Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_478/2022
Urteil vom 8. Juli 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Denys,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichter von Felten,
Gerichtsschreiberin Pasquini.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerald Brei,
Beschwerdeführerin,
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung 2,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 7. März 2022
(SK 21 415).
Sachverhalt:
A.
A.________ wird vorgeworfen, sie habe sich am 2. Mai 2020 auf dem Bundesplatz in Bern aufgehalten und sich dort an einer unbewilligten Kundgebung gegen die Massnahmen des Bundes im Zusammenhang mit Covid-19 beteiligt. Um 14:12 Uhr und um 14:18 Uhr habe die Kantonspolizei Bern via Lautsprecher die Anwesenden gut hörbar über die Wegweisung unter Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB belehrt. Bei der zweiten Durchsage sei eine Frist von 5 Minuten gestellt worden, um die Örtlichkeit zu verlassen. Um 14:25 Uhr habe die Polizei die Räumung vorgenommen, wobei die verbliebenen Personen mittels Absperrband langsam vom Platz gedrängt worden seien. A.________ habe sich geweigert, den Platz zu verlassen. Deshalb habe die Polizei sie persönlich über die Wegweisung mit Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB belehrt, die sie aber weiterhin nicht beachtet habe. Indem A.________ auf dem Platz verblieben sei und sich der Platzräumung widersetzt habe, habe sie einer amtlichen Verfügung keine Folge geleistet. Zudem habe sie sich im öffentlichen Raum in einer Personengruppe von mehr als fünf Personen und ohne Einhaltung eines die Ansteckung verhindernden Abstands von zwei Metern zwischen den Personen aufgehalten.
Weiter wird A.________ angelastet, sie habe sich am 16. Mai 2020 erneut auf dem Bundesplatz in Bern aufgehalten und dort an einer unbewilligten Kundgebung bzw. "Mahnwache gegen die Massnahmen des Bundes im Zusammenhang mit Covid-19" teilgenommen. Die Kantonspolizei habe sie um 13.41 Uhr für 48 Stunden von der Innenstadt weggewiesen und dabei auf die Straffolgen gemäss Art. 292 StGB im Unterlassungsfall hingewiesen. Um 14.02 Uhr habe sich A.________ weiterhin auf dem Bundesplatz aufgehalten und sich so einer amtlichen Verfügung widersetzt. Ferner habe sie sich im Rahmen der vorgenannten Kundgebung in einer Menschenansammlung von mehr als fünf Personen aufgehalten, obwohl der Aufenthalt in Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen zu diesem Zeitpunkt verboten gewesen sei, was A.________ gewusst habe.
B.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A.________ am 27. Mai 2021 frei vom Vorwurf der Widerhandlung gegen die Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) vom 16. März 2020 (COVID-19-Verordnung 2; SR 818.101.24) angeblich begangen am 2. Mai 2020 in Bern durch Nichteinhalten des Mindestabstands zwischen einzelnen Personen. Indessen erklärte es sie der Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung 2, begangen am 2. Mai 2020 und am 16. Mai 2020 in Bern durch Missachtung des Verbots von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum, sowie des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, begangen am 2. Mai 2020 und am 16. Mai 2020 in Bern, schuldig und verurteilte sie zu einer Busse von Fr. 465.--. Gegen diesen Entscheid erhob A.________ Berufung.
Mit Urteil vom 7. März 2022 stellte das Obergericht des Kantons Bern die Rechtskraft des regionalgerichtlichen Entscheids betreffend Freispruch fest. Es sprach A.________ der mehrfachen Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung 2, begangen am 2. Mai 2020 und am 16. Mai 2020 in Bern durch Missachtung des Verbots von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum, sowie des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, begangen am 2. Mai 2020 und am 16. Mai 2020 in Bern, schuldig. Das Obergericht bestrafte sie ebenfalls mit einer Busse von Fr. 465.--.
C.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt im Wesentlichen, die Dispositiv-Ziffern II.1 und II.2 des Urteils des Obergerichts des Kantons Bern vom 7. März 2022 seien aufzuheben. Sie sei von Schuld und Strafe freizusprechen.
D.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern liess sich innert Frist nicht vernehmen, während das Obergericht des Kantons Bern auf eine Stellungnahme verzichtet.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht hat die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens beigezogen. Dem diesbezüglichen Verfahrensantrag der Beschwerdeführerin ist insofern Genüge getan (Beschwerde S. 2).
2.
2.1. Art. 118 Abs. 2 lit. b BV überträgt dem Bund eine umfassende, nachträglich derogatorische Zuständigkeit für die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren (BGE 148 I 33 E. 5.3, 19 E. 4.3; 139 I 242 E. 3.1; je mit Hinweisen). Unter anderem gestützt auf diese Bestimmung erliess der Bundesgesetzgeber das Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101). Das 5. Kapitel des Gesetzes ("Bekämpfung") sieht in seinem ersten (Art. 30-39) und zweiten Abschnitt (Art. 40) Massnahmen vor, welche die zuständigen kantonalen Behörden anordnen können. In der besonderen Lage kann der Bundesrat nach Anhörung der Kantone bestimmte Massnahmen anordnen (Art. 6 Abs. 2 EpG). In der ausserordentlichen Lage kann er für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen (Art. 7 EpG). Der Vollzug des Gesetzes obliegt den Kantonen, soweit nicht der Bund zuständig ist (Art. 75 EpG), auch für die vom Bundesrat nach Art. 6 oder 7 EpG erlassenen Massnahmen (Art. 102 Abs. 2 der Verordnung vom 29. April 2015 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen [Epidemienverordnung, EpV; SR 818.101.1]).
Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass grundsätzlich sowohl die Kantone als auch (in der besonderen und ausserordentlichen Lage) der Bundesrat Massnahmen zur Bekämpfung ansteckender Krankheiten anordnen können (BGE 148 I 33 E. 5.3, 19 E. 4.3).
2.2.
2.2.1. Am 28. Februar 2020 stufte der Bundesrat die Lage in der Schweiz wegen der aktuellen Situation und der Ausbreitung des Coronavirus als "besondere Lage" gemäss Art. 6 EpG ein (vgl. Medienmitteilung des Bundesrats vom 28. Februar 2020). Gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. b EpG erliess er die Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19; AS 2020 573), die dem Recht der besonderen und ausserordentlichen Lagen zuzurechnen ist (BENJAMIN MÄRKLI, Die «Corona-Verordnung» des Bundesrats vom 28. Februar 2020, in: Jusletter vom 9. März 2020, Rz. 2; ANDREAS STÖCKLI, Regierung und Parlament in Pandemiezeiten, in: Pandemie und Recht, Sondernummer ZSR 2020, S. 9 ff., S. 11). Diese Verordnung, die lediglich fünf Artikel umfasste und mit der vor allem ein schweizweites Veranstaltungsverbot verhängt wurde (WOHLERS/HENEGHAN/PETERS, Strafrecht in Zeiten der Pandemie, 2021, S. 41), d.h. ein Verbot öffentlicher und privater Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen (ANDREAS KLEY, «Ausserordentliche Situationen verlangen nach ausserordentlichen Lösungen.» - Ein staatsrechtliches Lehrstück zu Art. 7 EpG und Art. 185 Abs. 3 BV, in: ZBl 5/2020, S. 268; GIOVANNI BIAGGINI, «Notrecht» in Zeiten des Coronavirus - Eine Kritik der jüngsten Praxis des Bundesrats zu Art. 185 Abs. 3 BV, in: ZBl 5/2020, S. 240 f.), trat am 28. Februar 2020 um 14.00 Uhr in Kraft und galt bis zum 15. März 2020 (vgl. Art. 5 der COVID-19-Verordnung). Sie wurde durch die Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) vom 13. März 2020 (COVID-19-Verordnung 2; SR 818.101.24) ersetzt. Zudem erfolgte die allgemeine Empfehlung beispielsweise zur strikten Einhaltung der "Social Distancing"-Massnahmen.
2.2.2. Angesichts der beschleunigten Ausbreitung des Coronavirus stufte der Bundesrat am 16. März 2020 die Situation in der Schweiz neu als "ausserordentliche Lage" gemäss Epidemiengesetz ein (siehe Art. 7 EpG) und verschärfte die schweizweiten Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung weiter (vgl. Medienmitteilung des Bundesrats vom 16. März 2020; FRÉDÉRIC BERNARD, La répartition des compétences entre la Confédération et les cantons en situation de pandémie, in: Pandemie und Recht, Sondernummer ZSR 2020, S. 55 ff., S. 62 bemerkt in diesem Zusammenhang, der Bundesrat habe mit der Ausrufung der ausserordentlichen Lage nicht nur der rasanten Verschlechterung der epidemiologischen Situation in der Schweiz Rechnung getragen, sondern damit auch der Forderung der Bevölkerung und mehrerer Kantone entsprochen, Bern solle die Kontrolle über den Kampf gegen die Pandemie übernehmen). Die Bestimmungen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie wurden wegen der äusserst dynamischen Entwicklung des Infektionsgeschehens fortlaufend geändert (Urteil 1B_618/2021 vom 15. Februar 2022 E. 4.4.1). Dies war auch bei der COVID-19-Verordnung 2 der Fall, die sehr häufig revidiert wurde (vgl. Sachverhalt A. im Urteil 1C_524/2020 vom 12. August 2021; FRÉDÉRIC BERNARD, a.a.O., S. 62). Die realpolitisch breite Akzeptanz des Notverordnungsrechts des Bundesrates zur unmittelbaren, dringlichen Bekämpfung der Covid-19-Pandemie (hierzu IOLE FARGNOLI/MARIA LAPADULA, Nicht mehr als fünf, in: Jusletter vom 25. Mai 2020, Rz. 8 ff., welche die Informationen von mehreren Kantonen betreffend Umsetzung des Ansammlungsverbots gemäss der COVID-19-Verordnung 2 gesammelt haben) hat mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie vom 25. September 2020 (Covid-19-Gesetz; SR 818.102) durch die Eidgenössischen Räte eine neue, grundsätzlich unterstützende Dimension erhalten (SUSANNE KUSTER, Navigieren auf Sicht, in: Jusletter vom 15. Februar 2021, Rz. 7 und Rz. 30).
