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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2D_90/2008 
 
Urteil vom 9. September 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald, 
 
gegen 
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG
 
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 24. Juni 2008. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
X.________, geboren 1982, ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste im Oktober 2002 illegal in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Das Bundesamt für Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration) wies das Gesuch am 3. August 2004 ab und verfügte zugleich die Wegweisung. Während der Hängigkeit des Beschwerdeverfahrens vor der Schweizerischen Asylrekurskommission zog das Bundesamt am 7. Oktober 2005 seine Verfügung insofern in Wiedererwägung, als es X.________ wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges vorläufig aufnahm. Am 7. Januar 2008 hob das Bundesamt für Migration die vorläufige Aufnahme auf; auf die dagegen erhobene Beschwerde trat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 7. März 2008 nicht ein; das gegen dieses Nichteintretensurteil erhobene Revisionsgesuch wies es mit Urteil vom 24. April 2008 ab. 
Bereits am 16. Oktober 2007 hatte X.________ beim Amt für Migration des Kantons Luzern ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne von Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) gestellt; das Amt für Migration lehnte das Gesuch mit Verfügung vom 3. April 2008 ab. Am 24. Juni 2008 wies das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern die gegen die Verfügung vom 3. April 2008 erhobene Beschwerde ab und bestätigte diese; auf ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege trat es nicht ein. 
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 25. August 2008 beantragt X.________ dem Bundesgericht, die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen; der angefochtene Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements sei wegen formeller Rechtsverweigerung und Verletzung des Verbotes der Diskrimierung aufzuheben. 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. 
 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer ist abgewiesener Asylbewerber, gegen den nach der rechtskräftigen Aufhebung der vorläufigen Aufnahme auch definitiv eine Wegweisung vorliegt. Gemäss Art. 14 Abs. 1 AsylG kann eine asylsuchende Person ab Einreichung des Asylgesuches bis zur Ausreise nach einer rechtskräftig angeordneten Wegweisung kein Verfahren um Erteilung einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsbewilligung einleiten, ausser es bestehe ein Anspruch auf Erteilung. Nun kann ein Kanton mit Zustimmung des Bundesamtes einer ihm nach dem Asylgesetz zugewiesenen Person, die sich seit Einreichung des Asylgesuchs mindestens fünf Jahre in der Schweiz aufhält, eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn wegen fortgeschrittener Integration ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt (Art. 14 Abs. 2 AsylG); will er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, so meldet er dies dem Bundesamt unverzüglich (Art. 14 Abs. 3 AsylG); die betroffene Person hat nur beim Zustimmungsverfahren des Bundesamtes Parteistellung (Art. 14 Abs. 4 AsylG). Aus dieser Regelung ergibt sich, dass der Kanton vorerst blosser Antragsteller ist und erst nach einer allfälligen Zustimmung des Bundesamtes, welches seinerseits dem Ausländer Parteistellung (einschliesslich Beschwerderecht) einräumen muss (s. Yann Golay, La nouvelle réglementation sur les cas de rigueur, in: ASYL 2007/3 S. 3 ff., S. 11), die Erteilung oder auch nur die Zusicherung einer Bewilligung ins Auge fassen kann. Dem abgewiesenen Asylbewerber, der keinen Bewilligungsanspruch geltend machen kann, steht, vom Gesetzgeber gewollt (Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 AsylG) kein Recht zu, einen Bewilligungsantrag zu stellen bzw. ein entsprechendes kantonales Verfahren in Gang zu setzen und zu durchlaufen (s. nebst dem der Vertreterin des Beschwerdeführers bekannten Urteil 2C_526/2008 vom 17. Juli 2008 E. 2 die Urteile 2D_79/2008 vom 6. August 2008 E. 2 sowie 2D_81/2008 vom 5. August 2008 E. 2). 
Dies bedeutet vorerst, dass ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid, der die Frage einer Bewilligungserteilung nach Art. 14 Abs. 2 AsylG zum Gegenstand hat, nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden kann (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Zudem ist aber auch die Möglichkeit, gegen einen solchen Entscheid subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu erheben, weitgehend eingeschränkt, wenn nicht gar ausgeschlossen. 
 
2.2 Wegen Fehlens eines Bewilligungsanspruchs ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert, den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements hinsichtlich der Bewilligungsfrage selber mit Verfassungsbeschwerde anzufechten; unzulässig ist insbesondere die Willkürrüge (Art. 115 lit. b BGG; dazu BGE 133 I 185 E. 6 S. 197 ff.). Auch bei Fehlen eines Bewilligungsanspruchs nicht ausgeschlossen sind Rügen über die Verletzung anderer verfassungsmässiger Rechte, die nach ihrem Gehalt einer Partei unmittelbar eine rechtlich geschützte Position verschaffen; so kann die Verletzung von Parteirechten gerügt werden, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft; auch die Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäss Art. 8 Abs. 2 BV kann gegebenenfalls angerufen werden (BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 198 f.). 
2.2.1 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Diskriminierungsverbots geltend. Die entsprechenden Ausführungen sind kaum nachvollziehbar; soweit ersichtlich, beziehen sie sich auf die Vorgehensweise des Departements bei der Behandlung des Gesuchs um vorsorgliche Massnahmen. Dieses ist aber mit dem instanzabschliessenden Entscheid vom 24. Juni 2008 gegenstandslos geworden, und der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern sich die Art der Gesuchsbehandlung auf dessen Inhalt ausgewirkt haben könnte, sodass diesbezüglich ein Anfechtungsinteresse fortbestünde (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Auf die Diskriminierungsrüge (und auf die auch in diesem Zusammenhang erhobene Rechtsverweigerungsrüge, s. Ziff. III.12c der Beschwerdeschrift) ist schon aus diesem Grunde nicht einzutreten. 
2.2.2 Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung des Verbots der formellen Rechtsverweigerung. Die Zulässigkeit dieser Rüge setzt grundsätzlich voraus, dass ihm im kantonalen Verfahren überhaupt Parteistellung zukam; dies ist in Verfahren gemäss Art. 14 Abs. 1-4 AsylG nach den Ausführungen in E. 2.1 letztlich nicht der Fall. Der Beschwerdeführer ist mithin vorliegend - grundsätzlich - selbst zur Rechtsverweigerungsrüge nicht legitimiert (vgl. die vorerwähnten nicht publizierten Urteile des Bundesgerichts). Was er dagegen, unter Hinweis auf Art. 191b BV bzw. Art. 29a BV (sowie den Aufsatz von Yann Golay, a.a.O., S. 10) vorbringt, vermag eine Änderung der Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen: Dass der Ausländer, der nach Abweisung eines Asylgesuchs definitiv weggewiesen worden ist, von sich aus kein Bewilligungsverfahren initiieren kann, bevor er ausgereist ist, entspricht dem klaren Willen des Gesetzgebers. Selbst der Kanton, der am Schluss zur Bewilligungserteilung zuständig ist, ist hierzu nur befugt, wenn er die Zustimmung des Bundes eingeholt hat. Die Herrschaft über Bewilligungen an abgewiesene Asylbewerber obliegt grundsätzlich dem Bund, was gerade durch die Regelung der Frage der Parteistellung (Art. 14 Abs. 4 AsylG) unterstrichen wird. Damit liegt im Kanton selber von Gesetzes wegen letztlich keine Rechtsstreitigkeit vor; nur auf Rechtsstreitigkeiten findet aber die Rechtsweggarantie von Art. 29a BV Anwendung. 
2.2.3 Selbst wenn in Fällen wie dem vorliegenden die Verletzung von Parteirechten bzw. eine formelle Rechtsverweigerung gerügt werden dürfte, könnte auf die vorliegende subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden: Nicht zu hören sind Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des Bewilligungsentscheids abzielen, so der Vorwurf, die Begründung des angefochtenen Entscheids sei unvollständig oder zu wenig differenziert ausgefallen oder setze sich nicht mit sämtlichen von der Partei vorgetragenen Argumenten auseinander oder würdige Parteivorbringen unzureichend. Ebenso wenig kann gerügt werden, der Sachverhalt sei unvollständig abgeklärt oder sonstwie willkürlich ermittelt worden und Beweisanträgen sei wegen willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung keine Folge gegeben worden (grundlegend BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313; 129 I 217 E. 1.4 S. 222; 126 I 81 E. 7b S. 94; 118 Ia 232 E. 1c S. 236; 117 Ia 90 E. 4a S. 95). 
Die Rügen des Beschwerdeführers werden (mit einer Ausnahme, nachfolgend E. 2.2.4) mit solchen unzulässigen Vorbringen begründet: Dies gilt für die Ausführungen zum Verhältnis zwischen Art. 13 lit. f BVO und Art. 14 Abs. 2 AsylG (Ziff. III.11 der Beschwerdeschrift) sowie zur unvollständigen Sachverhaltsermittlung durch Nichtweiterleitung an die Härtefallkommission (Ziff. III.13 der Beschwerdeschrift). Was sodann das Vorbringen betrifft, der Antrag auf Erteilung einer Parteientschädigung wegen grobfahrlässiger Rechtsanwendung sei nicht behandelt worden, weshalb eine formelle Rechtsverweigerung vorliege (Ziff. III.11 der Beschwerdeschrift), fehlte es angesichts von E. 3 des angefochtenen Entscheids, welche der Beschwerdeführer selber erwähnt, ohne deren Inhalt zu diskutieren, an einer formgültig begründeten Verfassungsbeschwerde (vgl. Art. 106 Abs. 2 und 42 Abs. 2 BGG). 
2.2.4 Der Beschwerdeführer rügt schliesslich, das Departement sei im dortigen Verfahren auf das um einen Tag verspätet eingereichte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht eingetreten, ohne sich mit seinen zur Exkulpation vorgebrachten Gründen auseinanderzusetzen, womit es ihn in seinen formellen Rechten verletzt habe. 
Im Urteil 2A.526/2008 wurde nicht abschliessend über die Frage entschieden, ob im Rahmen von Bewilligungsverfahren gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde gerügt werden könne oder ob angesichts der besonderen Natur dieses Bewilligungsverfahrens (Art. 14 Abs. 2-4 AsylG) die Legitimation auch zu dieser Rüge fehle. Die Frage kann auch heute offen bleiben: 
Das Departement hat einerseits begründet, warum es nicht auf das Gesuch habe eintreten müssen. Zusätzlich hat es in E. 6.3 seines Entscheids Folgendes festgehalten: "Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege jedenfalls hätte abgewiesen werden müssen, wenn darauf hätte eingetreten werden können. Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde von Anfang an aussichtslos war." Es handelt es sich hierbei um eine selbständige Begründung, die für sich allein das Schicksal des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege besiegelt. Um den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG zu genügen, hätte der Beschwerdeführer sich mit dieser Begründung befassen und darlegen müssen, inwiefern sie Recht bzw. verfassungsmässige Rechte verletzte (vgl. BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120; Urteil 2C_569/2008 vom 7. August 2008 E. 2.1); er hat dies nicht getan, und bereits aus diesem Grund kann auf die Beschwerde auch nicht eingetreten werden, soweit sie sich gegen die Nichtgewährung der unentgeltlichen Rechtspflege richtet. 
 
2.3 Soweit in Ziff. II.9 der Beschwerdeschrift dem Bundesverwaltungsgericht eine formelle Rechtsverweigerung vorgeworfen wird, handelt es sich offensichtlich auch nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht um eine dem Bundesgericht förmlich unterbreitete Rüge; sie wäre angesichts des Ausschlusses der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie der Tatsache, dass es sich beim Bundesverwaltungsgericht um eine Bundesbehörde, nicht um eine kantonale Behörde (vgl. Art. 113 BGG) handelt, selbstverständlich nicht zu hören. 
 
2.4 Auf die in jeder Hinsicht offensichtlich unzulässige subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG) ist im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 108 BGG nicht einzutreten. 
Mit diesem Urteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
2.5 Da die Beschwerde von vornherein aussichtslos erschien, kann dem für das bundesgerichtliche Verfahren gestellten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG). Somit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt der Präsident: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Amt für Migration und dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 9. September 2008 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Feller