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«AZA» 
I 142/99 Ge 
 
 
II. Kammer 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiber Arnold 
 
 
 
Urteil vom 10. Februar 2000 
 
in Sachen 
M.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Y.________, Beratungsstelle X.________, 
 
gegen 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, Aarau, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
 
 
 
A.- Der 1976 geborene, aus Serbien stammende M.________ war seit der Einreise in die Schweiz im Februar 1993 bis Mitte Mai 1994 im Restaurant W.________ als Küchengehilfe tätig gewesen. Am 8. August 1994 erlitt er bei einem Verkehrsunfall im ehemaligen Jugoslawien ein Polytrauma mit Contusio cerebri (mehrtägigem Koma), Schädelbasisfraktur, Humerustrümmerfraktur links mit Radialisparese und einer posttraumatischen Osteomyelitis. Nachdem er in die Schweiz zurückgekehrt war und sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Berufsberatung, Umschulung und Arbeitsvermittlung) angemeldet hatte (28. März 1996, 24. April 1997), klärte die IV-Stelle des Kantons Aargau die Verhältnisse in erwerblicher und medizinischer Hinsicht ab. Laut Berichten der Dres. med. N.________ und F.________, Klinik für Plastische und Wiederherstellungschirurgie, vom 3. September, 23. Dezember 1996 und 12. November 1997 unterzog sich M.________ im Frühjahr 1996 wegen der Leiden am linken Arm einer Radialisersatzoperation. Die Nachbehandlung (Physiotherapie) war Mitte Oktober 1996 abgeschlossen. Gemäss Dr. med. F.________ (Berichte vom 23. Dezember 1996 und 12. November 1997) bestand von August 1994 bis Mitte Oktober 1996 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit; seit dem Behandlungsende (Mitte Oktober 1996) sei M.________ wieder zu 100 % arbeitsfähig hinsichtlich der angestammten Tätigkeit als Küchengehilfe. Gestützt darauf wies die IV-Stelle das Begehren um Zusprechung beruflicher Massnahmen mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 16. März 1998 ab und sprach - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens - mit Verfügung vom 12. Oktober 1998 rückwirkend und befristet für die Zeit vom 1. August 1995 bis zum 31. Oktober 1996 eine ganze Invalidenrente zu. 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Begehren um Zusprechung einer ganzen Rente über den 31. Oktober 1996 hinaus und - eventuell - um ergänzende medizinische Abklärungen wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 26. Januar 1999). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Verfügung der IV-Stelle vom 12. Oktober 1998 sei die Sache zwecks ergänzender Abklärungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die Verwaltung zurückzuweisen. Er macht sodann darauf aufmerksam, die Unfallversicherung (Helsana-Versicherung) habe beim Zentrum für Medizinische Begutachtung (nachfolgend: ZMB), Basel, eine polydisziplinäre Abklärung in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse abzuwarten seien. 
Die IV-Stelle verzichtet einstweilen auf eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für Sozialversicherung gibt 
keine Stellungnahme ab. 
 
D.- Nachdem der Beschwerdeführer am 27. April 1999 das Gutachten des ZMB vom 31. März 1999 einreicht hatte, wurde ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt. 
Die IV-Stelle schliesst in ihrer Stellungnahme auf 
Gutheissung der Beschwerde. 
 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG). 
Im Rahmen der erweiterten Kognition sind neue Tatsachenbehauptungen und Beweismittel zulässig. Letztinstanzlich neu eingereichte Beweismittel sind daher insoweit erheblich, als sie zur Feststellung des rechtlich massgebenden Sachverhalts bei Erlass der strittigen Verwaltungsverfügung (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen) beizutragen vermögen. 
 
2.- Verwaltung und Vorinstanz haben die hier massgebenden Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Das betrifft den Begriff der Invalidität (Art. 4 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG), die Bedeutung ärztlicher Auskünfte bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1), den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 122 V 160 Erw. 1c) und den Begriff des für die Invaliditätsbemessung in Betracht zu ziehenden ausgeglichenen Arbeitsmarktes (BGE 110 V 276 Erw. 4b; ZAK 1991 S. 320 Erw. 3b). Richtig sind auch die Ausführungen über den Beginn der Rente (Art. 29 Abs. 1 IVG). Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass die Bestimmungen über die Rentenrevision (Art. 41 IVG; Art. 88a IVV) bei der rückwirkenden Zusprechung einer befristeten Rente nach der Rechtsprechung analog anwendbar sind (BGE 109 V 127; AHI 1998 S. 121 Erw. 1b, ZAK 1990 S. 518 Erw. 2). 
 
3.- In Würdigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten ärztlichen Unterlagen (namentlich der Berichte des Dr. med. F.________ vom 23. Dezember 1996 und 12. November 1997) und des letztinstanzlich eingereichten polydisziplinären Gutachtens des ZMB (vom 31. März 1999) ist mit dem Beschwerdeführer - und entsprechend der Vernehmlassung der IV-Stelle (vom 2. Februar 2000) - davon auszugehen, dass hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit weitere Abklärungen nötig sind. Während in den von der Verwaltung erhobenen Arztberichten die Schätzung der Arbeitsfähigkeit einzig auf Grund des Leidens am linken Arm erfolgte, ist nach dem ZMB hiefür namentlich auch eine mittlere Hirnfunktionsstörung in Betracht zu ziehen. Im Hinblick auf die gutachterliche Feststellung, es lägen keine unfallfremden Faktoren vor (Expertise des ZMB, S. 18), ist der Verwaltung beizupflichten, dass bei den von ihr zu treffenden Abklärungen auf eine Koordination der Invaliditätsschätzung von Invaliden- und Unfallversicherung zu achten ist (vgl. hiezu BGE 119 V 469 Erw. 2b). 
 
4.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem durch Y.________ von der Beratungsstelle X.________ vertretenen, obsiegenden Beschwerdeführer steht nach Massgabe der zu Art. 159 Abs. 1 und 2 OG ergangenen Rechtsprechung (BGE 122 V 278; nicht veröffentlichte Urteile B. vom 22. Juli 1998, U 108/97, und L. vom 17. Juni 1997, U 260/96) eine reduzierte Parteientschädigung zu. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wer- 
den der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kan- 
tons Aargau vom 26. Januar 1999 und die Verfügung der 
IV-Stelle des Kantons Aargau vom 12. Oktober 1998 auf- 
gehoben, und es wird die Sache an die Verwaltung 
zurückgewiesen, damit sie nach erfolgter Aktenergän- 
zung über den Rentenanspruch ab 31. Oktober 1996 neu 
verfüge. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Die IV-Stelle des Kantons Aargau hat dem Beschwerde- 
führer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Ver- 
sicherungsgericht eine Parteientschädigung von 
Fr. 600.- zu bezahlen. 
 
IV. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wird über 
eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren 
entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Pro- 
zesses zu befinden haben. 
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge- 
richt des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozial- 
versicherung zugestellt. 
Luzern, 10. Februar 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
 
 
 
Der Gerichtsschreiber: