidität vorliege.  
 
B.  
Die hiergegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 4. Oktober 2023 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Entscheids sei die Vorinstanz zu verpflichten, ihr eine ganze Rente zuzusprechen, eventuell ihren Anspruch auf berufliche Massnahmen zu bejahen unter Zusprache einer Teilrente. Subeventuell sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen und diese zu verpflichten, diese Ansprüche neu zu prüfen. Es sei ihr die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. 
IV-Stelle und Vorinstanz schliessen auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Rechtsfrage ist, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Bei den aufgrund von Arztberichten getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 2 des Urteils BGE 148 V 397, veröffentlicht in SVR 2023 IV Nr. 16 S. 53). Frei überprüfbare Rechtsfrage ist hingegen, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7). 
 
2.  
Strittig ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung der Ansprüche auf berufliche Massnahmen und Invalidenrente nach erfolgter Neuanmeldung der Beschwerdeführerin vor Bundesrecht standhält. 
 
2.1. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung bezüglich des übergangsrechtlich anwendbaren Rechts im Hinblick auf das am 1. Januar 2022 in Kraft getretene revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20; Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535) richtig dargelegt (BGE 148 V 174 E. 4.1). Gleiches gilt betreffend die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 IVG), die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen (Art. 8 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. b IVG), die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG), die bei der IV-Neuanmeldung der versicherten Person analog anwendbaren Revisionsregeln (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 3 IVV; BGE 144 I 103 E. 2.1, 141 V 9 E. 2.3, 585 E. 5.3), den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 271 E. 4.4) und den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (E. 1 hiervor; BGE 125 V 351 E. 3a; vgl. auch BGE 137 V 210 E. 1.3.4). Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu ergänzen ist, dass für dauernde Sachleistungen in Form von Eingliederungsmassnahmen analoge Revisionsbestimmungen gelten wie für Renten (BGE 144 V 418 E. 3.4 mit Hinweis).  
 
2.3. Anlass zur Rentenrevision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die Rente u.a. bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar. Hingegen ist die bloss unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich. Liegt in diesem Sinne ein Revisionsgrund vor, ist der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ohne Bindung an frühere Beurteilungen umfassend ("allseitig") zu prüfen (BGE 141 V 9 E. 2.3).  
 
2.4. Der Beweiswert eines im Hinblick auf eine Rentenrevision erstellten Gutachtens hängt wesentlich davon ab, ob es sich ausreichend auf das Beweisthema - erhebliche Änderung (en) des Sachverhalts - bezieht. Einer für sich allein betrachtet vollständigen, nachvollziehbaren und schlüssigen medizinischen Beurteilung, die im Hinblick auf eine erstmalige Beurteilung der Rentenberechtigung beweisend wäre, mangelt es daher in der Regel am rechtlich erforderlichen Beweiswert, wenn sich die (von einer früheren abweichende) ärztliche Einschätzung nicht hinreichend darüber ausspricht, inwiefern eine effektive Veränderung des Gesundheitszustands stattgefunden hat. Vorbehalten bleiben Sachlagen, in denen es evident ist, dass die gesundheitlichen Verhältnisse sich verändert haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass weder eine im Vergleich zu früheren ärztlichen Einschätzungen ungleich attestierte Arbeitsunfähigkeit noch eine unterschiedliche diagnostische Einordnung des geltend gemachten Leidens genügt, um auf einen geänderten Gesundheitszustand zu schliessen; notwendig ist vielmehr eine veränderte Befundlage (SVR 2023 IV Nr. 37 S. 124, 8C_553/2021 E. 4.2.4, 2022 IV Nr. 19 S. 60, 9C_212/2021 E. 4.4.1; Urteil 8C_571/2023 vom 29. Februar 2024 E. 4.2 mit Hinweis).  
 
3.  
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, die letzte materielle Beurteilung des Leistungsanspruchs der Beschwerdeführerin sei mit den gerichtlich bestätigten Verfügungen vom 30. Januar 2015 erfolgt. Deren Grundlage sei das Gutachten der Psychiaterin Dr. med. B.________ vom 27. November 2014 gewesen. Diese habe im Wesentlichen festgehalten, die Beschwerdeführerin sei wohl langjährig im Verhalten sowie in der Copingfähigkeit und Emotionalität durch die nicht erkannte bzw. nicht behandelte einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung gezeichnet gewesen. Diese werde seit Ende 2012/Anfang 2013 adäquat mit einem Methylphänidatpräparat behandelt. Auch die zwischenzeitliche reaktive depressive Störung im Kontext der psychosozialen Belastungssituation sei remittiert. Aktuell seien keine Funktionseinschränkungen mehr festzustellen, und es bestehe eine 100%ige Arbeitsfähigkeit. Die angefochtenen Verfügungen vom 4. Mai 2023 basierten auf dem Gutachten der Psychiaterin Dr. med. C.________ vom 17. Februar 2022. Sie habe diverse Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin festgestellt und in der angestammten sowie in einer adaptierten Tätigkeit eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit seit 2020 attestiert. Auf Rückfrage der IV-Stelle habe Dr. med. C.________ in der Stellungnahme vom 9. August 2022 u.a. eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mindestens seit August 2020 angegeben. Der Psychiater Dr. med. D.________, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der IV-Stelle, habe in der Stellungnahme vom 5. September 2022 festgehalten, die Ergänzungen der Dr. med. C.________ seien nicht geeignet, eine Änderung des medizinischen Sachverhalts und der funktionellen Auswirkungen zu begründen, zumal laut ihrer Angabe im Begutachtungszeitpunkt keine aktive Alkoholabhängigkeit der Beschwerdeführerin bestanden habe. Weiter begründete die Vorinstanz, weshalb aufgrund der Aktenlage keine erhebliche Veränderung des Gesundheitszustands vorliege. 
 
4.  
Nicht stichhaltig ist das Argument des RAD-Arztes Dr. med. D.________ und der Vorinstanz, gegen eine Veränderung des Gesundheitszustands spreche, dass in den Gutachten der Dr. med. B.________ vom 27. November 2014 und Dr. med. C.________ vom 17. Februar 2022 im Wesentlichen dieselben Diagnosen gestellt worden seien. Die Beschwerdeführerin bringt nämlich zu Recht vor, dass die Diagnosen in dieser Hinsicht nicht massgebend sind. Vielmehr ist zu prüfen, ob sich die Befundlage erheblich verändert hat (vgl. E. 2.4 hiervor). 
Hiervon abgesehen enthält die bloss wenige Zeilen umfassende Aktenstellungnahme des Dr. med. D.________ vom 5. September 2022 keine Begründung für die Verneinung einer Veränderung des Gesundheitszustands der Beschwerdeführerin. Seine blosse Bemerkung, die Gutachterin Dr. med. C.________ habe eine Alkoholabhängigkeit im Begutachtungszeitpunkt verneint, ist nicht hinreichend, um darauf abstellen bzw. daraus auf einen unveränderten Gesundheitszustand schliessen zu können (vgl. auch E. 6.2 hiernach). 
 
5.  
 
5.1. Weiter erwog die Vorinstanz, der behandelnde Psychiater Dr. med. E.________ sei im Bericht vom 25. August 2020 im Wesentlichen von unveränderten Verhältnissen ausgegangen. Er habe nämlich festgehalten, die Beschwerden würden von der Beschwerdeführerin subjektiv schlechter erlebt, was aber bei Vergleich der beiden Gutachten (gemeint seien das Gutachten der Dr. med. B.________ vom 27. November 2014 und das zu Handen der Swica Gesundheitsorganisation erstellte Gutachten der Psychiaterin Dr. med. F.________ vom 29. Juni 2020) nur eine gewisse graduelle, altersbedingte Verschlechterung bei offensichtlich geringer gewordener Belastbarkeit erkennen lasse.  
 
5.2. Diese vorinstanzliche Argumentation ist nicht einschlägig. Denn Dr. med. C.________ kam im Gutachten vom 17. Februar 2022 bzw. in der Stellungnahme vom 9. August 2022 zum Schluss, der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin habe sich seit der Begutachtung durch Dr. med. F.________ vom 29. Juni 2020 bzw. mindestens seit August 2020 verschlechtert (vgl. auch E. 6 hiernach). In diesem Lichte ist es nicht entscheidwesentlich, dass der Gesundheitszustand nach Auffassung der Vorinstanz bis zum letztgenannten Gutachten unverändert geblieben sein soll.  
 
6.  
 
6.1. Die Vorinstanz stellte weiter fest, Dr. med. C.________ habe im Gutachten vom 17. Februar 2022 u.a. festgehalten, im Rahmen der aktuellen Untersuchung habe die Beschwerdeführerin über Konzentrationsstörungen, eine Verlangsamung, eine bedrückte Grundstimmung sowie Ängste bezüglich alltäglicher Anforderungen und administrativer Belange berichtet. Im objektiven psychopathologischen Befund hätten in Anlehnung an die Richtlinien der AMDP (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie; vgl. Urteil 8C_384/2022 vom 9. November 2022 E. 6.3) insoweit psychopathologische Auffälligkeiten bestanden, als die Beschwerdeführerin vor allem hinsichtlich der Auffassungsgabe und Konzentration abgelenkt gewirkt habe. Die Exploration des Tagesprofils habe auf ein leicht reduziertes Alltagsaktivitätsniveau hingewiesen. Die Beschwerdeführerin habe vor allem Schwierigkeiten bei der Erledigung von administrativen Belangen, wobei sie dabei von ihrer Beiständin unterstützt werde. Bei den Haushaltsarbeiten fühle sie sich aufgrund von körperlichen Beschwerden eingeschränkt. Analog der Parameter der funktionellen Leistungsfähigkeit in Anlehnung an das Mini-ICF-APP (Mini-ICF Ratings für Aktivitäts- und Partizipationsbeeinträchtigungen bei psychischen Erkrankungen; vgl. dazu SVR 2016 IV Nr. 2 S. 5 E. 4.3, 8C_340/2015 mit Hinweisen) bestünden deutliche Störungen der Aktivität und Partizipation in Bezug auf die Flexibilität und Umstellungsfähigkeit und in Bezug auf die Durchhaltefähigkeit in einem mittelgradigen bis schweren Ausmass, jedoch sei die Beschwerdeführerin auch in der Selbstbehauptungsfähigkeit eingeschränkt. Die Fähigkeit zur Planung und Strukturierung von Aufgaben sei aufgrund der kognitiven Defizite beeinträchtigt, es bestehe diesbezüglich mindestens eine mittelgradige Einschränkung. Ebenfalls seien die Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routinen sowie die Selbstbehauptungsfähigkeit leicht eingeschränkt.  
Angesichts dieser Angaben der Dr. med. C.________ vom 17. Februar 2022 ist - wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt - entgegen der Auffassung der Vorinstanz von einer Verschlechterung der Befundlage im Vergleich mit dem Gutachten der Dr. med. B.________ vom 27. November 2014 auszugehen (siehe auch E. 4.2.2 hiervor). Denn Letztere hatte damals - wie die Vorinstanz richtig erkannte - Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin verneint (vgl. auch Urteil 8C_664/2019 vom 8. April 2020 E. 4.3.1 und E. 4.3.3). 
 
6.2. Hieran ändert entgegen der Auffassung des Dr. med. D.________ vom 5. September 2022 und der Vorinstanz nichts, dass Dr. med. C.________ im Gutachten vom 17. Februar 2022 bzw. der Stellungnahme vom 9. August 2022 eine aktive Alkoholabhängigkeit der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Begutachtung verneinte. Denn im Rahmen ihrer Feststellung eines verschlechterten Gesundheitszustands (vgl. E. 5.2 hiervor) diagnostizierte sie andere Krankheiten mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit, nämlich eine Hyperaktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung des Erwachsenenalters (ICD-10: F90.0), eine Angst- und depressive Störung gemischt (ICD-10: F43.1) sowie eine klinisch und anamnestisch leichte Intelligenzminderung (ICD-10: F70.0).  
 
6.3. In diesem Lichte ist es offensichtlich unrichtig, wenn die Vorinstanz eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands der Beschwerdeführerin im hier massgebenden Zeitraum verneinte. In dieser Hinsicht hat sie nicht mehr eine zulässige freie Beweiswürdigung vorgenommen (vgl. Art. 61 lit. c ATSG), sondern das Gutachten der Dr. med. C.________ bezüglich einer spezifisch medizinischen Frage selber interpretiert, was bundesrechtswidrig ist (vgl. auch Urteil 8C_384/2022 vom 9. November 2022 E. 7.1 mit Hinweis).  
Nach dem Gesagten ist die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie über die Ansprüche der Beschwerdeführerin auf berufliche Massnahmen und Invalidenrente neu verfüge. 
 
7.  
Die Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zu erneuter Abklärung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen (BGE 146 V 28 E. 7). Die unterliegende IV-Stelle hat somit die Gerichtskosten zu tragen und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1, Art. 68 Abs. 2 BGG). Ihr Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist somit gegenstandslos. Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 4. Oktober 2023 und die Verfügungen der IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 4. Mai 2023 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle des Kantons Thurgau zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 8. Mai 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar