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[AZA 0/2] 
5P.430/2000/bie 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
9. Januar 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Merkli und 
Gerichtsschreiber Schneeberger. 
 
_________ 
 
In Sachen 
E.________, Zürich, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Sabine Furthmann, Schifflände 22, Postfach 126, 8024 Zürich, 
 
gegen 
Krankenkasse X.________, Zürich, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Brusa, Strassburgstrasse 10, 8004 Zürich, Sozialversicherungsgericht (I. Kammer) des Kantons Z ü r i c h, 
 
betreffend 
Art. 9 BV (Zusatzversicherung), 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- E.________ ist seit 1980 bei der Krankenkasse X.________ (nachstehend: X.________) durch mehrere Zusatzversicherungen versichert. Das fallentscheidende Produkt BASIC 2 ist für die Zeiträume nach dem 1. Januar 1996 ein erstes und nach dem 1. Januar 1997 ein zweites Mal geändert worden. Mit Klage vom 8. September 1997 gegen die X.________ verlangte E.________, die Beklagte sei auf Grund des erweiterten Versicherungsschutzes, der sich auf Kosten für Zahnbehandlungen erstrecke und ihr die freie Wahl des Spitals auf der ganzen Welt garantiere, zu verpflichten, die Kosten der Vorabklärungen und der in der Folge ab dem 2. Juni 1996 in Deutschland durchgeführten Zahnbehandlungen zu übernehmen. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Klage mit Urteil vom 28. September 2000 ab (Geschäftsnummer: 
KK.1997. XXXXX). 
 
E.________ beantragt dem Bundesgericht mit staatsrechtlicher Beschwerde, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts aufzuheben. Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. Sie hat gegen dieses Urteil beim Bundesgericht auch Berufung erhoben. 
 
Zwischen den gleichen Parteien ist am 28. September 2000 ein weiteres Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich ergangen (Geschäftsnummer: KV.1997. XXXXX), mit dem eine Beschwerde von E.________ abgewiesen worden ist und das sie mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht weitergezogen hat. 
2.- Die Beschwerdeführerin begründet den Vorwurf des überspitzten Formalismus damit, mit ihrem Leistungsbegehren habe sie vom Sozialversicherungsgericht auch die Prüfung der Frage verlangt, ob die Beschwerdegegnerin die Bestandesgarantie von Art. 102 Abs. 2 Satz 3 KVG (SR 832. 10) verletzt habe. Indem das Gericht diese im Klagebegehren zumindest implizit angesprochene Frage nicht geprüft und ihr treuwidrig, bzw. in unfairer Weise nicht ermöglicht habe, das Klagebegehren zu ergänzen, habe es die Verfassung verletzt. Zum einen habe ihrer Klageschrift ohne Zweifel entnommen werden können, dass sie auf die Einhaltung der Bestandesgarantie gepocht habe. Zum anderen habe das Sozialversicherungsgericht § 18 Abs. 3 des zürcherischen Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht (GSVGer/ZH) willkürlich nicht angewendet; diese Bestimmung erlaube, eine Nachfrist für die Verbesserung des Klagebegehrens anzusetzen. 
 
a) Zwar gebietet das Verbot des überspitzten Formalismus, Verfahrensvorschriften nicht mit übertriebener Schärfe und ohne sachlichen Grund anzuwenden (BGE 125 I 166 E. 3a S. 170; 121 I 177 E. 2b/aa S. 179). Davon kann im konkreten Fall jedoch keine Rede sein: 
 
Weil die Beschwerdeführerin in formeller Hinsicht effektiv ein Leistungsbegehren gestellt, nämlich die Bezahlung zweier Geldbeträge verlangt hatte, hätte das Sozialversicherungsgericht, ohne überspitzt formalistisch zu handeln, wohl einzig prüfen müssen, ob die eingeklagten Beträge effektiv geschuldet sind. Denn bezüglich der Bestandesgarantie hätte die Beschwerdeführerin klageweise begehren müssen, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, ihr einen Versicherungsvertrag mit den gleichen Leistungen zu offerieren, die bis Ende 1995 versichert waren. 
Das Sozialversicherungsgericht hat formell wohl nur das Leistungsbegehren behandelt und abgewiesen. In E. 3 auf S. 3 f. seines Urteils hat es aber auch dargelegt, weshalb die Bestandesgarantie, deren Verletzung ebenfalls mit Klage gerügt werden müsse, in casu nicht beeinträchtigt sei (vgl. 
dazu E. 3 des Urteils zur Berufung). Daher liegt auf der Hand, dass das Gericht das Leistungsbegehren grosszügig behandelt hat, indem es in dessen Rahmen auch zur Bestandesgarantie Stellung genommen hat. Gegen das Verbot des überspitzten Formalismus hat es offensichtlich nicht verstossen. 
 
Entweder ist der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin der Sinn von E. 3 des angefochtenen Entscheids entgangen oder ihre Beschwerdeschrift bezieht sich insoweit auf das parallele Urteil des Sozialversicherungsgerichts (Geschäftsnummer: KV.1997. XXXXX), das wegen Unzuständigkeit im Beschwerdeverfahren, wo Ansprüche aus der obligatorischen Versicherung umstritten waren, keine materiellen Erwägungen zur Bestandesgarantie enthält. Dieses Urteil ist hier aber nicht angefochten; bezüglich der Gabelung des Rechtsweges ist nicht zu beanstanden, dass es an das Eidgenössische Versicherungsgericht weitergezogen wurde (vgl. E. 1 des Urteils zur Berufung). 
 
b) Die Beschwerdeführerin macht im Zusammenhang mit ihrer Behauptung, die Bestandesgarantie sei nicht geprüft worden, erfolglos eine Verletzung ihres Gehörsanspruches und der richterlichen Fragepflicht geltend. Denn es ist nicht ersichtlich, was das Sozialversicherungsgericht in tatsächlicher Hinsicht noch hätte berücksichtigen müssen, bevor es eine Verletzung der Bestandesgarantie verneinen durfte (dazu E. 3 des Urteils zur Berufung). 
c) Die Beschwerdeführerin rügt, ihr hätte Gelegenheit geboten werden müssen, das Klagebegehren zu ergänzen. 
Sie macht geltend, dies zu unterlassen, verstosse gegen kantonales Verfahrensrecht, auf das sie hinweist (BGE 118 Ia 112 E. 2c S. 118; 113 Ia 161 E. 3 S. 163). Diese Rüge scheitert aus drei Gründen: 
 
Erstens hätte die Beschwerdeführerin begründen müssen, inwiefern das Sozialversicherungsgericht geradezu unhaltbar gehandelt hat, indem es ein "klares Rechtsbegehren" (§ 18 Abs. 2 GSVGer/ZH) auf Leistung von Geld nicht durch ein zweites hat ergänzen lassen; denn das auf Zuspruch von Geld gerichtete Klagebegehren genügt "den Anforderungen" (§ 118 Abs. 3 GSVGer/ZH) doch offensichtlich (vgl. dazu Ch. Zünd, Kommentar zum Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Diss. Zürich 1998, N 3 und 7 f. 
zu § 18 GSVGer/ZH). Zweitens hätte die Beschwerdeführerin begründen müssen, weshalb es stossend sein soll, materielle Fragen umfassender zu prüfen, als es das Rechtsbegehren inhaltlich gebietet, und dieses auch unter Beurteilung der nicht darunter fallenden Bestandesgarantie abzuweisen, ohne ihr zuvor Gelegenheit zu geben, das Rechtsbegehren auch entsprechend auszuweiten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 123 III 261 E. 4a und b S. 270; 121 I 225 E. 4c S. 230). Drittens übersieht die Beschwerdeführerin, dass diese Rüge keinen Einfluss auf das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens haben kann (BGE 124 I 208 E. 4a Abs. 2 S. 211 mit Hinw. ; 122 I 53 E. 5 S. 57). Denn weil das Sozialversicherungsgericht eine Verletzung der Bestandesgarantie im Ergebnis verneint hat, hätte es auch ein darauf ausgeweitetes Klagebegehren abgewiesen. 
 
3.- Bleibt die staatsrechtliche Beschwerde somit ohne Erfolg, wird die unterliegende Beschwerdeführerin gebührenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie schuldet jedoch keine Parteientschädigung, weil der Beschwerdegegnerin mangels Einholung von Vernehmlassungen keine Kosten entstanden sind (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht (I. Kammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. Januar 2001 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: