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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_226/2021  
 
 
Urteil vom 9. Januar 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Lerf, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, 
Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Gewerbsmässiger Betrug; willkürliche Beweiswürdigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des 
Kantons Bern, 2. Strafkammer, 
vom 24. August 2020 (SK 19 295). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 29. Mai 2019 sprach das Kantonale Wirtschaftsstrafgericht Bern A.________ schuldig des gewerbsmässigen Betrugs (in Mittäterschaft zu B.________ begangen, in der Zeit von 2010 bis 16. März 2016, im Deliktsbetrag von insgesamt Fr. 2'280'250.-- zum Nachteil elf verschiedener Geschädigter). Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, dies teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Regionalgerichts Oberland von 4. April 2012. 
 
B.  
Auf Berufung von A.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern mit Urteil vom 24. August 2020 den Schuldspruch der unteren Instanz - dies mit Ausnahme der Anschuldigung des gewerbsmässigen Betrugs, angeblich begangen am 12. März 2015 zum Nachteil von C.________ im Deliktsbetrag von Fr. 5'000.-- - sowie die erstinstanzlich festgesetzte Freiheitsstrafe von vier Jahren. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, er sei unter Aufhebung des angefochtenen Urteils bezüglich des Vorwurfs des gewerbsmässigen Betrugs von Schuld und Strafe freizusprechen, eventuell sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen gewerbsmässigen Betrugs. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe der Geschichte von B.________ ebenfalls geglaubt und sei daher nicht Mittäter, sondern (weiteres) Opfer von B.________ geworden. Eventuell sei aufgrund der Opferverantwortung die Arglist der Täuschung zu verneinen.  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 143 IV 241 E. 2.3.1; 141 IV 369 E. 6.3; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1).  
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 mit Hinweisen). 
 
1.3. Gemäss Art. 146 Ziff. 1 StGB macht sich des Betruges schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt. Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er nach Art. 146 Ziff. 2 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft.  
Die Täuschung ist arglistig, wenn der Täter ein Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften bedient. Bei einfachen falschen Angaben wird Arglist bejaht, wenn deren Überprüfung nicht zumutbar oder nicht bzw. nur mit besonderer Mühe möglich ist und wenn der Täter das Opfer von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieses die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde. Massgebend ist, wie der Täter die dem Opfer zur Verfügung stehenden Möglichkeiten des Selbstschutzes einschätzt. Ob die Täuschung arglistig ist, hängt nicht davon ab, ob sie gelingt. Wenn das Opfer der Täuschung nicht erliegt, entfällt Arglist deswegen nicht notwendigerweise. Die Täuschung ist aber nicht arglistig, wenn das Opfer den Irrtum mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte vermeiden können. Der Tatbestand erfordert aber nicht, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle erdenklichen Vorkehren trifft, um den Irrtum zu vermeiden. Arglist scheidet nur bei Leichtfertigkeit des Opfers aus, welche das betrügerische Verhalten des Täters in den Hintergrund treten lässt. Die zum Ausschluss der Strafbarkeit des Täuschenden führende Opferverantwortung kann nur in Ausnahmefällen bejaht werden (BGE 143 IV 302 E. 1; 135 IV 76 E. 5.1 f.; 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a; zum Ganzen: Urteil 6B_587/2020 vom 12. Oktober 2020 E. 1.1.1). 
 
2.  
 
2.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen 2010 und 2016 bei verschiedenen Geschädigten zweckgebundene Darlehen aufnahm. Gegenüber den Geschädigten gab er an, dieses Geld diene der Vorfinanzierung des Verkaufs eines echten Gemäldes von Rembrandt, welches B.________ aus einer Erbschaft günstig habe erwerben können und nunmehr voraussichtlich mit grossem Gewinn werde weiterverkaufen können. Weiter steht fest, dass der Beschwerdeführer diese Gelder an B.________ weiterleitete, von diesem jedoch im Gegenzug mindestens zeitweise finanziell unterstützt wurde. Mindestens B.________ war sich dabei stets bewusst, dass es sich beim streitbetroffenen Gemälde nicht um einen echten Rembrandt handelte. So verbrauchte dieser denn auch die Gelder andersweitig und hatte nie die Absicht, die Darlehen zurückzuzahlen.  
 
2.2. Bestritten wird demgegenüber vom Beschwerdeführer die vorinstanzliche Feststellung, wonach auch er sich bereits im Zeitpunkt der Aufnahme der Darlehen bewusst gewesen war, dass es sich beim Gemälde nicht um einen echten Rembrandt handelte und dass B.________ nicht beabsichtigte, diese Darlehen zurückzuzahlen.  
 
2.2.1. Was der Täter wusste und wollte, betrifft sog. innere Tatsachen und ist damit Tatfrage. Solche prüft das Bundesgericht grundsätzlich nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 9 BV; Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Urteil 6B_246/2021 vom 8. Juni 2022 E. 1.3.4). Innere Tatsachen sind einem direkten Beweis nicht zugänglich, sondern lassen sich - soweit der Täter nicht geständig ist - lediglich durch äusserlich feststellbare Indizien (wie etwa Folgerungen aus dem äusseren Verhalten einer Person oder aus den Umständen [BGE 140 III 193 E. 2.2.1]) und gestützt auf Erfahrungsregeln, die Rückschlüsse von den äusseren Umständen auf die innere Einstellung des Täters erlauben, beweisen (BGE 134 IV 26 E. 3.2.2).  
 
2.2.2. Das kantonale Gericht wertete die Aussagen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig, wonach er selber an die Echtheit des Gemäldes von Rembrandt und damit an eine legale Transaktion geglaubt habe. Es schloss aus den gesamten Umständen, dass er über den fehlenden Rückzahlungswillen von B.________ im Bilde war. So wurde er bereits im Jahre 2012 wegen gewerbsmässigen Betrugs, in Mittäterschaft zu B.________ und wegen einer vom Tatmodus her sehr ähnlichen Tat, rechtskräftig verurteilt. Somit wäre zu erwarten gewesen, dass er vor neuerlichen Geschäften mit demselben Partner besonders genau prüft, ob ein vorgeschlagenes Geschäft einen realen und legalen Hintergrund hatte. Weiter führten weder er noch B.________ Buch über die aufgenommenen Darlehen; dies wertete die Vorinstanz als Indiz dafür, dass eine Rückzahlung nicht geplant war. Keine wesentliche Bedeutung mass das kantonale Gericht den angeblichen SMS-Nachrichten, mit denen sich der Beschwerdeführer bei B.________ nach dem Stand des Bilderverkaufs erkundigte, zu, liessen sich diese doch als Beruhigungsmassnahme für die Ehefrau des Beschwerdeführers, welche offenbar Verdacht geschöpft hatte, interpretieren.  
 
2.2.3. Was der Beschwerdeführer gegen diese auf Indizien gestützte Beweiswürdigung vorbringt, vermag sie - soweit sich seine Ausführungen nicht auf eine zum Vornherein unbeachtliche rein appellatorische Darlegung der eigenen Sichtweise beschränken - nicht als willkürlich oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen lassen. So mag es zwar - wie der Beschwerdeführer vorbringt - zutreffen, dass er B.________ vertraute und von ihm nicht nur finanziell, sondern auch "psychisch abhängig" war; solches schliesst indessen ein Wissen um den wahren Charakter des "Bilderverkaufs" nicht aus. Auch aus der Aussage von B.________, er habe den Beschwerdeführer nicht "über alles informiert", kann nicht abgeleitet werden, dass dieser nicht zumindest über die zentralen Punkte Bescheid wusste. Ebenfalls nichts zu seinen Gunsten vermag der Beschwerdeführer daraus abzuleiten, dass er die Darlehen vollumfänglich an B.________ weiterleitete, war er doch zur Aufrechterhaltung des betrügerischen Lügengebäudes auf diesen angewiesen. Hätte er nicht länger mit diesem zusammengearbeitet, so hätte er auch gegenüber den Darlehensgebern nicht länger behaupten könne, die Darlehen seien zur Finanzierung des Bildergeschäfts notwendig. Der Einwand, er hätte bei betrügerischen Absichten die Darlehen einfach für sich behalten können, zielt demnach ins Leere. Zudem steht fest, dass B.________ ihn zumindest zeitweise finanziell unterstützte, er also aus der Tat durchaus einen indirekten finanziellen Vorteil zog. Dass der Beschwerdeführer im Weiteren nach eigenen Angaben Skizzen anfertigte, wie ein Verkauf eines wertvollen (echten) Bildes legalerweise ablaufen würde und finanziert werden könnte, beweist nicht, dass er von der Echtheit des Rembrandts ausgegangen ist. Diese Skizzen können vielmehr dazu gedient haben, den Geschädigten den fingierten Handel überzeugender präsentieren zu können. Die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz sind somit nicht willkürlich und erfüllen zugleich den subjektiven Tatbestand.  
 
2.3. Soweit der Beschwerdeführer im Weiteren geltend macht, die Geschädigten hätten bei minimaler Aufmerksamkeit erkennen können, dass es sich beim Bilderverkauf nicht um ein reales Geschäft mit einem echten Rembrandt handeln konnte, verweist er damit auf die Rechtsprechung zur Opferverantwortung, welche die Vorgehensweise als nicht arglistig erscheinen lassen könnte (vgl. E. 1.3 hievor).  
 
2.3.1. Die Geschädigten wurden zur Gewährung von Darlehen verleitet durch die Präsentation einer Geschichte, wonach das Geld zur Vorfinanzierung eines Verkaufes eines Bildes von Rembrandt mit einem Schätzwert von ca. Fr. 20'000'000.-- benötigt werde. Dieser Verkauf nehme einige Zeit in Anspruch und könne nicht ohne finanziellen Aufwand organisiert werden. Die dabei präsentierte Geschichte erscheint nicht als gänzlich abwegig. Der blosse Umstand, dass einige der Geschädigten Erfahrungen mit Geldanlagen hatten, genügt daher noch nicht, um die Arglistigkeit der Täuschung im Sinne einer Opferverantwortung zu verneinen.  
 
2.3.2. Bezüglich dem Geschädigten C.________ bringt der Beschwerdeführer vor, dieser habe objektiv nicht mehr mit einer Rückzahlung der Darlehen rechnen können, da dieser ihm seit Jahren jeweils mit kurzen Rückzahlungsfristen Geld leihte, er aber dieses Geld nicht oder jedenfalls nicht innert der kurzen Fristen zurückzahlte. Gemäss den nicht substanziiert bestrittenen Feststellungen des kantonalen Gerichts war C.________ aufgrund seines fortgeschrittenen Alters im Zeitpunkt der Geldübergaben indessen bereits "kognitiv relativ eingeschränkt". Zudem hoffte er offenbar, durch weitere Darlehen die Chancen zu erhöhen, seine gesamten Investitionen jemals zurückzuerhalten. Es verstösst somit nicht gegen Bundesrecht, dass die Vorinstanz für die vorliegend noch streitbetroffenen Darlehen eine Opferverantwortung des C.________ abgelehnt hat.  
 
2.4. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, ihm sei im Weiteren jedenfalls betreffend des Geschädigten D.________ kein strafbares Handeln vorzuwerfen, da dieser die Darlehen jeweils direkt an B.________ übergeben und sich damit in derselben Situation wie er selber befunden habe. Dieser Ansicht kann indessen nicht gefolgt werden: Gemäss den willkürfreien vorinstanzlichen Feststellung glaubte D.________ - im Gegensatz zum Beschwerdeführer (vgl. E. 2.2 hievor) - an die Echtheit des Rembrandts und wurde in diesem Glauben durch das Verhalten des Beschwerdeführers bei den regelmässigen Treffen zwischen diesem Geschädigten, B.________ und dem Beschwerdeführer bestärkt. Somit verstösst auch bezüglich des Geschädigten D.________ die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen gewerbsmässigen Betrugs nicht gegen Bundesrecht.  
 
3.  
Entsprechend ist die Beschwerde des Beschuldigten vollumfänglich abzuweisen. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Januar 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold