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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_448/2024  
 
 
Urteil vom 8. August 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Lukas Oberholzer, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Österreich; Auslieferungsentscheid, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 12. Juli 2024 (RR.2024.55). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die österreichischen Behörden ersuchten mit Ausschreibung im Schengener Informationssystem vom 23. Januar 2024 um Verhaftung und Auslieferung des österreichischen Staatsangehörigen A.________ zur Strafverfolgung wegen Beteiligung am illegalen Handel mit Drogen (insgesamt rund 28 kg Kokain). Sie stützten sich dabei auf die vom Landesgericht Feldkirch vom 22. Dezember 2023 bewilligte Anordnung der Festnahme der Staatsanwaltschaft Feldkirch vom 21. Dezember 2023. 
 
Am 23. Januar 2024 wurde A.________ im Kanton St. Gallen festgenommen und mit Haftanordnung des Bundesamtes für Justiz (BJ) vom gleichen Tag in provisorische Auslieferungshaft versetzt. Das Bundesministerium der Justiz der Republik Österreich ersuchte die Schweiz am 29. Januar 2024 um Auslieferung von A.________. 
Das BJ erliess am 20. Februar 2024 einen Auslieferungshaftbefehl gegen A.________, der unangefochten blieb. Es holte eine Stellungnahme ein beim Untersuchungsamt Altstätten zum Vorrang der Auslieferung von A.________ für Tathandlungen, für die auch eine schweizerische Strafhoheit besteht, sowie Zusatzinformationen bei den österreichischen Behörden namentlich zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt. Am 8. Mai 2024 verfügte das BJ die Auslieferung von A.________ an Österreich für die im Auslieferungsersuchen des Bundesministeriums für Justiz der Republik Österreich vom 26. Januar 2024 zugrunde liegenden Straftaten. 
Die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ wies das Bundesstrafgericht mit Entscheid vom 12. Juli 2024 ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde vom 25. Juli 2024 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben und das Auslieferungsersuchen des Bundesministeriums der Justiz der Republik Österreich sei abzuweisen; eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung und Ansetzung einer angemessenen Frist zur Einreichung einer Ergänzung der Beschwerdebegründung. 
Das Bundesgericht hat die Akten eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG). Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4).  
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 BGG vorliegt, ist auch auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen). 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
1.2.  
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer begründet das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falls im Sinne von Art. 84 BGG in erster Linie damit, dass die österreichischen Behörden das Auslieferungsersuchen ausschliesslich gestützt auf die Sky-ECC-Daten begründeten, die von den französischen Behörden rechtswidrig erhoben worden seien. Rückschlüsse, wie und gestützt auf welche Rechtsgrundlage die Behörden an diese Daten gelangt seien, ergäben sich nur aus den Medien. Nach schweizerischem Recht seien die Sky-ECC-Daten nicht verwertbar. Soweit bekannt, seien in anderen Verfahren in Österreich Personen alleine auf der Grundlage der "Faktum" verurteilt worden, wie sie auch in diesem Verfahren eingereicht worden seien. Dies verletze den gemäss Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bestehenden Anspruch der beschuldigten Person auf Erhalt der Rohdaten. Bei einer Auslieferung nach Österreich drohe ihm daher eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK). Österreich habe mehrfach gezeigt, dass es nicht gewillt sei, der Rechtsprechung des EGMR zu folgen.  
 
1.2.2. Das Bundesgericht geht auf Rügen betreffend die Verwertbarkeit von Beweisen praxisgemäss nicht ein, weil es Aufgabe des Sachgerichts ist, diese Rügen zu beurteilen, und weil das Rechtshifeersuchen keine Hinweise auf die Beweisgrundlage enthalten muss (vgl. Urteile 1C_184/2024 vom 5. April 2024 E. 5.1 mit Hinweisen; 1C_644/2015 vom 23. Februar 2016 E. 3.1 und 3.6, nicht publ. in: BGE 142 IV 175; 1A.47/1991 vom 29. April 1991 E. 5b).  
Die im ausländischen Strafverfahren beschuldigte Person muss sodann glaubhaft machen, dass sie im ersuchenden Staat objektiv und ernsthaft eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte zu befürchten hat (BGE 130 II 217 E. 8.1 mit Hinweisen). Soweit es sich beim ersuchenden Staat um einen EMRK-Vertragsstaat handelt, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich davon auszugehen, dass er die Konventionsgarantien in der Praxis gewährleistet (BGE 126 II 324 E. 4e; zum Ganzen: 149 IV 376 E. 3.4). Die Annahmen des Beschwerdeführers, in anderen Verfahren in Österreich seien Personen alleine auf der Grundlage der "Faktum" verurteilt worden, was gegen die EMRK verstosse, reichen nicht aus, um eine derartige Befürchtung objektiv und ernsthaft zu rechtfertigen. Dies gilt auch für seinen Verweis auf einen Entscheid des Obersten Gerichtshofs in Österreich, demzufolge die von ausländischen Behörden übermittelten Kommunikationsdaten aus dem Krypto-Messenger-Dienst Sky-ECC nicht dem dort geltend gemachten Beweisverwendungsgebot unterlägen. Sollte im Verfahren in Österreich die EMRK dennoch verletzt werden, hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, dies zunächst dort und in der Folge mit Individualbeschwerde an den EGMR (Art. 34 EMRK) geltend zu machen (vgl. BGE 149 IV 376 E. 3.4). Auf eine Beweiserhebung im Sinne des beantragten Beizugs der Akten der anderen in Österreich durchgeführten Verfahren wird verzichtet. 
 
1.3. Soweit der Beschwerdeführer zudem geltend macht, die österreichischen Behörden würden ihm nur Straftaten in der Schweiz vorwerfen und in der Schweiz sei ein Verfahren wegen diverser anderer Delikte gegen ihn hängig, kann auf die eingehenden Ausführungen der Vorinstanz in Erwägung 5 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden. Inwiefern bei einer Auslieferung nach Österreich seine Verteidigungsrechte im schweizerischen Strafverfahren erheblich beschnitten werden sollen, ist nicht nachvollziehbar.  
 
1.4. Die in der Beschwerde angeführten Gründe, weshalb von einem besonders bedeutenden Fall auszugehen sei, überzeugen demnach nicht. Für das Bundesgericht besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen. Die Einräumung einer Nachfrist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung gemäss Art. 43 BGG fällt damit ausser Betracht.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. August 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck