Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
8C_434/2011 {T 0/2} 
 
Urteil vom 8. Dezember 2011 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Walter Keller, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Taggeld, Rückforderung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 6. April 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1983 geborene A.________ war seit 1. Oktober 2005 Verkäuferin bei der Firma X.________ AG und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Als Folge eines Auffahrunfalls vom 4. September 2007 wurde bei ihr eine Kopfkontusion diagnostiziert. Am 8. Januar 2008 verunfallte sie mit dem von ihr gelenkten Auto auf der Autobahn. Gleichentags wurde sie im Spital W.________ an der linken Hand operiert. Dieses diagnostizierte am 9. Januar 2008 Folgendes: Commotio cerebri; 3° offene Verletzung Dig II-IV links, offene Gelenke PIP Dig II-IV linke Hand, fragliche Fraktur proximale Phalanx Dig II; Beckenkontusion. Die SUVA erbrachte Heilbehandlung und Taggeld. Sie holte diverse Arztberichte ein und zog die Berichte und DVDs betreffend die von der Generali Allgemeine Versicherungen AG (nachfolgend Generali) als Haftpflichtversicherer durchgeführte Observie-rung der Versicherten bei. Mit Verfügung vom 3. Februar 2010 stellte die SUVA die für die Folgen des Unfalls vom 8. Januar 2008 ausge-richteten Taggelder per 18. Februar 2009 ein, da spätestens seit 19. Februar 2009 keine unfallbedingte Einschränkung der Arbeits-fähigkeit mehr bestehe; sie forderte die vom 19. Februar bis 31. De-zember 2009 geleisteten Taggelder in Höhe von Fr. 21'298.40 zurück, da sie zu Unrecht ausgerichtet worden seien. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 12. Mai 2010 ab. 
 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 6. April 2011 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte die Aufhebung des kantonalen Entscheides. Ferner verlangt sie die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. 
Die SUVA und die Vorinstanz schliessen auf Beschwerdeabweisung, wozu die Versicherte Stellung nimmt. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Im Rahmen der "Anträge" verlangt die Beschwerdeführerin in der Sache lediglich die Aufhebung des kantonalen Entscheides. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass sie die rückwirkende Leistungseinstellung bzw. die Taggeldrückforderung ab 19. Februar 2009 beanstandet. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 98 E. 1 S. 99, 134 III 379 E. 1.3 S. 383, 133 III 489 f. E. 3.1; Urteil 8C_944/2010 vom 21. März 2011 E. 1). 
 
2. 
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
3. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen, die im Rahmen der Revision oder der Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 1 und 2 ATSG) zulässig ist, unabhängig davon, ob die zurückgeforderten Leistungen förmlich oder formlos verfügt wurden (Art. 25 Abs. 1 ATSG; BGE 130 V 380 E. 2.3.1 S. 384, 318 E. 5.2 S. 319, 129 V 110 f. E. 1; Urteil 8C_987/2010 vom 24. August 2011 E. 2) grundsätzlich richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
Zu ergänzen ist, dass die Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG durchzuführen ist, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war. Sie ist gestützt auf Art. 55 Abs. 1 ATSG nur innerhalb der in Art. 67 VwVG enthaltenen Fristen zulässig. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist eine relative 90-tägige Frist zu beachten, die mit der Entdeckung des Revisionsgrundes zu laufen beginnt. Zudem gilt eine absolute zehnjährige Frist, deren Lauf mit der Eröffnung des Entscheides einsetzt (SVR 2005 ALV Nr. 8 S. 25 E. 3.1.2 [C 214/03]; Urteile 8C_302/2010 vom 25. August 2010 E. 4 und U 465/04 vom 16. Juni 2005 E. 1 [Letzteres zusammengefasst in HAVE 2005 S. 242]). 
 
