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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_751/2007 
 
Urteil vom 8. Dezember 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Widmer, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Lustenberger, Frésard, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Parteien 
M.________, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Fürsprecherin Daniela Mathys, Sulgeneckstrasse 37, 3007 Bern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 6. November 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit rechtskräftig gewordener Verfügung vom 4. Januar 2005 sprach die IV-Stelle Bern der 1965 geborenen M.________ eine ganze Invalidenrente gestützt auf einen nach der gemischten Methode (Anteil Erwerbstätigkeit: 90 %) ermittelten Invaliditätsgrad von 73 % rückwirkend ab 1. Juli 2001 zu. Im Rahmen einer ordentlichen Rentenrevision zog sie u.a. ein Gutachten der Medizinischen Abklärungsstation des Spitals X.________ [im Folgenden: MEDAS] vom 26. September 2006 bei, gemäss welchem die Versicherte vollständig arbeitsfähig war. Gestützt darauf hob sie nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren die Rentenleistungen mit Verfügung vom 24. April 2007 auf Ende des der Zustellung folgenden Monats auf. 
 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher weitere Unterlagen (worunter von der Unfallversicherung zusätzlich zum Gutachten eingeholte Auskünfte der MEDAS vom 19. und 20. Dezember 2006 sowie 10. Februar 2007 und Stellungnahmen dazu des Instituts für Medizin und Recht R.________ vom 22. Oktober 2006 und 21. April 2007; Bericht des Dr. med. L.________, FMH Rheumatologie und Innere Medizin, vom 30. Oktober 2006) aufgelegt wurden, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 6. November 2007). 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt M.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr auch nach dem 31. Mai 2007 basierend auf einem Invaliditätsgrad von 73 % eine ganze Invalidenrente auszurichten. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
2.1 Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 8 ATSG, Art. 4 IVG), die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG), die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28 Abs. 1 IVG), die Ermittlung des Invaliditätsgrades bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 28 Abs. 2ter IVG in Verbindung mit Art. 27bis IVV sowie Art. 16 ATSG und Art. 28 Abs. 2bis IVG in Verbindung mit Art. 27 IVV und Art. 8 Abs. 3 ATSG) sowie die Grundsätze zum Beweiswert von medizinischen Gutachten und Auskünften zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
2.2 Zu wiederholen ist, dass sich mit Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 und der 4. IV-Revision am 1. Januar 2004 an der materiellen Rechtslage nichts geändert hat, weshalb die bisherige Praxis weitergeführt werden kann. 
 
3. 
Prozessthema bildet die Frage, ob sich die für die Bestimmung des Invaliditätsgrades massgeblichen Voraussetzungen seit Zusprechung der ganzen Invalidenrente (Verfügung vom 4. Januar 2005) bis zum Erlass der Aufhebungsverfügung vom 24. April 2007 in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert haben. Unbestritten ist, dass die erwerblichen Verhältnisse gleich geblieben sind und hier praxisgemäss (BGE 131 V 51 E. 5.1.2 und E. 5.2 S. 53 f.) der Invaliditätsgrad, bei gegebenem Revisionsgrund, nicht nach der gemischten Methode zu bestimmen ist. Daher ist einzig zu prüfen, ob sich im massgeblichen Vergleichszeitraum der Gesundheitszustand entscheidend verbessert hat. 
 
4. 
4.1 Der ursprünglichen Rentenzusprechung (Verfügung vom 4. Januar 2005) lag gemäss verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts das Gutachten der MEDAS (Medizinische Abklärungsstation des Spitals X.________) vom 11. November 2002 zugrunde. Danach litt die Versicherte an einem chronifizierten cervicocephalen Schmerzsyndrom mit leichter Hirnleistungsschwäche (mit Verdacht auf Distorsion der Halswirbelsäule [HWS] am 9. Juni 2000 anlässlich eines Auffahrunfalles, diskreten degenerativen Veränderungen, Chondrose C5/6 und mit ventraler Spondylose) sowie Psychasthenie (ICD-10: 48.8 mit Kachexie [Bodymassindex 16 kg/m2]), weswegen sie den erlernten Beruf als kaufmännische Angestellte wie auch jede andere vergleichbare Tätigkeit nur noch im Umfang von drei Stunden täglich auszuüben vermochte, bei einer zusätzlichen Leistungsminderung von 10 bis 20 % aufgrund der verlangsamten Arbeitsweise und der benötigten vermehrten Arbeitspausen. Demgegenüber stellten die Sachverständigen der MEDAS in der Expertise vom 26. September 2006, auf deren Ergebnisse die Aufhebungsverfügung vom 24. April 2007 beruhte, keine Diagnosen mehr, welche die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, die geklagten Beschwerden könnten objektiv keinem medizinischen Korrelat zugeordnet werden; mangels psychiatrisch fassbarer Befunde läge auch eine Psychasthenie nicht mehr vor; die geschilderten vielfältigen gesundheitlichen Leiden liessen in Berücksichtigung des Krankheitsverlaufs und der angegebenen Beeinträchtigungen einzig noch die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) zu, die sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit auswirke und keinen gesundheitlichen Dauerschaden begründe. 
4.2 
4.2.1 Das kantonale Gericht gelangte zum Schluss, da mit dem aktuellen MEDAS-Gutachten im Vergleich zur ursprünglichen Expertise nicht ausschliesslich eine andere medizinische Beurteilung des im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts vorliege, sondern sich dieser vor allem im psychiatrischen Bereich tatsächlich verändert habe, liege ein Revisionsgrund vor, der es erlaube, sämtliche anspruchsrelevanten Tatbestandselemente zu beurteilen, mithin auch jene, die für sich allein revisionsrechtlich unbeachtlich wären. 
4.2.2 Die Beschwerdeführerin bringt wie schon im vorinstanzlichen Verfahren vor, das Gutachten der MEDAS vom 26. September 2006 sei nicht überzeugend und stehe zudem in Widerspruch zur früheren Beurteilung in der Expertise vom 11. November 2002. Die Sachverständigen beurteilten einzig den unverändert gebliebenen Gesundheitszustand in Bezug auf die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit neu, ohne dafür eine Begründung zu liefern. 
4.3 
4.3.1 Das kantonale Gericht hat gestützt auf eine umfassende, sorgfältige, objektive und inhaltsbezogene (mithin bundesrechtskonforme) Beweiswürdigung der medizinischen Unterlagen (vgl. Art. 61 lit. c ATSG und BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400) einlässlich dargelegt, weshalb zur Beurteilung der streitigen Frage, ob sich der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit seit der letzten rechtskräftigen Rentenzusprechung in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert habe, auf das Gutachten der MEDAS vom 26. September 2006 (einschliesslich deren Zusatzberichte vom 19. und 20. Dezember 2006 sowie 10. Februar 2007) abzustellen ist. Die Vorbringen in der bundesgerichtlichen Beschwerde erschöpfen sich in einer Wiederholung der im kantonalen Verfahren entkräfteten Rügen, weshalb ohne weiteres auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden kann. Die Beschwerdeführerin übersieht mit ihren Einwänden insgesamt, dass die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nicht schon dann unvollständig oder offensichtlich unrichtig ist, wenn die Beweiswürdigung der Aktenlage eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar naheliegender erscheinen lässt (vgl. BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153; 132 I 13 E. 5.1 S. 17 f.; 127 I 54 E. 2b S. 56). 
4.3.2 Freier Überprüfung zugänglich ist im bundesgerichtlichen Verfahren die Rechtsfrage, ob mit den verbindlichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ein Revisionstatbestand begründbar ist. Nach der Rechtsprechung ist der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht allseitig, d.h. unter Berücksichtigung des gesamten für die Leistungsberechtigung ausschlaggebenden Tatsachenspektrums zu prüfen, wenn eine erhebliche Änderung des Sachverhalts vorliegt (BGE 117 V 198 E. 4b S. 200; SVR 2004 IV Nr. 17 S. 53, I 526/02 E. 2.3; vgl. auch BGE 125 V 413 E. 2d S. 417 f.; AHI 2002 S. 164, I 652/00 E. 2a). Erheblichkeit kann vorliegen, wenn anzunehmen ist, dass sich die versicherte Person an die unfallbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach Ablauf einer gewissen Zeit gewöhnt hat (vgl. URS MÜLLER, Die materiellen Voraussetzungen der Rentenrevision in der Invalidenversicherung, Freiburg Schweiz 2003, S. 145 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). Die Sachverständigen der MEDAS hielten im Gutachten vom 11. November 2002 fest, dass bei jungen Patienten wie der Versicherten nach HWS-Schleudertrauma ohne medizinisch objektiv überprüfbare gesundheitliche Beschwerden ein Beobachtungszeitraum von zwei bis fünf Jahren notwendig sei, um eine definitive medizinische Beurteilung der gesundheitlichen Entwicklung vorzunehmen. So liess u.a. die Kachexie (Bodymassindex von 16 kg/m2) mit völlig fehlendem Krankheitsbewusstsein vermuten, dass der psychiatrischen Momentaufnahme eine weitergehende psychische Störung entgangen sein könnte. Die Vorinstanz hat diese Aussagen zutreffend als Vorbehalt gedeutet, dass im Zeitpunkt der Erstbegutachtung noch nicht festgestellt werden konnte, ob voraussichtlich eine bleibende Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Art. 8 Abs. 1 ATSG eingetreten war. Die Beschwerdeführerin räumt in der letztinstanzlichen Beschwerde explizit ein, dass die im Gutachten der MEDAS vom 26. September 2006 angegebene Verbesserung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingetreten sei, führt diese jedoch auf die berufliche Inaktivität zurück. Dieses Vorbringen ist schon daher nicht stichhaltig, weil der verbindlichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung zu entnehmen ist, dass sich aus medizinischer Sicht zumindest der psychische Gesundheitszustand verbessert hat und der Versicherten nunmehr aktiver Muskelaufbau (sportliche Aktivitäten; medizinische Trainingstherapie) zur Linderung der angegebenen belastungsabhängigen Beschwerden zumutbar war (vgl. Gutachten der MEDAS vom 26. September 2006). Jedenfalls ist mit dem kantonalen Gericht festzustellen, dass im Zeitpunkt des für die gerichtliche Beurteilung in zeitlicher Hinsicht massgeblichen Erlasses der Aufhebungsverfügung vom 24. April 2007 genügend Anhaltspunkte vorlagen, um revisionsweise die Voraussetzungen des Rentenanspruchs gesamthaft einer Neuprüfung zu unterziehen. Das vorinstanzliche Ergebnis ist daher nicht zu beanstanden. 
 
5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 8. Dezember 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
i.V. Lustenberger Grunder