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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_234/2010 
 
Urteil vom 8. Juni 2010 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille, 
Gerichtsschreiber Krähenbühl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
L.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen 
vom 29. Januar 2010. 
 
Sachverhalt: 
L.________ (Jg. 1951) kollidierte am 24. Februar 1995 mit ihrem Personenwagen auf verschneiter Fahrbahn mit einem entgegenkommenden Fahrzeug und zog sich dabei unter anderem eine Kontusion der Halswirbelsäule (HWS) zu. Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG kam für die Heilbehandlung auf und richtete Taggelder aus. Mit Verfügung vom 5. Mai 2008 stellte die Zürich ihre bisher erbrachten Leistungen mangels rechtserheblichen Kausalzusammenhangs zwischen versichertem Unfallereignis und verbliebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit sofortiger Wirkung ein. Dies bestätigte sie mit Einspracheentscheid vom 5. August 2008. 
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hiess die dagegen gerichtete Beschwerde mit Entscheid vom 29. Januar 2010 in dem Sinne gut, als es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und die Zürich - in Bejahung sowohl der natürlichen und als auch der adäquaten Kausalität des versicherten Unfallereignisses für die noch geklagten Beschwerden - anwies, nach Abklärung allfälliger die Arbeitsfähigkeit mindernder unfallfremder Faktoren über den Anspruch auf eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung neu zu entscheiden. 
Die Zürich beantragt beschwerdeweise die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Bestätigung ihres Einspracheentscheids vom 5. August 2008. 
L.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren damit nicht abgeschlossen wird und die vorinstanzliche Rückweisung auch nicht einzig der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (vgl. in BGE 134 V 392 nicht publizierte E. 1.1 mit Hinweis), um einen - selbstständig eröffneten - Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f. mit Hinweisen). Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b). 
 
1.2 Rechtsprechungsgemäss bewirkt ein Rückweisungsentscheid in der Regel keinen irreversiblen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da der Rechtsuchende ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Anders verhält es sich allerdings für die Verwaltung oder eine Versicherungsgesellschaft, wenn diese durch den Rückweisungsentscheid gezwungen werden, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Diesfalls kann bereits dieser Entscheid angefochten werden, ohne dass ein Endentscheid abgewartet werden müsste (BGE 133 V 477 E. 5.2, 5.2.1 - 5.2.4 S. 483 ff.; in BGE 134 V 392 nicht publizierte E. 1.2.1). 
 
1.3 Der vorinstanzliche Entscheid enthält hinsichtlich der Kausalitätsfrage materiell verbindliche Feststellungen, welche den Beurteilungsspielraum der heutigen Beschwerdeführerin wesentlich einschränken und sie unter Umständen zu einer ihrer Auffassung nach ungerechtfertigten Leistungszusprache verpflichten könnten. Ein solcher Endentscheid könnte praktisch nicht angefochten und das Ergebnis damit nicht mehr korrigiert werden. In diesem Umstand ist aus Sicht der Beschwerdeführerin ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu erblicken (vgl. auch in BGE 134 V 392 nicht publizierte E. 1.2.2), weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. Im Übrigen würde - wie die Beschwerdeführerin mit Recht darlegt - eine Gutheissung der Beschwerde auch sofort einen das Verfahren abschliessenden Endentscheid herbeiführen und könnte damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten ersparen, sodass auch die in Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG genannte zweite Voraussetzung für eine Bejahung der Eintretensfrage erfüllt ist. 
 
2. 
2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen), prüft indessen - unter Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen und ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
2.2 Die für die Beurteilung der streitigen Leistungsansprüche massgebenden gesetzlichen Grundlagen und die in diesem Zusammenhang ergangene Rechtsprechung sind im kantonalen Entscheid sowohl in materiell- als auch in beweisrechtlicher Hinsicht richtig dargelegt worden, worauf verwiesen wird. 
 
3. 
3.1 Das kantonale Gericht hat nach eingehender Prüfung der medizinischen Aktenlage zunächst die natürliche Kausalität des Unfalles vom 24. November 1995 für die noch geklagten Leiden bejaht. Dabei erwog es, gemäss den vorliegenden ärztlichen Beurteilungen spreche vieles für die Unfallkausalität der ausgewiesenen Beschwerden. Zur definitiven Anerkennung der natürlichen Unfallkausalität gelangte es jedoch erst nach zusätzlichem Beizug der von neuropsychologischer Seite eingebrachten Erkenntnisse, wobei es sich namentlich auf die Berichte der dipl. psych. P.________, Neuropsychologie, und des lic. phil. H.________, Neuropsychologische Praxis X.________, berief, ohne jedoch explizit auf die Überlegungen dieser Fachleute Bezug zu nehmen und sich eingehend mit der daraus abgeleiteten Kausalitätsbeurteilung auseinanderzusetzen. Dabei verkannte das Gericht nicht, dass es die Neuropsychologie nach derzeitigem Wissensstand rechtspechungsgemäss zwar nicht vermag, selbstständig eine Genese abschliessend zu beurteilen. Die neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse erachtete es hingegen im Rahmen der gesamthaften Beweisführung als bedeutsam, weil vom unfallärztlichen Standpunkt aus der Zusammenhang nicht direkt mit Wahrscheinlichkeit bejaht werden könne. Als Voraussetzung dafür forderte es, dass der Neuropsychologe im Einzelfall in der Lage sei, überprüf- und nachvollziehbare, mithin überzeugende Aussagen zur Unfallkausalität zu machen, die sich in die anderen (interdisziplinären) Abklärungsergebnisse schlüssig einfügen. 
 
3.2 Diese Ausführungen der Vorinstanz mögen zwar in allgemeiner Weise eine gewisse Rechtfertigung haben, können jedoch angesichts des weitestgehenden Fehlens eindeutig somatischer Befunde, die sich auf das versicherte Unfallereignis zurückführen liessen, ohne konkrete Erwähnung einzelner neuropsychologischer Feststellungen den Nachweis eines rechtserheblichen natürlichen Kausalzusammenhangs mit hinreichender Bestimmtheit nicht erbringen. Wie die Beschwerdeführerin mit Recht festhält, präsentiert sich die medizinische Aktenlage nicht so klar, dass allein daraus schon auf natürlich kausale Unfallfolgen geschlossen werden könnte. So kam es nicht eindeutig zu dem nach HWS-Distorsionen häufig auftretenden typischen Beschwerdebild, sondern - bei im Übrigen voll erhalten gebliebener Beweglichkeit der Halswirbelsäule - bloss zum Auftreten einzelner dazu zählender Störungen wie etwa Nackenverspannungen und Kopfschmerzen. Auch liessen sich radiologisch zwar degenerative Prozesse, nicht aber körperliche Läsionen oder pathologische Veränderungen aufzeigen. Neurologisch relevante Befunde gab es nicht. Unter diesen Umständen genügte der vorinstanzliche Beizug neuropsychologischer Erkenntnisse für eine Bejahung der streitigen natürlichen Unfallkausalität aber nicht, zumal selbst die aus dieser Fachdisziplin stammenden Untersuchungsergebnisse nicht vollständig übereinstimmen. 
 
3.3 Kann die natürliche Unfallkausalität nicht als ausgewiesen gelten, erübrigt sich eine nähere Prüfung der vom kantonalen Gericht ebenfalls bejahten Adäquanzfrage. 
 
4. 
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG) von der Beschwerdegegnerin als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 29. Januar 2010 aufgehoben. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 8. Juni 2010 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Krähenbühl