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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_463/2014  
{ T 0/2 } 
   
   
 
 
 
Urteil vom 9. September 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Furrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsdienst Integration Handicap, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern,  
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 7. Mai 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1962 geborene A.________ meldete sich am 5. Juni 2008 unter Hinweis auf psychische Beschwerden bei der Invalidenversicherung zur Früherfassung und am 17. Juli 2008 zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern (nachfolgend: IV-Stelle) gewährte Integrationsmassnahmen sowie Massnahmen beruflicher Art und veranlasste eine Begutachtung durch Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH (Expertise vom 19. Juli 2013). Im Rahmen des Vorbescheidverfahrens liess die IV-Stelle den Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) Stellung nehmen zu den Einwänden des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________, der sich am 30. August 2013 zum Gutachten des Dr. med. B.________ geäussert hatte, und verneinte mit Verfügung vom 1. Oktober 2013 den Anspruch auf eine Invalidenrente. 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 7. Mai 2014 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids die Rückweisung an die Verwaltung zu weiteren medizinischen Abklärungen beantragen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1).  
 
1.2. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_431/2013 vom 12. August 2013 E. 1.2.1). Dem kantonalen Versicherungsgericht steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum Begriff der Willkür BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f. mit Hinweisen). Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis).  
 
2.   
Die für die Beurteilung der Streitsache massgebenden Rechtsgrundlagen wurden im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz erwog, dem Gutachten des Dr. med. B.________ vom 19. Juli 2013 komme voller Beweiswert zu. Der Experte lege überzeugend und schlüssig dar, weshalb von der Diagnose Angst und depressive Störung, gemischt (F41.2) auszugehen sei bzw. eine eigenständige Diagnose einer depressiven Episode oder Agoraphobie mit Panikattacken nicht begründet werden könne. Der Gutachter setze sich ausführlich mit den Beurteilungen des behandelnden Dr. med. C.________ auseinander und erkläre dessen abweichende Beurteilung mit der Verwendung des therapeutischen bio-psycho-sozialen Krankheitsmodells sowie dem Umstand, dass dieser vorwiegend auf die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers abstelle. Weiter begründe Dr. med. B.________ nachvollziehbar, dass eine relevante Minderung der Arbeitsfähigkeit nicht vorliege. Dies entspreche auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Urteil 8C_55/2014 vom 27. Februar 2014), wonach die gestellte Diagnose ganz allgemein im Grenzbereich dessen zu situieren sei, was überhaupt noch als krankheitswertig im Sinne des Gesetzes und potenziell invalidisierendes Leiden gelten könne. Aus den Berichten des behandelnden Psychiaters vermöge der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Dr. med. B.________ habe die Frage nach einer depressiven Episode nicht nur mit dem MADRS-Beurteilungsverfahren geprüft, sondern er habe auch anhand des Psychostatus keine depressive Episode objektivieren können. Ferner werde das Beschwerdebild seit Jahren in nicht unerheblichem Masse von invaliditätsfremden Belastungsfaktoren geprägt. Der Gutachter habe überdies eine Verdeutlichungstendenz festgestellt. Was die von Dr. med. C.________ festgehaltene akute Suizidalität angehe, so seien in keinem seiner Berichte Suizidverhalten oder konkrete Ausführungspläne dokumentiert und bei der Begutachtung habe sich der Beschwerdeführer von einer Suizidalität distanziert. Entgegen der Beschwerde habe der Gutachter die Expertise in Kenntnis der Ergebnisse der beruflichen Eingliederungsmassnahmen erstellt, was aus der Aktenzusammenstellung und Beurteilung klar hervorgehe. Damit sei die Beschwerdegegnerin zu Recht davon ausgegangen, es liege kein invalidisierender Gesundheitsschaden bzw. keine Minderung der Arbeitsfähigkeit vor, weshalb sich weitere medizinische Abklärungen erübrigten.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht verletze Bundesrecht, indem es dem Gutachten des Dr. med. B.________ vollen Beweiswert zuerkenne. Er bringt jedoch nichts vor, was die vorinstanzliche Beweiswürdigung als offensichtlich unhaltbar erscheinen liesse: Zunächst macht der Beschwerdeführer geltend, die Expertise sei nicht umfassend, weil sie nur die Zeit ab Februar 2009 beschlage. Er habe sich bereits Ende Mai bzw. anfangs Juni 2008 angemeldet, weshalb nach der Rechtsprechung (BGE 138 V 475) die altrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung gelangten und somit bereits die Zeit ab Juni 2007 hätte beurteilt werden müssen. Dem kann nicht gefolgt werden. Es liegt keine Anmeldung zum Leistungsbezug von Ende Mai bzw. anfangs Juni 2008 vor, denn die Anmeldung zur Früherfassung vom 5. Juni 2008 stellt keine offizielle Anmeldung bei der IV im Sinne von Art. 29 ATSG dar (Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [5. Revision] vom 22. Juni 2005, BBl 2005 4459 4513 Ziff. 1.6.1.1.2; ERWIN MURER, Invalidenversicherung: Prävention, Früherfassung und Integration, 2009, N 12 und 15 zu Art. 3a-c; URS MÜLLER, Das Verwaltungsverfahren in der Invalidenversicherung, 2010, S. 112 Rz. 643 und S. 114 Rz. 651). Eine Anmeldung zum Leistungsbezug erfolgte erst am 17. Juli 2008. Daher ist das seit 1. Januar 2008 geltende Recht massgebend (BGE 138 V 475 E. 3.4 S. 480). In Anwendung von Art. 29 Abs. 1 IVG ist die Entstehung des Rentenanspruchs frühestens im Januar 2009 möglich, sofern der Beschwerdeführer u.a. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen ist (Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG). Für die Beurteilung des Rentenanspruchs ist somit erst, aber immerhin, die Zeit ab Januar 2008 massgebend.  
Zwar hat sich der Gutachter - da hierfür keine hinreichenden Dokumente vorlägen, welche eine Beurteilung zuliessen - zu diesem Zeitraum nicht geäussert, sondern erst zu jenem ab Februar 2009. Dies schadet vorliegend jedoch nicht. Gemäss Dr. med. C.________ bestünden die von ihm gestellten Diagnosen (rezidivierende depressive Störung [F33] und Agoraphobie mit Panikattacken [F40.01]) seit Jahren, auch bestehe seit 2008 bis auf weiteres eine 50 %ige Arbeitsunfähigkeit (Bericht vom 22. November 2012). Angesichts dieser seit 2008 sowohl in diagnostischer Hinsicht als auch bezogen auf die Arbeitsfähigkeit stabilen Situation ist die Vorinstanz nicht in Willkür verfallen, indem sie gestützt auf das Gutachten - welches eine psychische Beeinträchtigung mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit seit Februar 2009 verneinte - (implizit) zum Schluss gelangte, ein invalidisierender Gesundheitsschaden habe im ganzen massgebenden Zeitraum nicht vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer sich auf eine Notiz des RAD-Arztes beruft, welche im Rahmen des sog. "Intake"-Gesprächs erstellt wurde und wonach die Diagnose Depression "nachvollziehbar" sei (Protokoll vom 8. Juli 2008 S. 4 lit. G), kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der involvierte Arzt Dr. med. D.________ führte keine (psychiatrische) Untersuchung durch, sondern äusserte lediglich seinen anhand des Gesprächs gewonnen Eindruck. Überdies ist er Internist (vgl. Medizinalberuferegister des Bundesamtes für Gesundheit; www.medregom.admin.ch) und seine Aussagen daher nicht geeignet, die fachärztliche Beurteilung des Dr. med. B.________ zu entkräften (Urteil 9C_942/2008 vom 16. März 2009 E. 5.3). Für den Gutachter bestand daher kein Anlass, sich mit dieser Aussage auseinanderzusetzen. Dasselbe gilt für die Stellungnahme des Sozialdienstes Thun vom 4. Dezember 2008, in welcher lediglich die wenig differenzierten Angaben des Beschwerdeführers wiedergegeben wurden. Bei den weiteren Einwänden (namentlich zur Kenntnis des Gutachters von den Ergebnissen der beruflichen Eingliederungsmassnahmen und zu den durchgeführten Testungen) handelt es sich, da die Vorinstanz diese bereits überzeugend entkräftet hat (E. 3.3 des angefochtenen Entscheids), ausnahmslos um unzulässige appellatorische Kritik, welche von vornherein ausser Acht bleiben muss (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Mithin durfte das kantonale Gericht in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 137 V 64 E. 5.2 S. 69; 136 I 229 E. 5.3 S. 236) - ohne gegen den Untersuchungsgrundsatz zu verstossen (Art. 61 lit. c ATSG) - auf weitere medizinische Abklärungen verzichten. 
 
3.3. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz in willkürfreier, in allen Teilen bundesrechtskonformer Beweiswürdigung auf das Gutachten des Dr. med. B.________ vom 19. Juli 2013 abgestellt. Folglich hat es bei der Verneinung des Rentenanspruchs sein Bewenden.  
 
4.   
Die Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels und unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - abgewiesen. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. September 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Furrer