Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 72/03
Urteil vom 9. September 2003
IV. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Lanz
Parteien
T.________, 1958, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Petra Oehmke, Bahnhofplatz 9, 8910 Affoltern am Albis,
gegen
IV-Stelle Schaffhausen, Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen
(Entscheid vom 6. Dezember 2002)
Sachverhalt:
A.
Die 1958 geborene, zuletzt seit 1982 als Betriebsmitarbeiterin in der Verpackungsabteilung der Firma X.________ AG tätig gewesene T.________ meldete sich im Januar 1998 mit Hinweis auf verschiedene gesundheitliche Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen sprach die IV-Stelle Schaffhausen der Versicherten mit Wirkung ab 1. Januar 1998 eine halbe Invalidenrente nebst Zusatzrente für den Ehegatten und zwei Kinderrenten zu (Verfügungen vom 17. Dezember 2001).
B.
Die von T.________ hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer ganzen Rente wurde vom Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 6. Dezember 2002 abgewiesen.
C.
T.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und ihr vorinstanzliches Rechtsbegehren erneuern; eventualiter sei nochmals eine umfassende medizinische, schwerpunktmässig rheumatologische Abklärung zu veranlassen.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Im angefochtenen Entscheid werden die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze über den Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) sowie die Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; siehe auch BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a), die Verwendung von Tabellenlöhnen bei der Ermittlung des trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch realisierbaren Einkommens (Invalideneinkommen; vgl. BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb mit Hinweisen; AHI 2002 S. 67 Erw. 3b) und den dabei gegebenenfalls vorzunehmenden behinderungsbedingten Abzug (BGE 126 V 75; ferner AHI 2002 S. 67 ff. Erw. 4 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Erwägungen über die Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung (BGE 122 V 158 f. Erw. 1b mit Hinweisen; sodann BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) und den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 122 V 160 f. Erw. 1c mit Hinweisen; AHI 2001 S. 113 f. Erw. 3a; weiter BGE 125 V 352 Erw. 3a). Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 17. Dezember 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
2.
Streitig und zu prüfen ist vorab, inwieweit die Beschwerdeführerin gesundheitsbedingt in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist.
2.1 Verwaltung und Vorinstanz stellen hiebei auf das MEDAS-Gutachten vom 28. Februar 2001 ab. Darin wird aus rheumatologischer Sicht einerseits ein Cervicobrachialsyndrom rechts und anderseits ein tendomyotisches Panvertebralsyndrom diagnostiziert, wobei eine starke psychogene Komponente gegeben scheine. Letzteres wird im psychiatrischen Konsilium bestätigt. Danach leidet die Versicherte an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit depressiven Anteilen, aber auch mit einer Tendenz zur Ausgestaltung, letztere als Ausdruck regressiver Tendenzen der Explorandin. Der begutachtende Neurologe schliesslich beschreibt ebenfalls eine chronische Cervicobrachialgie rechts im Rahmen eines ausgedehnten Schmerzsyndroms ohne zugrunde liegendes oder begleitendes hartes neurologisches Substrat. Zusammenfassend wird in der Expertise auf eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und eines chronischen Cervicobrachialsyndroms geschlossen. Nach Einschätzung der MEDAS-Fachärzte ist die Versicherte aus medizinischer Sicht - die psychosozialen Faktoren ausgeklammert - in allen körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten unter Vermeidung von Zwangshaltungen und häufigen Überkopfarbeiten zu 50 % arbeitsfähig. Diese Beurteilung gilt für die zuletzt ausgeübte mittelschwere Tätigkeit in der Fabrikation wie auch für alle anderen körperlich adaptierten Betätigungen.
Die Feststellungen im MEDAS-Gutachten beruhen auf eingehenden polydisziplinären Abklärungen und sind in Kenntnis der wesentlichen medizinischen Vorakten sowie unter Berücksichtigung der geklagten Beschwerden getroffen worden. Die von den Experten gezogenen Schlussfolgerungen zu Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin werden eingehend und, insbesondere auch hinsichtlich der fachübergreifenden Zusammenhänge, nachvollziehbar begründet. Verwaltung und Vorinstanz haben daher zu Recht den Beweiswert des Gutachtens für die sich stellende Frage der Restarbeitsfähigkeit bejaht (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) und auf weitere medizinische Abklärungen verzichtet. An dieser Beurteilung vermögen die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern.
2.2 Im Wesentlichen wird eingewendet, dass die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin aufgrund eines Fibromyalgiesyndroms nur noch 25 % für körperlich ausgesprochen leichte Tätigkeiten betrage. Dieses in mehreren Arztberichten bestätigte Leiden sei im MEDAS-Gutachten fälschlicherweise und ohne Begründung verneint worden.
Gemäss dem rheumatologischen Konsiliararzt liegt ein eigentliches Fibromyalgiesyndrom nicht vor. Zusammenfassend führen die MEDAS-Experten sodann aus, das bestehende chronische Schmerzsyndrom entspreche diagnostisch einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Rein klinisch imponiere dieses vorwiegend unilaterale Schmerzsyndrom weniger als Fibromyalgie im engeren Sinn denn als tendomyotisches Panvertebralsyndrom. Typisch seien für die somatoforme Schmerzstörung auch die damit verbundene Neurasthenie und die depressiven Anteile, welche im konkreten Fall ebenfalls nachzuweisen seien.
Die MEDAS-Experten schliessen ein Fibromyalgiesyndrom also nicht etwa kategorisch aus. Sie führen das die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigende, sich vorwiegend durch Schmerzen in der rechten Körperhälfte manifestierende Beschwerdebild der Versicherten aber nicht auf dieses Leiden zurück, sondern machen hiefür ein chronisches Cervicobrachialsyndrom in Verbindung mit einer psychischen Komponente im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung verantwortlich. Dies wird, insbesondere auch in den interdisziplinären medizinischen Zusammenhängen, entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Auffassung schlüssig begründet. Die von der Beschwerdeführerin genannten Arztberichte führen zu keinem anderen Ergebnis, zumal sich darin zwar die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms findet, nicht aber eine Aussage zu der für die Beurteilung entscheidenden Frage, ob und inwieweit die Arbeitsfähigkeit deswegen eingeschränkt sein soll. Die besagte Diagnosestellung durch andere Ärzte vermag daher ebenso wenig wie die nicht näher begründeten Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen der Hausärztin in den rechtserheblichen Gesichtspunkten die Auffassungen und Schlussfolgerungen der MEDAS-Gutachter derart zu erschüttern, dass davon abzuweichen ist (vgl. BGE 125 V 354 Erw. 3c in fine) oder ein weiterer Abklärungsbedarf bejaht werden kann.
3.
Zu prüfen bleiben mittels Einkommensvergleich (Art. 28 Abs. 2 IVG; Erw. 1 hievor) die erwerblichen Auswirkungen der gesundheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.
Das von der Beschwerdeführerin ohne Gesundheitsschädigung mutmasslich erzielte Erwerbseinkommen (Valideneinkommen) wird im angefochtenen Entscheid richtigerweise anhand des zuletzt im Jahr 1997 bezogenen Lohnes unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung bis zum Vergleichsjahr 1998 (Beginn des Rentenanspruchs, vgl. BGE 129 V 222) auf Fr. 56'782.- festgesetzt.
Für die Ermittlung des trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise noch realisierbaren Erwerbseinkommens wurden, aufgrund der gegebenen Umstände zu Recht, Tabellenlöhne verwendet (BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb mit Hinweisen). Verwaltung und Vorinstanz haben den in Tabelle A1 der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 1998 (LSE 1998) für einfache und repetitive Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4) von Frauen im privaten Sektor verzeichneten standardisierten monatlichen Bruttolohn herangezogen und der betriebsüblichen durchschnittlichen Arbeitszeit angepasst, was nicht zu beanstanden ist (vgl. BGE 126 V 77 Erw. 3b/bb; AHI 2002 S. 67 Erw. 3b). In Anbetracht der ärztlich festgestellten hälftigen Restarbeitsfähigkeit ergibt sich aufs Jahr ein Invalideneinkommen von Fr. 22'028.-.
Die Voraussetzungen für den von der Versicherten geltend gemachten leidensbedingten Abzug vom Tabellenlohn (vgl. BGE 126 V 75) haben IV-Stelle und kantonales Gericht zutreffenderweise verneint. Selbst wenn die gemäss MEDAS-Gutachten vom 28. Februar 2001 gebotene Vermeidung von Zwangshaltungen und häufigen Überkopfarbeiten den auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt erzielbaren Lohn allenfalls negativ zu beeinflussen vermag, trifft dies jedenfalls nur in einem geringen Masse zu. Eine Herabsetzung des Tabellenlohnes lässt sich damit nicht rechtfertigen, gilt es doch auf der anderen Seite zu berücksichtigen, dass sich bei Frauen eine Teilzeitarbeit von 50 % proportional berechnet zu einer Vollzeittätigkeit sogar lohnerhöhend auswirkt (LSE 2000 S. 24 Tabelle 9; Urteile T. vom 5. Mai 2003 Erw. 3.3.2, I 359/02, K. vom 21. März 2003 Erw. 5.2.2, U 118/02, und D. vom 28. November 2002 Erw. 3.2, I 120/02). Andere einkommensbeeinflussende Faktoren, welche gegebenenfalls einen Abzug rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich, womit es bei den genannten Vergleichseinkommen bleibt. Ihre Gegenüberstellung führt zu einem den Anspruch auf eine halbe Rente begründenden Invaliditätsgrad.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, der Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 9. September 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: