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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.141/2005 /zga 
 
Urteil vom 9. Juni 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiberin Charif Feller. 
 
Parteien 
X.________, 
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Robert Rilk, 
 
gegen 
 
Y.________ AG, 
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Fürsprecher Hans Ulrich Kobel. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; Kündigung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, 
vom 28. Februar 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ (Kläger) schloss am 7. Oktober 2002 mit der Y.________ AG (Beklagte) einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Danach übernahm der Kläger ab 1. Februar 2003 die Stelle "Leiter Finanzen und Administration". Betreffend Kündigungsmodalitäten wurde auf das OR verwiesen. 
 
Am 28. Oktober 2003 schrieb der behandelnde Arzt den Kläger wegen Darmproblemen, die sich bereits am Vortag bemerkbar gemacht hatten, "voraussichtlich bis 3. November 2003" arbeitsunfähig. Gleichentags meldete der Kläger seine Krankheit der Beklagten. Auch am 29. Oktober 2003 blieb er krankheitsbedingt zuhause und teilte der Personalverantwortlichen bei der Beklagten mit, dass er am nächsten Tag wiederum arbeiten komme, falls es ihm besser gehe. Am 30. Oktober 2003 erschien der Kläger um 07.50 Uhr an seinem Arbeitsplatz und arbeitete bis um 12.00 Uhr und von 13.05 Uhr bis um 17.40 Uhr. Am Nachmittag fand eine Sitzung mit Vertretern der Pensionskasse statt, an welcher der Kläger teilnahm. 
 
Am 30. Oktober 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Schreiben, wonach das Arbeitsverhältnis fristgerecht auf den 30. November 2003 aufgelöst und er per sofort von der Arbeit frei gestellt werde. Dieses Schreiben wurde vom Kläger unterzeichnet. Die Kündigung und Freistellungserklärung wurde dem Kläger am 31. Oktober 2003 auch per Post zugestellt (Eingang beim Kläger am 1. November 2003). 
 
Mit Schreiben seines Anwalts vom 28. November 2003 stellte sich der Kläger erstmals auf den Standpunkt, er sei am 30. Oktober 2003 krank gewesen. In der Folge kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger noch einmal vorsorglich per 31. Januar 2004 für den Fall, dass die Kündigung vom 30. Oktober 2003 nichtig sein sollte. 
B. 
Mit Klage vom 31. Mai 2004 belangte der Kläger die Beklagte auf Bezahlung von Fr. 29'250.- nebst Zins und Ablieferung der Sozialversicherungsbeiträge. Am 8. November 2004 hiess der Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises III Aarberg-Büren-Erlach die Klage im Umfang von Fr. 24'783.40 nebst Zins gut und verpflichtete die Beklagte, die Sozialversicherungsbeiträge abzuliefern. 
Gegen dieses Urteil appellierte die Beklagte erfolgreich an das Obergericht des Kantons Bern. Dessen Appellationshof, 1. Zivilkammer, wies die Klage mit Urteil vom 28. Februar 2005 ab. Das Gericht erachtete es als erwiesen, dass der Kläger die Kündigung und Freistellungserklärung am 30. Oktober 2003 unterzeichnet und durch sein Verhalten am 30. Oktober 2003 zum Ausdruck gebracht hatte, wieder arbeitsfähig zu sein. Die Kündigung sei somit nicht in die Sperrfrist nach Art. 336c Abs. 1 lit. b OR gefallen und demnach gültig per 31. (recte: 30.) November 2003 ausgesprochen worden. 
C. 
Der Kläger beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung, die Beklagte sei zu verurteilen, ihm Fr. 24'783.40 nebst Zins zu bezahlen. Ferner sei sie zu verpflichten, auf diesem Bruttobetrag die auf den Kläger und die Beklagte entfallenden Sozialversicherungsbeiträge abzuliefern. Eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit auf die Berufung überhaupt einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht hat mit heutigem Datum eine vom Kläger in gleicher Sache eingereichte staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war (4P.101/2005). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Kläger rügt eine Verletzung von Art. 336c Abs. 1 lit. b OR. Diese erblickt er darin, dass die Vorinstanz bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger am 30. Oktober 2003 arbeitsunfähig war, trotz Vorliegens eines Arztzeugnisses auf die subjektive Perspektive der Arbeitgeberin abgestellt und deshalb den Sachverhalt rechtlich unrichtig gewürdigt habe. 
 
Damit kritisiert er in Wirklichkeit die Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung der Vorinstanz, was im Berufungsverfahren unzulässig ist (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Die Vorinstanz folgerte, die Kündigung vom 30. Oktober 2003 sei nicht in die Sperrfrist nach Art. 336c Abs. 1 lit. b OR gefallen, da der Kläger an jenem Tag nicht arbeitsunfähig war. Zu diesem Schluss gelangte sie in Würdigung der Umstände, namentlich des Verhaltens des Klägers, von Aussagen der Mitarbeitenden, aber auch der Tatsache, dass die Formulierung des Arztzeugnisses vom 28. Oktober 2003 ("voraussichtlich bis 3. November 2003") nicht ausschloss, dass der Kläger schon vor dem 3. November 2003 wieder gesund sein könnte. An diese Feststellung ist das Bundesgericht gebunden (vgl. Art. 63 Abs. 2 OG). War der Kläger am Kündigungstag arbeitsfähig, kommt Art. 336c Abs. 1 lit. b OG nicht zur Anwendung. Daran ändert auch der vom Kläger angerufene BGE 128 III 212 E. 2c S. 217 nichts. Dort erkannte das Bundesgericht, der Umstand, dass ein kranker Arbeitnehmer (in casu Leukämie) sich seines Zustandes und der Ursache desselben nicht bewusst sei, stehe der Anwendung von Art. 336c Abs. 1 lit. b OR nicht entgegen. Im vorliegenden Fall verhält es sich nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz aber nicht so, dass der Kläger krank war, sich dessen aber nicht bewusst war. Vielmehr war er am Kündigungstag nicht krank und nicht arbeitsunfähig. 
 
Da der Kläger - richtig besehen - keine Bundesrechtsverletzung rügt, sondern die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kritisiert, ist auf die Rüge nicht einzutreten. 
2. 
Das gilt auch bezüglich der weiteren Rüge einer Verletzung von Art. 343 Abs. 4 OR in Verbindung mit Art. 8 ZGB. Unter diesem Titel beanstandet der Kläger, dass die Vorinstanz nicht auf das nachträgliche Attest des Arztes vom 8. Januar 2004 abgestellt habe, obwohl der Arzt darin bestätigt habe, den Kläger bis am 3. November 2003 krankgeschrieben zu haben. 
 
Auch diese Ausführungen richten sich in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz, die sich im Verfahren 4P.101/2005 als verfassungsrechtlich haltbar erwiesen hat. Im Berufungsverfahren kann darauf nicht eingetreten werden. 
3. 
Mithin werden keine zulässigen Rügen erhoben, weshalb auf die Berufung nicht einzutreten ist. Da der massgebende Streitwert Fr. 30'000.- nicht erreicht, ist das Verfahren kostenlos (Art. 343 Abs. 3 OR). Der Kläger hat die Beklagte indes für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die Berufung wird nicht eingetreten. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. Juni 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: