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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A.30/2006 /bnm 
 
Urteil vom 9. November 2006 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwälte Bruno Baer und Dr. Michael E. Dreher, 
 
gegen 
 
Eidgenössisches Departement des Innern, 
3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung (Stiftungsaufsicht; Stiftung Y.________ und Z.________). 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Stiftung Z.________ mit Sitz im Schloss A.________ hat den Zweck, das künstlerische Oeuvre von Prof. Z.________ zu erhalten und es öffentlich zugänglich zu machen. Im Schloss A.________ ist auch die Stiftung Y.________ domiziliert, welche die Unterstützung von Unternehmungen der Wohlfahrt, Wohltätigkeit, Gemeinnützigkeit und ähnlichen Institutionen und Sozialwerken bezweckt. 
 
X.________ ist Stiftungsrat beider Stiftungen. Mit Aufsichtsbeschwerde vom 10. Mai 2000 wandte er sich an das Eidgenössische Departement des Innern (nachfolgend EDI), das für beide Stiftungen ein Aufsichtsverfahren einleitete, welches nach wie vor hängig ist. Im Rahmen dieses Verfahrens suspendierte das EDI die übrigen Stiftungsräte in ihrem Amt, und die Vormundschaftsbehörde A.________ ernannte für die beiden Stiftungen einen Beistand. 
B. 
Mit Gesuch vom 20. Juni 2005 wandte sich X.________ an das EDI mit dem Begehren, die Räte der beiden Stiftungen um je zwei Mitglieder zu erweitern bzw. zu erneuern. Er schlug dabei die Herren R.________ und S.________ für die Stiftung Y.________ sowie die Herren T.________ und U.________ für die Stiftung Z.________ vor, und er legte seinem Gesuch je einen Lebenslauf dieser Personen bei. 
 
Am 19. Januar 2006 forderte das EDI den Rechtsvertreter der im Amt eingestellten Stiftungsräte sowie den Stiftungsbeistand auf, zu diesem Gesuch Vernehmlassungen einzureichen; diese wurden am 10. April 2006 erstattet. 
C. 
Am 14. August 2006 hat X.________ die vorliegend zu behandelnde Rechtsverweigerungsbeschwerde eingereicht mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass sich das EDI zu Unrecht weigere, mit Bezug auf das Gesuch vom 20. Juni 2005 eine beschwerdefähige Verfügung zu fällen. In seiner Vernehmlassung vom 11. Oktober 2006 verlangt das EDI die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Soweit der Beschwerdeführer implizit die Amtstätigkeit des EDI als solche beanstandet, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten; solche Kritik kann nicht Gegenstand einer Rechtsverweigerungsbeschwerde sein. 
 
Ebenso wenig ist auf die explizit als Rechtsverweigerungsbeschwerde betitelte und im Rechtsbegehren auf das Gesuch vom 20. Juni 2005 beschränkte Eingabe einzutreten, soweit der Beschwerdeführer den in seinen Augen insgesamt schleppenden Fortgang des Aufsichtsverfahrens kritisiert, zumal dieser Punkt Thema der allgemeinen Rechtsverzögerungsbeschwerde vom 23. November 2005 war, mit welcher sich das Bundesgericht in seinen Urteilen vom 18. April 2006 befasst hat (5A.35+36/2005). 
2. 
Zulässig und materiell zu prüfen ist hingegen der Vorwurf, das EDI weigere sich, auf das Gesuch vom 20. Juni 2005 einzugehen, kann doch gegen das unrechtmässige Verweigern einer Verfügung jederzeit Beschwerde geführt werden (Art. 106 Abs. 2 OG). 
2.1 Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Das Verbot der Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung ist verletzt, wenn eine Behörde untätig bleibt oder das gebotene Handeln über Gebühr hinauszögert, obschon sie zum Tätigwerden verpflichtet wäre (vgl. BGE 107 Ib 160 E. 3b S. 164; 124 V 130 E. 4 S. 133; 130 I 312 E. 5.1 S. 331 f.). 
2.2 Das EDI führt in seiner Vernehmlassung aus, das stiftungsrechtliche Verfahren sei in der Zwischenzeit weit fortgeschritten. Es sei besser, mit der Ernennung weiterer Stiftungsräte bis nach Abschluss des Verfahrens zuzuwarten; ansonsten bestehe die Gefahr, dass der personellen Besetzung präjudizierende Wirkung zukomme und weitere Verfahrensverzögerungen einträten. Aus diesem Grund sei ganz bewusst nicht mit formeller Verfügung der Rechtsweg geöffnet worden. 
2.3 Der Beschwerdeführer ist als einziger verbleibender Stiftungsrat grundsätzlich legitimiert, das EDI um Ergänzung der beiden Stiftungsräte zu ersuchen und ihm diesbezüglich auch personelle Vorschläge zu unterbreiten; darauf wurde in der vorliegenden Sache bereits im Urteil des Bundesgerichts vom 20. August 2003 hingewiesen (5A.14/2003). Steht dem Beschwerdeführer aber eine solche Befugnis zu, hat er auch Anspruch auf Behandlung eines entsprechenden Gesuchs. Es bedeutet deshalb eine Rechtsverweigerung, wenn das EDI das inzwischen seit eineinhalb Jahren hängige Gesuch von vornherein nicht behandeln will, wie es in seiner Vernehmlassung festhält. 
 
Die vom EDI angeführten Gründe, weshalb die Ernennung neuer Stiftungsräte zur Zeit nicht opportun sei, haben nichts mit den - im Zusammenhang mit der monierten Rechtsverweigerung allein interessierenden - Eintretensfragen zu tun, sondern betreffen die materielle Entscheidfindung. Was sodann das Argument der drohenden Verfahrensverzögerung angelangt, ist nicht ersichtlich, inwiefern das Hauptverfahren durch die Behandlung des Gesuches vom 20. Juni 2005 eine Verzögerung erfahren soll: Die zum Gesuch angeforderten Vernehmlassungen sind eingegangen, der betreffende Entscheid erfordert keine weiteren Beweismassnahmen, insbesondere keine zusätzlichen Anhörungen, und er lässt sich mit wenigen Sätzen begründen, so wie dies in der Vernehmlassung des EDI zur vorliegenden Beschwerde geschehen ist. 
3. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass mit Bezug auf die Behandlung (bzw. Nichtbehandlung) des Gesuchs des Beschwerdeführers vom 20. Juni 2005 eine Rechtsverweigerung durch das EDI festzustellen ist. Das EDI wird aufgefordert, über das Gesuch umgehend im positiven oder negativen Sinn materiell zu entscheiden. 
 
Zufolge der grundsätzlichen Gutheissung der Rechtsverweigerungsbeschwerde wird das EDI entschädigungspflichtig (Art. 159 Abs. 2 OG); Gerichtskosten sind nicht zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
In dahingehender Gutheissung der Rechtsverweigerungsbeschwerde wird festgestellt, dass das Eidgenössische Departement des Innern (Eidgenössische Stiftungsaufsicht) sich zu Unrecht weigert, über das Gesuch des Beschwerdeführers vom 20. Juni 2005 zu entscheiden. 
2. 
Das Eidgenössische Departement des Innern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. November 2006 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: