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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1229/2018  
 
 
Urteil vom 9. April 2019  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Kundgebungsreglement der Stadt Bern, Verfahrenskosten, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 25. Oktober 2018 (SK 18 323). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 31. Mai 2018 sprach das Regionalgericht Bern-Mittelland X.________ der Widerhandlung gegen das Kundgebungsreglement der Stadt Bern durch unbewilligte Kundgebung auf öffentlichem Grund schuldig. Von einer Bestrafung nahm es Umgang, auferlegte dem Beschuldigten aber die Verfahrenskosten von Fr. 950.--. Auf Berufung von X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern das erstinstanzliche Urteil am 25. Oktober 2018. 
 
B.   
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________ sinngemäss, er sei freizusprechen und von der Kostenauflage sei abzusehen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer kritisiert den vorinstanzlichen Entscheid in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. 
 
1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser ist offensichtlich unrichtig oder beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist. Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 141 IV 305 E. 1.2). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Anfechtung kantonalen Rechts und des Sachverhalts wegen Willkür) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 42 Abs. 1 und 2; 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 369 E. 6.3, 317 E. 5.4; Urteil 6B_1047/2018 vom 19. Februar 2019 E. 1.1.1; je mit Hinweisen).  
Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens (Art. 398 Abs. 4 StPO), prüft das Bundesgericht frei, ob die Vorinstanz auf eine gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachte Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung hin zu Unrecht Willkür verneint hat. Der Beschwerdeführer muss sich bei der Begründung der Rüge, die Vorinstanz habe Willkür zu Unrecht verneint, auch mit den Erwägungen der ersten Instanz auseinandersetzen. Das Bundesgericht nimmt keine eigene Beweiswürdigung vor (Urteil 6B_1047/2018 vom 19. Februar 2019 E. 1.1.2 mit Hinweisen). 
 
1.2. Die Vorinstanz nimmt unter Hinweis auf Art. 398 Abs. 4 StPO nur eine eingeschränkte Prüfung des erstinstanzlichen Urteils vor. Sie erwägt, der Anklagesachverhalt sei unbestritten. Demnach habe der Beschwerdeführer am 24. Oktober 2017 eine Kundgebung mit 40 bis 50 Anwesenden vor der kroatischen Botschaft (mit) organisiert, ohne im Besitz der erforderlichen Bewilligung zu sein. Da das zugrunde liegende Ereignis - die Inhaftierung des in der Schweiz anerkannten Flüchtlings A.________ in Kroatien und Anordnung von dessen Auslieferung an die Türkei - am 21. Oktober 2017 stattgefunden habe, habe es sich um keine Spontankundgebung gehandelt. Vielmehr hätten sich die Demonstrierenden bereits am 23. Oktober 2017 vor der Botschaft versammelt, dann aber beschlossen, am nächsten Tag wieder zu kommen, weil die Botschaft geschlossen gewesen sei. Ohnehin hätte auch eine Spontankundgebung zeitgleich mit dem Aufruf den Behörden gemeldet werden müssen, was ebenfalls nicht geschehen sei. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers sei es auch nicht bloss um eine bewilligungsfreie Pressemitteilung gegangen, wäre doch diesfalls kein erneuter Aufmarsch vor der Botschaft nötig gewesen. Zudem habe die Veranstaltung zugegebenermassen Appellfunktion gehabt. Dass sie friedlich und ohne Zwischenfälle abgelaufen sei, ändere an der Bewilligungspflicht nichts. Trotz der zeitlichen Dringlichkeit wäre es den Veranstaltern möglich und zumutbar gewesen, spätestens am zweiten Tag nach Bekanntwerden der Inhaftierung von A.________ um Bewilligung der Kundgebung zu ersuchen, zumal kurzfristige Bewilligungen gesetzlich vorgesehen und in Absprache mit den Behörden möglich seien.  
 
1.3. Die Beschwerde genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen auch unter der bei Laienbeschwerden üblichen wohlwollenden Betrachtungsweise weitgehend nicht (vgl. Urteil 6B_764/2018 vom 14. November 2018 E. 4 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer setzt sich mit dem angefochtenen Entscheid nicht auseinander. Er wiederholt bloss die im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwände. So macht er wiederum geltend, die Veranstaltung sei keine Demonstration gewesen, sondern eine Pressemitteilung. Er legt aber nicht dar, weshalb die sich auf das kantonale Recht stützende gegenteilige Annahme der Vorinstanz geradezu unhaltbar sein soll. Dies ist auch nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass, davon ausgehend, es hätte sich um eine Spontandemonstration gehandelt, zeitgleich mit dem Aufruf zur Demonstration eine Mitteilung an die zuständigen Behörden erfolgt wäre. In Ermangelung einer solchen wäre er, wie die Vorinstanz nachvollziehbar ausführt, selbst bei Annahme einer Spontandemonstration unabhängig von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit strafbar gewesen. Ebenso wenig legt der Beschwerdeführer dar, weshalb es unmöglich gewesen sein soll, rechtzeitig um eine Bewilligung zu ersuchen, oder die behauptete Spontankundgebung den zuständigen Behörden wenigstens zu melden. Dies ist angesichts der Tatsache, dass auch kurzfristige Bewilligungen gesetzlich vorgesehen und in Absprache möglich sind, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet, trotz der zeitlichen Dringlichkeit nicht ersichtlich. Es war denn auch offensichtlich möglich, die Teilnehmer der Kundgebung zu avisieren und die Polizei zu informieren. Soweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf die EMRK eine Verletzung der Versammlungsfreiheit behauptet, begründet er auch dies nicht. Insbesondere legt er nicht dar, weshalb Nutzen und Wirkung der Veranstaltung durch das Erfordernis einer kurzfristig einzuholenden Bewilligung untergraben würden. Auch belegt der Beschwerdeführer nicht, dass eine Bewilligungspflicht bei Demonstrationen auf öffentlichem Grund verfassungs- oder konventionswidrig sein soll, oder inwieweit der Schutz der Versammlungsfreiheit gemäss EMRK weiter ginge als der von der Bundesverfassung garantierte, was die Vorinstanz zutreffend ablehnt (BGE 143 I 147 E. 3; 127 I 164 E. 3d). Entgegen seiner Behauptung bewirken schliesslich weder die Bewilligungspflicht noch die zu verhängende Busse im Unterlassungsfall unter Verhältnismässigkeitsgrundsätzen einen unzulässigen Abschreckungseffekt. Ein Demonstrationsverbot besteht unbestrittenermassen nicht. Im Übrigen anerkennt der Beschwerdeführer für den Fall, dass eine Kundgebung - und keine Pressemitteilung - vorliegt, deren Rechtswidrigkeit. Solches stellt die Vorinstanz nach dem Gesagten indes willkürfrei fest.  
 
2.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten, da sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Kostenbemessung Rechnung zu tragen (Art. 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 1'200.--. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. April 2019 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt