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[AZA 7] 
C 341/99 Tr 
 
III. Kammer 
 
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter 
Ferrari; Gerichtsschreiberin Berger 
 
Urteil vom 9. August 2000 
 
in Sachen 
 
D.________, 1976, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Petra Oehmke, Bahnhofplatz 9, Affoltern am Albis, 
 
gegen 
 
Arbeitslosenkasse des Kantons Zug, Industriestrasse 24, Zug, Beschwerdegegnerin, 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug 
 
A.- Die 1976 geborene D.________ war seit dem 23. Dezember 1997 einer Zwischenverdiensttätigkeit in der Firma X.________ AG nachgegangen. Auf den 4. Januar 1998 meldete sie sich von der Arbeitsvermittlung ab, da ihr die X.________ AG eine unbefristete Anstellung als Abpackerin von Lorbeerblättern offeriert hatte. Im Arbeitsvertrag vom 15./22. Januar 1998 wurde als Lohn Fr. 12.60 pro 100 abgepackter Beutel Lorbeerblätter (inklusive Entschädigung für Ferien, Krankheit und Feiertage) vereinbart. Mit Schreiben vom 29. Juni 1998 löste die X.________ AG das Arbeitsverhältnis per 31. Juli 1998 auf. 
Im Juli 1998 stellte D.________ Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. August 1998. Da sie mit der Höhe der in den Monaten August bis Oktober 1998 ausbezahlten ALV- Taggelder nicht einverstanden war, ersuchte sie die Verwaltung am 10. Dezember 1998, eine Neuberechnung des versicherten Verdienstes vorzunehmen. Mit Verfügung vom 13. Januar 1999 hielt die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug in der Folge an einem versicherten Verdienst von monatlich Fr. 3489. - fest. 
 
B.- Dagegen erhob D.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug Beschwerde und stellte das Rechtsbegehren, der Verwaltungsakt vom 13. Januar 1999 sei aufzuheben; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen. Das kantonale Gericht lehnte die Rechtsvorkehr ab (Entscheid vom 29. Juli 1999). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der versicherte Verdienst auf Fr. 5215. - pro Monat festzulegen; eventuell sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
Arbeitslosenkasse und Vorinstanz schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während sich das Staatssekretariat für Wirtschaft nicht vernehmen lässt. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Das kantonale Gericht hat die massgebende Bestimmung zur Berechnung des versicherten Verdienstes (Art. 23 AVIG) und zu den dabei je nach Sachlage anwendbaren Bemessungszeiträumen (Art. 37 AVIV) sowie die Rechtsprechung, wonach die Überzeitentschädigung nicht Bestandteil des versicherten Verdienstes bildet (BGE 116 V 281), zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
 
2.- Streitig und zu prüfen ist die Höhe des versicherten Verdienstes, welcher den Taggeldabrechnungen zu Grunde zu legen ist. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob und bejahendenfalls in welchem Ausmass das von der Beschwerdeführerin während der Anstellung in der X.________ AG erwirtschaftete Einkommen Abgeltungen für Überzeitarbeit enthält. 
 
Verwaltung und Vorinstanz sind der Auffassung, die überdurchschnittlich grosse Anzahl an Lorbeerblätterabpackungen habe die Versicherte nur durch die Absolvierung von Überzeit erreichen können, weshalb der versicherte Verdienst anhand von Erfahrungszahlen über die von Arbeitnehmern in der X.________ AG durchschnittlich erbrachten Leistungen zu errechnen sei. Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe während der ganzen Dauer ihrer Anstellung keine Überzeit geleistet. Vielmehr sei ihre Arbeitsgeschwindigkeit überdurchschnittlich hoch gewesen, was etwa daraus habe resultieren können, dass sie nur Lorbeerblätter verpackt habe und im Akkordlohn angestellt gewesen sei, während alle anderen Mitarbeiterinnen diverse Gewürze hätten einpacken müssen und die meisten im Stundenlohn tätig gewesen seien. Der versicherte Verdienst sei daher vorliegend nach dem gesamten tatsächlich erzielten Einkommen zu berechnen. 
 
3.- Unklar ist zunächst die Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses. Dem Arbeitsvertrag vom 15./22. Januar 1998 ist zu entnehmen, dass die Versicherte "in die Dienste" der X.________ AG eintrat. Diese Formulierung lässt keine Rückschlüsse auf die Art der Anstellung zu. In der - einen integrierenden Bestandteil des Arbeitsvertrages bildenden - Abmachung über das Abpacken von Lorbeerblättern in Beutel ist die Rede von Heimarbeit. Desgleichen gab die Firma im Arbeitszeugnis vom 29. Juli 1998 und in der Arbeitgeberbescheinigung vom 15. September 1998 sowie die Beschwerdeführerin im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom Juli 1998 an, es habe ein Heimarbeitsverhältnis bestanden. Auf Anfrage der Arbeitslosenkasse antwortete Frau F.________, X.________ AG, am 14. Dezember 1998 jedoch, die Versicherte habe ihre Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Firma ausgeübt. Ebenso betonte die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 10. Dezember 1998, sie habe die Lorbeerblätter stets im Betrieb der ehemaligen Arbeitgeberin eingepackt; mit Blick auf das dazu benötigte Material sei es im Übrigen gar nicht möglich gewesen, diese Beschäftigung an einem anderen Ort auszuführen. Unter diesen Umständen ist nach dem übereinstimmenden wirklichen (subjektiven) Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1 OR) davon auszugehen, dass mit Vereinbarung vom 15./22. Januar 1998 kein Heimarbeitsvertrag gemäss Art. 351 OR, sondern ein Einzelarbeitsvertrag mit Akkordlohnabsprache (Art. 319 und 326 f. OR) abgeschlossen worden ist. Dabei wurde offenbar darauf verzichtet, bestimmte Arbeitszeiten festzulegen. Ob und gegebenenfalls zu welcher Zeit die X.________ AG die von der Versicherten zu bewältigenden Abpackmengen bekannt gab, ist, entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geäusserten Ansicht, für die Bemessung des versicherten Verdienstes unerheblich und kann folglich offen gelassen werden. 
 
4.- Wie den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Versicherten im Schreiben an die X.________ AG vom 24. Juni 1998 zu entnehmen ist, wurde ihr mündlich erklärt, das Abpacken von Lorbeerblättern werde für die Dauer von fünf Wochen eingestellt und sie müsse im Laufe des Jahres 1998 mit weiteren elf arbeitsfreien Wochen rechnen. Im erwähnten Brief wehrte sich die Beschwerdeführerin gegen Beschäftigungsunterbrüche und stellte eine Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses zur Diskussion. Am 29. Juni 1998 sprach die Firma die Kündigung aus. 
 
a) Gemäss den Lohnabrechnungen der Monate Dezember 1997 bis Juli 1998 konnte die Versicherte seit Beginn des Arbeitsverhältnisses eine rasche Erhöhung der Anzahl abgepackter Lorbeerblätterbeutel verzeichnen. Für die Behauptung der X.________ AG, sie habe die Kündigung ausgesprochen, weil dieser Anstieg nur auf Kosten der Sorgfalt möglich gewesen sei, liegen keine Anhaltspunkte vor. Zudem ging die Firma zumindest anfangs Juni 1998 noch von einer Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses aus, ansonsten ihre Ankündigung, die Beschwerdeführerin müsse im Laufe des Jahres 1998 mit weiteren elf arbeitsfreien Wochen rechnen, hätte unterbleiben können. Falls ihre Leistung zu gravierenden Beanstandungen Anlass geboten hätte, wäre die Versicherte kaum während mehrerer Monate im Dienst behalten worden. Auch der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Brief der Beschwerdeführerin (vom 24. Juni 1998) und dem Kündigungsschreiben (vom 29. Juni 1998) spricht dafür, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in erster Linie deswegen erfolgte, weil sich die Beschwerdeführerin gegen arbeitsfreie Zeitabschnitte wandte. Es steht jedenfalls fest, dass sich die angeblich schlechte Arbeitsqualität nicht auf die Lohnzahlungen ausgewirkt hat. 
 
b) Dem Schreiben der X.________ AG vom 10. März 1999 ist zu entnehmen, dass das maximale Jahresquantum abgepackter Lorbeerblätter 360'000 Beutel beträgt. Gemäss einer undatierten Aktennotiz der Arbeitslosenkasse gab Frau F.________ im Oktober 1998 auf Anfrage telefonisch zur Auskunft, diese Stückzahl sei durch die von der Versicherten abgelieferten Abpackungen bereits überschritten worden. In einer weiteren Aktennotiz der Verwaltung vom 22. Oktober 1998 wurde festgehalten, gemäss einem Telefonat mit Frau F.________ habe die Beschwerdeführerin sehr viele Stunden vorgearbeitet, woraus sich die hohen Lohnbeträge ergäben. Diesen Aussagen kann entnommen werden, dass die Versicherte die Abpackarbeiten für das Jahr 1998 bereits im Juli 1998 abgeschlossen hatte. Für die Annahme von Verwaltung und Vorinstanz, wonach diese in mengenmässiger Hinsicht überdurchschnittliche Leistung teils in Überzeit erbracht worden sei, finden sich in den Akten jedoch keine Hinweise. Allein aus der nicht dokumentierten Aussage der X.________ AG, wonach Arbeitnehmer im Allgemeinen während der ordentlichen Arbeitszeit weniger hohe Stückzahlen erreichten, kann jedenfalls nicht gefolgert werden, dass die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit zu einem Teil in Überzeit ausgeführt hat. Gerade bei Angestellten, die mit ihren Arbeitgebern eine Akkordlohnvereinbarung getroffen haben, zeigt sich, dass Einzelne Spitzenleistungen zu erbringen vermögen. Unter diesen Umständen ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGE 125 V 195 Erw. 2, 121 V 47 Erw. 2a, 208 Erw. 6b mit Hinweis) davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Betrieb der ehemaligen Arbeitgeberin keine Überzeit verrichtet hat. Für die Berechnung des versicherten Verdienstes auf Grund im Betrieb der X.________ AG von der Arbeitnehmerschaft erreichter Durchschnittswerte besteht deshalb vorliegend kein Anlass. 
 
c) Bei diesem Ergebnis ist die Sache an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen, welche den versicherten Verdienst nach dem von der Beschwerdeführerin tatsächlich erzielten Lohn zu berechnen und alsdann neu zu verfügen hat. 
 
5.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu (Art. 159 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 29. Juli 1999 und die Verwaltungsverfügung vom 13. Januar 1999 aufgehoben und die Sache wird an die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug zurückgewiesen, damit sie den versicherten Verdienst im Sinne der Erwägungen neu festlege. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500. - (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, dem Kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit Zug und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
 
Luzern, 9. August 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: