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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_888/2022  
 
 
Urteil vom 10. März 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Marti. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwalt Eric Stern, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 7. September 2022 (VB.2022.00269). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der kosovarische Staatsangehörige A.________ (geb. 1993) heiratete am 16. Oktober 2017 in Kosovo die Schweizer Bürgerin B.________ (geb. 1991) und reiste am 26. März 2018 in die Schweiz ein. Im Rahmen des Familiennachzugs wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, letztmals verlängert bis am 25. März 2022. Mit Urteil des Bezirksgerichts U.________ vom 17. Mai 2021 wurde festgestellt, dass die Ehegatten seit dem 1. März 2021 getrennt leben.  
 
1.2. Mit Verfügung vom 15. Oktober 2021 widerrief das Migrationsamt die bis am 25. März 2022 befristete Aufenthaltsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 23. März 2022; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. September 2022).  
 
1.3. Mit Beschwerde vom 2. November 2022 gelangt A.________ ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. September 2022 sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zur Prüfung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zurückzuweisen.  
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, und verzichtet im Übrigen auf eine Vernehmlassung. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Staatssekretariat für Migration liess sich nicht vernehmen. 
Mit Eingabe vom 15. Dezember 2022 hat der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung ersucht. Mit Verfügung vom 20. Dezember 2022 hat die Abteilungspräsidentin der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) und richtet sich gegen das kantonal letztinstanzliche (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), verfahrensabschliessende (Art. 90 BGG) Urteil eines oberen Gerichts (Art. 86 Abs. 2 BGG). Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer macht in vertretbarer Weise geltend, zufolge mindestens dreijähriger Ehegemeinschaft und erfolgreicher Integration einen Bewilligungsanspruch aufgrund von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG (SR 142.20) zu haben. Ob die Bewilligung zu Recht widerrufen bzw. nicht verlängert wurde, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung und nicht des Eintretens (BGE 139 I 330 E. 1.1).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer stellt einen kassatorischen Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung an die Vorinstanz. Soweit das Bundesgericht reformatorisch entscheiden kann, darf sich die beschwerdeführende Partei wegen der reformatorischen Natur der Rechtsmittel grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Urteils zu beantragen. Sie muss vielmehr einen Antrag in der Sache stellen (Art. 107 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 III 489 E. 3.1; Urteil 2C_911/2019 vom 6. Februar 2020 E. 1.2), ausser das Bundesgericht könnte im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 134 III 379 E. 1.3; 133 III 489 E. 3.1). Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die gelebte Ehegemeinschaft weniger als drei Jahre gedauert hat. Wegen Fehlens der entsprechenden Voraussetzung hat sie einen Bewilligungsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG verneint, ohne die Integration des Beschwerdeführers als weitere Voraussetzung zu prüfen. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Voraussetzung einer gelebten Ehegemeinschaft von mindestens drei Jahren sei erfüllt; die Sache sei daher zur Prüfung der Integrationskriterien an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei dieser Ausgangslage liegen zulässige Rechtsbegehren vor.  
 
2.3. Als Adressat des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten.  
 
2.4. In Bezug auf die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten - und insbesondere von Art. 9 BV (Willkür) - gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1 mit Hinweisen). Das Bundesgericht ist an die Feststellungen im angefochtenen Entscheid gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG), solange diese nicht offensichtlich unrichtig sind (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 147 I 73 E. 2.2; 143 IV 241 E. 2.3.1; 140 III 115 E. 2). Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die Sachverhaltsfeststellung klarerweise unhaltbar sein sollen, muss detailliert aufgezeigt werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2; 144 V 50 E. 4.2; Urteil 2C_117/2022 vom 24. Juni 2022 E. 2.3).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe eine Ehegemeinschaft von mindestens drei Jahren im Sinn von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG zu Unrecht verneint. 
 
3.1. Ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AIG). Gemäss Art. 50 Abs. 1 AIG besteht nach Auflösung der Ehe der Anspruch des Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach den Artikeln 42 und 43 weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und die Integrationskriterien nach Artikel 58a erfüllt sind (lit. a) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (lit. b). Für die Anrechnung der dreijährigen Frist gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ist auf die in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft abzustellen (BGE 140 II 345 E. 4.1; 140 II 289 E. 3.5.1; 136 II 113 E. 3.3). Abzuklären ist, ob die eheliche Gemeinschaft rückblickend drei Jahre Bestand gehabt hat (BGE 136 II 113 E. 3.2). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (BGE 138 II 229 E. 2; 137 II 345 E. 3.1.2). Mit Blick auf Art. 49 AIG, der den Ehegatten bei weiterdauernder Familiengemeinschaft gestattet, aus "wichtigen Gründen" getrennt zu leben, was auch bei vorübergehenden Schwierigkeiten in der Ehe kurzfristig der Fall sein kann (vgl. Art. 76 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]), ist jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft als definitiv aufgelöst zu gelten hat (BGE 138 II 229 E. 2). Nicht relevant ist demgegenüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden hat (Urteil 2C_202/2018 vom 19. Juli 2019 E. 3.3; vgl. Urteil 2C_416/2009 vom 8. September 2009 E. 2.1.2). Die zeitliche Grenze von drei Jahren gilt im Übrigen absolut: Selbst wenn sie nur um wenige Wochen oder Tage verpasst wird, besteht praxisgemäss kein Anspruch mehr auf Verlängerung der Bewilligung (BGE 137 II 345 E. 3.1.3; Urteil 2C_401/2018 vom 17. September 2018 E. 3.2).  
 
3.2. Die Vorinstanz hat dargelegt, weshalb sie von einer gelebten Ehegemeinschaft von weniger als drei Jahren ausgegangen ist (angefochtenes Urteil E. 2.3). Sie hat insbesondere ausgeführt, mit Urteil des Bezirksgerichts U.________ vom 17. Mai 2021 sei festgestellt worden, dass die Ehegatten seit dem 1. März 2021 getrennt lebten. Damit habe die gelebte Ehegemeinschaft seit der Einreise des Beschwerdeführers am 26. März 2018 weniger als drei Jahre gedauert. Dass die Scheidung noch nicht vollzogen sei, ändere nichts am Umstand, dass die Ehegatten seit über einem Jahr getrennt lebten. Es bestehe keine Aussicht auf Wiedervereinigung.  
Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, auch im Falle getrennt lebender Eheleute sei vom Fortbestand der Ehe auszugehen, solange die Ehe nicht als definitiv gescheitert anzusehen sei. Die ausländerrechtlich relevante Ehegemeinschaft habe nicht mit der eherichterlichen Trennungsfestlegung vom 1. März 2021 geendet, sondern frühestens mit Ablauf von weiteren 6 Monaten, d.h. am 6. September 2021, zumal keine der Parteien eine Scheidung bis zu diesem Zeitpunkt eingeleitet habe, sondern vielmehr beidseitig die Meinung bestanden habe, dass eine Wiedervereinigung angestrebt werden sollte und möglich sei. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz zeigt er mit diesem Vorbringen nicht auf. 
Ebenso ist seine Rüge unbegründet, soweit er damit geltend macht, die Vorinstanz habe das Recht unrichtig angewendet. Auf der Grundlage des von ihr festgestellten Sachverhalts ist die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, dass die eheliche Gemeinschaft mit der gerichtlich festgestellten (nach aussen wahrnehmbaren) Trennung per 1. März 2021 aufgelöst worden ist (vgl. E. 3.1). Hinweise darauf, dass die eheliche Gemeinschaft nach dem 1. März 2021 tatsächlich noch gelebt worden wäre, ergeben sich aus dem Sachverhalt nicht. Da eine (relevante) Ehegemeinschaft eine tatsächlich gelebte eheliche Beziehung und einen gegenseitigen Ehewillen voraussetzt (vgl. E. 3.1), würde ein allfälliger Ehewille einer oder beider Parteien für sich allein nicht ausreichen, um eine über den 1. März 2021 hinaus fortbestehende eheliche Gemeinschaft zu bejahen. 
 
3.3. Sonstige Rügen trägt der Beschwerdeführer nicht vor. Insbesondere macht er weder geltend noch ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass wichtige persönliche Gründe im Sinn von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz erforderlich machen würden.  
 
3.4. Die mit Blick auf das Gesagte offensichtlich unbegründete Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) - abzuweisen.  
 
4.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. März 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Marti