4. 
4.1 Grundsätzlich bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem die Partei den angerufenen Revisionsgrund hätte entdecken können, nach dem Prinzip von Treu und Glauben. Praxisgemäss beginnt die relative 90-tägige Revisionsfrist zu laufen, sobald bei der Partei eine sichere Kenntnis über die neue erhebliche Tatsache oder das entscheidende Beweismittel vorhanden ist. Blosse Vermutungen oder gar Gerüchte genügen dagegen nicht und vermögen den Lauf der Revisionsfristen nicht in Gang zu setzen (BGE 95 II 283 E. 2b S. 286; Urteile 4F_8/2010 vom 18. April 2011 E. 1.3, 4C.111/2006 vom 7. November 2006 E. 1.2, 4P.102/2006 vom 29. August 2006 ?. 4.1 und 5C.145/1999 vom 23. Juli 1999 E. 3; Karin Scherrer, in: Waldmann/Weissenberger, Praxiskommentar VwVG, 2009, N. 4 zu Art. 67; August Mächler, in: Auer/Müller/Schindler, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2008, N. 2 zu Art. 67; Pierre Ferrari in: Corboz/Wurzburger/Ferrari/Frésard/Aubry Girardin, Commentaire de la LTF, Bern 2009, N. 7 zu Art. 124; Yves Donzallaz, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, N. 4726 zu Art. 124). 
 
4.2 Ein Observationsbericht bildet für sich allein keine sichere Basis für Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit der versicherten Person. Er kann diesbezüglich höchstens Anhaltspunkte liefern oder Anlass zu Vermutungen geben. Sichere Kenntnis des Sachverhalts kann in dieser Hinsicht erst die ärztliche Beurteilung des Observationsmaterials liefern (vgl. BGE 8C_272/2011 vom 11. November 2011 E. 7.1 mit Hinweisen). Die relative 90-tägige Revisionsfrist beginnt somit grundsätzlich erst zu laufen, wenn diese ärztliche Beurteilung vorliegt. 
Die Verwaltung hat die erforderlichen medizinischen Abklärungen innert angemessener Frist durchzuführen. Tut sie dies nicht, darf sich ihre Säumnis nicht zu ihren Gunsten und zuungunsten der versicherten Person auswirken. In einem solchen Fall ist der Beginn der relativen 90-tägigen Frist vielmehr auf den Zeitpunkt festzusetzen, in welchem die Verwaltung ihre unvollständige Kenntnis mit dem erforderlichen und zumutbaren Einsatz hätte hinreichend ergänzen können (vgl. auch BGE 112 V 180 E. 4b S. 182; SVR 2005 ALV Nr. 8 S. 25 E. 3.1.2 [C 214/03]). 
 
5. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die SUVA zu Recht die Leistungen per 18. Februar 2009 eingestellt hat und die der Versicherten seither bis 31. Dezember 2009 ausgerichteten Taggelder in Höhe von Fr. 21'298.40 zurückfordert. 
 
5.1 Die Generali als Haftpflichtversicherer liess die Versicherte vom 25. September bis 17. Dezember 2008 und vom 10. bis 18. Februar 2009 observieren. Sie stellte der SUVA das Observationsmaterial am 1. Oktober 2009 zu. Die Verwertung desselben durch die SUVA war zulässig (BGE 135 I 169, 132 V 241; vgl. auch BGE 8C_272/2011 E. 5.1; Urteil 8C_64/2010 vom 20. April 2010 E. 3.2), was unbestritten ist. 
 
5.2 Der Kreisarzt Dr. med. M.________, Facharzt für Chirurgie FMH, legte nach der Untersuchung der Versicherten vom 10. Februar 2009 im Bericht vom 23. Februar 2009 dar, die Ergotherapie in Bezug auf die linke Hand sollte fortgesetzt werden. Der Versicherten sei eine mittelschwere Arbeit, wie sie die angestammte Tätigkeit dargestellt habe, wahrscheinlich in einem Umfang von 50 % zumutbar. Für leichte Arbeiten sollte eine ganztägige Arbeitsfähigkeit gegeben sein. Von einer Fortsetzung der Therapie an der linken Hand könne noch eine Verbesserung erreicht werden, so dass der Fallabschluss nicht befürwortet werden könne. Im Bericht vom 21. Dezember 2009 führte Dr. med. M.________ nach Sichtung des der SUVA von der Generali zur Verfügung gestellten Observationsmaterials aus, in Anbetracht der Videoaufnahmen aus dem Jahr 2009 sei seine Beurteilung vom 23. Februar 2009 dahingehend zu korrigieren, dass eine mittelschwere Arbeit ganztags als zumutbar angesehen werden müsse (vgl. E. 8.1 hienach). 
 
5.3 In der Verfügung vom 3. Februar 2010 legte die SUVA dar, aufgrund der ihr vorliegenden Akten bestehe spätestens seit 19. Februar 2009 keine unfallbedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit mehr. Im Einspracheentscheid vom 12. Mai 2010 führte sie aus, seit der Beurteilung des Dr. med. M.________ vom 21. Dezember 2009 stehe fest, dass die Versicherte spätestens seit 10. Februar 2009 in ihrer angestammten Tätigkeit wieder voll arbeitsfähig sei. Die SUVA äusserte sich indessen weder in der Verfügung noch im Einspracheentscheid zur Frage, ob die Taggeldrückforderung ab 19. Februar 2009 revisions- oder wiedererwägungsweise erfolgt (E. 3 hievor). 
 
5.4 Die Vorinstanz erwog, die SUVA habe die Rückforderung im Wesentlichen gestützt auf die Ergebnisse der Observation der Versicherten durch deren Haftpflichtversicherer und die darauf basierenden (kreis)ärztlichen Beurteilungen des Dr. med. M.________ verfügt. Dabei handle es sich um neue entdeckte Tatsachen bzw. Beweismittel. Gestützt hierauf sei die Versicherte spätestens ab 10. Februar 2009 aus körperlicher Sicht nicht mehr in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt gewesen. Die adäquate Unfallkausalität ihres psychischen Gesundheitsschadens sei nach den Kriterien gemäss BGE 115 V 133 zu verneinen. Die Voraussetzungen für eine Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG seien ohne Weiteres zu bejahen, weshalb die verfügte Rückforderung rechtens sei. 
 
6. 
Zu beurteilen ist somit die Revisionsfrage. 
 
6.1 Im angefochtenen Entscheid nahm die Vorinstanz zur Frage der Einhaltung der Revisionsfrist (E. 3.2 hievor) nicht Stellung. Die Versicherte wendet ein, sie habe der SUVA am 7. September 2009 die Ermächtigung zur Einsicht in das Observationsmaterial erteilt, womit Letztere dieses entdeckt habe. Die SUVA-Verfügung sei am 3. Februar 2010 und damit nach Ablauf der 90-tägigen Revisionsfrist erfolgt. Diese Frist sei somit verwirkt gewesen. 
Die SUVA macht letztinstanzlich geltend, Gründe für die Revision seien erst mit der Beurteilung des Dr. med. M.________ vom 21. Dezember 2009 festgestanden. 
Die Vorinstanz bringt letztinstanzlich vor, die SUVA habe dem Kreisarzt das Observationsmaterial zur Beurteilung vorlegen müssen, worin weitere Abklärungen zu erblicken seien. Zudem habe sie die Versicherte im Rahmen der Einforderung des Observationsmaterials explizit darauf hingewiesen, dass sich die Auswertung dieses Materials auf ihre Leistungsansprüche auswirken könne. Nachdem die SUVA die erforderlichen Abklärungen innert angemessener Frist an die Hand genommen und in der Folge die fragliche Verfügung erlassen habe, sei die Revisionsfrist ohne Weiteres als gewahrt zu betrachten. 
 
6.2 Die Generali erteilte der SUVA mit Schreiben vom 1. Oktober 2009 ausdrücklich die Erlaubnis, die Ergebnisse der Observation - Berichte inklusive das Bildmaterial - zu den Akten zu nehmen und erklärte, sie sei mit der rechtmässigen Verwendung des Observationsmaterials einverstanden. In der Beilage zu diesem Schreiben stellte die Generali der SUVA dieses Material zu. Aufgrund der Akten ging dieses Schreiben bei der SUVA am 5. Oktober 2009 ein. Die SUVA war gehalten, die zusätzlichen medizinischen Abklärungen mit dem erforderlichen und zumutbaren Einsatz zügig voranzutreiben (E. 4.2 hievor). Der Kreisarzt Dr. med. M.________ erstattete seine Beurteilung des Observationsmaterials am 21. Dezember 2009. Unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 22a Abs. 1 lit. c VwVG, in Kraft seit 1. Januar 2007; August Mächler, a.a.O., N. 4 zu Art. 67 VwVG) war die 90-tägige Revisionsfrist bei Verfügungserlass am 3. Februar 2010 nicht abgelaufen, wenn sie am 21. Oktober 2009 zu laufen begann. Während die zügige Abklärungszeit am 21. Dezember 2009 eindeutig überschritten war, kann dem Versicherer für die Sichtung des Observationsmaterials und die medizinische Überprüfung Zeit bis 21. Oktober 2009 eingeräumt werden. Unter diesen Umständen wurde die Verfügung vom 3. Februar 2010 rechtzeitig erlassen. Die einjährige Frist nach Art. 25 Abs. 2 ATSG ist damit selbstredend ebenfalls eingehalten. 
 
7. 
7.1 Nach Art. 53 Abs. 1 ATSG liegen "neue" Tatsachen vor, wenn sie sich zwar vor der formlosen Leistungszusprache (vgl. E. 3 hievor) bzw. vor Erlass der formell rechtskräftigen Verfügung oder des Einspracheentscheids verwirklicht haben, dem Gesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt jedoch nicht bekannt waren. Das revisionsweise vorgebrachte Element, welches lediglich eine neue Würdigung einer bereits bekannten Tatsache beinhaltet, rechtfertigt keine prozessuale Revision. Die neuen Tatsachen müssen zudem nach dem Wortlaut von Art. 53 Abs. 1 ATSG "erheblich" ("important", "rilevante") sein. Eine neue Tatsache ist jedenfalls nur dann in diesem Sinne erheblich, wenn sie die tatsächliche Grundlage der formlosen Leistungszusprache bzw. der Verfügung oder des Einspracheentscheids so zu ändern vermag, dass bei zutreffender rechtlicher Würdigung ein anderer Entscheid resultiert. Im Rahmen der prozessualen Revision muss die erhebliche neue Tatsache selber bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einem anderen Entscheid führen; der Gesuchsteller hat den Revisionsgrund allein gestützt auf die Parteivorbringen oder andere, sich aus den Akten ergebende Anhaltspunkte mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, da andernfalls das Revisionsgesuch abzuweisen ist (SVR 2010 UV Nr. 22 S. 90 E. 5.1 mit Hinweisen [8C_720/2009]). 
Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar bekannt gewesen, zum Nachteil des Gesuchstellers aber unbewiesen geblieben sind. Sollen bereits vorgebrachte Tatsachen mit neuen Mitteln bewiesen werden, hat der Gesuchsteller auch darzutun, dass er die Beweismittel im früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht bloss der Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsfeststellung dient (BGE 127 V 353 E. 5b S. 358; SVR 2010 UV Nr. 22 S. 90 E. 5.2; Urteil 8C_232/2011 vom 12. Oktober 2011 E. 8.5.2.1). 
 
7.2 Die SUVA verlangt die Taggeldrückerstattung ab 19. Februar 2009. Die Observationsberichte, die von ihr als neue Beweismittel angerufen werden (vgl. E. 5.1 hievor), wurden am 10. Februar und 6. März 2009 zu Handen der Generali als Haftpflichtversicherer erstellt. Aufgrund der Akten erhielt die SUVA von der erfolgten Observation erst am 30. Juni 2009 Kenntnis; die Erlaubnis zur Verwertung der Observationsberichte gab ihr die Generali erst am 1. Oktober 2009 (E. 6.2 hievor). Die vorherige Beibringung dieser Berichte war der SUVA somit nicht möglich. Insbesondere kann ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie die Akten der Generali nicht bereits früher beigezogen hat, da sie an einen Entscheid derselben nicht gebunden ist (vgl. auch Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 18 f. zu Art. 53 ATSG). 
 
8. 
8.1 Im Bericht vom 21. Dezember 2009 führte Dr. med. M.________ nach Sichtung des Observationsmaterials aus, auf der Videoaufnahme vom 1. Oktober 2008 sei erkennbar, wie die Versicherte mit der linken Hand eine Tasche in ihr Fahrzeug hebe; später hebe sie ihr Kind mit beiden Händen ohne erkennbare Einschränkungen und nehme es auf den Arm. Danach trage sie es nur mit dem verletzten linken Arm. Gleiches lasse sich in den Aufnahmen vom 15. Oktober 2008 beim Aussteigen aus dem Auto beobachten: Sie trage ihr Kind (einarmig) links auf dem Arm. Sie schiebe den Kinderwagen teilweise beidhändig, teilweise mit der rechten oder linken Hand. Die Handybedienung und das Telefonieren erfolgten mit der linken Hand. Die Beweglichkeit in beiden Schultergelenken sei erkennbar uneingeschränkt. Das Gangbild sei flüssig. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule (HWS) sei nicht beeinträchtigt. Der Kopf werde frei nach rechts und links gedreht. Am 17. Dezember 2008 habe die Versicherte ihr Fahrzeug von Schnee gereinigt. Beim Einsteigen seien keine funktionellen Einschränkungen im Bereich der linken Hand erkennbar. Beim Aussteigen halte sie Autoschlüssel und Zigarettenpäckchen oder Handy (könne nicht genau unterschieden werden) in der linken Hand. Beim Beladen des Fahrzeugs halte sie ebenso Gegenstände in der linken Hand. Den Shop verlasse sie im leichten Dauerlauf. Es sei ein normaler Einsatz der linken Hand am Steuerrad erkennbar. Beim Einkauf im Supermarkt sei keine erkennbare Einschränkung der linken Hand beim Halten von insgesamt vier Joghurtbechern (oder ähnlichen Behältnissen) vorhanden. Gut erkennbar sei auch der problemlose Einsatz des rechten Armes über Kopf. Beim Beladen des PKWs in der Tiefgarage würden gänzlich gefüllte Einkaufstaschen mit der rechten Hand aus dem Wagen in den Kofferraum gehoben. Während dieser Zeit halte die linke Hand die Kofferraumabdeckung permanent hoch. Schliessen der Heckklappe erfolge ohne Einschränkungen. Beim Ausparken bestehe keine erkennbare Einschränkung beim Blick nach hinten. Sichtbar sei, dass die Versicherte auch ein leichtes Rennen ähnlich einem Jogging problemlos ausüben könne. Zu keiner Zeit ergäben sich Hinweise auf Gangunsicherheiten, Schwindel oder ein Schwanken. Sie renne zurück zum Auto und schliesse die Autotür mit der linken Hand problemlos. Der linke Arm könne ohne Probleme über Kopfhöhe gehoben werden, was beim Schliessen der Autoheckklappe erkennbar sei. Als Zwischenfazit könne aufgrund der ersten Videos aus dem Jahr 2008 festgestellt werden, dass die von der Versicherten bei der kreisärztlichen Untersuchung gezeigten funktionellen Einschränkungen der oberen Gliedmassen in keiner Videosequenz nachvollziehbar seien. Sie bewege sich völlig uneingeschränkt mit Einsatz beider Hände und Arme mit einem normalen flüssigen Gangbild mit uneingeschränkter Wirbelsäulenbeweglichkeit. Sie sei in der Lage, Lasten grösser als 10 kg einarmig links zu tragen. Ihre Angabe, ihr fielen plötzlich die Dinge aus der linken Hand, überzeuge nicht, wenn sie ihr Kind unter ausschliesslichem Einsatz derselben festhalten könne. Am 10. Fe-bruar 2009 könne die Versicherte erneut an einer Tankstelle beobachtet werden, ohne dass Einschränkungen der oberen Gliedmassen erkennbar seien. Beim Einkauf werde deutlich, dass sie eine tiefe Hockposition einnehmen und sich im Stehen problemlos bis zum untersten Regalfach bücken könne. Am 11. Februar 2009 trage sie nicht nur ihr Kind auf dem linken Arm, sondern habe zudem noch eine grosse Handtasche am linken Unterarm eingehängt. Um dieses kombinierte Gleichgewicht zu halten, müsse sie den Oberkörper relativ weit auf die Seite lehnen, was aber problemlos zu gelingen scheine. Das Gangbild sei trotz der exzentrisch getragenen und relativ grossen Last hinkfrei und flüssig. Ein Taumeln oder Schwanken sei auch andeutungsweise nicht zu sehen. In einer anderen Szene sei festgehalten, wie sie mit der linken Hand ihren eigenen rechten Unterarm beim Tragen ihres Kindes umfasse. An dieser Sequenz sei bemerkenswert, dass sie ihr Kind über eine weite Strecke und einen langen Zeitraum einarmig, teilweise beidarmig tragen und schlussendlich mit dem Kind auf dem Arm rennen könne. Im Bericht vom 24. September 2008 habe er (Dr. med. M.________) dokumentiert, dass ihm nicht klar gewesen sei, ob die von der Versicherten gezeigte eingeschränkte Beugefähigkeit im Bereich der linken Hand tatsächlich einer organisch begründeten Bewegungseinschränkung entspreche; er sei von einer ganztägigen Arbeitsfähigkeit für leichte Arbeit ausgegangen. Seine damals gehegten Zweifel würden durch die Aufnahmen noch bestärkt. Bei der Untersuchung vom 10. Februar 2009 sei er davon ausgegangen, ihr sei bereits eine mittelschwere Arbeit im Umfang von 50 % zumutbar. Eine mittelschwere Arbeit sei definiert mit der Notwendigkeit des Hantierens von Gegenständen bis zu 15 kg. In Kenntnis der Problemlosigkeit, mit der die Versicherte ihr 1 1/2-jähriges Kind mit der linken Hand tragen, halten und sichern könne, sehe er seine Einschätzung in Bezug auf die Schwere der Belastung als bestätigt an. Betreffend die Arbeitsdauer sei in Anbetracht der Videoaufnahmen aus dem Jahr 2009 seine Beurteilung dahingehend zu korrigieren, dass eine mittelschwere Arbeit ganztags als zumutbar angesehen werden müsse. Am 29. Mai 2009 sei die Versicherte von Dr. med. B.________, Leitender Arzt Handchirurgie, Spital F.________, untersucht worden. Dieser habe dokumentiert, dass der Faustschluss unter Ablenkung passiv fast habe erreicht werden können; weiter habe er ausgeführt, auffallend sei bei der Anamnese, dass die linke Hand beim Gestikulieren frei eingesetzt werde und ins Körperschema integriert sei. Seine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit mit 0 % könne angesichts des Observationsmaterials nicht bestätigt werden. 
8.2 
8.2.1 Die SUVA stützte die ursprüngliche Taggeldausrichtung ab 19. Februar 2009 auf den Bericht des Dr. med. M.________ vom 23. Februar 2009, wonach der Versicherten eine mittelschwere Arbeit, wie sie die angestammte Tätigkeit dargestellt habe, zu 50 % zumutbar gewesen sei und in einer leichten Arbeit eine ganztägige Arbeitsfähigkeit bestanden habe (E. 5.2 hievor). 
Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass die Observationsberichte vom 10. Februar und 6. März 2009 in Verbindung mit der Beurteilung des Dr. med. M.________ vom 21. Dezember 2009 neue Erkenntnisse betreffend die Frage der Arbeitsfähigkeit seit 19. Februar 2009 enthalten, welche die SUVA ab diesem Datum zu einer Taggeldrückforderung berechtigen. Denn aufgrund dieser neuen Beweismittel bzw. der darin enthaltenen neuen Tatsachen war die Versicherte entgegen der früheren Einschätzung in einer mittelschweren Tätigkeit und damit in ihrer angestammten Arbeit ganztags arbeitsfähig. Damit entfällt der Taggeldanspruch (Art. 16 Abs. 1 UVG; BGE 135 V 287 E. 4.2 S. 290 und E. 4.4 S. 291, 130 V 35 E. 3.1 S. 36). 
8.2.2 Die Versicherte macht im Wesentlichen geltend, die Observation habe nur alltägliche Vorgänge, die sie als Mutter und Hausfrau zu verrichten gehabt habe, betroffen und habe - z.B. bezogen auf komplexe Bewegungsabläufe, manuelles Geschick oder erhöhte Kraftaufwendung - keine erheblichen Erkenntnisse gebracht. Weiter sei die SUVA im Zeitpunkt der faktischen Taggeldverfügungen - insbesondere im Bericht des Dr. med. M.________ vom 23. Februar 2009, der praktisch mit der Observierung vom 10./11. Februar zusammengefallen sei - von keinen nennenswerten Einschränkungen im Bereich der HWS, des Rückens und der Schulter ausgegangen. Auch sei damals bezüglich der linken Hand von einer weitgehend wieder hergestellten Arbeitsfähigkeit ausgegangen worden: nämlich von 50 % in der angestammten und von 100 % in einer leichten Tätigkeit. Zudem habe Dr. med. M.________ am 21. Dezember 2009 selber ausgeführt, er sehe sich in seiner ursprünglichen Einschätzung bestätigt. Es könne somit nicht von neuen Tatsachen ausgegangen werden. Die SUVA habe zudem gewusst, dass die Versicherte den Haushalt und die Kinderbetreuung trotz allen Problemen irgendwie selber habe bewältigen müssen, da sie von ihrem ebenfalls verunfallten Ehemann keine Unterstützung habe erwarten dürfen. Es sei blanker Zynismus, aufgrund belangloser Observationsergebnisse betreffend Alltagsverrichtungen (z.B. Einkaufen oder Tragen des Kindes) im Nachhinein den Vorwurf unredlichen Verhaltens zu erheben. 
Diese Vorbringen sind nicht stichhaltig. Es kann nicht gesagt werden, das Observationsmaterial sei für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit unerheblich. Soweit Dr. med. M.________ am 21. Dezember 2009 angab, seine Einschätzung vom Februar 2009 werde durch dieses Material bestätigt, betraf dies einzig die Schwere der zumutbaren Arbeitsbelastung, die er bereits damals als mittelschwer taxierte, wobei er aber nur von 50% Arbeitsfähigkeit ausging. Gestützt auf das Observationsmaterial sah er neu eine mittelschwere Arbeit ganztags als zumutbar an. Wenn die SUVA hierauf abstellte, ist darin kein Verstoss gegen Treu und Glauben ersichtlich. 
8.2.3 In psychischer Hinsicht erwog die Vorinstanz bezogen auf den Zeitpunkt der Leistungseinstellung per 18. Februar 2009, von den sieben Adäquanzkriterien sei höchstens dasjenige der besonders dramatischen Begleitumstände oder besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls vom 8. Januar 2008 erfüllt, aber nicht ausgeprägt. Dies reiche nicht aus, um die adäquate Kausalität zwischen dem mittelschweren Unfall und den psychischen Beschwerden zu bejahen (BGE 115 V 133). Gegen diese Adäquanzbeurteilung erhebt die Versicherte keine stichhaltigen Einwände. Soweit sie pauschal vorbringt, die Vorinstanz zeige diesbezüglich keine neuen Tatsachen auf, kann dem nicht gefolgt werden. Denn diese stellte bei den im Rahmen der Adäquanzprüfung einzig zu berücksichtigenden physischen Komponenten des Gesundheitsschadens (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140; vgl. auch BGE 134 V 109 E. 6.1 S. 116) auf die Observationsberichte und deren Beurteilung durch Dr. med. M.________ ab, wonach die Versicherte somatisch nicht mehr eingeschränkt gewesen sei. Auch in dieser Hinsicht ist die Taggeldrückforderung somit nicht zu beanstanden. 
 
8.3 Der Rückforderungsbetrag ist masslich unbestritten, womit es sein Bewenden hat (vgl. Urteil 8C_607/2010 vom 10. Februar 2011 E. 8). 
 
9. 
Die unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege wird ihr gewährt, da ihre Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos und die Vertretung notwendig war. Sie hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
3. 
Rechtsanwalt Dr. Walter Keller wird als unentgeltlicher Anwalt der Beschwerdeführerin bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 8. Dezember 2011 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Ursprung 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar