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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.654/2005 /vje 
 
Urteil vom 9. Dezember 2005 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
A. und B.X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Fürsorgeleistungen an Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 29. September 2005. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Eheleute A. und B.X.________ (geb. 1952 bzw. 1953) sind Schweizer Bürger. Bis Ende 2000 wohnten sie im Kanton Thurgau. Im Februar 2001 siedelten sie nach Kanada über (Provinz British Columbia); die Immatrikulation beim zuständigen Generalkonsulat in Vancouver erfolgte im April 2003. 
 
Am 24. September 2004 stellten A. und B.X.________ ein Gesuch um eine monatliche Unterstützung nach dem Bundesgesetz vom 21. März 1973 über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer (Auslandschweizer-Fürsorgegesetz, ASFG; SR 852.1). Das Bundesamt für Justiz gewährte am 8. Dezember 2004 eine Überbrückungshilfe für sechs Monate (1. Oktober 2004 bis 31. März 2005) in der Höhe von monatlich CAD 3'341.-- (umgerechnet rund Fr. 3'130.--). Mit Verfügung vom 29. April 2005 verlängerte das Bundesamt die Unterstützung im Sinne einer Überbrückungshilfe um drei Monate bis Ende Juni 2005; die monatlichen Beiträge wurden auf CAD 2'643.-- festgesetzt. Eine dauerhafte Unterstützung lehnte das Bundesamt ab; es legte eine Rückkehr in die Schweiz nahe und stellte hiefür eine Rückkehrhilfe in Aussicht. 
A. und B.X.________ ersuchten das Bundesgericht mit einer als Einsprache bezeichneten Eingabe vom 12. Mai 2005 um Dauerunterstützung. Die Eingabe wurde als Beschwerde gegen die Verfügung des Bundesamtes vom 29. April 2005 betrachtet und zuständigkeitshalber an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement überwiesen, wo zwei weitere, vom 18. Mai 2005 datierte Eingaben eingingen, womit A. und B.X.________ grundsätzlich um weitere Unterstützung im Aufenthaltsstaat sowie vorläufig um Weiterführung der Unterstützung während des laufenden Verfahrens ersuchten. Am 29. September 2005 entschied das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, die bisher gewährte Überbrückungshilfe von monatlich CAD 2'643.-- werde vom Juli 2005 bis und mit September 2005 fortgeführt; im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
1.2 Mit einer als Einsprache bezeichneten Eingabe vom 20. Oktober 2005, dem Generalkonsulat in Vancouver am 25. Oktober 2005 überreicht, haben A. und B.X.________ rechtzeitig (vgl. Art. 106 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 3 OG) Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht erhoben. Mit der hier am 7. November 2005 eingegangenen Rechtsschrift beantragen sie im Wesentlichen (sinngemäss), der Departementsentscheid vom 29. September 2005 sei aufzuheben und es sei ihnen eine permanente Unterstützung auszurichten, wobei eine solche jedenfalls bis zur bundesgerichtlichen Entscheidung zu gewähren sei. 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 36a OG, möglichst unter Verweis auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheides (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 1 ASFG gewährt der Bund im Rahmen dieses Gesetzes Auslandschweizern, die sich in einer Notlage befinden, Fürsorgeleistungen. Diese werden nur Auslandschweizern gewährt, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln, Beiträgen von privater Seite oder Hilfeleistungen des Aufenthaltsstaates bestreiten können (Art. 5 ASFG). In dringenden Fällen kann die unumgängliche Überbrückungshilfe gewährt werden (Art. 14 Abs. 2 ASFG). Gemäss Art. 11 Abs. 1 ASFG kann dem Hilfsbedürftigen die Heimkehr in die Schweiz nahegelegt werden, wenn dies in seinem wohlverstandenen Interesse oder in dem seiner Familie liegt; in diesem Fall übernimmt der Bund anstelle der weiteren Unterstützung im Ausland die Heimreisekosten. 
 
Ob die Heimkehr im wohlverstandenen Interesse des Hilfsbedürftigen liegt, hat das Bundesamt für Justiz, welches über die Ausrichtung von Fürsorgeleistungen befindet, im Einvernehmen mit der schweizerischen Vertretung nach fürsorgerischen Grundsätzen zu beurteilen; finanzielle Erwägungen sollen nicht ausschlaggebend sein (Art. 14 Abs. 1 der Verordnung vom 26. November 1973 über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer [Auslandschweizer-Fürsorgeverordnung, ASFV; SR 852.11]). Dem Hilfsbedürftigen soll die Heimkehr unter anderem namentlich dann nicht nahegelegt werden, wenn Menschlichkeitsgründe dagegen sprechen, insbesondere wenn sie enge Familienbande zerreissen oder aus einem Aufenthalt von längerer Dauer sich ergebende enge Beziehungen zum Aufenthaltsstaat zerstören würde oder wenn die Hilfsbedürftigkeit von kurzer Dauer ist (Art. 14 Abs. 2 ASFV). 
Aus diesen Bestimmungen hat die Rechtsprechung, auch in Berücksichtigung der bundesrätlichen Botschaft vom 6. September 1972 (BBl 1972 II S. 548 ff.), folgende Schlüsse über Sinn und Zweck des Auslandschweizer-Fürsorgegesetzes gezogen: Eine auf eine gewisse Dauer angelegte Unterstützung vor Ort soll nur für diejenigen Auslandschweizer in Frage kommen, die sich im Ausland eine Existenz aufgebaut haben, dort weitgehend integriert sind und (nachträglich) in eine finanzielle Notlage geraten. In der Regel sollen dagegen Leistungen nicht beansprucht werden können, um eine Existenz im Ausland erst aufzubauen und unternehmerische Risiken abzudecken; dies wäre mit der Natur des Gesetzes als eigentlicher Fürsorgeerlass nicht vereinbar (Urteile 2A.302/2002 vom 24. Juni 2002 E. 3.2; 2A.555/2001 vom 19. Dezember 2001 E. 1b). Anders verhält es sich allenfalls dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Auslandschweizer nach einer kurzen Unterstützungsphase den Lebensunterhalt in absehbarer Zeit selber wird bestreiten können; es muss eine gewisse Zukunftsperspektive erkennbar sein (Urteil 2A.87/2000 vom 26. Mai 2000 E. 3b am Ende; vgl. auch Urteil 2A.302/2002 E. 3.3). Grundsätzlich ist es damit zulässig, einem vor kürzerer Zeit Ausgereisten, der im Auswanderungsland wirtschaftlich nicht Fuss fassen kann und voraussichtlich auf lange Sicht unterstützungsbedürftig bleiben dürfte, die Rückreise nahezulegen (und die Übernahme der Rückreisekosten zu garantieren) bzw. die Erbringung von Leistungen ins Ausland zu verweigern, wenn keine besonderen Gründe i.S. von Art. 14 Abs. 2 ASFV vorliegen (s. nebst den vorstehend zitierten Urteilen auch 2A.386/2002 vom 30. Oktober 2002 E. 2). 
2.2 Der angefochtene Entscheid erging in Anwendung der beschriebenen Kriterien. Was die wirtschaftlichen Verhältnisse betrifft, hat das Departement zutreffend dargelegt (E. 12.2, vgl. auch E. 13), dass eine entsprechende Integration auch nach längerer Überbrückungshilfe nicht erfolgt ist und sich keine wesentlich günstigeren Zukunftsperspektiven eröffnen. Was die soziale Integration im Auswanderungsland betrifft, kann weder in wirtschaftlicher noch in persönlicher Hinsicht von einer eigentlichen Verwurzelung in der Wahlheimat gesprochen werden; die Beschwerdeführer vermögen einen entsprechenden engen Bezug nicht aufzuzeigen (vgl. zur Mitwirkungspflicht Urteil 2A.302/2002 E. 3.1 mit Hinweis auf BGE 124 II 361 E. 2b S. 365); im Übrigen kann diesbezüglich vollumfänglich insbesondere auf E. 12.1 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden. Was die von den Beschwerdeführern hervorgehobenen gesundheitlichen Aspekte betrifft, genügt ein Verweis auf den letzten Absatz von E. 12.1 des angefochtenen Entscheids. Schliesslich muss auch unter fürsorgerischen Gesichtspunkten eine Rückkehr in die Schweiz als wünschbar bezeichnet werden; das Departement macht zu Recht darauf aufmerksam, dass in der Schweiz gesundheitsbedingte Umschulungs- und Integrationsmassnahmen der IV umfassender geprüft und Ergänzungsleistungen nur hier beansprucht werden könnten. 
Die Beschwerdeführer können keine Menschlichkeitsgründe i.S. von Art. 14 Abs. 2 ASFV namhaft machen, die gegen einen Abbruch ihres bisher zeitlich beschränkten Aufenthalts in Kanada sprechen würden. 
2.3 Den Beschwerdeführern ist während eines Jahres Unterstützung im Sinne einer weitgehenden Überbrückungshilfe gewährt worden. Eine gesetzliche Pflicht zu darüber hinausgehender Hilfe lässt sich nicht begründen. Der angefochtenen Entscheid verletzt Bundesrecht nicht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und vollumfänglich, auch in Bezug auf den Antrag auf Unterstützung während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens, abzuweisen. 
2.4 Die Beschwerdeführer haben ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Dieses ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (vgl. Art. 152 OG). Somit sind ihnen entsprechend dem Verfahrensausgang die bundesgerichtlichen Kosten, je zur Hälte unter Solidarhaft, aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) ist ihrer finanziellen Situation Rechnung zu tragen (Art. 153a Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern (durch Vermittlung des Schweizerischen Generalkonsulats in Vancouver) und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. Dezember 2005 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: