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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_251/2024  
 
 
Urteil vom 10. Juli 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Hartmann, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Fasel, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Regionalgericht Berner Jura-Seeland, 
Spitalstrasse 14, 2502 Biel/Bienne, 
Beschwerdegegner, 
 
B.________ AG.  
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege (Klage auf Bestreitung neuen Vermögens), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, vom 21. März 2024 (ZK 24 124). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die B.________ AG betreibt A.________ in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Seeland, Dienststelle Biel/Bienne, für eine Forderung von Fr. 910'037.75. Nach der Zustellung des Zahlungsbefehls erhob A.________ Rechtsvorschlag mit der Begründung, seit seinem Konkurs nicht zu neuem Vermögen gekommen zu sein.  
 
A.b. Das Betreibungsamt legte den Rechtsvorschlag dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland vor. Mit Entscheid vom 4. Dezember 2023 bewilligte dieses den Rechtsvorschlag nicht und stellte fest, dass A.________ im Umfang der in Betreibung gesetzten Forderung zu neuem Vermögen gekommen sei.  
 
A.c. Gegen diesen Entscheid erhob A.________ am 12. Dezember 2023 beim Obergericht des Kantons Bern Beschwerde. Mit Entscheid vom 20. Dezember 2023 trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein.  
 
B.  
 
B.a. Am 18. Dezember 2023 reichte A.________ beim Regionalgericht Berner Jura-Seeland eine Klage auf Bestreitung des neuen Vermögens ein.  
 
B.b. Das Regionalgericht verlangte von A.________ einen Vorschuss für die Gerichtskosten von Fr. 33'200.--.  
 
B.c. A.________ ersuchte daraufhin am 23. Januar 2024 um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsvertretung.  
 
B.d. Mit Entscheid vom 7. März 2024 wies das Regionalgericht das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsvertretung ab, und zwar mit der Hauptbegründung, A.________ habe nicht dargetan, dass seine Ehefrau nicht zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet werden könnte. Es erhob keine Gerichtskosten und sprach keine Parteientschädigung zu. Schliesslich setzte es A.________ eine Frist von 21 Tagen an, um den Gerichtskostenvorschuss von Fr. 33'200.-- zu bezahlen.  
 
 
C.  
Eine von A.________ gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 21. März 2024 ab. Es auferlegte A.________ die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 600.--. 
 
D.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 19. April 2024 (Postaufgabe) ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und der zweitinstanzliche Entscheid dahingehend abzuändern, dass für das Klageverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren sei. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt der Beschwerdeführer die Gewährung der aufschiebenden Wirkung sowie der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Mit Verfügung vom 14. Mai 2024 hat das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) über die Verweigerung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der rechtsprechungsgemäss einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1; Urteil 5A_157/2024 vom 15. Mai 2024 E. 1). Der Rechtsweg folgt demjenigen in der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). Dort geht es um eine Klage auf Bestreitung des neuen Vermögens nach Art. 265a Abs. 4 SchKG und damit um eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG; Urteil 5D_18/2017 vom 6. Juni 2017 E. 1) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit (Urteil 5A_556/2008 vom 29. Mai 2009 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 135 III 424). Der Streitwert übersteigt den erforderlichen Betrag von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Damit steht die Beschwerde in Zivilsachen offen. Der Beschwerdeführer ist vom angefochtenen Entscheid besonders betroffen, weshalb er zur Beschwerde, die er im Übrigen fristgerecht eingereicht hat (Art. 100 Abs. 1 BGG), legitimiert ist (Art. 76 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
2.  
Strittig ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Rechtspflege für das vor Regionalgericht hängige Klageverfahren nach Art. 265a Abs. 4 SchKG
 
2.1. Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand (lit. c). Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ist gegenüber dem materiell-rechtlichen Anspruch auf Bevorschussung der Prozesskosten subsidiär (BGE 142 III 36 E. 2.3; 138 III 672 E. 4.2.1; 127 I 202 E. 3; 119 Ia 134 E. 4).  
 
2.2. Das Obergericht hat erwogen, das Bezirksgericht habe zutreffend erkannt, dass die Prozesskostenvorschusspflicht unabhängig vom Güterstand zur Anwendung gelange. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers komme es somit nicht darauf an, ob er unter Gütertrennung lebe und ob diese von Gesetzes wegen eingetreten sei (z.B. Art. 188 ZGB oder Art. 118 Abs. 1 ZGB) oder freiwillig vereinbart (Art. 182 ZGB) respektive gerichtlich angeordnet worden sei (Art. 185 ZGB). Die Bevorschussungspflicht von Prozesskosten gelte sodann auch für Verfahren zwischen einem Ehepartner und einem Dritten. Dass die unentgeltliche Rechtspflege im Verhältnis zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses subsidiär sei, ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, die einer anwaltlich vertretenen Partei bekannt sein müsse. Das Regionalgericht sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer eine Nachfrist anzusetzen.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer sieht in diesen Ausführungen eine rechtsfehlerhafte Anwendung von Art. 117 ZPO. Dies, weil es gerade die Idee sei, dass bei einem konkursiten verheirateten Ehegatten der andere Ehegatte vermögensrechtlich geschützt werde. Wenn nun die Vorinstanz genau jenes Vermögen wieder zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit heranziehe, verletze sie Bundesrecht. Ausserdem erachtet es der Beschwerdeführer als überspitzt formalistisch, dass ihm keine Nachfrist angesetzt wurde, zumal das Bundesgericht bis anhin noch nie beurteilt habe, ob die Beistands- und Unterhaltspflicht des Ehegatten auch bei einer von Gesetzes wegen eingetretenen Gütertrennung zum Tragen komme.  
 
2.4. Entgegen der Vorbringen des Beschwerdeführers ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden.  
 
2.4.1. Dass der Beschwerdeführer einen Privatkonkurs erlitten hat und heute allenfalls unter der Gütertrennung lebt, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang. Die Verpflichtung eines Ehegatten, dem anderen in Rechtsstreitigkeiten durch Leistung eines Prozesskostenvorschusses beizustehen, ist Ausfluss der ehelichen Unterhaltspflicht nach Art. 163 ZGB und der ehelichen Beistandspflicht nach Art. 159 Abs. 3 ZGB (BGE 148 III 21 E. 3.1; 146 III 203 E. 6.3; BGE 142 III 36 E. 2.3). Diese beiden Pflichten bestehen unabhängig vom Güterstand, womit ein Prozesskostenvorschuss unabhängig davon geschuldet ist, welcher güterrechtlichen Masse das Einkommen und das Vermögen des pflichtigen Ehegatten zuzuordnen sind (Urteile 4A_404/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 4.3.3; 4A_423/2012 vom 10. September 2012 E. 2.2; BÜHLER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 34 zu Art. 117 ZPO; RÜEGG/RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 13 zu Art. 117 ZPO). Lediglich der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass die Eröffnung des Konkurses gemäss Art. 188 ZGB entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers nur dann von Gesetzes wegen zur Gütertrennung führt, wenn der Konkurs über einen in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten eröffnet worden ist (vgl. Urteil 5A_690/2012 vom 26. März 2013 E. 3.3).  
 
2.4.2. Zutreffend hat das Obergericht sodann erkannt, dass das Regionalgericht nicht verpflichtet war, dem Beschwerdeführer eine Nachfrist anzusetzen. Im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege muss ein anwaltlich vertretener Ehegatte grundsätzlich begründen, weshalb auf einen Prozesskostenvorschuss des anderen Ehegatten zu verzichten ist. Fehlt eine Begründung, kann das Gesuch ohne Weiteres abgewiesen werden. Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Akten nach möglichen Hinweisen und Anhaltspunkten zu durchforsten, die darauf schliessen lassen könnten, dass kein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht (Urteile 5A_945/2023 vom 14. Mai 2024 E. 4.1.1; 5A_49/2017 vom 18. Juli 2017 E. 3; 5A_556/2014 vom 4. März 2015 E. 3.2; 5A_508/2007 vom 3. Juni 2008 E. 5). Dass es nicht angehen kann, die Allgemeinheit die Prozesskosten eines Bedürftigen tragen zu lassen, dessen Ehegatte in der Lage ist, ihm die Prozesskosten zumindest vorzuschiessen, muss einer anwaltlich vertretenen Partei somit bekannt sein (Urteil 4A_404/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 4.3.3).  
 
3.  
Aus den dargelegten Gründen ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet. Der Gegenpartei im Hauptverfahren kommt im Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege keine Parteistellung zu (BGE 139 III 334 E. 4.2; Urteile 5A_502/2017 vom 15. August 2017 E. 4; 4A_274/2016 vom 19. Oktober 2016 E. 4.2). Abgesehen davon ist ihr im Beschwerdeverfahren auch kein Aufwand erwachsen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der B.________ AG und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Juli 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss