Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
C 337/05
C 338/05
Urteil vom 10. Juli 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiber Hadorn
Parteien
C 337/05
C.________, 1965, Beschwerdeführer,
und
C 338/05
F.________, 1970, Beschwerdeführerin,
gegen
Arbeitslosenkasse SYNA, Regionalsekretariat, Neumarkt 2, 5200 Brugg, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
(Entscheid vom 16. November 2005)
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 31. Januar 2005 verneinte die Arbeitslosenkasse Syna den Anspruch des C.________ (geb. 1965) und der F.________ (geb. 1970) auf Arbeitslosenentschädigung ab 18. Oktober 2004. Daran hielt sie mit Einspracheentscheiden vom 18. April 2005 fest.
B.
Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheiden vom 16. November 2005 ab.
C.
C.________ und F.________ führen je Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei ihnen Arbeitslosenentschädigung zuzusprechen.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerden, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Da beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zu Grunde liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel zwei nahezu gleich lautende vorinstanzliche Entscheide betreffen, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 128 V 126 Erw. 1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 128 V 194 Erw. 1).
2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zur Erfüllung der Beitragszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG), zu den Rahmenfristen (Art. 9 Abs. 1 bis 3 AVIG), zum Ausschluss arbeitgeberähnlicher Personen vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) sowie die Rechtsprechung zur analogen Anwendung dieser Vorschrift auf arbeitgeberähnliche Personen, welche Arbeitslosenentschädigung verlangen (BGE 123 V 236 Erw. 7), und zu den beweismässigen Anforderungen an den Lohnfluss (BGE 113 V 352; vgl. auch BGE 131 V 344, 128 V 190 Erw. 3a/aa, ARV 2004 Nr. 10 S. 115 [Urteil M. vom 28. Februar 2003, C 127/02]) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Beschwerdeführenden auf Arbeitslosenentschädigung ab 18. Oktober 2004.
3.1 Die Vorinstanz hat richtig festgestellt, dass beide Versicherten nach der Kündigung durch die Firma B.________ GmbH vom 18. Oktober 2004 bis ........ 2005 (Konkurseröffnung) in arbeitgeberähnlicher Stellung bei dieser Firma im Handelsregister eingetragen blieben. Damit waren sie gemäss der Rechtsprechung (BGE 123 V 236 Erw. 7 und zahlreiche seitherige Urteile) vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung jedenfalls bis ........ 2005 ausgeschlossen. Insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des kantonalen Gerichts verwiesen werden. Die Beschwerdeführenden bringen nichts vor, was zu einem andern Ergebnis führen könnte.
3.2 Hinsichtlich der Zeit ab dem ........ 2005 erachteten Verwaltung und Vorinstanz den Lohnfluss als nicht rechtsgenüglich belegt. Auch dem ist beizupflichten. Die Löhne wurden nach Angaben der Beschwerdeführenden und entgegen dem Nachsatz auf den monatlichen Lohnabrechnungen bar ausbezahlt. Quittungen oder Kontoauszüge für diese Zahlungen fehlen. Die von den Beschwerdeführenden nachgereichten Auszüge aus dem Lohnkonto Nr. 4000 und dem Kassenkonto Nr. 1000 zeigen lediglich, dass die behaupteten Zahlungen verbucht wurden, nicht jedoch, dass das entsprechende Geld auch wirklich geflossen ist. Die AHV-Kontenblätter, die Lohnabrechnungen und die Steuererklärung, welche entweder nicht oder vom Versicherten selbst unterschrieben sind, vermögen den Lohnfluss nicht zu belegen (ARV 2004 Nr. 10 S. 117 Erw. 2.2 [erwähntes Urteil M.]). In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Lohnausweise und die Steuererklärungen beider Versicherten je auf den 7. Februar 2005 datiert sind, somit am selben, nach dem der angefochtenen Verfügung liegenden Tag ausgefüllt worden sein sollen. In diesem Zeitpunkt war den Beschwerdeführenden bekannt, dass die Verwaltung den Nachweis der Lohnzahlungen als nicht erfüllt ansah (ARV 2004 Nr. 10 S. 117 Erw. 2.2 [erwähntes Urteil M.]). Auch hier kann auf die sorgfältige Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts verwiesen werden.
3.3 Die Beschwerdeführenden machen geltend, der Lohnfluss müsse nach einer Änderung des Gesetzes (recte: der Rechtsprechung) nicht unbedingt mit einem Bank- oder Postbeleg nachweisbar sein.
In BGE 131 V 444, insbesondere 449ff. Erw. 3.1ff., hat das Eidgenössische Versicherungsgericht erwogen, für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung sei einzig der Nachweis einer beitragspflichtigen Beschäftigung während der geforderten Mindestbeitragsdauer entscheidend. Diese Tätigkeit muss genügend überprüfbar sein. Dem Nachweis tatsächlicher Lohnzahlung kommt nicht der Sinn einer selbstständigen Anspruchsvoraussetzung zu, wohl aber jener eines bedeutsamen und in kritischen Fällen unter Umständen ausschlaggebenden Indizes für die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung zu (BGE 131 V 353 Erw. 3.3 letzter Abs.). Soweit eine beitragspflichtige Beschäftigung rechtsgenüglich dargetan ist, der exakte ausbezahlte Lohn jedoch unklar geblieben ist, hat eine Korrektur über den versicherten Verdienst zu erfolgen (BGE 131 V 451 Erw. 3.2.3; Urteil N. vom 25. April 2006, C 284/05).
3.4 Vorliegend ist der Lohnfluss nicht ausreichend belegt (Erw. 3.2 hievor). Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bestände. Massgebend ist, ob eine beitragspflichtige Beschäftigung von wenigstens zwölf Monaten Dauer rechtsgenüglich dargetan ist; dass der Lohn betragsmässig nicht einwandfrei nachgewiesen ist, wird im Rahmen des versicherten Verdienstes zu berücksichtigen sein (vgl. auch Urteil N. vom 25. April 2006, C 284/05). Angesichts zahlreicher Indizien kann davon ausgegangen werden, dass beide Beschwerdeführenden eine beitragspflichtige Beschäftigung von wenigstens zwölf Monaten ausgeübt haben: einerseits hat der Treuhänder die Lohnzahlungen bestätigt. Die Zahlen in den Kontenblättern und auf dem Lohnausweis stimmen überein (vgl. Urteil M. vom April 2006, C 173/05). Weiter finden sich Unterlagen in den Akten, welche die Miete von Geschäftsräumen belegen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Versicherten Lokale gemietet und während längerer Zeit ohne jeglichen Verdienst gearbeitet haben. In den Individuellen Konten der Beschwerdeführenden sind Einträge wohl nur bis 2003 vermerkt. Dies dürfte indessen damit zusammenhängen, dass solche Einträge nur jährlich, jeweils bis zum 31. Oktober des Folgejahres, nachgeführt werden müssen (Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung [BSV] über Versicherungsausweis und Individuelles Konto [WL VA/IK], Rz 2303). Der Beschwerdeführer wird in seinem Individuellen Konto bis Ende 2002 als selbstständig Erwerbender angegeben, hernach ab Oktober 2003 als Arbeitnehmer bei "C.________"; die Beschwerdeführerin ist ab September 2002 bis Ende 2003 ununterbrochen als Arbeitnehmerin von "C.________" genannt. Daher ist überwiegend wahrscheinlich, dass beide Versicherten bis zur Geschäftsaufgabe in der selben Firma gearbeitet haben. Im Weiteren haben die Beschwerdeführenden Zeugen genannt, deren Anhörung nicht - wie die Vorinstanz dies getan hat - in antizipierter Beweiswürdigung als unmassgeblich erklärt werden kann (erwähntes Urteil N.). Unter solchem Umständen ist eine beitragspflichtige Beschäftigung während mindestens zwölf Monaten ausgewiesen.
3.5 Es ist an Hand der Akten nicht eindeutig erkennbar, mit welchem Pensum sie diese Arbeit geleistet haben. Laut Schreiben des Beschwerdeführers vom 22. Dezember 2004 bestand für beide Versicherten nur ein "mündlicher Arbeitsvertrag gemäss L-GAV". Somit bleiben der Umfang der Tätigkeit und die Höhe des Lohnes unklar. Dies ist indessen nicht eine Frage der grundsätzlichen Anspruchsberechtigung, sondern des anrechenbaren Arbeitsausfalls und des versicherten Verdienstes. Die Sache wird daher an die Verwaltung zurückgewiesen, damit sie - allenfalls nach Abnahme weiterer Beweise - neu über den Anspruch der Beschwerdeführenden auf Arbeitslosenentschädigung ab dem 7. Januar 2005 verfüge.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verfahren C 337/05 und C 338/05 werden vereinigt.
2.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerden werden die Entscheide des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 16. November 2005 und die Einspracheentscheide der Arbeitslosenkasse Syna vom 18. April 2005 insoweit aufgehoben, als sie einen Anspruch der Beschwerdeführenden auf Arbeitslosenentschädigung ab 7. Januar 2005 verneinen, und die Sache wird an die Arbeitslosenkasse zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 10. Juli 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: