Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_305/2023
Urteil vom 9. November 2023
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hänni, Ryter,
Gerichtsschreiber Quinto.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
3. C.A.________,
4. D.A.________,
5. E.A.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Babak Fargahi,
gegen
Migrationsamt des Kantons Zürich,
Berninastrasse 45, 8090 Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, 8090 Zürich.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 12. April 2023
(VB.2021.00346).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.A.________ (geb. 1971, Staatsangehöriger Kosovos) heiratete am 6. April 1999 die Schweizer Staatsangehörige B.A.________ (geb. 1978) und erhielt am 8. April 2002 im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, welche alle über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfügen, nämlich F.A.________ (geb. 1999), C.A.________ (geb. 2002), D.A.________ (geb. 2010) und E.A.________ (geb. 2012). Am 23. März 2006 erhielt A.A.________ die Niederlassungsbewilligung.
A.b. Strafrechtlich trat A.A.________ zunächst wie folgt in Erscheinung:
- Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 10. April 2003; bedingte Gefängnisstrafe von 14 Tagen (Probezeit zwei Jahre) und Busse von Fr. 500.-- wegen Widerhandlung gegen das ANAG;
- Urteil Obergericht des Kantons Zürich vom 16. Februar 2007; teilbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten und 19 Tagen (12 Monate vollziehbar, Probezeit fünf Jahre), wegen mehrfachem Betrug, mehrfachem versuchtem Betrug und Irreführung der Rechtspflege;
- Urteil Obergericht des Kantons Zürich (nachfolgend: Obergericht) vom 1. November 2018; Freiheitsstrafe von 36 Monaten (bedingt 24 Monate; Probezeit von zwei Jahren), wegen gewerbsmässigem Betrug, im Wesentlichen begangen im Zeitraum 2001 bis 2011, bestätigt durch das bundesgerichtliche Urteil 6B_1324/2018, 6B_22/2019 vom 22. März 2019.
A.c. Im Weiteren ist A.A.________ gemäss Betreibungsregisterauszug vom 2. Mai 2019 mit zwei Verlustscheinen im Betrag von total Fr. 97'168.70 sowie einer Betreibung im Betrag von Fr. 47'776.60 verzeichnet. Zudem mussten A.A.________ und seine Familie vom 1. Oktober 2011 bis 28. Februar 2017 mit Sozialhilfeleistungen im Umfang von total Fr. 248'850.95 unterstützt werden.
A.d. Ab dem 14. September 2020 befand sich A.A.________ aufgrund eines pendenten Strafverfahrens (Tatvorwurf: gewerbsmässiger Wucher) im vorzeitigen Strafvollzug.
B.
B.a. Mit Verfügung vom 4. Dezember 2020 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich (Migrationsamt) die Niederlassungsbewilligung von A.A.________ und wies ihn auf den Zeitpunkt der Entlassung aus dem Strafvollzug aus der Schweiz weg. Der dagegen erhobene Rekurs erwies sich als erfolglos (Rekursentscheid Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 13. April 2021). In der Folge erhob A.A.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
B.b. Mit Urteil vom 7. Oktober 2021 wurde A.A.________ vom Bezirksgericht Dietikon vom Vorwurf des gewerbsmässigen Wuchers (vgl. Bst. A.d) freigesprochen, wogegen die zuständige Staatsanwaltschaft Berufung einreichte, eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren sowie eine Landesverweisung von zehn Jahren beantragte.
Der zuständige Abteilungspräsident des Verwaltungsgerichts sistierte daraufhin im Hinblick auf die für den 7. Dezember 2022 vor Obergericht angesetzte Berufungsverhandlung das vor Verwaltungsgericht hängige Widerrufsverfahren. Mit Urteil des Obergerichts vom 7. Dezember 2022 wurde A.A.________ von der Anklage des gewerbsmässigen Wuchers freigesprochen, jedoch wegen versuchter Nötigung, begangen von Februar bis August 2019, schuldig gesprochen, und zu einer unbedingt vollziehbaren Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt, welche durch die bereits erstandene Haft abgegolten war. Ausserdem wurden 508 Tage erstandene Haft an die gemäss rechtskräftigem Urteil des Obergerichts vom 1. November 2018 ausgesprochene Freiheitsstrafe von 36 Monaten (vgl. Bst. A.b) angerechnet. Von der Anordnung einer Landesverweisung sah das Obergericht ab. Die zuständige Staatsanwaltschaft verzichtete anschliessend auf die Einlegung eines Rechtsmittels, sodass das Urteil vom 7. Dezember 2022 in Rechtskraft erwuchs. Das begründete obergerichtliche Urteil vom 7. Dezember 2022 wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu den Akten gegeben.
B.c. Schliesslich wies das Verwaltungsgericht (im Widerrufsverfahren bezüglich der Niederlassungsbewilligung) die Beschwerde gegen den Rekursentscheid vom 13. April 2021 (vgl. Bst. B.a in fine) mit Urteil vom 12. April 2023 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 25. Mai 2023 beantragen A.A.________ (Beschwerdeführer 1), B.A.________ (Beschwerdeführerin 2), C.A.________ (Beschwerdeführer 3), D.A.________ (Beschwerdeführerin 4) und E.A.________ (Beschwerdeführerin 5; alle zusammen: die Beschwerdeführer) die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 12. April 2023. Es sei die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers 1 nicht zu widerrufen. Eventualiter sei die Sache zur vollständigen Sachverhaltsabklärung sowie zur Durchführung von Kindsanhörungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht wird beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Ausserdem wird beantragt, sämtliche Kosten der vorinstanzlichen Verfahren auf die Staatskasse zu nehmen und die Beschwerdeführer für die vorinstanzlichen Verfahren zu entschädigen.
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde, verzichtet aber auf weitere Ausführungen. Das Migrationsamt, die Sicherheitsdirektion und das Staatssekretariat für Migration haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Mit Verfügung vom 26. Mai 2023 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist zulässig, da auf den Fortbestand dieser Bewilligung ein Rechtsanspruch besteht (BGE 135 II 1 E. 1.2.1; Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG ). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten (Art. 42 Abs. 1 und 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 BGG ).
2.
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht, d.h. es ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Urteils aufzuzeigen, inwiefern die entsprechenden Rechtsnormen verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 478 E. 2.4; 139 I 229 E. 2.2).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6).
3.
Die Beschwerdeführer machen geltend, das angefochtene Urteil verletze das "Dualismusverbot" von Art. 63 Abs. 3 AIG, da das Obergericht mit Urteil vom 7. Dezember 2022 (vgl. Bst. B.b) unter Einbezug der Vorstrafen des Beschwerdeführers 1, insbesondere des obergerichtlichen Urteils vom 1. November 2018 (vgl. Bst. A.b), von einer Landesverweisung abgesehen habe. Das Obergericht habe damit das Thema Aufenthaltsbeendigung aufgrund deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers 1 abschliessend beurteilt. Das kantonale Verwaltungsgericht könne demnach die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers 1 nicht mehr widerrufen.
4.
4.1. Die Niederlassungsbewilligung kann namentlich dann widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG). Als längerfristig im Sinne von Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG gilt eine Freiheitsstrafe, wenn ihre Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 139 I 145 E. 2.1; 135 II 377 E. 4.5).
4.2. Der Beschwerdeführer 1 wurde mit Urteil des Obergerichts vom 1. November 2018 zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt (vgl. Bst. A.b). Damit liegt ein Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG vor, was von den Beschwerdeführern zu Recht nicht bestritten wird.
4.3. Gemäss Art. 63 Abs. 3 AIG ist ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung unzulässig, der nur damit begründet wird, dass ein Delikt begangen wurde, für das ein Strafgericht bereits eine Strafe oder Massnahme verhängt, jedoch von einer Landesverweisung abgesehen hat. Mit dieser am 1. Oktober 2016 in Kraft getretenen Kollisionsbestimmung mit übergangsrechtlicher Komponente beabsichtigte der Gesetzgeber, den Dualismus von strafrechtlicher Landesverweisung und ausländerrechtlichem Bewilligungswiderruf zu verhindern. Die ebenfalls am 1. Oktober in Kraft getretenen Art. 66a ff. StGB zur (strafrechtlichen) Landesverweisung sind zudem nur auf Delikte anwendbar, welche nach dem 1. Oktober 2016 begangen wurden (dazu ausführlich BGE 146 II 49 E. 5.1 f.; 146 II 1 E. 2.1.2).
4.4. Diesbezüglich ist der Zweck von Art. 63 Abs. 3 AIG (bzw. Art. 62 Abs. 2 AIG) in Erinnerung zu rufen. Mit dieser Bestimmung soll vermieden werden, dass zwei unterschiedliche staatliche Behörden, nämlich die Strafbehörden und die Migrationsbehörden, sich mit den Folgen des deliktischen Verhaltens für den Aufenthaltsstatus einer ausländischen Person befassen. Hat der Strafrichter das deliktische Verhalten beurteilt und von einer Landesverweisung abgesehen, auch wenn die Motive des Strafrichters für den Verzicht auf die Landesverweisung nicht verständlich sein mögen oder die Möglichkeit der Landesverweisung schlicht übersehen wurde, können die Migrationsbehörden diesbezüglich die Niederlassungsbewilligung der betroffenen Person nicht mehr widerrufen. Andernfalls würde der Dualismus von strafrechtlicher Landesverweisung und administrativer Wegweisung wieder eingeführt und es bestünde das Risiko widersprüchlicher Urteile. Es ist mit anderen Worten nicht Sache der Migrationsbehörden, allfällige Versäumnisse der Strafbehörden bezüglich Landesverweisung zu korrigieren. Wenn, dann obliegt es der Staatsanwaltschaft, durch Einlegung eines Rechtsmittels die Anordnung einer Landesverweisung zu verlangen (BGE 146 II 321 E. 4.6.3 f., E. 4.7). Art. 63 Abs. 3 AIG möchte verhindern, dass die Straf- und Migrationsbehörden sich bezüglich Aufenthaltsstatus mit demselben Sachverhalt befassen (BGE 146 II 49 E. 5.6; Urteil 2C_580/2019 vom 9. März 2020 E. 2.4.3).
4.5. Weiter ist zu beachten, dass eine obligatorische (Art. 66a StGB) oder fakultative (Art. 66a bis StGB) Landesverweisung zwar nicht aufgrund von Delikten ausgesprochen werden darf, welche vor dem 1. Oktober 2016 begangen wurden (vgl. E. 4.3 oben), aber solche Delikte bei der Prüfung eines Härtefalls (Art. 66a Abs. 2 StGB) bzw. bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Landesverweisung (aufgrund von nach dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikten) berücksichtigt werden dürfen (BGE 146 II 49 E. 5.2; 146 II 1 E. 2.1.2). Wenn solche Delikte bei der Härtefall- bzw. Verhältnismässigkeitsprüfung berücksichtigt wurden, können die Migrationsbehörden für den administrativen Widerruf der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung nicht mehr auf diese Delikte abstellen. Andernfalls würde der Dualismus, den Art. 63 Abs. 3 AIG (bzw. Art. 62 Abs. 2 AIG) beseitigt, wieder eingeführt (BGE 146 II 1 E. 2.2; Urteil 2C_580//2019 vom 9. März 2020 E. 2.4.1).
4.6. Sind mehrere Strafurteile ergangen, wobei ein Strafurteil ausschliesslich vor dem 1. Oktober 2016 begangene Delikte behandelt und das andere Strafurteil sich mit nach dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikten auseinandersetzt (welche die Anordnung einer obligatorischen oder fakultativen Landesverweisung ermöglichen), gilt Folgendes: Es kommt darauf an, ob sich aus der Begründung des anderen Strafurteils oder zumindest dem Antrag der Staatsanwaltschaft ergibt, dass das gesamte deliktische Verhalten der ausländischen Person, also auch die Vorstrafen (für vor dem 1. Oktober 2016 begangene Delikte), bei der Prüfung der Landesverweisung berücksichtigt wurden. Ist dies der Fall, können die Migrationsbehörden aufgrund der vor dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung nicht mehr widerrufen, da sie sonst den vom Strafgericht gewürdigten Sachverhalt nochmals beurteilen würden (vgl. BGE 146 II 321 E. 5.1; 146 II 1 E. 2.2; Urteil 2C_580/2019 vom 9. März 2020 E. 2.4.2).
4.7. Umgekehrt bleibt die Kompetenz der Migrationsbehörden, eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung für vor dem 1. Oktober 2016 begangene Delikte zu widerrufen, erhalten, wenn sich dem Strafurteil (bezüglich der nach dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte) keine Begründung entnehmen lässt, wonach die vor dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte bei der Prüfung der Landesverweisung einbezogen worden wären. Praxisgemäss ist dies dann der Fall, wenn sich weder der Urteilsbegründung noch dem Antrag der Staatsanwaltschaft irgendein Hinweis zur Landesverweisung entnehmen lässt oder aufgrund der Geringfügigkeit des nach dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikts davon auszugehen ist, dass auch eine fakultative Landesverweisung von vornherein nicht in Betracht gezogen wurde (vgl. BGE 146 II 321 E. 5.1; 146 II 49 E. 5.6; Urteile 2C_657/2020 vom 16. März 2021 E. 2.3.1 und E. 2.4; 2C_945/2019 vom 15. Januar 2020 E. 2.2.2; 2C_305/2018 vom 18. November 2019 E. 4.6).
5.
5.1. Die Beschwerdeführer rügen zunächst eine unrichtige, vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Entgegen der Vorinstanz habe das Obergericht die vor dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte in seine Beurteilung vom 7. Dezember 2022 einbezogen. Die Staatsanwaltschaft habe im entsprechenden Strafverfahren die Landesverweisung des Beschwerdeführers beantragt und das Verwaltungsgericht habe das bei ihm hängige Widerrufsverfahren mit der Begründung sistiert, dieses könne allenfalls durch das Strafverfahren präjudiziert werden. Das Obergericht habe sich ausführlich mit der Vorstrafe bzw. Verurteilung zu 36 Monaten Freiheitsstrafe (Urteil vom 1. November 2018) auseinandergesetzt, da das neue Delikt (versuchte Nötigung) gemäss seinem Urteil vom 7. Dezember 2022 während der mit der Freiheitsstrafe von 36 Monaten verbundenen Probezeit verübt worden sei. Das Obergericht habe diesbezüglich auf einen Widerruf des bedingt ausgesprochenen Vollzugs der Freiheitsstrafe verzichtet. Es habe, nachdem eine fakultative Landesverweisung gemäss Art. 66a bis StGB möglich gewesen wäre, explizit aufgrund der familiären Verwurzelung des Beschwerdeführers 1 bzw. aus Gründen der Verhältnismässigkeit auf die Aussprechung einer Landesverweisung verzichtet.
5.2. Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Urteil lediglich fest, der Abteilungspräsident habe das Beschwerdeverfahren mit Präsidialverfügung vom 18. Mai 2022 einstweilen bis zum 31. Dezember 2022 sistiert (vgl. S. 5 oben angefochtenes Urteil). Das Obergericht habe bei seinem Entscheid gegen die strafrechtliche Landesverweisung die früheren Delikte nicht in seine Beurteilung miteinbezogen (vgl. E. 3.2 S. 10 oben angefochtenes Urteil).
5.3. Gemäss Präsidialverfügung vom 18. Mai 2022 hat das Verwaltungsgericht, "da das vorliegende Verfahren durch das Strafverfahren allenfalls präjudiziert wird", das Verfahren bis zum 31. Dezember 2022 sistiert. Aus der Urteilsbegründung des obergerichtlichen Urteils vom 7. Dezember 2022 ergibt sich Folgendes: Die Verurteilung vom 1. November 2018 (zu 36 Monaten Freiheitsstrafe) wurde vom Obergericht leicht straferhöhend berücksichtigt. Ausserdem wurde straferhöhend berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer 1 die zu beurteilenden Taten innerhalb der mit Urteil vom 1. November 2018 angesetzten Probezeit beging. Hinsichtlich des Widerrufs des bedingten Teils der Vorstrafe (von 36 Monaten Freiheitsstrafe, davon 24 Monate bedingt) erwog das Obergericht, der Beschwerdeführer 1 sei während der Probezeit rückfällig geworden, weshalb ihm eine ungünstige Prognose zu stellen sei. Für die Geldstrafe (wegen versuchter Nötigung) wurde deshalb der bedingte Vollzug nicht gewährt. Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs von 24 Monaten Freiheitsstrafe der Vorstrafe wurde dagegen verzichtet und stattdessen die entsprechende Probezeit um eine Jahr verlängert (vgl. E. 3.3 und E. 3.4 sowie Ziff. 4 Dispositiv Urteil Obergericht vom 7. Dezember 2022). Hinsichtlich der Landesverweisung erwog das Obergericht, die Staatsanwaltschaft beantrage eine Landesverweisung für die Dauer von zehn Jahren. Da keine Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB vorliege, falle eine obligatorische Landesverweisung ausser Betracht. Die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung gemäss Art. 66a bis StGB sei grundsätzlich möglich, "ist aber in Anbetracht des geregelten Aufenthalts sowie der familiären Verwurzelung des Beschuldigten in der Schweiz nicht angezeigt" (vgl. Titel V. Landesverweisung, S. 80, Urteil Obergericht vom 7. Dezember 2022).
5.4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Vorinstanz den relevanten Sachverhalt in willkürlicher Weise festgestellt hat. Die Rüge der unrichtigen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung erweist sich deshalb als berechtigt. Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist demnach entsprechend zu ergänzen. Ob sich aus diesem ergänzten Sachverhalt eine Verletzung von Art. 63 Abs. 3 AIG ergibt, ist dagegen eine Rechtsfrage (dazu nachfolgend E. 6).
6.
6.1. Die Vorinstanz hat hinsichtlich der Anwendung von Art. 63 Abs. 3 AIG im Wesentlichen erwogen, sie stütze sich bezüglich des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers 1 ausschliesslich auf das obergerichtliche Urteil vom 1. November 2018. Das mit diesem Urteil sanktionierte Delikt des gewerbsmässigen Betrugs sei vor dem 1. Oktober 2016 bzw. vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen zur Landesverweisung (Art. 66a ff. StGB) begangen worden. Mit Urteil vom 7. Dezember 2022 habe das Obergericht dagegen über Taten entschieden, die ausschliesslich nach dem 1. Oktober 2016 begangen worden seien. Da das vor dem 1. Oktober 2016 begangene Delikt den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a AIG i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG bereits erfüllt habe, stehe Art. 63 Abs. 3 AIG dem Widerruf der Niederlassungsbewilligung vorliegend nicht entgegen.
6.2. Ob der Beschwerdeführer 1 weitere Widerrufsgründe wie mutwillige Verschuldung (Art. 63 Abs. 1 lit. b AIG i.V.m. Art. 77a Abs. 1 lit. b VZAE) oder Sozialhilfeabhängigkeit (Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG) erfüllt, wurde von der Vorinstanz explizit offen gelassen (vgl. E. 3.2 in fine angefochtenes Urteil). Der vorliegende Widerruf kann sich deshalb nicht auf diese Gründe abstützen.
6.3. Der Beschwerdeführer 1 macht unter Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung geltend, das Obergericht habe, indem es mit Urteil vom 7. Dezember 2022 den Widerruf des bedingten Vollzugs der Freiheitsstrafe von 36 Monaten abgelehnt, sich ausführlich mit dieser Vorstrafe befasst und anschliessend die Landesverweisung wegen der familiären Verwurzelung des Beschwerdeführers abgelehnt habe, unter Einbezug der vor dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte die Landesverweisung als unverhältnismässig abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft habe schliesslich Gelegenheit gehabt, gegen die Ablehnung der Landesverweisung ein Rechtsmittel einzulegen, davon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Der ausländerrechtliche Widerruf der Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG stehe deshalb nicht mehr offen. Das vorinstanzliche Urteil verletze Art. 63 Abs. 3 AIG.
6.4. Die Frage ist, ob das Obergericht mit seinem Urteil vom 7. Dezember 2022, insbesondere mit seiner expliziten Ablehnung der Landesverweisung, einen Entscheid gefällt hat, welcher auch die Migrationsbehörden bindet.
6.4.1. Vorliegend hat die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Strafverfahrens, welches schliesslich in das obergerichtliche Urteil vom 7. Dezember 2022 mündete, ausdrücklich eine Landesverweisung von zehn Jahren beantragt und das genannte Urteil hat sich explizit mit der Landesverweisung auseinandergesetzt und diese abgelehnt. Vorliegend hätte die obergerichtliche Verurteilung vom 7. Dezember 2022 wegen versuchter Nötigung ermöglicht, gegen den Beschwerdeführer 1 eine Landesverweisung auszusprechen, denn dieser Tatbestand stellt ein Vergehen dar (vgl. Art. 181 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 StGB), welches fakultativ mit Landesverweisung hätte sanktioniert werden können. Unter dem Titel Landesverweisung erwähnt die Urteilsbegründung des Obergerichts die Vorstrafe von 36 Monaten Freiheitsentzug, auf welche die Vorinstanz ihren Widerruf der Niederlassungsbewilligung stützt, nicht. Allerdings ist diese Vorstrafe ausdrücklich Gegenstand der Strafzumessung und der Erwägungen bezüglich des Widerrufs des bedingten Vollzugs. In diesem Rahmen wird dem Beschwerdeführer 1 bezüglich seines künftigen Verhaltens eine schlechte Prognose gestellt (vgl. E. 5.3 oben).
6.4.2. Vorstrafen werden in der Regel bei jeder Strafzumessung gewürdigt und alleine daraus kann noch keine Bindungswirkung für die Migrationsbehörden hinsichtlich des administrativen Widerrufs einer Niederlassungsbewilligung entstehen. Allerdings war die Landesverweisung vorliegend ausdrücklich Gegenstand der Erwägungen des Strafurteils und fiel damit aufgrund der Umstände nicht von vornherein ausser Betracht (anders dagegen BGE 146 II 49 E. 5.6). Der vorliegende Fall ist vergleichbar mit der Konstellation im Urteil 2C_580/2019 vom 9. März 2020. In diesem Fall ergab sich die Berücksichtigung der Vorstrafen nicht einmal aus der Urteilsbegründung, da es sich um ein Urteil im abgekürzten Verfahren handelte (vgl. Art. 362 StPO), jedoch war einer Aktennotiz der Staatsanwaltschaft, welche der Anklageschrift zugeordnet werden konnte, zu entnehmen, dass die Staatsanwaltschaft eine Interessenabwägung vorgenommen und auf deren Grundlage, unter Berücksichtigung der Vorstrafen, von der Beantragung einer Landesverweisung abgesehen hatte. Das Bundesgericht kam deshalb zum Schluss, dass die Migrationsbehörden die Aufenthaltsbewilligung nicht aufgrund der Vorstrafen widerrufen konnten und das Dualismusverbot verletzt haben (Urteil 2C_580/2019 vom 9. März 2020 E. 2.4.2 f.).
6.4.3. Vorliegend hat das Obergericht eine rudimentäre Interessenabwägung vorgenommen, indem es erwog, angesichts der familiären Verwurzelung des Beschwerdeführers 1 in der Schweiz sei die Landesverweisung nicht angezeigt. Trotz dieser knappen Erwägung ist angesichts des Umstandes, dass das Obergericht auch bei der fakultativen Landesverweisung im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung die Vorstrafen berücksichtigen durfte (vgl. E. 4.5 oben) und bei der Strafzumessung dem Beschwerdeführer 1 gar eine schlechte Prognose stellte und die Vorstrafe würdigte, davon auszugehen, dass auch bei der Prüfung der Landesverweisung die Vorstrafe von 36 Monaten Freiheitsentzug eingeflossen ist. Jedenfalls ist es wenig einsichtig, dass im selben Strafurteil eine gravierende Vorstrafe bei der Strafzumessung berücksichtigt wird, aber bei der Landesverweisung, welche daran anschliessend explizit geprüft wird, überhaupt keine Rolle spielt. Auch die Vorinstanz ging davon aus, dass das Strafurteil vom 7. Dezember 2022 eine präjudizielle Wirkung für das ausländerrechtliche Widerrufsverfahren haben könnte und sistierte deshalb Letzteres.
6.4.4. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass auch die Vorstrafe gemäss obergerichtlichem Urteil vom 1. November 2018 bei der Beurteilung bzw. Ablehnung der Landesverweisung im obergerichtlichen Urteil vom 7. Dezember 2022 in Betracht gezogen wurde. In diesem Sinne liegt rechtsprechungsgemäss die Konstellation vor, bei welcher das gesamte deliktische Verhalten der ausländischen Person bei der Prüfung der Landesverweisung berücksichtigt wurde (vgl. E. 4.6 oben). Die Vorinstanz konnte deshalb denselben Sachverhalt aufgrund Art. 63 Abs. 3 AIG nicht nochmals im Rahmen eines administrativen Widerrufsverfahrens beurteilen. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers 1 erweist sich deshalb wegen Verletzung von Art. 63 Abs. 3 AIG als unzulässig.
7.
7.1. Die Beschwerde erweist sich demnach als begründet und ist gutzuheissen. Das vorinstanzliche Urteil ist aufzuheben. Damit erübrigt es sich, die weiteren Rügen der Beschwerdeführer zu prüfen.
7.2. Bei diesem Verfahrensausgang werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ). Die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Rechtsmittelverfahrens werden neu festzulegen sein und die Angelegenheit ist diesbezüglich an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67, Art. 68 Abs. 5 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 12. April 2023 wird aufgehoben.
2.
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Rechtsmittelverfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 9. November 2023
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: C. Quinto