Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1B_360/2022, 1B_362/2022
Urteil vom 8. August 2022
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Chaix, Merz,
Gerichtsschreiber Störi.
Verfahrensbeteiligte
1B_360/2022
A.A.________,
Beschwerdeführerin,
und
1B_362/2022
B.A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern, Amthaus 2, 4500 Solothurn,
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, 4500 Solothurn.
Gegenstand
Strafverfahren; amtliche Verteidigung,
Beschwerden gegen die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, vom 8. Juni 2022.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn erhob am 21. Juli 2020 gegen B.A.________, amtlich vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker, und seine Ehefrau A.A.________, amtlich vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Hasler, Anklage wegen gewerbsmässigen Betrugs etc.
"Nach umfangreichen Bemühungen" zur Festsetzung eines Termins setzte das Richteramt Solothurn-Lebern die Hauptverhandlung auf den 18./19. Januar 2022 an. Am 3. Januar 2022 teilte Rechtsanwalt Hasler dem Gericht mit, "infolge Isolation bis mindestens am 11. Januar 2022" könne er den Termin vom 18./19. Januar 2022 nicht wahrnehmen. Das Richteramt setzte die Hauptverhandlung ab und stellte der Staatsanwaltschaft sowie den beiden Rechtsanwälten eine Tabelle mit Daten im Zeitraum vom 4. April 2022 bis zum 31. Oktober 2022 zu mit der Aufforderung, die möglichen Daten für eine Hauptverhandlung anzugeben. Die Staatsanwaltschaft reichte daraufhin eine ausgefüllte Tabelle ein, während Rechtsanwalt Hasler als für ihn mögliche Verhandlungstermine den 18. bis 21. sowie den 25. bis 27. Oktober 2022 und Rechtsanwalt Jeker den 17. bis 19. sowie den 21. Oktober 2022 nannten. Diese Termine fanden sich nicht auf der Tabelle der Staatsanwaltschaft.
Mit Verfügung vom 27. Januar 2022 teilte der Amtsgerichtspräsident den Parteien mit, es sei vorgesehen, die Hauptverhandlung in den Kalenderwochen 26 und 27, ersatzweise in den Kalenderwochen 34 und 35 durchzuführen. Er forderte die Anwälte auf anzugeben, an welchen Tagen in diesen Wochen ihnen eine Teilnahme möglich sei; sollten sie verhindert sein, hätten sie dies zu begründen und zu belegen. Für den Fall, dass in diesen vier Wochen kein passender Termin gefunden werden könne, werde ein Wechsel der amtlichen Verteidigung geprüft. Die beiden Verteidiger teilten dem Gericht darauf hin mit, in den Wochen 26, 27, 34 und 35 könnten sie keine Termine wahrnehmen; möglich seien ihre Teilnahme lediglich vom 5. bis zum 7. sowie vom 11. bis zum 13. Oktober 2022.
Mit Verfügung vom 11. Februar 2022 stellte der Amtsgerichtspräsident fest, die amtlichen Verteidiger hätten weder begründet noch belegt, weshalb ihnen die Teilnahme an der Hauptverhandlung während der vier vorgeschlagenen Wochen nicht möglich sei. Er setzte den amtlichen Verteidigern Nachfrist bis zum 28. Februar 2022 an, um zu begründen und zu belegen, weshalb sie die Termine während der vier Wochen nicht wahrnehmen könnten. Würden sie die Frist unbenützt verstreichen lassen, sei vorgesehen, sie als amtliche Verteidiger abzusetzen. Weiter gab er ihnen sowie ihren Klienten Gelegenheit, sich zur ihrer Absetzung als amtliche Verteidiger zu äussern. Innert Frist reichte lediglich Rechtsanwalt Hasler eine Eingabe ein.
Mit Verfügung vom 14. April 2022 entliess der Amtsgerichtspräsident die Rechtsanwälte Hasler und Jeker als amtliche Verteidiger und gab B.A.________ und A.A.________ Gelegenheit, andere Rechtsanwälte für ihre amtliche Verteidigung zu bezeichnen; nach unbenutztem Ablauf dieser Frist werde das Gericht amtliche Verteidiger bestimmen.
Gegen diese Verfügung erhoben B.A.________ und A.A.________ Beschwerden ans Obergericht des Kantons Solothurn, welche sie mit zwei übereinstimmenden Beschlüssen vom 8. Juni 2022 (BKBES.2022.60 + 61) abwies.
B. 1B_360/2022
Mit Beschwerde vom 11. Juli 2022 beantragt A.A.________ sinngemäss, den Beschluss BKBES.2022.61 aufzuheben und dafür zu sorgen, dass ihr bisheriger amtlicher Verteidiger im Amt belassen werde.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
C. 1B_362/2022
Mit Beschwerde vom 11. Juli 2022 beantragt B.A.________ sinngemäss, den Beschluss BKBES.2022.60 aufzuheben und dafür zu sorgen, dass sein bisheriger amtlicher Verteidiger im Amt belassen werde.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
Die beiden gleichlautenden Beschwerden richten sich gegen zwei übereinstimmende Entscheide und betreffen das gleiche Strafverfahren; es rechtfertigt sich, die Verfahren zu vereinigen.
2.
2.1. Angefochten sind kantonal letztinstanzliche Entscheide, mit denen das Obergericht die Entlassung und Ersetzung der amtlichen Verteidiger der Beschwerdeführer geschützt hat; dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen zulässig (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 BGG ). Sie schliessen die Verfahren indessen nicht ab; es handelt sich mithin um Zwischenentscheide, gegen die die Beschwerde zulässig ist, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur (BGE 133 IV 139 E. 4) bewirken könnten (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerden sofort Endentscheide herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für weitläufige Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die zweite Voraussetzung fällt vorliegend ausser Betracht.
2.2. Die Beschwerdeführer machen sinngemäss geltend, durch die Entlassung ihrer langjährigen Verteidiger und die Einsetzung neuer amtlicher Verteidiger erwachse ihnen ein nicht wiedergutzumachender Nachteil.
Nachdem die Anklageerhebung gegen die Beschwerdeführer bereits vor rund zwei Jahren erfolgte, ist das Verfahren gegen sie nunmehr ohne (weitere) Verzögerung und damit zeitnah zum Abschluss zu bringen (Art. 5 Abs. 1 StPO). Da die bisherigen amtlichen Anwälte nicht in der Lage oder nicht willens sind, vor dem Oktober 2022 entsprechende Verhandlungstermine wahrzunehmen, liegt es im objektiven Interesse der Beschwerdeführer, sie aus ihrem Amt zu entlassen. Durch die Einsetzung von neuen Anwälten, die über ausreichende Kapazitäten zur Übernahme der amtlichen Mandate verfügen, wird die gehörige Verteidigung der Beschwerdeführer erst sichergestellt und gewährleistet. Aus den angefochtenen Beschlüssen des Obergerichts erwächst den Beschwerdeführern damit kein Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.
2.3. Auf die Beschwerden ist damit nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
1.
Die Verfahren 1B_360/2022 und 1B_362/2022 werden vereinigt.
2.
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. August 2022
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Störi