2.3.
2.3.1. Die in den hier relevanten Tatzeitpunkten, 2. und 16. Mai 2020, geltende Fassung der Normen der COVID-19-Verordnung 2, die der Verurteilung der Beschwerdeführerin zugrunde liegen, lautet:
Menschenansammlungen von mehr als 5 Personen im öffentlichen Raum, namentlich auf öffentlichen Plätzen, auf Spazierwegen und in Parkanlagen, sind verboten (Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2; Stand am 30. April 2020).
Menschenansammlungen von mehr als 5 Personen im öffentlichen Raum, namentlich auf öffentlichen Plätzen, auf Spazierwegen und in Parkanlagen, sind verboten; ausgenommen sind Ansammlungen von Schulkindern auf Pausenplätzen (Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2; Stand am 14. Mai 2020).
Mit Busse wird bestraft, wer gegen das Verbot von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum nach Artikel 7c verstösst (Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2; Stand am 30. April 2020 bzw. 14. Mai 2020).
2.3.2. Vorliegend ebenfalls massgeblich sind folgende Bestimmungen (Stand am 30. April 2020) :
Es ist verboten, öffentliche oder private Veranstaltungen, einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten durchzuführen (Art. 6 Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2). Nach Art. 7 COVID-19-Verordnung 2 kann die zuständige kantonale Behörde Ausnahmen von den Verboten nach den Artikeln 5 [Schulen, Hochschulen und weitere Ausbildungsstätten] und 6 [Veranstaltungen und Betriebe] bewilligen, wenn: (a.) überwiegende öffentliche Interessen dies gebieten, beispielsweise für Bildungseinrichtungen und bei Versorgungproblemen; und (b.) von der Ausbildungsinstitution, dem Veranstalter oder dem Betreiber ein Schutzkonzept vorgelegt wird, das folgende Präventionsmassnahmen umfasst: (1.) Massnahmen zum Ausschluss von Personen, die krank sind oder sich krank fühlen, (2.) Massnahmen zum Schutz von besonders gefährdeten Personen, (3.) Massnahmen zur Information der anwesenden Personen über allgemeine Schutzmassnahmen wie Händehygiene, Abstandhalten oder Husten- und Schnupfenhygiene, (4.) Anpassung der räumlichen Verhältnisse so, dass die Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und soziale Distanz eingehalten werden können.
2.3.3. Beim Verbot von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum und beim Veranstaltungsverbot handelt es sich um sog. Primärmassnahmen (siehe ANDREAS STÖCKLI, a.a.O., S. 21). Darunter werden alle Massnahmen verstanden, die sich direkt gegen die Epidemie richten, d.h. der Bekämpfung der Krankheit oder der Prävention dienen (vgl. Erläuternder Bericht des Bundesamtes für Justiz vom 19. Juni 2020 zum Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie [Covid-19-Gesetz], S. 4 f.; BRUNNER/WILHELM/UHLMANN, Das Coronavirus und die Grenzen des Notrechts, AJP 6/2020, S. 685 ff., S. 694; SUSANNE KUSTER, a.a.O., Fn. 15).
3.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht geltend macht, der Bundesrat habe in der COVID-19-Verordnung 2 keine Strafbestimmung schaffen dürfen (vgl. Urteil S. 10 f. E. 17.1) oder die strittige Massnahme beruhe nicht auf einer (hinreichenden) gesetzlichen Grundlage (hierzu etwa WOHLERS/HENEGHAN/PETERS, a.a.O., S. 37 f., S. 85 ff. und S. 103 ff.; EGE/ESCHLE, Das Strafrecht in der Krise, in: sui-generis 2020, S. 282 ff.; TRÜMPLER/UHLMANN, Problemstellungen und Lehren aus der Corona-Krise aus staats- und verwaltungsrechtlicher Sicht, in: Helbing Lichtenhahn Verlag [Hrsg.], COVID-19, Ein Panorama der Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2020, S. 576 ff.; MARCEL ALEXANDER NIGGLI, in: NZZ vom 16. April 2020, Gastkommentar "Corona-Krise: Warum der Bundesrat keine Strafen erlassen darf"; ANDREAS STÖCKLI, a.a.O., S. 25 f.; zum Vergehenstatbestand in der COVID-19-Verordnung 2: MICHEL VERDE, Das Legalitätsprinzip und die Strafnorm Art. 10f Abs. 1 Covid-19-Verordnung 2, in: Jusletter vom 10. Mai 2021). Darauf ist im vorliegenden Verfahren daher nicht weiter einzugehen.
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots. Der Begriff der "Menschenansammlung" in Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 sei nicht genügend bestimmt. Die Vorinstanz verwechsle den Begriff Ansammlung mit demjenigen der Versammlung. Dieselbe begriffliche Ungenauigkeit zeige sich auch in den Erläuterungen des Bundesamtes für Gesundheit vom 8. Mai 2020. Dass sie an einer Versammlung teilgenommen habe, ändere nichts an der mangelnden Bestimmtheit des pauschalen Verbots von Menschenansammlungen. Eine Konkretisierung des unbestimmten Tatbestandselements "Menschenansammlung" in Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 sei im Einzelfall ohne Willkür nicht möglich, weshalb das Legalitätsprinzip verletzt sei. Das Verbot von Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum in Art. 7c Abs. 1 i.V.m. Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2 sei viel zu unbestimmt, in der Praxis nicht umsetzbar und damit bundesrechtswidrig (Verstoss gegen Art. 1 StGB, Art. 8, Art. 9 und Art. 22 BV ) sowie völkerrechtswidrig (Art. 7 und Art. 11 EMRK ; Beschwerde S. 5 ff.).
4.2. Die Vorinstanz erwägt hinsichtlich der Frage des anwendbaren Rechts zusammengefasst, die COVID-19-Verordnung 2 habe kraft expliziter Regelung und nach ihrem Inhalt sowie Zweck nur für eine begrenzte Dauer Geltung. Sie sei per 22. Juni 2020 aufgehoben worden. Deshalb sei sie als Zeitgesetz im Sinne der Rechtsprechung zu qualifizieren (Urteil S. 12 E. 17.3). Weiter gelangt die Vorinstanz zum Schluss, der Bundesrat habe im konkreten Fall auf Verordnungsstufe Übertretungstatbestände schaffen dürfen (Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2). Die fragliche Verordnung sei verfassungsrechtlich abgestützt und bilde eine genügende gesetzliche Grundlage (Urteil S. 12 ff. E. 17.4).
Ferner hält die Vorinstanz im Wesentlichen fest, der in Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 enthaltene Begriff der Menschenansammlung und das damit verbundene Verbot in Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2 seien insgesamt und mit Rücksicht auf die massgebenden Kriterien gemäss Rechtsprechung genügend bestimmt, damit Bürgerinnen sowie Bürger und somit auch die Beschwerdeführerin ihr Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens hätten bzw. habe erkennen können (Urteil S. 15 f. E. 17.5).
4.3.
4.3.1. Im Strafrecht gilt das Legalitätsprinzip. Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt (Art. 1 StGB). Der Grundsatz der Legalität ("nulla poena sine lege") ist auch in Art. 7 EMRK ausdrücklich verankert. Er ist verletzt, wenn jemand wegen eines Verhaltens strafrechtlich verfolgt wird, das im Gesetz überhaupt nicht als strafbar bezeichnet wird; wenn das Gericht ein Verhalten unter eine Strafnorm subsumiert, unter die es auch bei weitestgehender Auslegung der Bestimmung nach den massgebenden Grundsätzen nicht subsumiert werden kann; oder wenn jemand in Anwendung einer Strafbestimmung verfolgt wird, die rechtlich keinen Bestand hat (BGE 148 IV 30 E. 1.3.1; 145 IV 513 E. 2.3.1; 138 IV 13 E. 4.1; Urteile 6B_30/2021 vom 9. Dezember 2022 E. 3.3.4; 6B_22/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 6.2.1; je mit Hinweisen).
4.3.2. Das Bestimmtheitsgebot ("nulla poena sine lege certa") als Teilgehalt des Legalitätsprinzips, welches auch im Nebenstrafrecht gilt, verlangt eine hinreichend genaue Umschreibung der Straftatbestände. Das Gesetz muss so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann (BGE 147 I 354 E. 6.3.1; 146 I 11 E. 3.1.2; 145 IV 513 E. 2.3.1; je mit Hinweisen). Dass der Gesetzgeber allgemeine Begriffe verwendet, die nicht eindeutig allgemeingültig umschrieben werden können und deren Auslegung und Anwendung er der Praxis überlassen muss, lässt sich indes nicht vermeiden (BGE 145 IV 329 E. 2.2; 141 IV 279 E. 1.3.3; 138 IV 13 E. 4.1; Urteil 6B_600/2020 vom 7. September 2020 E. 5.6).
4.3.3. Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, d.h. nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode. Das Bundesgericht befolgt einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Bei der Auslegung neuerer Bestimmungen kommt den Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis in dieser Situation eine von den Materialien abweichende Lösung kaum nahelegen (vgl. BGE 148 IV 247 E. 3, 96 E. 4.4.1; 146 II 201 E. 4.1; je mit Hinweisen).
4.3.4. Gemäss Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 sind Menschenansammlungen ("les rassemblements", "gli assembramenti") von mehr als 5 Personen im öffentlichen Raum, namentlich auf öffentlichen Plätzen, auf Spazierwegen und in Parkanlagen, verboten (Stand am 30. April 2020). Wer gegen das Verbot von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum nach Artikel 7c verstösst, wird nach Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2 mit Busse bestraft (Stand am 30. April 2020 bzw. 14. Mai 2020). Mit Änderung des Art. 7c der COVID-19-Verordnung 2 vom 29. April 2020 (Transitionsschritt 2: Schulen und Einkaufsläden sowie Sportbereich, in Kraft seit dem 11. Mai 2020, AS 2020 1401) fügte der Bundesrat dem Verbot von Menschenansammlungen von mehr als 5 Personen im öffentlichen Raum den Zusatz "ausgenommen sind Ansammlungen von Schulkindern auf Pausenplätzen" bei.
4.4. Das Bundesgericht kann die COVID-19-Verordnung 2, eine Verordnung des Bundesrats, hier vorfrageweise im Rahmen einer inzidenten Normenkontrolle auf ihre Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit hin prüfen (Beschwerde S. 6 f.; siehe hierzu etwa Urteile 2C_30/2021 vom 19. Januar 2021 E. 2.3; 2C_776/2020 vom 23. September 2020 E. 2.2; 2C_280/2020 vom 15. April 2020 E. 2.2, die auf die Unzulässigkeit der abstrakten Kontrolle einer solchen Verordnung hinweisen; RETO WALTHER, Entscheidbesprechung des EGMR Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 15. März 2022, Nr. 21881/20, AJP 12/2022, S. 1343 ff.; GIUSEPPE MUSCHIETTI, CourEDH: Contrôle abstrait de conventionnalité?, in: "Justice - Justiz - Giustizia" 2022/2, Rz. 10; EGE/ESCHLE, a.a.O., S. 284; TRÜMPLER/UHLMANN, a.a.O., S. 584; ANDREAS STÖCKLI, a.a.O., S. 45).
4.5. Die Rüge der Verletzung des Bestimmtheitsgebots ist unbegründet.
Zunächst weist die Beschwerdeführerin zwar zutreffend darauf hin, dass sich in der COVID-19-Verordnung 2 selber und in den Erläuterungen dazu (Erläuterungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG zur Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus [COVID-19-Verordnung 2; Fassung vom 20. März 2020]) keine Legaldefinition des Begriffs Menschenansammlung findet (Beschwerde S. 5). Erst in den Erläuterungen des Eidgenössischen Departements des Innern EDI zur Covid-19-Verordnu ng besondere Lage vom 19. Juni 2020 (Stand: 21. Oktober 2020) wird der Begriff Ansammlung - insbesondere in Abgrenzung zur Veranstaltung - definiert (WOHLERS/HENEGHAN/PETERS, a.a.O., S. 51). Demnach sind Menschenansammlungen in aller Regel nicht geplant oder organisiert, sondern ergeben sich spontan bzw. auf losen Kontakt hin und haben keinen bestimmten Ablauf (Erläuterungen des EDI zur Covid-19-Verordnung besondere Lage vom 19. Juni 2020 [Stand: 21. Oktober 2020], zu Artikel 3c). Auch ohne eine entsprechende Legaldefinition im Gesetz i st die vorliegend massgebliche Bestimmung nicht unbestimmter als andere Straftatbestände (WOHLERS/HENEGHAN/PETERS, a.a.O., S. 93) und hält sich im üblichen Rahmen von auslegungsbedürftigen Tatbeständen (EGE/ESCHLE, a.a.O., S. 291). Welche Anforderungen an eine Strafnorm zu stellen sind, hängt unter anderem von der Komplexität der Regelungsmaterie und der angedrohten Strafe ab (BGE 145 IV 513 E. 2.3.3; 138 IV 13 E. 4.1; je mit Hinweis). Hier handelt es sich um ein im Rahmen der Massnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie angeordnetes Verbot von Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum, wobei eine diesbezügliche Widerhandlung mit einer Busse zu bestrafen ist (Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2). Die Busse kann dabei nach Art. 10f Abs. 3 COVID-19-Verordnung 2 auf Fr. 100.-- festgelegt und im Ordnungsbussenverfahren ausgesprochen werden. Vorliegend handelt es sich somit um einen Übertretungstatbestand. Die Eingriffsintensität der angedrohten Sanktion fällt eher gering aus, weshalb die Anforderungen an die Bestimmtheit auch weniger streng sind.
Unter "Ansammlung" ("les rassemblements", "gli assembramenti") wird gemäss Duden eine Menschenmenge, die sich angesammelt hat, und unter "Versammlung" ("le réunion", "la riunione", vgl. Art. 22 BV) mehrere, meist eine grössere Anzahl von Personen, die sich zu einem bestimmten Zweck versammelt haben, verstanden (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 9. Aufl. vom 2019, S. 163 und S. 1942). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gehören zu den Versammlungen im Sinne von Art. 22 BV unterschiedliche Arten des Zusammenfindens von Menschen im Rahmen einer gewissen Organisation zu einem weit verstandenen gegenseitig meinungsbildenden oder -äussernden Zweck (BGE 148 I 19 E. 5.1; 147 I 161 E. 4.2; 144 I 281 E. 5.3.1). Gemeinsam ist den beiden Ausdrücken, dass sowohl die Ansammlung, als auch die Versammlung begriffsnotwendig mehr als eine Person umfassen. Während das Zusammenkommen dieser zwei oder mehr Personen auch bei einer Versammlung nicht rechtlich organisiert sein muss, ist bei einer Versammlung, im Gegensatz zur Ansammlung, dennoch eine gewisse Organisation vorausgesetzt. Bloss spontane oder zufällige Anwesenheiten von zwei oder mehr Personen gelten nicht als Versammlung, können aber eine Ansammlung darstellen. Schliesslich dient eine Versammlung einem weit verstandenen gegenseitig meinungsbildenden oder -äussernden Zweck, wobei dieser auch in einem losen Zusammenkommen in freundschaftlicher, unterhaltender bzw. kommunikativer Absicht bestehen kann (zum Versammlungsbegriff im Sinne von Art. 22 BV CHRISTOPH ERRASS, in: St. Galler Kommentar, Die schweizerische Bundesverfassung, 4. Aufl. 2023, N. 10 ff. zu Art. 22 BV mit zahlreichen Hinweisen; MAYA HERTIG, in: Basler Kommentar zur Bundesverfassung, 2015, N. 3 ff. zu Art. 22 BV; PATRICE MARTIN ZUMSTEG, Kommentierung zu Art. 22 BV, in: Schlegel/Ammann [Hrsg.], Onlinekommentar zur Bundesverfassung - Version: 8. September 2023, N. 3 ff. zu Art. 22 BV). Bei einer Ansammlung wird eine gemeinsame Zweckverfolgung dagegen nicht vorausgesetzt. Obwohl der Begriff Ansammlung somit offensichtlich weiter ist als derjenige der Versammlung, werden die beiden Ausdrücke im allgemeinen Sprachgebrauch teilweise als Synonyme verwendet (Beschwerde S. 5 f.; Duden - Das Synonymwörterbuch, 6. Aufl. vom 2014, S. 1019; vgl. auch die Ausführungen des BAG in den Erläuterungen zur V erordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus [COVID-19-Verordnung 2; Fassung vom 20. März 2020] zum Inhalt von Artikel 7c, wo von Menschenansammlungen, von Versammlungen und vom Versammlungsverbot die Rede ist, wobei diese Bezeichnungen synonym verwendet werden.).
Nach dem Dargelegten ist festzuhalten, dass der Begriff Ansammlung wesentlich weiter ist als derjenige der Versammlung und somit als Oberbegriff bezeichnet werden kann. Dies bedeutet - entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin - aber keineswegs, dass der Begriff Ansammlung deswegen unbestimmt ist. Denn eine Menschenansammlung umfasst jeweils mehr als eine Person, ist in aller Regel nicht geplant oder organisiert, sondern ergibt sich spontan oder auf losen Kontakt hin und hat keinen bestimmten Ablauf. Damit kann schliesslich der Vorinstanz nicht gefolgt werden, wenn sie erwägt, beim zufälligen Zusammentreffen von verschiedenen, unter sich unabhängigen Personen, beispielsweise auf Märkten, Tramhaltestellen etc., handle es sich nicht um Menschenansammlungen im Sinne von Art. 7c Abs. 1 resp. Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2 (Urteil S. 16 E. 17.5).
Insgesamt erweist sich die Rüge der Verletzung des Bestimmtheitsgebots als unbegründet. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.
5.
5.1. Weiter macht die Beschwerdeführerin eine unverhältnismässige Einschränkung der Versammlungsfreiheit (Art. 22 BV, Art. 11 EMRK und Art. 21 UNO-Pakt II [SR 0.103.2]) geltend. Die vorinstanzliche Verhältnismässigkeitsprüfung halte vor Bundes- und Völkerrecht nicht stand. Die Erwägungen der Vorinstanz würden dem hohen Stellenwert der Versammlungsfreiheit nicht gerecht. So sei zunächst schon mehr als zweifelhaft, ob im Frühling 2020 tatsächlich eine gesundheitlich bedrohliche Situation vorgelegen habe. Laut Situationsbericht des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vom 8. April 2020 seien in der Schweiz bis zum damaligen Zeitpunkt 705 Personen gestorben, die positiv auf die Corona-Viren getestet worden seien. Dabei habe der Altersmedian bei 84 Jahren gelegen. Von den 682 verstorbenen Personen, für die vollständige Daten vorhanden gewesen seien, hätten 98 % an mindestens einer Vorerkrankung gelitten. Eine Unterscheidung danach, ob diese Personen an und nicht nur mit COVID-19 gestorben seien, sei nicht erfolgt. Somit gäbe es schon im ersten Quartal 2020, also auf dem Höhepunkt der Krise, keine Hinweise auf eine Übersterblichkeit in der Schweiz. Weiter stelle sich die Frage, ob angesichts des in der COVID-19-Verordnung 2 vorgesehenen Mindestabstandsgebots zusätzlich ein Verbot von Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen erforderlich gewesen sei. Im Lichte der besonderen Bedeutung der Versammlungsfreiheit sei das zu verneinen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sei in seinem Urteil vom 15. März 2022 zum gleichen Ergebnis gelangt und erachte die in der COVID-19-Verordnung 2 angeordneten Versammlungsverbote im öffentlichen Raum für konventionswidrig, der Eingriff in Art. 11 EMRK sei nicht verhältnismässig (Urteil des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 15. März 2022, Nr. 21881/20). Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass Art. 7c Abs. 1 i.V.m. Art. 10f Abs. 2 lit. a COVID-19-Verordnung 2 als unverhältnismässig zu qualifizieren sei und gegen Art. 22 BV sowie Art. 11 EMRK und Art. 21 UNO-Pakt Il verstosse (Beschwerde S. 8 ff.). Das Urteil der Vorinstanz verletze damit auf jeden Fall Bundesrecht, da es entweder zu Unrecht die Verhältnismässigkeit im engeren Sinn bejahe oder ebenfalls zu Unrecht den Eingriff in den Kerngehalt der Versammlungsfreiheit verneine (Beschwerde S. 13 ff.).
5.2. Betreffend Verfassungsmässigkeit/Grundrechtsprüfung führt die Vorinstanz aus, es sei unbestritten, dass das vom Bundesrat in der COVID-19-Verordnung 2 erlassene Verbot von Menschenansammlungen den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit (Art. 22 BV) tangiere. Für das Verbot von Menschenansammlungen bestehe gestützt auf Art. 10f Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Art. 7 EpG bzw. Art. 185 Abs. 3 BV ermächtige den Bundesrat zum Erlass der COVID-19-Verordnung 2, wobei entsprechende Notverordnungen gemäss herrschender Lehre und bundesgerichtlicher Praxis auch schwere Grundrechtseingriffe vorsehen könnten. Das Verbot von Menschenansammlungen habe offensichtlich im öffentlichen Interesse (Schutz der öffentlichen Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) gelegen.
Die Vorinstanz kommt zum Schluss, das Verbot von Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum gemäss Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 sei geeignet gewesen, die Verbreitung des Coronavirus zu reduzieren. Ausserdem sei es im damaligen Zeitpunkt erforderlich gewesen, sei es doch in erster Linie um die Minimierung gewichtiger Risiken im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit und damit auch der öffentlichen Sicherheit sowie Ordnung gegangen. Durch die fragliche Begrenzung von Menschenansammlungen auf fünf Personen sei die Versammlungsfreiheit zwar eingeschränkt gewesen, mit Blick auf die damalig unsichere Lage seien die öffentlichen Interessen (insbesondere Schutz der öffentlichen Gesundheit) indes höher zu gewichten. Die entsprechende Massnahme sei unter den gegebenen Umständen auch zumutbar gewesen. Verboten seien im vorliegend relevanten Zeitraum (nur) Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum gewesen. Ein generelles Verbot jeglicher Ansammlungen habe damit nicht vorgelegen, weshalb das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht in seinem Kerngehalt verletzt worden sei. Das Verbot sei in der damaligen Lage zum Schutz der öffentlichen Interessen gerechtfertigt und darüber hinaus zeitlich befristet gewesen. Von einem absoluten Verbot von Versammlungen und/oder einem Eingriff in den Kerngehalt von Art. 22 BV könne keine Rede sein (Urteil S. 16 ff. E. 17.6).
5.3.
5.3.1. Die Versammlungsfreiheit wird durch Art. 22 BV sowie Art. 11 EMRK und Art. 21 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) gewährleistet. Massgebend ist dabei Art. 22 BV bzw. die dazugehörige Rechtsprechung, da die Garantien gemäss Art. 11 EMRK und Art. 21 UNO-Pakt II hinsichtlich Inhalt und Umfang des Schutzes nicht über die Gewährleistung der Bundesverfassung hinausgehen (BGE 148 I 19 E. 5.1; 147 I 161 E. 4.2). Dies gilt auch in Bezug auf Kundgebungen auf öffentlichem Grund (BGE 148 I 19 E. 5.1; 132 I 256 E. 3 i.f.; 127 I 164 E. 3d i.f.).
Gemäss Art. 22 Abs. 2 BV hat jede Person das Recht, Versammlungen zu organisieren, daran teilzunehmen oder davon fernzubleiben. Zu den Versammlungen gehören unterschiedliche Arten des Zusammenfindens von Menschen im Rahmen einer gewissen Organisation zu einem weit verstandenen gegenseitig meinungsbildenden oder meinungsäussernden Zweck (BGE 148 I 19 E. 5.1; 147 I 161 E. 4.2; 144 I 281 E. 5.3.1). Die Versammlungsfreiheit bildet eine zentrale Voraussetzung für die freie demokratische Willensbildung und die Ausübung der politischen Rechte und ist ein unentbehrlicher Bestandteil jeder demokratischen Verfassungsordnung (BGE 148 I 19 E. 5.1 mit Hinweis).
5.3.2. Kundgebungen bzw. Demonstrationen zeichnen sich gegenüber anderen Versammlungen insbesondere durch ihre spezifische Appellfunktion aus, d.h. durch das Ziel, die Öffentlichkeit auf ein Anliegen der Teilnehmer aufmerksam zu machen (BGE 148 I 19 E. 5.2 mit Hinweisen). Die Besonderheit politischer Kundgebungen besteht unter anderem darin, dass sie zur demokratischen Meinungsbildung beitragen, indem auch Anliegen und Auffassungen in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht werden können, die innerhalb der bestehenden demokratischen Verfahren oder Einrichtungen weniger zum Ausdruck kommen (BGE 148 I 19 E. 5.2; 127 I 164 E. 3c/d; 107 Ia 64 E. 3b). Das Bundesgericht hat seit jeher im Zusammenhang mit Demonstrationen auf den hohen Stellenwert hingewiesen, welcher der Versammlungsfreiheit aufgrund deren zentralen Bedeutung für die Meinungsbildung in einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, besonders auch in politisch unruhigen Zeiten, zukommt (BGE 148 I 19 E. 5.2).
5.3.3. Nach Art. 36 Abs. 1 BV bedürfen Einschränkungen von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst (d.h. im formellen Gesetz, BGE 148 I 33 E. 5.1; 145 I 156 E. 4.1; 143 I 253 E. 4.8 f. und E. 5) vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. Für leichte Eingriffe reicht eine Grundlage im kompetenzgemäss erlassenen Verordnungsrecht (BGE 148 I 33 E. 5.1; 146 I 11 E. 3.3; 145 I 156 E. 4.1). Je gewichtiger ein Grundrechtseingriff ist, desto höher sind die Anforderungen an Normstufe und Normdichte. Schwere Grundrechtseingriffe benötigen eine klare und genaue Grundlage im Gesetz selbst (BGE 148 I 33 E. 5.1; 147 I 103 E. 14.2; 139 I 280 E. 5.1). Das formelle Gesetz muss selber die erforderliche Bestimmtheit aufweisen; auch wenn es den Inhalt der zulässigen Grundrechtseingriffe nicht detailliert regeln muss, hat sich dieser doch aus dem Gesetz zu ergeben bzw. muss unmittelbar darauf zurückgeführt werden können (BGE 148 I 33 E. 5.1; 143 I 253 E. 6.1 und 6.3).
5.3.4. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die Verfassungsmässigkeit von Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie auf der Basis des Kenntnisstandes zum Zeitpunkt der Anordnung der Massnahme (vorliegend: 30. April 2020 bzw. 14. Mai 2020) zu beurteilen. Eine Massnahme kann nicht schon deshalb als unrechtmässig betrachtet werden, weil sie bei besserer Kenntnis aus der Retrospektive allenfalls nicht optimal erscheint. Dies wäre ein unzulässiger Rückschaufehler (vgl. BGE 148 I 89 E. 7.4; 147 I 450 E. 3.2.7 mit Hinweisen).
5.4. Auch wenn vorliegend nicht das ebenfalls in der COVID-19-Verordnung 2 vorgesehene Veranstaltungsverbot (Art. 6 Abs. 1) zu beurteilen ist (E. 2.3.2), ist es offensichtlich und hier denn auch unbestritten, dass das mit der COVID-19-Verordnung 2 angeordnete Verbot von Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum, deren (mehrfache) Missachtung der Beschwerdeführerin angelastet wird, ebenso wie das generelle Veranstaltungsverbot einen schweren Eingriff in die Versammlungsfreiheit bewirkt (vgl. BGE 148 I 33 E. 5.1 betreffend Verbot für politische und zivilgesellschaftliche Kundgebungen von mehr als 15 Personen; BGE 147 I 450 E. 3.1 in Bezug auf ein generelles Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 10 bzw. 30 Personen; BGE 142 I 121 E. 3.3 bezüglich der mehrstündigen Festhaltung eines potentiellen Teilnehmers einer bevorstehenden unbewilligten Demonstration im Rahmen einer polizeilichen Einkesselung und die anschliessende Festhaltung zur sicherheitspolizeilichen Überprüfung; BGE 103 Ia 310 E. 3b zu einem Verbot für politische Versammlungen auf dem Gebiet einer Gemeinde; ANDREAS ZÜND/CHRISTOPH ERRASS, Pandemie - Justiz - Menschenrechte, in: Pandemie und Recht, Sondernummer ZSR 2020, S. 69 ff., S. 85).
Allerdings gilt die Versammlungsfreiheit nicht absolut. So darf ihre Ausübung eingeschränkt werden, soweit diese Einschränkungen gesetzlich vorgesehen und beispielsweise zum Schutz der Gesundheit notwendig sind (Art. 11 Ziff. 2 Satz 1 EMRK; Urteil 6B_137/2023 vom 20. Oktober 2023 E. 4.3.2). Grundrechtseinschränkungen sind zulässig, wenn sie eine hinreichende gesetzliche Grundlage haben, durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sind, verhältnismässig sind und den Kerngehalt nicht antasten (Art. 36 BV).
Die Beschwerdeführerin macht im vorliegenden Verfahren nicht geltend, es fehle an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (E. 3; vgl. hierzu ANDREAS STÖCKLI, a.a.O., S. 20 und S. 47). Die in der COVID-19-Verordnung 2 vorgesehenen Massnahmen dienen nach deren Art. 1 Abs. 2 dazu, die Verbreitung des Coronavirus in der Schweiz zu verhindern oder einzudämmen (a.), die Häufigkeit von Übertragungen zu reduzieren, Übertragungsketten zu unterbrechen und lokale Ausbrüche zu verhindern oder einzudämmen (b.); besonders gefährdete Personen zu schützen (c.) und die Kapazitäten der Schweiz zur Bewältigung der Epidemie sicherzustellen, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Bedingungen für eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Pflege und Heilmitteln (d.). Das Bundesgericht hat mehrfach festgehalten, dass das Ziel, die Ausbreitung des Corona-Virus zu begrenzen, im öffentlichen Interesse liegt (BGE 148 I 89 E. 7, 33 E. 6.5, 19 E. 5.4; 147 I 450 E. 3.3.1). Nachfolgend sind daher lediglich noch die Verhältnismässigkeit und die Respektierung des Kerngehalts der Versammlungsfreiheit näher zu prüfen.
5.5. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verlangt, dass eine Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar erweist. Es muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen (BGE 147 I 450 E. 3.2.3; 146 I 157 E. 5.4; 143 I 403 E. 5.6.3; je mit Hinweisen; vgl. Urteile 2C_115/2021 vom 21. Februar 2022 E. 6.1; 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.2, nicht publ. in BGE 148 I 89). Dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz kommt besondere Bedeutung zu für die harmonisierende Konkretisierung sich möglicherweise widersprechender verfassungsrechtlicher Vorgaben, wie z.B. dem Schutz von Leben und Gesundheit einerseits und den zu diesem Zweck verhängten Grundrechtsein- oder -beschränkungen andererseits (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.3 mit Hinweisen; Urteile 2C_115/2021 vom 21. Februar 2022 E. 6.1; 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.2, nicht publ. in BGE 148 I 89). Auch soweit eine grundrechtliche Schutzpflicht des Staates zur Abwehr von Gesundheitsgefährdungen besteht, können nicht beliebig strenge Massnahmen getroffen werden, um jegliche Krankheitsübertragung zu verhindern. Vielmehr ist nach dem akzeptablen Risiko zu fragen und eine Abwägung zwischen den involvierten Interessen vorzunehmen (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.3 mit Hinweisen; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.2, nicht publ. in BGE 148 I 89).
5.5.1. Das Element der Erforderlichkeit verlangt, dass das angestrebte Ziel nicht mit weniger einschneidenden Massnahmen erreicht werden kann (BGE 142 I 49 E. 9.1; 140 I 2 E. 9.2.2; Urteile 2C_115/2021 vom 21. Februar 2022 E. 6.2; 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.3, nicht publ. in BGE 148 I 89). Je einschneidendere Massnahmen getroffen werden, desto wirksamer lassen sich die Risiken begrenzen, desto stärker sind in der Regel aber auch die unerwünschten Auswirkungen der Massnahmen. Insoweit lässt sich das Element der Erforderlichkeit nicht trennen von der Prüfung der sog.
Verhältnismässigkeit im engeren Sinne, d.h. der Zweck-Mittel-Relation (Urteil 2C_228/2021 vom 23. November 2021 E. 4.5) : Die angeordneten Massnahmen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken stehen, die mit diesen Massnahmen vermieden werden. Soweit möglich, sind die Risiken zu quantifizieren; dabei ist nicht nur auf die denkbaren worst-case-Szenarien abzustellen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit dieser Szenarien zu berücksichtigen. Umgekehrt müssen auch die negativen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen der Massnahmen berücksichtigt werden und schliesslich die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Auch in Bezug auf die im Gefolge der Corona-Krise angeordneten Massnahmen hat die Verhältnismässigkeit eine grosse Bedeutung. Es muss geprüft werden, wie hoch Schwere und Eintretenswahrscheinlichkeit der drohenden Krankheiten sind, ob die angeordneten Massnahmen geeignet sind, um die Verbreitung zu verhindern, und wie die Relation der negativen Konsequenzen der Krankheiten zu denjenigen der angeordneten Massnahmen ist; dabei ist der aktuelle Stand der Wissenschaft zu berücksichtigen. Die Massnahmen dürfen zudem nur solange dauern, wie es notwendig ist, um die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit zu verhindern (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.4 mit Hinweisen; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.3, nicht publ. in BGE 148 I 89).
5.5.2. Das Bundesgericht prüft bei Grundrechtseingriffen die Verhältnismässigkeit frei. Es auferlegt sich aber eine gewisse Zurückhaltung, wenn sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen oder besondere örtliche Umstände zu würdigen sind, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht. Dasselbe gilt für die relative Gewichtung, die den einzelnen involvierten Rechtsgütern und Interessen beizumessen ist, weshalb auch hier den politischen Behörden ein Beurteilungsspielraum zusteht. Solange in keiner Rechtsnorm festgelegt ist, wie hoch das akzeptable Risiko bzw. das erforderliche Sicherheitsniveau ist, steht auch nicht fest, wo die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Risiken liegt. Es ist alsdann nicht in erster Linie Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers oder der zuständigen Fachbehörden, das akzeptable Risiko festzulegen. Andernfalls obliegt diese Aufgabe den Gerichten (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.5 mit Hinweisen; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.4, nicht publ. in BGE 148 I 89).
5.5.3. Hinzu kommt, dass der Natur der Sache nach eine gewisse Unsicherheit besteht bezüglich der zukünftigen Wirkung einer bestimmten Massnahme. Namentlich besteht bei neu auftretenden Infektionskrankheiten typischerweise eine hohe Unsicherheit über Ursachen, Folgen und geeignete Bekämpfungsmassnahmen. Die zu treffenden Massnahmen können daher nicht im Voraus mit Bestimmtheit gesetzlich festgelegt werden, sondern müssen aufgrund des jeweils aktuellen, in der Regel unvollständigen Kenntnisstandes getroffen werden, was einen gewissen Spielraum der zuständigen Behörden voraussetzt. Jedenfalls wenn es um möglicherweise gewichtige Risiken geht, können Abwehrmassnahmen nicht erst getroffen werden, wenn wissenschaftliche Klarheit vorliegt, sondern bereits dann, wenn eine erhebliche Plausibilität besteht (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.6 mit Hinweisen; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.5, nicht publ. in BGE 148 I 89).
5.5.4. Mit fortschreitendem Wissen sind die Massnahmen anzupassen. Widerlegen neue Erkenntnisse die bisherige Risikobeurteilung, müssen die Regelungen überprüft und gegebenenfalls entsprechend überarbeitet werden. Massnahmen, die in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des damaligen Kenntnisstands als gerechtfertigt betrachtet wurden, können mit besserem Wissen später als unnötig erscheinen; umgekehrt ist denkbar, dass mit verbesserter Erkenntnis Massnahmen als geeignet oder erforderlich erscheinen, welche früher nicht in Betracht gezogen oder getroffen wurden oder es kann sich erweisen, dass die früher getroffenen Massnahmen nicht ausreichen, um eine drohende Ausbreitung einer gefährlichen Krankheit zu verhindern, und deshalb strengere Massnahmen getroffen werden müssen. In diesem Sinne ist jede Beurteilung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgenommen wird, zwangsläufig provisorisch, beruhend auf dem aktuellen Stand des Wissens. Dies bedingt allerdings, dass die Behörden ihren Wissensstand laufend erweitern. Mit zunehmender Dauer der Freiheitsbeschränkungen steigen auch die Anforderungen an die wissenschaftlichen Grundlagen für die Risikoabschätzung, namentlich weil die erwähnten Unsicherheiten betreffend neu auftretende Infektionskrankheiten abnehmen (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.7 mit Hinweisen; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.6, nicht publ. in BGE 148 I 89).
Es kann angezeigt sein, rigorose Massnahmen bereits zu ergreifen, bevor es zu schweren Beeinträchtigungen kommt, um zu verhindern, dass später noch strengere Massnahmen getroffen werden müssen (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.7 mit Hinweis; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.6, nicht publ. in BGE 148 I 89).
5.5.5. Insgesamt muss den fachlich zuständigen und politisch verantwortlichen Behörden ein relativ bedeutender Beurteilungsspielraum zugestanden werden (BGE 148 I 33 E. 6.6, 19 E. 5.5; je mit Verweis auf BGE 147 I 450 E. 3.2.8 mit Hinweisen; Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 5.7, nicht publ. in BGE 148 I 89).
5.6. Die Rügen der Beschwerdeführerin erweisen sich im Lichte der nachfolgenden Erwägungen als unbegründet.
5.6.1. Hinsichtlich der
Geeignetheit der Massnahme ist es gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts allgemein bekannt, dass die Übertragung von SARS-CoV-2 weitgehend von Mensch zu Mensch erfolgt. Folglich ist eine Einschränkung von zwischenmenschlichen Kontakten geeignet, die Übertragung von Viren und damit auch die durch Virenübertragung verursachten Infektionen und Krankheiten zu reduzieren. Verbote oder Einschränkungen von Veranstaltungen schränken die zwischenmenschlichen Kontakte ein und sind daher ein grundsätzlich taugliches Mittel, um die Verbreitung einer Krankheit zu reduzieren (BGE 148 I 33 E. 7.5, 19 E. 6.2.2; 147 I 450 E. 3.3.1). Nichts anderes gilt bezüglich des hier in Frage stehenden Verbots von Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum, zumal aus rein epidemiologischer Sicht eine Gleichbehandlung von Menschenansammlungen und Veranstaltungen, bei denen das Ansteckungsrisiko vergleichbar ist, unabhängig von ihrem Ziel und Zweck, als gerechtfertigt erscheint (BGE 148 I 33 E. 7.6).
5.6.2. In Bezug auf die
Erforderlichkeit und
Zumutbarkeit der Massnahme, weist die Vorinstanz einleitend zu Recht darauf hin, dass der Versammlungsfreiheit aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für die Meinungsbildung in einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat ein hoher Stellenwert beizumessen ist (vgl. Urteil S. 19 E. 17.6.4). Die Versammlungsfreiheit stellt ein unentbehrliches Element eines wirksamen Minderheitenschutzes dar (MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 571 Fn. 2). Kundgebungen auf öffentlichem Grund bilden ein wirksames Forum, sich in der breiten Öffentlichkeit und den Massenmedien wirksam Gehör zu verschaffen. Insofern erfüllt die Versammlungsfreiheit auch eine Ventil- sowie eine "Warn-, Kontroll- und Innovationsfunktion". Diese spielt - gerade auch mit Blick auf die im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Covid-19-Epidemie verhängten Grundrechtseinschränkungen - eine besonders wichtige Rolle (BGE 148 I 33 E. 7.8.1 mit Hinweisen). In der Schweiz wurde denn auch zu keiner Zeit die Ausrufung eines Staatsnotstands verlangt oder auch nur diskutiert. Es sollten - anders als in verschiedenen anderen, auch europäischen Staaten - die Garantien der EMRK und des UNO-Pakts II in Kraft bleiben (siehe SUSANNE KUSTER, a.a.O., Rz. 11; ANDREAS STÖCKLI, a.a.O., S. 12 und S. 17; ANDREAS ZÜND/CHRISTOPH ERRASS, a.a.O., S. 89 f.; Urteil der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs [EGMR]
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, Ziff. 100).
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, im Frühling 2020 sei die epidemiologische Lage in der Schweiz nicht angespannt gewesen, ist unbehelflich (Beschwerde S. 10 f.). Ihr Einwand, gemäss dem Situationsbericht des BAG vom 8. April 2020 habe es im ersten Quartal 2020 keine Hinweise auf eine Übersterblichkeit in der Schweiz gegeben (Beschwerde S. 10), geht bereits deshalb fehl, weil es diesbezüglich vielmehr massgeblich wäre, wie hoch die (Über-) Sterblichkeit ohne die getroffenen Massnahmen gewesen wäre (vgl. BGE 147 I 450 E. 3.3.4). Im Übrigen waren gemäss Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 30. April 2020 weltweit über drei Millionen Fälle von Ansteckungen mit dem Coronavirus und nahezu 220'000 Todesfälle bestätigt; dabei entfielen fast die Hälfte der Infektionen und zwei Drittel dieser Todesfälle alleine auf die europäischen Staaten. In der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein beliefen sich die laborbestätigten Covid-19-Ansteckungsfälle Ende April 2020 auf rund 29'000, wobei 1'427 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert wurden (vgl. Urteil der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs [EGMR]
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, Ziff. 21 und Ziff. 16 mit Hinweis auf den Situationsbericht der WHO Nr. 101 vom 30. April 2020; https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports; zuletzt besucht am 17. Juni 2024). Die Grundproblematik bei der Prävention einer Krankheit ist, dass frühzeitig einschneidende Massnahmen ergriffen werden müssen, um eine weitere Ausbreitung möglichst zu verhindern, was in einem Spannungsverhältnis zum Verhältnismässigkeitsgebot steht (siehe BENJAMIN MÄRKLI, a.a.O., Rz. 2). Weiter stehen sowohl die Wissenschaft, der Rechtssetzer als auch die Verwaltung vor einem grundsätzlichen Problem des Nichtwissens. Wissenschaftliches Wissen stellt insofern eine Momentaufnahme dar. Allerdings kann die Realität in anderen Ländern allenfalls hilfreich sein, um Massnahmen als geeignet und notwendig beurteilen zu können (siehe ANDREAS ZÜND/CHRISTOPH ERRASS, a.a.O., S. 85; zur Lage im europäischen Raum Urteil der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs [EGMR]
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, Ziff. 71 ff.). Darüber hinaus ist die Evaluation ex post schwierig, denn das Endergebnis ist bei einer unnötigen und einer erfolgreichen Prävention gleich, nämlich, dass im Idealfall eben gerade keine Epidemie oder Pandemie auftritt (BENJAMIN MÄRKLI, a.a.O., Rz. 2). Wie hoch die Übersterblichkeit oder die Auslastung der Spitäler ohne die vom Bundesrat in der COVID-19-Verordnung 2 getroffenen Massnahmen, insbesondere dem hier strittigen Ansammlungsverbot, gewesen wären, lässt sich somit nicht mit wissenschaftlicher Genauigkeit feststellen. Insofern kann damit aber auch nicht gesagt werden, angesichts des ebenfalls in der COVID-19-Verordnung 2 angeordneten Mindestabstandsgebots sei das Verbot von Menschenansammlungen von über fünf Personen nicht erforderlich gewesen (Beschwerde S. 11). Da die Einschränkung zwischenmenschlicher Kontakte die Wahrscheinlichkeit von Erkrankungen reduziert, ist es ohne Weiteres plausibel, dass ohne das im Frühling 2020, d.h. somit in der Anfangsphase der Pandemie, angeordnete Verbot der Menschenansammlung von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum nicht nur die Übersterblichkeit in der Schweiz, sondern auch die schweizweite Auslastung der medizinischen Einrichtungen höher gewesen wären. Insbesondere auch, weil das Verbot von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum von über fünf Personen - vor allem anfänglich - mehrheitlich gut eingehalten wurde, obwohl es die Versammlungsfreiheit einschneidend einschränkt und die Bevölkerung keinen Einfluss beim Erlass der COVID-19-Verordnung 2 hatte (FARGNOLI/LAPADULA, a.a.O., Rz. 22 f.). Solange die Adressaten eine Einschränkung akzeptiert haben und sie diese im Zeitraum ihrer Geltung weiterhin für geeignet und erforderlich erachten, wirkt sie (FARGNOLI/LAPADULA, a.a.O., Rz. 43). Die weitgehende Befolgung der neuen Vorschriften durch den allergrössten Teil der Bevölkerung war aber wohl nicht nur auf die Sorge um die eigene Gesundheit und diejenige der nächsten Angehörigen, sondern auch auf die entsprechenden Sanktionen für allfällige Verstösse zurückzuführen (siehe PATRICE MARTIN ZUMSTEG, in: Helbing Lichtenhahn Verlag [Hrsg.], COVID-19, Ein Panorama der Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2020, S. 801 ff., S. 804; HANJÖRG SEILER, Kommentar [zum Urteil der 3. Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale gegen die Schweiz vom 15. März 2022, Nr. 21881/20], in: ZBl 123/2022 S. 495 ff., S. 500). Als Erklärung für die weitgehende Befolgung des Verbots wurden verschiedene Gründe erwähnt: die transparente Kommunikation des Bundesrats und sein souveränes Auftreten, die zeitliche Begrenzung des Verbots und der Blick auf vergleichbare oder noch strengere Massnahmen in anderen europäischen Staaten wie z.B. Italien oder Spanien (FARGNOLI/LAPADULA, a.a.O., Rz. 22 f.). Zutreffend hält die Vorinstanz ausserdem weiter fest, dass die epidemiologische Lage und der Kenntnisstand im Frühjahr 2020 (d.h. ganz zu Beginn der ausserordentlichen Lage und im Zeitpunkt der Anordnung der hier strittigen Massnahme) nicht mit der Situation und dem Kenntnisstand vom Spätherbst 2020 oder gar Frühjahr 2021 zu vergleichen ist (Urteil S. 19 E. 17.6.4). Jede Risikobeurteilung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgenommen wird, ist zwangsläufig provisorisch, beruhend auf dem aktuellen Stand des Wissens. Je nach Ausbreitungsphase kann die Verhältnismässigkeitsprüfung unterschiedlich ausfallen, da wissenschaftliche Erkenntnisse eine Momentaufnahme darstellen (SOHI-HÖCHNER/BERGAMIN/RAAFLAUB, Rechtsprechung zu Covid-19: Eine Analyse ausgewählter Aspekte, in: Newsletter IFF 3/2021, S. 16; PATRICE MARTIN ZUMSTEG, in: Helbing Lichtenhahn Verlag [Hrsg.], COVID-19, Ein Panorama der Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2020, S. 801 ff., S. 807). Wie bereits dargelegt (E. 2.2.2), stufte der Bundesrat die Situation in der Schweiz, nachdem die WHO und China erstmals am 9. Januar 2020 offiziell über die Entdeckung des neuen Virus informierten, am 16. März 2020 als "ausserordentliche Lage" gemäss Epidemiengesetz ein. Die enorme Dynamik der epidemiologischen Entwicklung, die rasch eingetretene Gefahr der Überlastung der medizinischen Kapazitäten und die teilweise Überforderung der kantonalen Behörden, u.a. mit dem Contract Tracing, führten ab Ende Februar 2020 dazu, dass der Bundesrat in rascher Folge und in grosser Zahl verschiedenste schweizweit geltende Massnahmen anordnete und diese Bestimmungen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, wie die COVID-19-Verordnung 2, häufig revidieren und ergänzen musste (SUSANNE KUSTER, a.a.O., Rz. 4 f.). Die zu bewältigende Lage war aus historischer Sicht einmalig (vgl. das Vorwort in: Helbing Lichtenhahn Verlag [Hrsg.], COVID-19, Ein Panorama der Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2020, S. VII; SUSANNE KUSTER, a.a.O., Rz. 26). In einer solchen ausserordentlichen Situation müssen einfache, möglichst gut kommunizier- und umsetzbare Regeln gefunden werden. Realistischerweise können nur stark schematisierte Lösungen angeordnet werden (vgl. SUSANNE KUSTER, a.a.O., Rz. 42). Sodann richtet sich das Verbot deswegen gegen Veranstaltungen, weil dort das Risiko der Verbreitung des Coronavirus im Vergleich zum gewöhnlichen Berufsalltag erhöht ist (BENJAMIN MÄRKLI, a.a.O., Rz. 13). Das Geschehen an öffentlichen Kundgebungen lässt sich schlicht nicht ausreichend steuern und kontrollieren (siehe RETO WALTHER, a.a.O., S. 1343 ff.; BGE 148 I 19 E. 6.3.5).
Im Hinblick auf die Verhältnismässigkeit, insbesondere der Zumutbarkeit der Massnahme, ist vorliegend ausserdem massgebend, dass das fragliche Verbot lediglich für einen begrenzten Zeitraum galt. Bereits die Geltungsdauer der COVID-19-Verordnung 2 selber wurde auf sechs Monate ab deren Inkrafttreten am 13. März 2020 festgesetzt (Art. 12 Abs. 3 COVID-19-Verordnung 2). Weiter hob der Bundesrat mit Änderung von Art. 6 und Art. 7c Abs. 1 der COVID-19-Verordnung 2 vom 27. Mai 2020 (Transitionsschritt 3: Weitere Lockerungen, in Kraft seit dem 6. Juni 2020, AS 2020 1815) das allgemeine Veranstaltungsverbot auf, führte für Veranstaltungen neu die Grenze von 300 Personen ein und erhöhte die Personenzahl beim Ansammlungsverbot von fünf auf 30 Personen. Während die 3. Kammer des EGMR diese Dauer in ihrem Entscheid vom 15. März 2022 noch als beträchtliche Zeitspanne qualifizierte ("laps de temps considérable" bzw. "significant length of time"; Urteil der 3. Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 15. März 2022, Nr. 21881/20, Ziff. 85 f.), äusserte sich die Grosse Kammer des EGMR in ihrem Urteil in dieser Angelegenheit nicht zum zeitlichen Aspekt der angeordneten Massnahmen (Urteil der Grossen Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20). Allerdings schützte der EGMR ein zweimonatiges generelles Demonstrationsverbot für das Gebiet der Londoner Metropolitan Polizei, insbesondere weil es im Vorfeld zu etlichen gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war (Urteil des EGMR
Christians against Racism and Fascism [CARAF] gegen United Kingdom vom 16. Juli 1980, Nr. 8440/78, Ziff. 4 S. 141 und Ziff. 5 S. 150 f.).
Indem der Bundesrat mit Erlass der COVID-19-Verordnung 2 Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum verboten hat, schränkte er damit auch die Versammlungsfreiheit derart ein, dass zu prüfen ist, ob dies einem faktischen Verbot von Kundgebungen gleichkam. Obwohl der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren einzig die (mehrfache) Widerhandlung gegen das im Tatzeitpunkt geltende Ansammlungsverbot vorgeworfen wird, ist in diesem Zusammenhang trotzdem zu berücksichtigen, dass der Bundesrat zugleich auch ein generelles Verbot von öffentlichen und privaten Veranstaltungen (Art. 6 Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2) anordnete, wobei er dieses grundsätzliche Veranstaltungsverbot in Beachtung des Verhältnismässigkeitsgebots mit einer Ausnahmemöglichkeit ergänzte. Nach Art. 7 COVID-19-Verordnung 2 kann die zuständige kantonale Behörde Ausnahmen vom Veranstaltungsverbot bewilligen, wenn: (a.) überwiegende öffentliche Interessen dies gebieten; und (b.) von der Ausbildungsinstitution, dem Veranstalter oder dem Betreiber ein Schutzkonzept vorgelegt wird, das folgende Präventionsmassnahmen umfasst: (1.) Massnahmen zum Ausschluss von Personen, die krank sind oder sich krank fühlen, (2.) Massnahmen zum Schutz von besonders gefährdeten Personen, (3.) Massnahmen zur Information der anwesenden Personen über allgemeine Schutzmassnahmen wie Händehygiene, Abstandhalten oder Husten- und Schnupfenhygiene, (4.) Anpassung der räumlichen Verhältnisse so, dass die Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und soziale Distanz eingehalten werden können. Gemäss den Erläuterungen des BAG war sich der Bundesrat bei der Anordnung der in der COVID-19-Verordnung 2 vorgesehenen Massnahmen durchaus bewusst, dass dabei auch dem Verhältnismässigkeitsprinzip Rechnung zu tragen ist. So hielt er unter anderem fest, regulatorisch bestehe die Schwierigkeit des Ausgleichs zwischen praktikablen, einfachen sowie schematischen Lösungen und einer sachgerechten Massnahme im Einzelfall. Um der Gefahr zu begegnen, dass insbesondere die grundrechtlich geschützte Durchführung von Versammlungen gänzlich verboten werde, bei denen eine Verbreitung des Coronavirus ausgeschlossen oder unwahrscheinlich wäre, seien die Verbote deshalb mit einer Ausnahmemöglichkeit zu ergänzen (vgl. Erläuterungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG zur Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus [COVID-19-Verordnung 2; Fassung vom 20. März 2020], S. 1 und S. 11). Mit dieser Ausnahmeregelung war somit trotz der Anordnung von strikten Verboten unter Androhung strafrechtlicher Sanktionen grundsätzlich gewährleistet, dass die jeweils zuständige kantonale Behörde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens aufgrund der gesamten konkreten Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung, einschliesslich einer Gefahrenprognose, vornehmen konnte. Die Rüge der Verletzung des Kerngehalts der Versammlungsfreiheit erweist sich damit als unbegründet (Beschwerde S. 13 ff.). Das "faktische Versammlungsverbot", das in der fraglichen Zeit u.a. auch aufgrund des mit der COVID-19-Verordnung 2 angeordneten Ansammlungsverbots von mehr als fünf Menschen im öffentlichen Raum bestand, galt wegen der Möglichkeit der Bewilligung von Ausnahmen vom Veranstaltungsverbot nach Art. 7 COVID-19-Verordnung 2 daher nicht absolut bzw. ausnahmslos (Urteil der Grossen Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, Ziff. 36 und Ziff. 119 f.; gl. M. TRÜMPLER/UHLMANN, a.a.O., S. 591). Die Beschwerdeführerin legt in diesem Zusammenhang nicht dar, diese Ausnahmemöglichkeit habe nur theoretisch bestanden, weil praktisch keine Ausnahmen bewilligt worden seien (vgl. Urteil der Grossen Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, Ziff. 36 f. und Ziff. 119 ff.). Zudem führt sie auch nicht aus und es ist ebensowenig ersichtlich, dass für die fraglichen Mahnwachen auf dem Bundesplatz in Bern um eine entsprechende Bewilligung ersucht wurde bzw. dass diese nicht erteilt worden wäre. Das Urteil der 3. Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 15. März 2022, wonach ein für eine beträchtliche Zeitspanne dauerndes, ausnahmsloses Versammlungsverbot ohne Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung die Versammlungsfreiheit verletze (vgl. Urteil der 3. Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 15. März 2022, Nr. 21881/20, Ziff. 85 f.; siehe CHRISTOPH ERRASS, a.a.O., N. 42 zu Art. 22 BV; kritisch RETO WALTHER, a.a.O., S. 1343 ff.), ist inzwischen aufgehoben. Auf die diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin ist deshalb nicht weiter einzugehen (Beschwerde S. 7 f. Ziff. 20 f. und S. 11 f. Ziff. 30 ff.). In dieser Angelegenheit erachtete die Grosse Kammer des EGMR am 27. November 2023 (mit einem Votum von zwölf zu fünf Stimmen) die Beschwerde der Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz wegen fehlender Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel als unzulässig (Urteil der Grossen Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, endgültiger Entscheid). Unter anderem schloss sie sich dabei nicht der Schlussfolgerung der 3. Kammer des EGMR an, wonach es sich beim Veranstaltungs- und Ansammlungsverbot gemäss Art. 6 Abs. 1 und Art. 7c Abs. 1 der COVID-19-Verordnung 2 um allgemeine Massnahmen handle ("mesure générale", d.h. gesetzliche Massnahmen, die unabhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls in bestimmten vordefinierten Situationen angewendet werden; Urteil der Grossen Kammer des EGMR
Communauté genevoise d'action syndicale [CGAS] gegen die Schweiz vom 27. November 2023, Nr. 21881/20, Ziff. 120 mit Hinweisen).
5.7. Im Ergebnis erweist sich das hier strittige, lediglich für eine stark begrenzte Zeitdauer geltende Verbot der Ansammlung von über fünf Personen im öffentlichen Raum mit der Möglichkeit der Bewilligung von Ausnahmen für das Veranstaltungsverbot (Art. 7 COVID-19-Verordnung 2) im Lichte der aussergewöhnlichen Lage im Zeitpunkt seiner Anordnung, d.h. in der Anfangsphase der Corona-Pandemie (im Gegensatz zu BGE 148 I 33, wonach eine bedeutend später ergangene Verordnung [vom 4. November 2020] betreffend Beschränkung der Teilnehmerzahl an politischen und zivilgesellschaftlichen Kundgebungen auf 15 Personen als verfassungswidrig einzustufen ist), mit den grossen Unsicherheiten betreffend Ursachen, Folgen dieser Krankheit und den geeignetsten Bekämpfungsmassnahmen sowie der dringlichen Notwendigkeit angesichts der enormen Dynamik der epidemiologischen Entwicklung, der rasch eingetretenen Gefahr der Überlastung des Gesundheitswesen, des noch fehlenden Impfstoffs und der teilweisen Überforderung der kantonalen Behörden die öffentliche Gesundheit, Sicherheit und Ordnung zu schützen, als erforderlich sowie zumutbar, mithin als verhältnismässig und damit als gesetzes- und verfassungkonform.
6.
6.1. Schliesslich beanstandet die Beschwerdeführerin den Schuldspruch wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB). Im Wesentlichen macht sie geltend, der Verstoss gegen das Verbot von Menschenansammlungen stelle ebenso eine Missachtung der staatlichen Autorität dar, wie die Widerhandlung gegen die Wegweisungsverfügungen der Polizei, mit welcher der Sanktionsdrohung in der COVID-19-Verordnung 2 habe Achtung verschafft werden sollen. Der Inhalt der allgemeinen Anordnung und derjenige der individuellen Wegweisungsverfügung sei derselbe. Die fraglichen Bestimmungen der COVID-19-Verordnung 2 schützten keine individuellen Rechtsgüter. Art. 292 StGB sei subsidiär und nicht anwendbar, weshalb sie vom Vorwurf des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen freizusprechen sei (Beschwerde S. 16 ff.).
6.2. Die Vorinstanz verweist auf die erstinstanzlichen Erwägungen und hält fest, es sei erstellt, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihres Aufenthalts auf dem Bundesplatz am 2. Mai 2020 von der Polizei mittels Lautsprecher und anschliessend noch individuell belehrt sowie weggewiesen worden sei. Bei ihrem Aufenthalt vom 16. Mai 2020 sei sie individuell belehrt und weggewiesen worden. Die mit den mündlichen Verfügungen verbundenen Verhaltensanweisungen (Wegweisung resp. Aufforderung, die Örtlichkeit zu verlassen) seien hinreichend klar umschrieben gewesen. Die Kantonspolizei sei für den Erlass der Wegweisungsverfügungen unter Strafandrohung von Art. 292 StGB zuständig gewesen. Die (mündliche) Form dieser Verfügungen sei nicht zu beanstanden. Sie seien der Beschwerdeführerin rechtsgültig eröffnet worden (Urteil S. 23 ff. E. 18.3; erstinstanzliches Urteil S. 12 ff.).
Weiter erwägt die Vorinstanz, Art. 292 StGB sei subsidiär gegenüber Strafnormen, die besondere Formen des "Ungehorsams" gegen staatliche Anordnungen unter Strafe stellen würden. Gemäss Rechtsprechung stelle Art. 292 StGB ein Delikt gegen die öffentliche Gewalt dar und solle in erster Linie die Durchsetzung hoheitlicher Anordnungen erleichtern. Geschützt werde damit letztlich die staatliche Autorität. Demgegenüber verfolge die COVID-19-Verordnung 2 (in den hier zu interessierenden Fassungen) insbesondere den Zweck die Verbreitung des Coronavirus in der Schweiz zu verhindern bzw. einzudämmen und besonders gefährdete Personen zu schützen. Folglich diene die COVID-19-Verordnung 2 insbesondere dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Art. 10f Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2 erfasse gemäss diesbezüglich klarem Wortlaut eben gerade nicht den "Ungehorsam", der demgegenüber Art. 292 StGB zugrunde liege. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgüter der in Frage stehenden Normen stelle sich die Frage der Subsidiarität nicht. Dies selbst dann nicht, wenn sich die Polizei bei der Durchsage auf die Regelungen gemäss COVID-19-Verordnung 2 berufen habe, sei dies doch auch der Grund für die damalige Wegweisung gewesen. Die Beschwerdeführerin sei des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, begangen am 2. und 16. Mai 2020 in Bern, schuldig zu erklären (Urteil S. 25 E. 18.3).
6.3. Nach Art. 292 StGB ist wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen strafbar, wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet. Bei der Bestimmung handelt es sich um eine Blankettstrafnorm. Was konkret strafbar ist, ergibt sich aus dem Inhalt der jeweiligen Verfügung. Die tatbestandsmässige Handlung liegt in der Missachtung der behördlichen Anordnung (Urteile 6B_612/2020 vom 1. November 2021 E. 6.3.1; 1B_253/2019 vom 11. November 2019 E. 5.1; je mit Hinweisen). Schutzobjekt von Art. 292 StGB sind unmittelbar die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der staatlichen Autorität. Dieser Schutz ist indes nicht Selbstzweck. Mittelbar dient er der Durchsetzung jener öffentlichen oder privaten Interessen, um derentwillen die Verfügung erlassen wurde (Urteil 1B_253/2019 vom 11. November 2019 E. 5.1 mit Hinweisen).
6.4. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt ebenfalls als unbegründet, soweit auf sie eingetreten werden kann. Sofern sich die Beschwerdeführerin auf den beantragten Freispruch vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung 2 stützt (Beschwerde S. 16), sind ihre Vorbringen gegenstandslos. Es bleibt beim vorinstanzlichen Schuldspruch. An der Sache vorbei geht auch ihr Einwand (Beschwerde S. 16 f.), gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts sei Art. 84 Abs. 1 des Polizeigesetzes vom 10. Februar 2019 (PolG/BE; BSG 551/.1) aufgehoben (BGE 147 I 103 E. 10.5), zumal darin ausdrücklich festgehalten wird, dass die Berner Kantonspolizei die Wegweisungs- oder Fernhaltungsmassnahmen gemäss Art. 83 Abs. 1 PolG/BE trotzdem noch unter der Strafdrohung von Art. 292 StGB anordnen könne, sofern sie dabei den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachte (BGE 147 I 103 E. 10.5). Die Beschwerdeführerin moniert in diesem Zusammenhang keine Verletzung des Verhältnismässigkeitsgebots. Schliesslich erwägt die Vorinstanz zu Recht, dass sich die Frage einer Subsidiarität von Art. 292 StGB angesichts der unterschiedlichen Rechtsgüter nicht stellt, da der Ungehorsam jeweils gegen eine staatliche Autorität und die Widerhandlungen gegen das in der COVID-19 Verordnung 2 vorgesehene Ansammlungsverbot gegen die öffentliche Gesundheit gerichtet war (vgl. BGE 124 IV 64 E. 4b; 121 IV 29 E. 2b). Der Schuldspruch wegen mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen verletzt kein Bundesrecht.
7.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Juli 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini