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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_164/2018  
 
 
Urteil vom 10. Juli 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Chaix, 
Gerichtsschreiber Kessler Coendet. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
5. E.________, 
Beschwerdeführer, 
2 bis 5 handelnd durch A.________, 
 
gegen  
 
Zweckverband Spital Uster, 
vertreten durch Rechtsanwälte 
Dr. Franz J. Kessler und Karin Ingber, 
Bezirksrat Uster, Amtsstrasse 3, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Gemeindebeschwerde, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 7. März 2018 (VB.2017.00580). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der Zweckverband Spital Uster betreibt das Spital Uster. Dem Zweckverband gehören mehrere Gemeinden aus den Bezirken Uster und Pfäffikon an. In den Verbandsgemeinden fand am 27. November 2016 eine Urnenabstimmung über die Genehmigung einer einmaligen Ausgabe von 349 Millionen Franken für den Umbau bzw. die bauliche Erweiterung des Spitals Uster sowie die Ausrüstung der Neubauteile statt. Die Stimmberechtigten nahmen die Vorlage an. 
A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ erhoben gegen die Abstimmung mit Eingabe vom 12. Dezember 2016 Stimmrechtsrekurs und Gemeindebeschwerde beim Bezirksrat Uster. Dieser trat mit Entscheid vom 25. Juli 2017 auf den Stimmrechtsrekurs nicht ein (Dispositiv Ziffer I) und wies die Gemeindebeschwerde ab (Dispositiv Ziffer II). 
Am 11. September 2017 führten A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde gegen Dispositiv Ziffer II des Bezirksratsentscheids und die dazugehörige Kostenregelung. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 7. März 2018 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.   
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts erheben A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ am 16. April 2018 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Urteils. 
Der Zweckverband Spital Uster und das Verwaltungsgericht ersuchen um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Bezirksrat Uster hat Verzicht auf eine Vernehmlassung erklärt. 
In der Replik vom 11. Juni 2018 halten die Beschwerdeführer sinngemäss an ihrer Position fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Das Verwaltungsgericht hat die vorliegende Angelegenheit als Beschwerde gegen eine vom Bezirksrat beurteilte Gemeindebeschwerde behandelt. Die Beschwerdeführer beanstanden dies nicht. Sie machen zur Hauptsache geltend, der umstrittene Ausgabenbeschluss verletze übergeordnetes Recht bzw. verfüge nicht über eine genügende Rechtsgrundlage; dies habe das Verwaltungsgericht in Missachtung von Bundesrecht geschützt. In dieser Hinsicht steht vor Bundesgericht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 lit. a BGG offen. Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor.  
 
1.2. Die Beschwerdeführer verweisen auf das Rechtsmittelverfahren betreffend Verletzung ihres Stimmrechts. Darauf ist im parallel geführten Verfahren einzugehen (Urteil vom 10. Juli 2018 im Verfahren 1C_138/2018). Anzufügen ist, dass die Stimmrechtsangelegenheit keinen direkten prozessualen Zusammenhang mit den vorliegend aufgeworfenen Fragen aufweist.  
 
1.3. Näher zu prüfen bleibt die Legitimation der Beschwerdeführer. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Die Beschwerdeführer bringen vor, sie seien unmittelbare Nachbarn des mit der Ausgabe ermöglichten Bauprojekts und ihre Wohnsituation werde durch den neuen Spitaltrakt nachteilig beeinflusst.  
Im vorliegenden Verfahren steht nicht der Erweiterungsbau beim Spital Uster zur Diskussion, sondern der Ausgabenbeschluss für ein solches Bauvorhaben. Das Bundesgericht hat im Urteil 1C_123/2011 vom 7. Juli 2011 E. 3.1 betreffend einen Beitrag aus dem Lotteriefonds des Kantons Zürich für einen Erweiterungsbau des Schweizerischen Landesmuseums in der Stadt Zürich offengelassen, ob und inwieweit Anwohner des Museums, die zur Anfechtung der Baubewilligung befugt wären, auch zur Anfechtung des Kreditbeschlusses legitimiert sind. Die damaligen Beschwerdeführer hatten nicht dargelegt, über eine besondere - insbesondere räumliche - Beziehungsnähe zu jenem Bauvorhaben zu verfügen. Dies haben die Beschwerdeführer hingegen im vorliegenden Fall getan. 
Allerdings ist nicht ersichtlich, inwiefern bereits die Genehmigung des Ausgabenbeschlusses durch die Stimmberechtigten die tatsächliche oder rechtliche Situation der Nachbarn beeinflussen könnte. Die von den Beschwerdeführern behaupteten negativen Folgen des Erweiterungsbaus beim benachbarten Spital aus ihrer Sicht ergeben sich nicht unmittelbar aus der Ausgabenbewilligung. Vielmehr handelt es sich um mögliche Folgen eines späteren Bauprojekts. Erst eine diesbezügliche nutzungsplanerische Festlegung bzw. die Baubewilligung sind geeignet, die tatsächliche oder rechtliche Situation der Nachbarn unmittelbar zu beeinflussen. Es ist festzuhalten, dass gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG die Anwohner, die zur Anfechtung der Baubewilligung befugt wären, deswegen nicht bereits zur Anfechtung des staatlichen Ausgabenbeschlusses für das entsprechende Bauvorhaben befugt sind. Die Legitimation zur vorliegenden Beschwerde ist somit in der Sache zu verneinen, weshalb insoweit darauf nicht eingetreten werden kann. 
 
1.4. Trotz fehlender Legitimation in der Sache können die Beschwerdeführer Verfahrensverletzungen geltend machen, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt; auch die von der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Verfahrensgarantien (wie Art. 6 EMRK) können gerügt werden, soweit sie Anwendung finden (vgl. BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 198 f.; "Star-Praxis" analog). Dazu gehört die Rüge der Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK wegen Befangenheit von Gerichtspersonen, die am angefochtenen Urteil mitgewirkt haben. Hingegen können die Beschwerdeführer auf diesem Weg keine (indirekte) Überprüfung des Entscheids in der Hauptsache erlangen. Nicht einzutreten ist daher auf formelle Rügen, deren Beurteilung von der Prüfung in der Sache selbst nicht getrennt werden kann. Ebenso wenig kann beanstandet werden, der Sachverhalt sei unvollständig abgeklärt oder sonstwie willkürlich ermittelt bzw. Beweisanträgen sei wegen willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung keine Folge gegeben worden (vgl. BGE 135 II 430 E. 3.2 S. 437 mit Hinweisen).  
 
1.5. Nach den Beschwerdeführern hätte Verwaltungsrichter Marco Donatsch bei der Behandlung der Beschwerde im vorliegenden Verfahren in den Ausstand treten müssen. Er erwecke den Anschein der Befangenheit, weil er in seiner daneben ausgeübten Tätigkeit als Rechtsanwalt ein Branchenvertreter von Spitälern im Zürcher Gesundheitswesen sei.  
Die Beschwerdeführer haben im vorinstanzlichen Verfahren kein Ausstandsbegehren gestellt, sondern erheben den Vorwurf der Befangenheit erstmals im Verfahren vor Bundesgericht. Sie erklären, erst mit der Eröffnung des angefochtenen Urteils von seiner Mitwirkung erfahren zu haben. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung müssen Ausstandsgründe unverzüglich nach Kenntnis geltend gemacht werden, ansonsten sie als verwirkt gelten (BGE 140 I 271 E. 8.4.3 S. 275 mit Hinweisen); eine Ausnahme wird nur bei offensichtlichen Befangenheitsgründen gemacht (BGE 134 I 20 E. 4.3.2 S. 22). Es verstösst gegen Treu und Glauben, Einwände dieser Art erst im Rechtsmittelverfahren vorzubringen, wenn der Mangel schon vorher hätte festgestellt und gerügt werden können (BGE 132 II 485 E. 4.3 S. 496 mit Hinweisen). 
Die Geltendmachung von Ausstandsgründen setzt die Kenntnis der personellen Zusammensetzung des Gerichts voraus. Das bedeutet indessen nicht, dass den Rechtsuchenden die Namen der entscheidenden Richter vor dem Urteil ausdrücklich mitgeteilt werden müssen. Es genügt vielmehr, dass sie die Namen aus einer allgemein zugänglichen Quelle (Staatskalender oder Internet) entnehmen können (BGE 140 I 271 E. 8.4.3 S. 275 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung müssen die Parteien damit rechnen, dass das Gericht in seiner ordentlichen Besetzung tagen wird. Dies gilt nicht nur für anwaltlich vertretene Parteien, sondern auch für juristische Laien (Urteil 1C_187/2017 und 1C_327/2017 vom 20. März 2018 E. 3.2 mit Hinweisen). 
Die Zusammensetzung des Verwaltungsgerichts bzw. seiner 4. Abteilung ist im Staatskalender des Kantons Zürich und auf der Internetseite des Verwaltungsgerichts ersichtlich. Marco Donatsch ist dort als Mitglied dieser Abteilung aufgeführt. Gemäss den aktenkundigen Protokollauszügen der Vorinstanz wurden die prozessleitenden Verfügungen des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Fall vom Präsidenten der 4. Abteilung erlassen. Aufgrund der beschränkten Anzahl der Richter in dieser Abteilung mussten die Beschwerdeführer ernsthaft damit rechnen, dass Marco Donatsch als Richter an diesem Verfahren mitwirken würde. Ausserdem beziehen sich die Beschwerdeführer bei ihren Behauptungen zu angeblichen Mandaten von Spitälern aus dem Kanton Zürich bzw. von deren Trägerschaften an Marco Donatsch auf Umstände, die sich zeitlich vor dem Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgericht ereignet haben sollen. Ihre Bedenken hätten bereits im vorinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können. Im Übrigen ergibt sich aus ihren Vorbringen nicht ein offensichtlicher Befangenheitsgrund. Da die Beschwerdeführer seinen Ausstand nicht bereits vor der Vorinstanz verlangten, haben sie den Anspruch auf dessen Geltendmachung verwirkt. 
 
1.6. Weiter werfen die Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, den relevanten Sachverhalt in verschiedener Hinsicht ungenügend bzw. offensichtlich unrichtig festgestellt zu haben. Die Beurteilung dieser Rügen lässt sich jedoch nicht von der Prüfung in der Sache trennen; zu derartigen Rügen sind die Beschwerdeführer vorliegend nicht befugt (vgl. oben E. 1.4).  
 
2.   
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Nach Art. 68 Abs. 3 BGG haben Gemeinden grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen (BGE 134 II 117 E. 7 S. 119). Dem Zweckverband Spital Uster kommt eine vergleichbare Stellung wie einer Gemeinde zu; er hat vorliegend in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt. Entgegen seiner Ansicht ist den Beschwerdeführern keine mutwillige Prozessführung vor Bundesgericht vorzuhalten; eine Ausnahme vom Grundsatz, dass dem Zweckverband keine Parteientschädigung in diesem Verfahren zusteht, ist nicht angezeigt. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Zweckverband Spital Uster, dem Bezirksrat Uster und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Juli 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Kessler Coendet