Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_27/2022
Urteil vom 9. Mai 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Beusch,
Bundesrichterin Ryter,
Gerichtsschreiber Seiler.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Lea Hungerbühler,
Beschwerdeführer,
gegen
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV),
Ostermundigenstrasse 99B, 3006 Bern.
Gegenstand
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, vom 9. Dezember 2021 (100.2021.345U).
Sachverhalt:
A.
A.________ (afghanischer Staatsangehöriger) ersuchte am 8. Juli 2021 in der Schweiz um Asyl. Abklärungen des Staatssekretariats für Migration (SEM) ergaben, dass er bereits am 18. März 2021 in Bulgarien ein Asylgesuch gestellt hatte. In der Folge ersuchte das SEM am 22. Juli 2021 die bulgarischen Behörden gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-Verordnung; ABl. L 180/31), um Übernahme von A.________. Die bulgarischen Behörden entsprachen dem Ersuchen am 27. Juli 2021. Mit Verfügung vom 2. August 2021 trat das SEM auf das Asylgesuch von A.________ nicht ein, wies ihn aus der Schweiz nach Bulgarien weg und beauftragte den Kanton Bern mit dem Vollzug der Wegweisung. Der Nichteintretensentscheid blieb unangefochten.
Am 30. August 2021 führte der Migrationsdienst des Amts für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern mit A.________ ein Ausreisegespräch durch. An diesem Gespräch erklärte er sich insbesondere nicht bereit, freiwillig nach Bulgarien zurückzukehren. Einen für ihn gebuchten Flug würde er nicht antreten. Hingewiesen auf die zwei verbleibenden Optionen - freiwillige Rückkehr oder Ausschaffungshaft und zwangsweise Überstellung nach Bulgarien - sagte er aus, er habe die Hoffnung verloren; in Bulgarien sei es für ihn gleich wie in Afghanistan. Der Migrationsdienst befragte ihn auch zu einem möglichen Einreiseverbot für die Schweiz und erklärte ihm, dass eine allfällige Missachtung eines solchen Verbots einen Haftgrund für Administrativhaft darstellen könne. Der Beschwerdeführer antwortete darauf: "Wenn Sie mich nach Bulgarien schicken, werde ich vielleicht gar nicht mehr leben, wenn ich zurückkomme."
Am 1. November 2021 ordnete der Migrationsdienst die Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens an für die Dauer von (höchstens) sechs Wochen. Am 10. November 2021 hielt die Kantonspolizei Bern A.________ im Bundesasylzentrum Bern an und verbrachte ihn ins Regionalgefängnis Bern. Am 15. November 2021 wurde er ins Regionalgefängnis Moutier verlegt, wo er am 23. November 2021 einen Suizidversuch mittels Strangulation unternahm. Das Personal fand ihn reglos am Boden liegend auf. Nach einer eingehenden Kontrolle durch die gerufene Ambulanz wurde er in eine Sicherheitszelle verlegt.
B.
Mit Eingabe vom 23. November 2021 beantragte A.________, nunmehr anwaltlich vertreten, beim kantonalen Zwangsmassnahmengericht die Überprüfung der Haftanordnung und seine Haftentlassung. Nach Akteneinsicht reichte er am 25. November 2021 eine Begründung zu seinen Rechtsbegehren ein und beantragte zusätzlich, es sei festzustellen, dass die Inhaftierung im Regionalgefängnis Bern rechtswidrig gewesen sei. Mit Entscheid vom 26. November 2021 beurteilte das Zwangsmassnahmengericht die angeordnete Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens als rechtmässig und angemessen, bestätigte sie bis zum 21. Dezember 2021 und setzte Rechtsanwältin Lea Hungerbühler als amtliche Rechtsvertretung von A.________ ein.
Gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts erhob A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Er beantragte unter anderem die Aufhebung des Entscheids des Zwangsmassnahmengerichts und seine unverzügliche Entlassung aus der Dublin-Ausschaffungshaft, ferner die Feststellung, dass sein rechtliches Gehör verletzt worden und die Inhaftierung im Regionalgefängnis Bern vom 10. November 2021 bis 15. November 2021 rechtswidrig gewesen sei.
Mit Urteil vom 9. Dezember 2021 hiess der Einzelrichter am Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde teilweise gut. Die Ziff. 1 des Dispositivs seines Urteils lautet wie folgt: "Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass - in entsprechender teilweiser Aufhebung von Ziffer 1 des Dispositivs des Entscheids des kantonalen Zwangsmassnahmengerichts vom 26. November 2021 - die Unrechtmässigkeit des Vollzugs der Dublin-Ausschaffungshaft des Beschwerdeführers im Regionalgefängnis Bern vom 10. bis zum 15. November 2021 festgestellt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird."
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 10. Januar 2022 beantragt A.________ die Aufhebung von Ziff. 1, Satz 2 des Entscheids des Verwaltungsgerichts Bern vom 9. Dezember 2021 sowie die Feststellung, dass die Inhaftierung des Beschwerdeführers (Dublin-Haft) rechtswidrig (eventualiter unverhältnismässig) war. Weiter beantragt A.________ die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, wobei Rechtsanwältin Lea Hungerbühler als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu mandatieren sowie auf einen Kostenvorschuss zu verzichten sei. Zudem stellt er den Verfahrensantrag, dass die Akten des Verwaltungsgerichts zu edieren seien.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Migrationsdienst lässt sich vernehmen, ohne einen Antrag zu stellen. Der Beschwerdeführer repliziert.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid betreffend Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig: Wegen des mit der Anordnung ausländerrechtlicher Administrativhaft verbundenen schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit kommt dem entsprechenden Freiheitsentzug eigenständige Bedeutung zu; die Haft erscheint nicht als bloss untergeordnete Vollzugsmassnahme zur Wegweisung, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG der Beschwerde nicht entgegensteht (BGE 147 II 49 E. 1 mit Hinweisen; 142 I 135 E. 1.1.3; Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 1.1). Es handelt sich bei der Dublin-Haft praxisgemäss auch nicht um einen Entscheid "auf dem Gebiet des Asyls" im Sinne von Art. 83 lit. d BGG (BGE 142 I 135 E. 1.1.3).
1.2. Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde einräumt, ist er zwischenzeitlich aus der Haft entlassen worden. Das Bundesgericht tritt indessen - trotz Haftentlassung oder eines Verlängerungsentscheids, welcher die ursprünglich angefochtene Haftverfügung ablöst (vgl. BGE 139 I 206 E. 1.2.1 - 1.2.3) - auf Beschwerden gegen die Genehmigung der ausländerrechtlichen Festhaltung durch den Haftrichter bzw. den entsprechenden kantonalen Rechtsmittelentscheid ein, namentlich wenn der Betroffene rechtsgenügend begründet (vgl. Art. 42 BGG) und in vertretbarer Weise ("griefs défendables") die Verletzung einer Garantie der EMRK rügt (BGE 147 II 49 E. 1.2.1; vgl. für eine weitere Konstellation, in der das Bundesgericht trotz Haftentlassung auf die Beschwerde eintritt Urteil 2C_135/2019 vom 18. November 2019 E. 1, nicht publ. in BGE 145 II 313). Derlei liegt vor, wenn der Beschwerdeführer - wie hier - geltend macht, ihm sei die Freiheit "nicht auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise" entzogen worden (vgl. BGE 143 I 437 E. 3.3; Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 1.2). Die diesbezüglichen Feststellungsanträge des Beschwerdeführers sind zulässig (vgl. BGE 142 I 135 E. 3.4 in fine; Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 1.2). Da auch alle weiteren Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde einzutreten (vgl. Art. 89 Abs. 1; Art. 86 Abs. 1 lit. d; Art. 90; Art. 100 Abs. 1; Art. 42 BGG ).
2.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, dass kein Haftgrund nach Art. 28 Dublin III-Verordnung bzw. Art. 76a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG; SR 142.20) gegeben gewesen sei. Ferner sei die Ausschaffungshaft nicht verhältnismässig gewesen. Überdies habe der Migrationsdienst im Zusammenhang mit der polizeilichen Anhaltung und der Inhaftierung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie Art. 5 EMRK gravierend verletzt. Die Gehörsverletzung könne entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht durch die Rechtsmittelinstanz geheilt werden, sondern hätte, so der Beschwerdeführer, zwingend zur umgehenden Haftentlassung führen müssen.
3.
3.1. Die Inhaftierung einer Person im Rahmen eines Dublin-Verfahrens ist erlaubt, wenn sie die Sicherstellung des Überstellungsverfahrens in den zuständigen Dublin-Staat bezweckt (vgl. Art. 28 Abs. 2 Dublin III-Verordnung i.V.m. dem Bundesbeschluss vom 26. September 2014 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung [EU] Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist [AS 2015 1841 ff.]).
3.2. Nach Art. 28 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung dürfen die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Haft nehmen, weil sie dem durch die Dublin III-Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt. Die Staaten können zur Sicherung des Überstellungsverfahrens eine gesuchstellende Person im Rahmen einer Einzelfallprüfung festhalten, wenn (1) eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, (2) die freiheitsentziehende Massnahme sich als verhältnismässig erweist und (3) weniger einschneidende Massnahmen unwirksam erscheinen (Art. 28 Abs. 2 Dublin III-Verordnung). Als Fluchtgefahr bezeichnet die Dublin-III-Verordnung das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zur Annahme Anlass geben, dass sich ein Gesuchsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem durch Flucht entziehen könnte (Art. 2 lit. n Dublin III-Verordnung). Die einzelnen Staaten sind verpflichtet, in einer zwingenden Vorschrift mit allgemeiner Geltung die Kriterien zu nennen, auf denen die Gründe beruhen, die zu dieser Annahme Anlass geben. Fehlen die entsprechenden Vorschriften im nationalen Recht, ist eine Festhaltung im Rahmen von Art. 28 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung unzulässig (Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 2.2, zur Publikation vorgesehen, u.a. mit Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 15. März 2017 C-528/15
Al Chodor).
3.3. Die Schweiz hat die Dublin III-Haftregeln in Art. 76a (materielles Recht) bzw. Art. 80a (Verfahren) AIG umgesetzt. Diese Bestimmungen sind in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen im Sinne des zu übernehmenden bzw. übernommenen Sekundärrechts der Europäischen Union auszulegen (vgl. Art. 1 Abs. 3 des Abkommens vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags [Dublin-Assoziierungsabkommen; DAA; SR 0.142.392.68]); Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 3.1, zur Publikation vorgesehen; BGE 143 I 437 E. 3.1; 142 I 135 E. 4.1; 140 II 74 E. 2.3; vgl. zur Inkorporation: BGE 143 II 361 E. 3.3).
3.4. Nach Art. 76a Abs. 1 AIG kann die zuständige Behörde die betroffene ausländische Person zur Sicherstellung der Wegweisung in den für das Asylverfahren zuständigen Dublin-Staat in Haft nehmen, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass die Person sich der Durchführung der Wegweisung entziehen will (lit. a), die Haft verhältnismässig ist (lit. b) und sich weniger einschneidende Massnahmen nicht wirksam anwenden lassen (lit. c, mit Hinweis auf Art. 28 Abs. 2 Dublin III-Verordnung). Eine Haftanordnung nach Art. 76a Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 2 AIG verlangt das Vorliegen einer
erheblichen Gefahr des Untertauchens (BGE 142 I 135 E. 4.2 mit Hinweisen). Denn der Zweck der Dublin-Haft ist die Sicherstellung von Überstellungsverfahren, indem vermieden wird, dass die betroffene Person flieht und sich der Durchführung einer etwaigen Entscheidung über ihre Überstellung entzieht (vgl. Urteil des EuGH vom 13. September 2017 C-60/16
Khir Amayry, Randnr. 31).
3.5. Gemäss Art. 76a Abs. 2 lit. b AIG ist unter anderem dann zu befürchten, dass sich die betroffene Person der Durchführung der Wegweisung entziehen will, wenn ihr Verhalten in der Schweiz oder im Ausland darauf schliessen lässt, dass sie sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Dazu hat das Bundesgericht erwogen, dass es nicht ausgeschlossen wäre, den Haftgrund von Art. 76a Abs. 2 lit. b AIG anzunehmen, wenn der betreffende Ausländer ausdrücklich bekundet hätte, sich der anstehenden Überstellung entziehen zu wollen. Davon wäre jedoch nur mit grösster Zurückhaltung auszugehen, solange sich solche Aussagen nicht auch in konkreten Handlungen niedergeschlagen hätten. Erforderlich wäre, dass der betreffende Ausländer mit seinen Aussagen klar zum Ausdruck gebracht hätte, dass er nicht freiwillig in den zuständigen Dublin-Staat reisen und sich vor allem auch nicht für eine behördliche Durchsetzung seiner Rückführung zur Verfügung halten werde (Urteil 2C_947/2020 vom 15. Dezember 2020 E. 2.2.3). Als eine konkrete Handlung hat das Bundesgericht etwa die Verweigerung eines PCR-Tests gewertet, durch welche die betroffene Person eine Rückführung wiederholt unterlaufen hatte (vgl. Urteil 2C_549/2021 vom 3. September 2021 E. 4.3).
3.6. Die Vorinstanz hat eine erhebliche Fluchtgefahr angenommen und dabei auf die Vehemenz der Aussagen des Beschwerdeführers abgestellt (vgl. angefochtenes Urteil E. 4.3). Hingegen hatten sich die Aussagen des Beschwerdeführers nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht in konkreten Handlungen niedergeschlagen. Im Gegenteil ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, dass der Beschwerdeführer nach dem Ausreisegespräch vom 30. August 2021 bis zur Inhaftierung noch mehr als zwei Monate im Asylzentrum verbrachte. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob die Aussagen des Beschwerdeführers tatsächlich so schwerwiegend waren, dass unmittelbar im Anschluss an das Ausreisegespräch von einer erheblichen Gefahr des Untertauchens hätte ausgegangen werden dürfen, obschon sich diese Gefahr in keinen konkreten Handlungen manifestiert hatte. In Anbetracht dessen, dass aufgrund blosser Aussagen nur mit grösster Zurückhaltung eine Untertauchensgefahr angenommen und eine ausländische Person in Dublin-Haft genommen werden kann (vgl. oben E. 3.5), darf nämlich entgegen der Vorinstanz und dem Migrationsdienst nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Beschwerdeführer nach dem Ausreisegespräch weitere zwei Monate im Asylzentrum aufgehalten und dort dem Migrationsdienst stets für eine behördliche Durchsetzung der Rückführung zur Verfügung gestanden hätte. Selbst wenn also unmittelbar im Anschluss an das Ausreisegespräch noch von einer erheblichen Untertauchensgefahr hätte ausgegangen werden dürfen, wäre diese Untertauchensgefahr durch das tatsächliche Verhalten des Beschwerdeführers in der Folge stark relativiert worden. Vor diesem Hintergrund durfte der Migrationsdienst die Aussagen des Beschwerdeführers jedenfalls zum Zeitpunkt der Haftanordnung am 1. November 2021 nicht (mehr) zum Anlass dazu nehmen, den Beschwerdeführer in Haft zu setzen und so in schwerwiegender Weise in seine verfassungs- und konventionsmässig garantierten Rechte einzugreifen.
3.7. Nach dem Gesagten bestanden jedenfalls zum Zeitpunkt der Haftordnung keine konkreten Anzeichen dafür, dass sich der Beschwerdeführer der Durchführung der Wegweisung entziehen wollte. Damit fehlte es am Haftgrund nach Art. 76a Abs. 1 lit. a AIG. Die Inhaftierung des Beschwerdeführers erweist sich als unrechtmässig.
4.
4.1. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen. Der Entscheid der Vorinstanz ist aufzuheben, soweit darin die Inhaftierung des Beschwerdeführers für rechtmässig befunden wird. Es ist antragsgemäss festzustellen, dass die Inhaftierung des Beschwerdeführers rechtswidrig war. Unter diesen Umständen erübrigt es sich, auf die übrigen Rügen des Beschwerdeführers einzugehen.
4.2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Bern schuldet dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG), die seiner Rechtsvertreterin auszubezahlen ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird dadurch gegenstandslos. Die Vorinstanz und die Unterinstanz haben keine Kosten erhoben und dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Verbeiständung respektive eine Parteientschädigung gewährt. Eine Rückweisung an die Vorinstanz zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens erübrigt sich daher, wobei immerhin klarzustellen ist, dass die der Rechtsvertreterin bezahlten Beträge aufgrund des Verfahrensausgangs definitiv vom Staat zu tragen sind und vom Beschwerdeführer nicht zurückgefordert werden können.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und Ziff. 1, 2. Satz des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 9. Dezember 2021 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Inhaftierung des Beschwerdeführers (Dublin-Haft) rechtswidrig war.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Bern hat der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.
4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonalen Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 9. Mai 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: Seiler